Optogenetik

Licht steuert Nervenzellen

Frankfurt - 12.03.2010, 10:20 Uhr


Frankfurter Forscher untersuchen die Funktion elementarer Nervenschaltkreise in einem einfachen Modellsystem, dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans, indem sie

Neuronale Netzwerke, insbesondere bei Säugetieren und Menschen, sind äußerst komplizierte Systeme. Ein einzelnes der 100 Milliarden Neurone des Menschen kann mit bis zu 10.000 anderen Neuronen verschaltet sein. Jetzt untersuchen Frankfurter Forscher die Funktion elementarer Nervenschaltkreise in einem einfachen Modellsystem, dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans.

C. elegans, ein mikroskopisch kleiner, durchsichtiger Fadenwurm, besitzt gerade mal 302 Nervenzellen, die durch Elektronenmikroskopie genau kartiert wurden. Obwohl der Wurm mit seinen circa 7000 Synapsen weniger Verschaltungen aufweist als ein einzelnes menschliches Pyramidal-Neuron, findet man doch große Ähnlichkeiten zum Säuger, wenn man das Zusammenwirken der Neuronen betrachtet. So finden sich im Fadenwurm Interaktionen in Nervenzellen zur Geruchswahrnehmung, die analog zu Schaltkreisen in der Säuger-Retina funktionieren.

Die Frankfurter Forscher verpflanzten mit gentechnischen Methoden lichtaktivierbare Proteine aus Grünalgen und Bakterien in das Nervensystem des Wurmes. Die Nervenzellen können durch Beleuchtung von außen aktiviert oder gehemmt werden, so dass man Rückschlüsse auf ihre Funktionen ziehen kann. Diese Arbeiten haben maßgeblich zur Entwicklung eines neuen Forschungsgebiets in der Neurobiologie beigetragen, der so genannten Optogenetik. Diese und ähnliche Ansätze zur Steuerung von Nervenzellen mit Licht werden inzwischen in zahllosen Laboren der Welt angewendet.

Die bei C. elegans erprobten Prinzipien der Nervensteuerung durch Licht könnten in absehbarer Zeit vielleicht auch beim Menschen anwendbar sein, zum Beispiel, um bei besonders starken Formen der Epilepsie oder der Parkinson-Krankheit Nervenzellen mit Hilfe von Licht ruhigzustellen. Bereits heute implantiert man zum gleichen Zweck Elektroden ins Hirn der Patienten - mit dem deutlichen Nachteil, dass man nicht bestimmen könnte, welche Nervenzellen beeinflusst werden. Dadurch sind unerwünschte Nebeneffekte möglich. Mit Hilfe der Optogenetik lassen sich ganz gezielt nur die erwünschten Neuronen ansteuern, außerdem sind Lichtfasern viel dünner und weniger invasiv als Drahtelektroden.

Auch elementare Mechanismen der Kommunikation zwischen Neuronen mit Neurotransmittern ähneln sich bei Fadenwurm und Säugetieren, so dass sie sich auch in C. elegans untersuchen lassen.

Quelle: Pressemitteilung der Goethe-Universität, Frankfurt/M., 9. März 2010.


Dr. Bettina Hellwig


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