Europa

Gesundheitsversorgung und Apothekenwesen in Estland

Von Helga Blasius | Estland wird aus westlicher Sicht häufig als Musterknabe unter den zehn Beitrittsländern der EU-Osterweiterung bezeichnet. Schnelle Privatisierung und Marktöffnung sowie ein radikaler Liberalisierungskurs sind die Attribute, die den nordöstlichsten Staat unter den neuen EU-Mitgliedern auszeichnen. Obwohl die Volkswirtschaft noch einiges aufzuholen hat, um das EU-Durchschnittsniveau zu erreichen, ist es den Esten innerhalb kürzester Zeit gelungen, im Gesundheitsbereich zumindest eine verlässliche, ausbaufähige Basis zu schaffen.

 

Geschichte des Gesundheitswesens

Die jüngere Entwicklung des estnischen Gesundheitswesens weist zwei Zäsuren auf:

  • Mit der Eingliederung Estlands in die Sowjetunion 1940 wurde eine staatlich verwaltete, stark zentralisierte Gesundheitsversorgung mit Polikliniken und Ambulanzen eingeführt.
  • Ab 1990 wurde die Reform der Gesundheitsversorgung geplant; Hauptziel war die Dezentralisierung und die Erfassung der gesamten Bevölkerung in einer allgemeinen Krankenversicherung. Die entsprechende Gesetzgebung wurde nach der Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit im August 1991 zügig verabschiedet und die Privatisierung der Einrichtungen der Gesundheitsversorgung konsequent vorangetrieben.

Seither hat das estnische Gesundheitssystem bereits mehrere strukturelle und administrative Reformen erlebt. In den letzten Jahren lag die oberste Priorität in der Vorbereitung des Landes auf die Anforderungen, die sich aus dem EU-Beitritt ergeben haben [12, 38].

Die Neuen in der EU 

Seit dem 1. Mai 2004 hat die Europäische Union zehn neue Mitgliedstaaten. Die dortigen Gesundheitssysteme haben aufgrund der überwiegend sozialistischen Vergangenheit grundlegende strukturelle Reformprozesse durchmachen müssen. Vor allem für die kleineren Staaten war dies mit gewaltigen Kraftanstrengungen verbunden.

Gesundheitsstatus lässt zu wünschen übrig

Trotz aller Anstrengungen hat Estland seit 1990 einen Rückgang im Gesundheitsstatus der Bevölkerung erleiden müssen. Die Lebenserwartung estnischer Männer liegt um zehn Jahre niedriger als der Durchschnitt in der "alten" EU [21]. Gesundheitsförderung und Prävention haben deshalb in der Gesundheitspolitik eine wichtige Bedeutung. Staatlich finanzierte Maßnahmen erstrecken sich auf die Bereiche:

  • Allgemeine Gesundheitsförderung,
  • Mentale Gesundheit,
  • Prävention (Krebs, kardiovaskuläre Erkrankungen, Unfälle und Verletzungen, Alkohol-, Nicotin- und Arzneimittelmissbrauch)
  • Sexualerziehung,
  • Förderung körperlicher Aktivität,
  • Gesunde Ernährung [7].

Zu viele Betten, zu viele Ärzte

Eines der Hauptelemente der Neuorganisation des Gesundheitswesens in Estland war der Aufbau der primären Gesundheitsversorgung. Diese basiert heute im Wesentlichen auf dem Hausarzt-Prinzip, wobei ein Hausarzt zwischen 1600 und 2000 Personen managen sollte. Fachärztliche Leistungen werden entweder in Spezialkliniken, von den ambulanten Abteilungen der Krankenhäuser oder auch von niedergelassenen Fachärzten bereit gestellt. Als Erbe aus den Zeiten der Sowjetunion brachten die Esten ein Überangebot an Krankenhausbetten mit in das neue System. Konsequent wurde die Zahl der Krankenhäuser zwischen 1992 und 2002 durch Schließungen und Zusammenlegungen um 60% reduziert. In gleicher Weise galt es, ein Überangebot an Ärzten abzubauen. Dies geschah zum einen durch einen verminderten "Import" von Ärzten aus der ehemaligen Sowjetunion und zum anderen durch einen vermehrten "Export" estnischer Mediziner in die Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie in westliche Länder [12].

Apotheker gehören nicht zu den Heilberufen

Zuständig für die Organisation des Gesundheitswesens und der Gesundheitsversorgung ist das Sozialministerium. Unter dessen Ägide arbeitet eine Reihe von Behörden mit unterschiedlichen Schwerpunkten (Tab. 1) [12, 38].

Nach dem Gesetz zur Organisation der Gesundheitsversorgung [18] gehören folgende Berufsgruppen zu den Heilberufen (Anzahl 2002):

  • Ärzte (4190; Deutschland: 301 000),
  • Zahnärzte (1076; Deutschland: 64 000) [24, 34],
  • Krankenschwestern und
  • Hebammen.

