Bundesverwaltungsgericht

Warum sich alle Filialapotheken am Notdienst beteiligen müssen

Leipzig/Berlin - 09.08.2011, 15:01 Uhr


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gründe zu seinen beiden Notdienst-Urteilen vorgelegt: Nach der Apothekenbetriebsordnung besteht kein Anspruch auf eine generelle Befreiung von der Beteiligung am Notdienst aus rein wirtschaftlichen oder betrieblichen Gründen.

Das BVerwG lehnte es in beiden Fällen ab, den Notdienst innerhalb eines Apothekenverbundes dauerhaft auf eine der Apotheken innerhalb des Verbundes zu verlagern. Grundsätzlich sehe das System der ApBetrO eine Beteiligung aller Apotheken am Notdienst vor. Eine Ausnahme sei nur bei „berechtigten Gründen“ möglich, wobei die zuständige Behörde in einem solchen Fall sachgerecht abzuwägen habe.

Keine sachgerechten Gründe sind laut BVerwG rein betriebswirtschaftliche. Innerhalb eines Apothekenverbundes könne es zwar für den Apotheker vorteilhaft  sein, sich nur mit einer seiner Filialen am Notdienst zu beteiligen. Allerdings sei jede Filiale dennoch verpflichtet, die Arzneimittelabgabe außerhalb der üblichen Öffnungszeiten zu gewährleisten – auch während des Notdienstes. Dies habe sich auch durch die Aufhebung des Mehrbesitzverbotes und die Zulassung von bis zu drei Filialapotheken im Jahr 2004 nicht geändert.

Zudem dürfe die Vermeidung einer Entwicklung hin zu Schwerpunktapotheken („Apotheke light“ vs. „Vollapotheken“) in die Abwägung einbezogen werden, da die Grundentscheidung der ApBetrO beachtet werden müsse, dass alle Apotheken, sowohl Haupt- als auch Filialapotheken, verpflichtet seien, alle Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung nicht nur formal, sondern auch tatsächlich zu erfüllen.

Auch die Berufsfreiheit zwinge die Behörde nicht, eine solche Verlagerung zu genehmigen. Zwar beeinträchtige die Ablehnung die Berufsausübung, weil für jede der Apotheken, die nach der ApBetrO vorgesehenen betrieblichen Belastungen einer Notdienstbereitschaft zu tragen seien. Dies sei jedoch durch die sachlichen Gründe, die für einen wechselseitigen Notdienst unter Einbeziehung aller Apotheken sprechen, gerechtfertigt. Die Gestaltung des Notdienstes diene dem Gebot der Gleichbehandlung und der gleichmäßigen Verteilung der Notdienstapotheken auf das ganze Gemeindegebiet zugunsten der Einwohner aller Stadtteile.

Das Bundesgesundheitsministerium hat allerdings Pläne, die bestehende Regelung des § 23 ApBetrO zu ändern. Nach seinen Eckpunkten zur Novelle der ApBetrO soll bei Vorliegen einer Erlaubnis zum Betrieb mehrerer Apotheken der Notdienst einer Apotheker von einer der anderen Apotheken (Hauptapotheke, Filialapotheke) im Grundsatz übernommen werden können.

Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 26. Mai 2011, Az. 3 C 21.10 und 3 C 22.10


Juliane Ziegler