Biopharmazeutika

Wachstum in Deutschland ausgebremst

Berlin - 25.04.2012, 12:56 Uhr


Die Pipeline biopharmazeutischer Unternehmen ist gut gefüllt. Hoffnungsträger gibt es insbesondere in der Onkologie und bei Impfstoffen. Getrübt werden die Aussichten auf neue Präparate jedoch durch ein merklich gebremstes Umsatzwachstum.

Seit 2005 lässt der vfa bio – die Interessengruppe Biotechnologie im Verband forschender Pharma-Unternehmen – von der Boston Consulting Group einen Branchenreport zur medizinischen Biotechnologie erstellen. Während die Umsätze mit Biopharmazeutika in den vergangenen Jahren beständig stiegen – auch 2010 ging es noch um rund 8 Prozent auf knapp 4,9 Mrd. Euro nach oben –, hat sich das Blatt im letzten Jahr gewendet. Bekanntlich haben die erhöhten Zwangsrabatte und der gesetzlich verordnete Preisstopp im gesamten Pharmamarkt für Einbrüche gesorgt: Um 3,1 Prozent ging der Netto-Gesamtumsatz (unter Berücksichtigung gesetzlich verfügter Abschläge) zurück. Insofern hat es die Biotech-Branche mit einem mageren Umsatzplus von 0,5 Prozent noch relativ gut getroffen: Bei 5,4 Mrd. Euro lag der Umsatz im letzten Jahr – 19 Prozent des Pharma-Gesamtumsatzes fielen 2011 auf Biopharmazeutika. Dass dies als höhere Steigerung gegenüber den 4,9 Mrd. Euro des Vorjahres erscheint, liegt an einer Änderung der Datenbasis, nunmehr sind auch Zubereitungen in der Umsatzsumme enthalten.

Wachstum gab es lediglich bei Mitteln gegen immunologische (z. B. rheumatische) Krankheiten, in den anderen großen Anwendungsgebieten sank der Umsatz. „Damit war Deutschland 2011 für Biopharmazeutika kein Wachstumsmarkt mehr“, erklärte Dr. Frank Mathias, Vorsitzender von vfa bio und CEO der MediGene AG, heute bei der Vorstellung des Branchenreports. Er schlägt Alarm: Vieles, das sich in der Pipeline der Unternehmen finde, sei durch politische Markteingriffe in Gefahr. Mathias betonte die hohen Kosten für Forschung und Entwicklung, die bei Biopharmazeutika anfallen. Mit 1 bis 1,6 Milliarden US-Dollar schlage ein neu zugelassener Wirkstoff zu Buche. Und es wird in Zukunft eher noch komplexer und teurer für die Unternehmen. Auch nach der Zulassung sind sie gefordert, die Kosten/Nutzen-Bewertungen in den verschiedenen Ländern stellen unterschiedliche Anforderungen, die es zu erfüllen gilt. Und welchen Preis die Unternehmen am Ende für ihre neuen Präparate in Deutschland erhalten, ist derzeit noch ungewiss.

Auch wenn Mathias sich grundsätzlich zur frühen Nutzenbewertung bekennt – Änderungen hält er dennoch für möglich. Zudem gebe es Gestaltungsspielräume, die der Gemeinsame Bundesausschuss nutzen könne. So sei es beispielsweise nötig, dass die zweckmäßige Vergleichstherapie unter rein medizinischen Aspekten gewählt wird. Zudem dürften keine „artifiziellen Subgruppen“ gebildet werden, die die Ergebnisse der vorgelegten Studien am Ende nicht mehr stichhaltig erscheinen lassen. Nicht zuletzt fordert auch Mathias, dass die zwischen Pharmaunternehmen und GKV-Spitzenverband ausgehandelten Erstattungsbeträge vertraulich bleiben. Hinzu kommen muss aus seiner Sicht eine steuerliche Forschungsförderung, wie es sie in anderen Ländern gebe – beispielsweise auch im Nachbarland Österreich. Konkret schwebt dem vfa bio dabei eine Steuergutschrift in Höhe von zehn Prozent der F&E-Aufwendungen vor.

Profitieren würde am Ende nicht nur das Unternehmen, betont Mathias: „Gewinnen würden die Patienten – weil ihnen besser geholfen werden kann; gewinnen würde die Gesellschaft, weil neue Therapien etwa in den Feldern Arthrose oder Alzheimer helfen würden, die Kosten von Arbeitsunfähigkeit bzw. Pflege zu senken. Und gewinnen würde auch der Standort Deutschland, nicht zuletzt hinsichtlich qualifizierter Arbeitsplätze“.


Kirsten Sucker-Sket