Kennzeichnungsprobleme bei Entlassrezepten

Flickenteppich der Friedenspflichten

Kiel - 03.04.2024, 10:45 Uhr

Entlassrezepte haben viele Tücken. (Foto: Justolas / AdobeStock)

Entlassrezepte haben viele Tücken. (Foto: Justolas / AdobeStock)


Immer mehr Krankenkassen gestehen den Apotheken eine Friedenspflicht im Umgang mit Standortkennzeichen und Betriebsstättennummern bei Entlassrezepten zu. Doch es ist noch immer ein Flickenteppich mit unterschiedlichen Regeln für verschiedene Krankenkassen. Der Apothekerverband Schleswig-Holstein bot kürzlich einen Überblick.

Entlassrezepte sollen die Versorgung an der Schnittstelle zwischen dem stationären und ambulanten System vereinfachen, haben sich aber zu einer großen bürokratischen Herausforderung entwickelt. Dies ergibt sich besonders aus den widersprüchlichen Regelungen zu den Kennzeichen der ausstellenden Institutionen. Dies ist inzwischen zu einem Verhandlungsthema geworden, und viele Krankenkassen gewähren Friedenspflichten. Innerhalb dieser Fristen wollen einzelne Krankenkassen auf Retaxationen wegen der Kennzeichnung der ausstellenden Institutionen verzichten.

In einem Rundschreiben vom 28. März gibt der Apothekerverband Schleswig-Holstein einen Überblick über die dazu bestehenden Friedenspflichten. Demnach ist es im März gelungen, mit weiteren Krankenkassen eine Friedenspflicht zu vereinbaren.

Friedenspflichten bis Ende Juni

Gemäß den Angaben des Apothekerverbands Schleswig-Holstein besteht eine solche Friedenspflicht bis zum 30. Juni 2024 für die folgenden Krankenkassen:

  • AOK Bayern, Bremen/Bremerhaven, Niedersachsen, NordWest, Plus, Rheinland/Hamburg und Sachsen-Anhalt,
  • IKK - Die Innovationskasse, IKK Brandenburg und Berlin, IKK classic,
  • Knappschaft und
  • Landwirtschaftliche Krankenkasse (SVLFG).

Friedenspflichten bis Jahresende

Außerdem besteht demnach eine solche Friedenspflicht bis zum 31. Dezember 2024 für die folgenden Krankenkassen:

  • AOK Rheinland-Pfalz/Saarland,
  • Barmer,
  • DAK,
  • HEK,
  • hkk,
  • IKK Südwest und
  • Techniker Krankenkasse.

Retaxverzicht nur bei Kennzeichen-Problemen

Im Rahmen dieser Friedenspflichten werde bei folgenden Konstellationen von einer Retaxation abgesehen:

  • bei fehlerhaftem Kennzeichen (im Statusfeld fehlt an der letzten Stelle die „04“ bzw. „14“),
  • bei fehlerhaftem Standortkennzeichen bzw. fehlerhafter Betriebsstättennummer im Personalienfeld,
  • bei fehlender Übereinstimmung von Standortkennzeichen oder Betriebsstättennummer im Personalienfeld und in der Codierzeile.

Die übrigen Regelungen, beispielsweise zur Belieferungsfrist und zu den Packungsgrößen, seien jedoch weiterhin zu beachten. Weiter heißt es im Verbandsrundschreiben, der BKK Landesverband – gemeint ist hier offenbar der Landesverband in Schleswig-Holstein – habe mitgeteilt, dass er der Friedenspflicht für Papierrezepte aufgrund eines fehlenden Mandats der einzelnen Betriebskrankenkassen nicht folgen werde. Der Apothekerverband Schleswig-Holstein folgert, damit bleibe es bei den Betriebskrankenkassen bei der empfohlenen Privatliquidation.

Für manche Fälle wird Privatliquidation empfohlen

Für die in den obigen Aufzählungen nicht genannten Krankenkassen empfiehlt der Apothekerverband Schleswig-Holstein eine Privatliquidation, wenn die Codierzeile mit „77“ beginnt. Außerdem ist einer Tabelle in dem Rundschreiben folgende Konstellation zu entnehmen: Wenn bei einer oben nicht genannten Krankenkasse die Codierzeile mit „75“ beginnt und die Betriebsstättennummer im Personalienfeld mit einer anderen Kennzahl beginnt (z. B. „77“, „22“ oder „01“) könne nach Änderung der Betriebsstättennummer im Personalienfeld auf die Betriebsstättennumer aus der Codierzeile zulasten der GKV abgerechnet werden.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Einseitigkeit der Friedenspflicht

von Dr. House am 03.04.2024 um 11:48 Uhr

Ich kann es förmlich hören, wie die Drucker und Hirnwindungen in den 17 tausend Apotheken rattern und solche Listen mit Friedenspflichten ausgedruckt und auswendig gelernt werden. So war es eben schon immer. Seit der ersten auswendig gelernten Strukturformel haben wir uns daran gewöhnt abstraktes Wissen anzuhäufen ohne zu hinterfragen. Dabei verkennen wir völlig, dass wir die Macht hätten, würden wir sie nur bündeln, auch Friedenspflichten zu diktieren. Wir hätten sogar die Macht den Kassen aufzuzeigen, wie verdreht, überflüssig, übertrieben bürokratisch und schlicht falsch es im Digitalzeitalter ist Nummern in einem Datensatz auf Richtigkeit zu überprüfen zu lassen (Betriebsstättennummern, Arztnumern, Chargen,...). Alles was es bräuchte wäre ein "Nein" oder besser ein "Ihr spinnt doch wohl!" Das können gerne Beamte in ihren Stübchen tun, wenn sie sonst nix zu tun haben. Seit ich in diesem Beruf verweile höre ich allerdings immer wieder von unseren EIGENEN Leuten den Satz: "Einfach machen, nicht drüber nachdenken!" Während diese wahnwitzigen kafkaefken "Zusatzbeschäftigungsmaßnahmen" ohne irgendeinen sichtbaren Nutzen stetig mehr werden. Einfach weil die Kassen sich einen Spaß draus machen und in uns das klassische Kind im Sandkasten gefunden haben, dass sich nie gegen Hänseleien und Mobbing zu Wehr setzt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Einseitigkeit der Friedenspflicht

von Krug am 03.04.2024 um 22:46 Uhr

Genau so und nicht anders müsste die gesamte Apothekerschaft auftreten! ABDA, bitte aufwachen!

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