Großbritannien

Apotheken wollen mehr Kompetenz bei leichten Beschwerden

Remagen - 23.10.2014, 09:53 Uhr


Verbreitete leichte Beschwerden wie Husten und Halsschmerzen kosten das britische Gesundheitssystem pro Jahr 1,1 Milliarden britische Pfund mehr, wenn die Patienten damit erst mal zu einer Notfallstation oder zum Allgemeinarzt gehen statt gleich in die Apotheke. Das zeigt eine neue Untersuchung der britischen Apotheker-Organisation Royal Pharmaceutical Society. Die Behandlungsergebnisse waren dabei gleich gut.

Die zweijährige Studie der Universität von Aberdeen hatte Daten von zwei A&E-Abteilungen, sechs Allgemeinpraxen und ausgewählten Apotheken in Ostanglien und im Nordosten Schottlands untersucht. Die häufigsten einfachen Probleme, bei denen die Patienten über alle Standorte hinweg Hilfe suchten, waren Beschwerden und Schmerzen in Gelenken und Muskeln, den Atemwegen, wie Halsschmerzen, Husten, Erkältung oder Nebenhöhlenprobleme, Magenprobleme wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung, und Augenprobleme.

Die Kosten der Behandlung in öffentlichen Apotheken lagen im Schnitt bei 29,30 britischen Pfund pro Patient. Suchten die Patienten deswegen einen Allgemeinarzt auf, so fiel dafür dreimal so viel an (82,34 Pfund pro Patient) und beim Besuch eines A&E-Departments sogar fünfmal so viel (147,09 Pfund). Insgesamt schätzt die Studie, dass drei Prozent aller A&E-Konsultationen (6,5 Mio.) und 5,5 Prozent der Besuche beim Hausarzt (18 Mio.) wegen leichter Beschwerden genauso direkt in den Apotheken gemanaged werden könnten.

Die RPS will deshalb erreichen, dass der NHS den Apotheken in England entsprechend Kompetenzen überträgt und bei Übernahme der Kosten einen solchen Service über die öffentlichen Apotheken einrichtet. Offenbar sind sich die Beteiligten einig, dass dies für alle nur Vorteile brächte. „Die Behandlung dieser häufigsten Probleme stellt eine erhebliche Belastung für die A&E- und GP-Services dar, vor allem während der Wintermonate“, erklärte Margaret Watson, leitende Wissenschaftlerin an der University of Aberdeen. „Dies führt zu längeren Wartezeiten, belastet unnötig die Kapazitäten und verursacht viel größere Ausgaben für die Behandlung als notwendig.“

Auch die Notfallmediziner stehen hinter dem Vorhaben der Apothekerschaft. „Der Druck auf die A&E-Dienste ist ein echtes Problem für den NHS. Die Erfahrungen der Apotheker zu nutzen, um gemeinsam kleinere Beschwerden zu behandeln, wäre ein wichtiger Schritt zur Abhilfe“, meint Dr. Clifford Mann, Präsident des College of Emergency Medicine. Und der Präsident der Apotheker-Organisation RPS, Ash Soni, fügt hinzu: „Der rasche Zugang zur Apotheke, am selben Tag, wäre von großem Nutzen, für alle, die Patienten, Ärzte, Pflegepersonal und für den Kontostand des NHS.“


Dr. Helga Blasius