Studie

Hausstaubmilben können Neurodermitis fördern

Oxford - 12.02.2016, 17:00 Uhr

Hier fühlen sich Hausstaubmilben wohl. Für Hausstauballergiker ist dabei vor allem der Kot der Tiere ein Problem.  (Foto: Narong Jongsirikul / Fotolia)

Hier fühlen sich Hausstaubmilben wohl. Für Hausstauballergiker ist dabei vor allem der Kot der Tiere ein Problem. (Foto: Narong Jongsirikul / Fotolia)


Ein von Hausstaubmilben gebildetes Molekül könnte ein bedeutsamer Faktor bei der Ausbildung von Neurodermitis sein. Das Enzym aktiviere unter bestimmten Bedingungen die Immunabwehr und sorge für Entzündungsreaktionen in der Haut, berichten Forscher im Fachmagazin «Science Translational Medicine».


Neurodermitis, auch atopisches Ekzem genannt, ist vor allem in Industriestaaten verbreitete. Betroffen sind hauptsächlich Kinder: Etwa 15 Prozent von ihnen erkranken. Die Symptome lassen sich inzwischen recht gut behandeln – heilbar ist die in Schüben verlaufende Erkrankung jedoch bisher nicht.

Die Wissenschaftler um Rachael Jarrett von der britischen Universität Oxford hatten Haut- und Blutproben von Neurodermitis-Patienten untersucht. Sie fanden heraus, dass ein von Hausstaubmilben produziertes Enzym, die Phospholipase, als Allergen wirkt. Sie verändert Phospholipide der menschlichen Haut, die wiederum bestimmte T-Zellen des Immunsystems mobilisieren und Entzündungsreaktionen in der Haut fördern.

Bei Neurodermitis ist die Barrierefunktion der Haut gestört. Allergene können leichter eindringen, es entstehen rascher Entzündungen. Die genauen Ursachen sind bisher unklar. Angenommen wird, dass Betroffene aufgrund bestimmter genetischer Anlagen stärker auf Umwelteinflüsse reagieren. Ein bekannter Mechanismus beruht auf Veränderungen im Filaggrin-Gen. Filaggrine sind an Verhornungsprozessen beteiligte Proteine, die äußere Hautschichten mechanisch stabiler machen.

Schutzfaktor Filaggrin

Hausstaubmilben ausgesetzte Neurodermitis-Patienten wiesen in der Studie eine höhere Phospholipase-Aktivität und mehr reaktive T-Zellen in der Haut auf als gesunde Teilnehmer. Weitere Analysen zeigten, dass intaktes Filaggrin sowohl die Enzym- als auch die T-Zell-Aktivierung abblocken kann. Das Protein wirke offenbar nicht nur als mechanische Barriere, sondern auch als Schutz gegen von Allergenen provozierte Entzündungsreaktionen der Haut, erläutern die Forscher.

Diese hemmende Wirkung des Filaggrins sei ein interessanter neuer Aspekt, erklärt Margitta Worm, Leiterin der Hochschulambulanz des Allergie-Centrum-Charité in Berlin. «Dass Allergene durch Strukturproteine der Haut neutralisiert werden können, sollte in weiteren Studien genauer untersucht werden.» Allerdings mangele es an dieser Stelle wie auch bei anderen Details an bestätigenden Untersuchungen. «Kontrollen mit anderen Allergenen und Blutproben von Neurodermitis-Patienten ohne Hausstauballergie etwa fehlen», kritisiert Worm, die an der Studie nicht beteiligt war. «Von einem klinischen Nutzen sind wir noch weit entfernt», betont sie.

Ein Stück im komplexen Puzzle

Ein konkreter Ansatz für neue Therapien werde nicht geliefert, sondern eher ein Beitrag zum allgemeinen Verständnis der Erkrankungsursachen, sagt auch Natalija Novak, Leitende Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Universität Bonn. Die Studie beschreibe ein immunologisch interessantes Phänomen, das zuvor bereits für Allergene aus Bienen und Wespengift gezeigt worden sei.

«Der beschriebene Pathomechanismus dürfte nicht der zentrale Mechanismus, sondern ein Stück in einem großen komplexen Puzzle sein», erklärt Novak, die ebenfalls nicht an der Studie beteiligt war. Nicht alle Patienten mit atopischer Dermatitis seien zudem auf Hausstaubmilben sensibilisiert. «Dies schränkt die Aussage der Arbeit sicherlich auf eine Subgruppe von Patienten ein.»


Annett Stein, dpa Wissenschaftsredaktion
redaktion@daz.online


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