Gesetzliche Krankenversicherung

Zusatzbeiträge - 2010 nicht mehr zu vermeiden?

Berlin - 22.07.2009, 13:00 Uhr


Kassenfunktionäre warnen, dass bald Zusatzbeiträge zu erwarten sind - zugleich ist der Wettbewerb um deren Vermeidung voll entbrannt. Bislang fordert keine Kasse einen Zusatzbeitrag. Die Sorge, gesunde Versicherte zu verlieren, ist zu groß.

DAK-Chef Herbert Rebscher rechnet damit, dass die GKV im kommenden Jahr mit bis zu 11 Milliarden Euro unterfinanziert sein könnte. In einem Interview mit der "Rheinischen Post" prognostizierte er daher: "2010 gibt es flächendeckend Zusatzbeiträge” - jedenfalls dann, wenn der Gesundheitsfonds über die Bundestagswahl hinaus Bestand hat. Vor der Wahl, so Rebscher, werde keine Kasse ihre Versicherten zusätzlich belasten, "weil das der Selbstmord am Markt wäre": Die Kasse würde über Nacht zahlreiche gesunde, junge Menschen verlieren, während sich die älteren Versicherten, die sich über den Leistungsbedarf der Kasse gebunden fühlten, auch beim Zusatzbeitrag blieben. Fallen aber die zahlungskräftigen Versicherten aus, müssten die Kassen ihre Zusatzbeiträge tendenziell weiter erhöhen. Auch Vertreter des AOK-Bundesverbandes und der Techniker Krankenkasse hatten in den letzten Wochen ähnliche Erwartungen geäußert.

Marion Caspers-Merk, Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, wies die Befürchtungen der Kassenchefs als "Kassandrarufe" zurück. Die Krankenkassen seien gut aufgestellt, erklärte sie. Zugleich räumte sie ein, dass sich die Krise auch auf die Sozialversicherungen auswirken werde. "Allerdings erwarten wir von gut bezahlten Kassenmanagern, dass sie ihren Job machen und ordentlich mit den Beitragsgeldern wirtschaften".

Der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem hingegen meint, dass eigentlich schon jetzt einige Kassen "ganz auf Kante genäht" seien und eigentlich gar nicht umhin kämen, sofort einen Zusatzbeitrag zu erheben. Auch er bestätigt, dass sich der Kassenwettbewerb derzeit darauf konzentriere, eben dies zu vermeiden. "Das wird sicherlich nur noch ein paar Monate so gehen. Dann müssen die ersten Krankenkassen einen Zusatzbeitrag erheben", sagte Wasem im ZDF-Morgenmagazin. Spätestens, wenn das Kassendefizit im nächsten Jahr über drei Milliarden Euro hinauswachse, würden die meisten Krankenkassen hieran nicht vorbeikommen. Dann besteht laut Wasem auch Handlungsbedarf für die Politik: Die derzeitige Regelung, nach der der Beitrag bei keinem Versicherten höher als ein Prozent seines Einkommens liegen darf, sei insbesondere für Krankenkassen, die Geringverdiener versichern, ein "schwerer Hemmschuh". Hier müsse nach der Bundestagswahl nachgebessert werden.


Kirsten Sucker-Sket