„Historische Apotheken – neu betrachtet“ – Teil 2

„Wir sind integraler Bestandteil jeder Stadtführung“

Berlin - 27.12.2019, 07:59 Uhr

Die Mohren Apotheke in Bayreuth aus dem Jahre 1610 präsentiert sich seinen Kunden als „altehrwürdige Dame mit jungem Gesicht“. (Fotos: Mohren Apotheke Bayreuth)                                                                                                                                                                                                    

Die Mohren Apotheke in Bayreuth aus dem Jahre 1610 präsentiert sich seinen Kunden als „altehrwürdige Dame mit jungem Gesicht“. (Fotos: Mohren Apotheke Bayreuth)                                                                                                                                                                                                    


Bestandteil jeder Stadtführung

Es gäbe aber auch Vorteile berichtet der Bayreuther Apotheker: „Wir sind integraler Bestandteil jeder Stadtführung. Wir sind Bestandteil jeder Studenten-Erstsemester-Rallye, jeder Schulanfangs-Schnitzeljagd durch die Stadt.“ Vor allem mache sich auch der ansteigende Tourismus durchaus positiv bemerkbar. Es sei wichtig, für die Menschen präsent zu sein, da es in der Innenstadt einen Umverteilungswettbewerb gäbe, dem etwas entgegengesetzt werden müsse.

Mehrere Apotheken befinden sich im direkten Umfeld der Mohren Apotheke. „Es ist aber so, wenn sichtbar ist, dass bei einer von vier Apotheken permanent Leute reingehen, dann macht das andere Leute aufmerksam.“ Paul ergänzt: „Das ist definitiv dem Gebäude im Positiven geschuldet, weil es einfach ein attraktives Gebäude ist.“ Zudem sei es wichtig, die Geschichte dieser alten Apotheke weiterzuführen: „Es wäre ein Jammer, wenn nach über 400 Jahren, wie es an anderen Stellen bereits der Fall ist, dass eine solche historische Apotheke schließen müsste. Deswegen setzen wir alles daran, dass die Apotheke weiterhin Bestand hat.“

Problematisches historisches Erbe – Namensänderung mit Folgen

Als die Mohren Apotheke 1610 in Bayreuth gegründet wurde, hieß sie noch Apotheke zum goldenen Greifen. Ein goldener Greif mit einem Pistill schmückt auch heute noch gut sichtbar die Hauswand der Apotheke. Zu der Namensänderung sei es gekommen, nachdem eine Adler Apotheke in unmittelbare Nähe gezogen sei und der damalige Markgraf dadurch die Gefahr einer namentlichen Verwechslung befürchtet habe. Das früher erworbene Apothekenprivileg der Adler Apotheke sei damals ausschlaggebend gewesen, erläutert Paul.

Diese Namensänderung hat heutzutage durchaus Folgen. Wie wahrscheinlich alle Mohren Apotheken in Deutschland, muss sich auch die Bayreuther Mohren Apotheke immer wieder der Frage nach der Außenwirkung ihres Namens stellen. Der Begriff des „Mohren“ wird als rassistisch oder zumindest als nicht mehr zeitgemäß angemahnt. Apotheker Paul argumentiert, dass der Begriff nicht abwertend gemeint ist. Im Gegenteil sei er wertschätzend eingesetzt worden. Zudem sei die Mohren Apotheke als historische Apotheke unter diesem Namen bekannt.

Schon mehrfach habe er Farbige auf das Thema angesprochen. Paul berichtet, dass bei den Gesprächen der eigentliche Begriff weniger kritisiert worden sei. Allerdings: „Das, was durchkommt, ist, dass sie natürlich nicht unbedingt glücklich über die stilisierten Darstellungen sind“, räumt Paul ein. Gemeint sind damit ein Metallrelief und in einigen Scheiben eingelassene Darstellungen, die stereotypische Rassismen bedienen. Der Apothekenname und die Darstellungen stellen somit ein problematisches historisches Erbe dar, dem gegenüber Stellung bezogen werden muss.



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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