Apotheker sind hier nicht aufgeführt. Die Geschäftsführerin des 1993 gegründeten estnischen Apothekerverbandes (Eesti Apteekriteliit) [10] Kaidi Vendla interpretiert dieses erstaunliche Faktum als "Retourkutsche" der Gesundheitspolitik. Die Apotheker hatten zuvor die Erlaubnis des Fremdbesitzes eingefordert und die wirtschaftlichen Interessen des Berufsstandes allzu offen zur Schau getragen. Nun fühlten sich die Apotheker von ihrem Sozialministerium nicht genügend ernst genommen. Gerne würden sie das Rad wegen der höheren Reputation als Heilberufler wieder auf den Status quo ante zurückdrehen, kein leichtes Unterfangen, wie Vendla wahrscheinlich zu Recht annimmt.

Tab. 1: Behörden und Einrichtungen der Gesundheitsversorgung in Estland

NameZuständigkeiten
Ausschuss für Gesundheitsversorgung 
(Health Care Board, Tervishoiuamet)
Registrierung der Angehörigen der Gesundheitsberufe, Erteilung von Erlaubnissen und Führen entsprechender Register, Überwachung der Leistungserbringer im Gesundheitswesen, Verwaltung der ambulanten Dienste und Evaluierung der Qualität der Versorgung
Staatliche Arzneimittelagentur
(State Agency of Medicines, Ravimiamet)
Arzneimittelzulassung und Qualitätskontrolle, Erteilung von Import- und Exportgenehmigungen, Überwachung im Bereich Arzneimittel und Medizinprodukte
Inspektorat für Gesundheitsschutz
(Helath Protection Inspectorate, Tervisekaitseinspektsioon)
Überwachung in den Bereichen Lebensmittel, Trinkwasser und Badegewässer, übertragbare Krankheiten und deren Vorsorge (Impfungen)
Zentrum für Gesundheitserziehung und -förderungInitiierung und Implementierung von Programmen zur Gesundheitsförderung und Prävention, Unterhaltung eines Netzwerks entsprechender Einrichtungen in den Landkreisen

Flächendeckende gesetzliche Krankenversicherung

Am 1. Januar 1992 trat in Estland das Krankenversicherungsgesetz in Kraft. (Tab. 2). Mit ihm wurde eine allgemeine, auf dem Solidaritätsprinzip beruhende Krankenversicherung installiert. Nach einer anfänglichen Vielfalt von Versicherungsfonds wird diese seit 2001 von einem zentralen Krankenversicherungsfond mit vier regionalen Abteilungen als Körperschaft des öffentlichen Rechts verwaltet [7, 12].

Ende März 2004 waren alle in einem Arbeitsverhältnis stehenden Esten und deren Angehörige (1,3 Millionen) von der Krankenversicherung erfasst [7]. Die Übrigen erhalten zumindest eine Notversorgung, die aus der Staatskasse finanziert wird. Sowohl der Krankenversicherungsbeitrag als auch der Beitrag zur Rentenversicherung (insgesamt 33% des Einkommens) werden voll von den Arbeitgebern getragen und den Arbeitnehmern ausbezahlt. Die Bürger geben diese als Sozialsteuern weiter, davon 20% in die Rentenversicherung und 13% in die Krankenversicherung [38].

Tab. 2: Gesundheitsgesetzgebung in Estland

Titelvomin Kraft getreten
Gesetz über die Krankenversicherung
Abgelöst durch: Gesetz über die Krankenversicherung der Republik Estland
Letztes Änderungsgesetz
12.6.1991

19.6.2002
29.1.2003
1.1.1992

1.10.2002
10.3.2003
Gesetz über den estnischen Krankenversicherungs-Fonds14.6.20001.1.2001
Gesetz zur Organisation der Gesundheitsversorgung9.5.20011.1.2002
Gesetz über die öffentliche Gesundheit
Letztes Änderungsgesetz
14.6.1995
12.2.2003
21.7.1995
21.3.2003
Verfahren zum Abschluss von Preisvereinbarungen11.12.2002 
Verfahren für die Erstellung und Änderung der Liste erstattungsfähiger Arzneimittel des estnischen Krankenversicherungs-Fonds; Kriterien für die Festlegung der Liste und für die Bewertung der Konformität mit diesen Kriterien zuständige Gremien23.10.2002 

Was zahlt die estnische Krankenversicherung?

Die Leistungen der Krankenversicherung umfassen als Sachleistungen medizinische Untersuchungen und Behandlung sowie Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit und zur Prävention. Sie werden den Erbringern nach festgelegten Sätzen erstattet, sofern bestimmte Qualitäts-Kriterien eingehalten werden. Die Versicherten haben die freie Arztwahl, müssen sich aber bei einem Hausarzt registrieren lassen. Konsultationen von Fachärzten werden, von einigen Ausnahmen abgesehen, ohne Überweisung durch den Hausarzt nicht erstattet.

Zahnbehandlungen und Ersatz sind seit Anfang 2003 nur noch bis zum 19. Lebensjahr erfasst. Erwachsene erhalten allerdings Kosten bis zu 150 EEK (9,60 Euro) pro Jahr erstattet. Neben Sachleistungen werden etwa bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit, im Mutterschutz oder bei Überschreiten der Eigenbeteiligung an Arzneimitteln auch Geldleistungen gewährt [12].

