Apothekerausbildung

EU aktualisiert Mindestanforderungen – frischer Wind für die neue Approbationsordnung?

23.01.2024, 12:15 Uhr

Mailand oder Madrid: Was Apothekerinnen am Ende ihres Studiums können müssen, ist in der EU einheitlich geregelt. (Foto: Hassan Khan / Adobe Stock) 

Mailand oder Madrid: Was Apothekerinnen am Ende ihres Studiums können müssen, ist in der EU einheitlich geregelt. (Foto: Hassan Khan / Adobe Stock) 


Die Europäische Kommission möchte die Mindestanforderungen an die Apothekerausbildung aktualisieren und hat einen entsprechenden Entwurf vorgelegt. Damit könnte die stagnierende Novellierung der Approbationsordnung in Deutschland frischen Wind bekommen. Denn werden die europäischen Vorgaben nicht innerhalb von zwei Jahren nach Beschluss umgesetzt, hätten Absolvent*innen aus Deutschland massive Nachteile auf dem europäischen Arbeitsmarkt

Wer in einem EU-Staat oder im in einem Staat des EWR Pharmazie studiert hat, dessen Ausbildung wird überall in der Europäischen Union automatisch anerkannt. Damit überall dasselbe fachliche Niveau gewährleistet ist, werden bereits seit 1985 die Mindestanforderungen an die Apothekerausbildung harmonisiert. Seit 2005 regelt die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen das Wesentliche. Umgesetzt werden die Anforderungen dann von den Mitgliedstaaten, in Deutschland in Form der Approbationsordnung. Die letzte Aktualisierung der EU-Richtlinie erfolgte im Jahr 2013. Die EU-Kommission ist nun auf Basis von Studien und Expertenkonsultationen zu dem Schluss gekommen, dass in Anbetracht des allgemein anerkannten wissenschaftlichen und technischen Fortschritts mal wieder ein Update der Mindestanforderungen erforderlich ist. Als allgemein anerkannt gelten in diesem Kontext wissenschaftliche und technische Fortschritte, die in mindestens 16 Mitgliedstaaten beobachtet werden.  

Wird die neue Richtlinie dann verabschiedet, haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, sie umzusetzen. Für Deutschland könnte das bedeuten, dass endlich Tempo in das Thema Novellierung der Approbationsordnung kommt. Bereits im Jahr 2019 hatte die Bundesapothekerkammer (BAK) beschlossen, das Thema Novellierung der Approbationsordnung anzugehen. Der Entwurf des Runden Tischs, an dem Vertreter*innen der BAK und der apothekerlichen Berufsfachverbände sowie Hochschullehrer*innen und Pharmaziestudierenden beteiligt waren, liegt aber seit über einem Jahr beim Bundesgesundheitsministerium und hat dort keinerlei Priorität. 

Sollte aber ein Mitgliedstaat die neuen Vorgaben nicht rechtzeitig umsetzen, würde für Absolvent*innen aus dem jeweiligen Land voraussichtlich nicht das automatische, sondern das allgemeine Anerkennungsverfahren greifen. Letzteres umfasst eine Gleichwertigkeitsprüfung und möglicherweise eine Kenntnisprüfung. Oder anders: Ohne Novellierung der Approbationsordnung könnten dann deutsche Kolleg*innen nicht mehr ohne weiteres im EU-Ausland arbeiten. Es gäbe dann also dringenden Handlungsbedarf.  

Entwurf der Kommission liegt vor

Ein Entwurf für eine Delegierte Richtlinie, mit der oben genannte Richtlinie nachjustiert werden soll, liegt nun vor. Deren Artikel 44 Absatz 3, in dem festgehalten ist, welche Kenntnisse und Fähigkeiten durch die apothekerliche Ausbildung gewährleistet sein müssen, soll ergänzt werden. Bislang finden sich dort als Anforderungen für Angehörige des Apothekerberufs unter anderem angemessene Kenntnisse über Arzneimittel und die bei deren Herstellung verwendeten Stoffe sowie Kenntnisse über pharmazeutische Technologie und die Prüfung von Arzneimitteln. Weiter müssen Apotheker*innen demnach über den Stoffwechsel und die Wirkungen von Arzneimitteln sowie über die Wirkung toxischer Stoffe und über die Anwendung von Arzneimitteln Bescheid wissen. Außerdem sind Kenntnisse zur Bewertung wissenschaftlicher Daten über Arzneimittel gefragt, um auf der Grundlage dieser Kenntnisse geeignete Informationen geben zu können, sowie Kenntnisse der rechtlichen und sonstigen Anforderungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Apothekerberufs. 

Künftig sollen Apotheker*innen zusätzlich angemessene Kenntnisse in folgenden Bereichen haben:   

  • klinische Pharmazie und pharmazeutische Versorgung sowie die Fähigkeit zur praktischen Anwendung,
  • öffentliche Gesundheit und ihre Auswirkungen auf die Gesundheitsförderung und das Krankheitsmanagement,
  • inter- und multidisziplinäre Zusammenarbeit, interprofessionelle Praxis und Kommunikation,
  • Informationstechnologie und digitale Technologie sowie Fähigkeiten zu deren praktischer Anwendung. 

Der Punkt Pharmaökonomie wurde nach Konsultation mit den Experten der Koordinatorengruppe für die Anerkennung von Berufsqualifikationen wieder gestrichen. 

Zusätzliche Kurse in der Ausbildung

Um die neuen Kenntnisse zu erlangen, sollen Apotheker*innen im Zuge ihrer Ausbildung dann zusätzlich Kurse in Pathologie und Pathophysiologie, biopharmazeutischer Technologie, Genetik und Pharmakogenomik, Immunologie, klinischer Pharmazie, pharmazeutischer Versorgung, Sozialpharmazie, öffentlicher Gesundheit, einschließlich Epidemiologie, pharmazeutischer Praxis und Pharmakoökonomie absolvieren. Der Anhang der Richtlinie soll entsprechend ergänzt werden.  

Die betroffenen Verbände haben nun Gelegenheit zur Stellungnahme. Die ABDA organisiert dies über ihren Europaverband ZAEU. Der hat bereits das bisherige Entwurfsverfahren eng begleitet und befürwortet die vorgesehenen Änderungen. Je nachdem, was am Ende beschlossen wird, muss das beim Bundesgesundheitsministerium liegende Papier sogar nochmals überarbeitet werden, falls es nicht alle Anforderungen abdecken sollte. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Novellierung der Approbationsordnung

von Dr. Sabine Beck am 29.01.2024 um 15:07 Uhr

Wurde auch Zeit die völlig veraltete Hochschulausbildung an die modernen Anforderungen anzupassen!!!

Nur schade, dass es wieder nur mit Druck von „außen“ möglich wird.

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