Nervenzellen

Wie das Gehirn kommuniziert

Berlin - 03.03.2012, 10:00 Uhr


Einen wichtigen Mechanismus, wie die menschlichen Gehirnhälften miteinander kommunizieren, entdeckte nun ein Forscherteam aus Berlin und der Universität Bern. Die Ergebnisse führen zu neuen Einblicken in die Nervenzellkommunikation des Gehirns, die auch bei Schlaganfall eine Rolle spielen könnten.

Die Forschergruppe vom Exzellenzcluster NeuroCure an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin erforscht Mechanismen im Gehirn, die die Aktivitäten von Neuronen in der Großhirnrinde kontrollieren. In ihrer aktuellen Studie in Zusammenarbeit mit der Universität Bern konzentrierten sich die Neurowissenschaftler dabei auf die Verarbeitung von Tastempfindungen. Hierzu benutzten sie eine Reihe von Methoden, beispielsweise intrazelluläre Messungen einzelner Nervenzellen im intakten Gehirn und verschiedene bildgebende Verfahren während der sensorischen Stimulation der Hinterpfote einer Ratte. 

Dabei fanden sie heraus, dass die Reizung der rechten und linken Pfote der Ratte eine relativ langsame, fast halbsekundenlang anhaltende hemmende Wirkung auf die Aktivität der Nervenzellen hat. Normalerweise erfolgt die Signalübertragung um ein Vielfaches schneller. Daher wollten die Forscher wissen, welche Nervenschaltung diesem Mechanismus zu Grunde liegt, und die zellulären Kommunikationswege identifizieren. Dies gelang ihnen mithilfe einer neuen Technologie, der sogenannten Optogenetik, die es ermöglicht, spezifische Nerven mit Licht zu stimulieren. So konnten die Forscher zeigen, dass Nervenfasern, die aus der gegenüberliegenden Hemisphäre kommen, eine spezielle Gruppe von lokalen hemmenden Nervenzellen aktivieren. Diese Nervenzellen wiederum aktivieren langsam wirkende Rezeptoren, die zu einer geringeren Aktivität in den anderen Nervenzellen derselben Hemisphäre führen. 

Vor allem für die Schlaganfallforschung könnte dies ein weiterer Baustein bei der Entwicklung neuer Therapien sein, da dieser Mechanismus hier eine wichtige Rolle spielt. Doch nicht nur bei Schlaganfallschäden ist die Kommunikation der beiden Hemisphären in der Großhirnrinde entscheidend, sondern auch für eine Reihe kognitiver Fähigkeiten.

Literatur: Palmer, L. M., et al.: Science 2012;335(6071):989-93, Online: DOI: 10.1126/science.1217276. 


Dr. Bettina Hellwig