Gesundheitsausgaben noch unter EU-Durchschnitt

Im Jahr 2002 machten die Gesundheitsausgaben Estlands 5,5% des Bruttoinlandsproduktes aus (Deutschland: 11,1%, EU-Durchschnitt: 8,5%) [38]. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das BIP pro Kopf der Bevölkerung in Estland lediglich bei etwa einem Drittel des EU-Durchschnitts (EU-15) liegt [12]. Etwa zwei Drittel der gesamten Gesundheitsausgaben werden durch das Krankenversicherungssystem finanziert. Sie werden auf Basis makroökonomischer Prognosen sowie der avisierten Steuereinnahmen, getrennt nach den verschiedenen Bereichen der Versorgung, budgetiert. Darüber hinaus werden 8 bis 9% aus staatlichen Quellen und 2% aus den Regionalverwaltungen gespeist. 20% zahlen die Patienten aus eigener Tasche, davon rund die Hälfte in Form von Zuzahlungen zu rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Da medizinische Leistungen zunehmend in Anspruch genommen werden, ist die Begrenzung der Gesundheitsausgaben in Estland etwa seit den Jahren 2001/02 ebenfalls bereits ein Thema.

Allgemeine Fakten zu Estland

Ländername: Eesti Vabariik (Republik Estland) 
Landessprache: Estnisch (einzig offizielle Sprache), Russisch 
Einwohner: 1,35 Millionen, davon 68% Esten, 26% Russen 
Staatsgebiet: 45 227 km² 
Staatsform: parlamentarische Demokratie 
Staatspräsident: Arnold Rüütel (seit 2002) 
August 1991: Austritt aus der damaligen Sowjetunion 
Seit 1. Mai 2004: Mitglied der Europäischen Union 
Hauptstadt: Tallinn (Reval; 400 000 Einwohner) 
Währung: Estnische Krone (EEK); 1 Euro = 15,65 EEK

Arzneimittelausgaben unverhältnismäßig hoch

Rund die Hälfte der Ausgaben für Arzneimittel werden von den Krankenversicherungen abgedeckt. Deren Arzneimittelausgaben sind in den letzten Jahren kräftig gestiegen. Zurückzuführen ist dies auf den Mengenzuwachs (schon in den 90er-Jahren hatte sich das Volumen des Einsatzes verschreibungspflichtiger Arzneimittel verdoppelt), auf den Ersatz älterer durch modernere Therapien sowie auf die Einführung kostspieliger neuer Medikamente.

Nachdem das Arzneimittelbudget im Jahr 2001 um 33% überschritten wurde, ergriff die Gesundheitspolitik drastische Sparmaßnahmen. Es wurden Festbeträge implementiert und die Erstattungssätze gekappt. So gelang es recht schnell, diese Entwicklung vorläufig abzufangen und das Budget für Arzneimittelleistungen im Jahr 2003 nicht erneut zu sprengen, sondern sogar um 10% zu unterschreiten [8]. Gemessen an den gesamten Gesundheitsausgaben liegen die Arzneimittelausgaben der Krankenversicherung mit 26,3% im Übrigen um einiges höher als in den meisten anderen EU-Mitgliedstaaten (10 – 20%) [25, 34]. Der Pro-Kopf-Erstattungsbetrag für Arzneimittel hat sich zwar zwischen 1998 und 2002 von 13,70 US-Dollar auf 37,63 US-US-Dollar verdreifacht, liegt aber immer noch weit unter dem EU-Durchschnitt (250 - 300 US-Dollar) [12, 26].

Wie hoch ist die Eigenbeteiligung?

Derzeit werden von den Versicherten folgende Zuzahlungen zu den Sachleistungen eingefordert:

  • eine Praxisgebühr in der ambulanten Versorgung,
  • bei stationärer Versorgung für Sonderleistungen, wie etwa für Einzelzimmer-Unterbringung,
  • für verschreibungspflichtige Arzneimittel im Schnitt 25% des Apothekenabgabepreises. OTC-Arzneimittel, Vitamin- und Mineralstoff-Supplemente sowie pflanzliche Arzneimittel müssen komplett selbst bezahlt werden [38].

Gestaffelte Erstattung von Arzneimitteln

Erstattungsfähige Arzneimittel sind in einer Positivliste erfasst, die sich an der WHO-Liste der essential drugs orientiert. Die meisten der dort gegenwärtig gelisteten rund 3000 Arzneimittel sind verschreibungspflichtig [5]. Seit kurzem muss für die Aufnahme in die Liste auch eine pharmakoökonomische Beurteilung vorgenommen werden. Die baltischen Staaten haben hierzu eine gemeinsame Leitlinie verabschiedet [22, 23].

Für die Vergütung der abgegebenen Arzneimittel gelten je nach Alter des Patienten, sozialem Status und Diagnose bzw. Art der Erkrankung unterschiedliche Erstattungssätze:

  • 100% Erstattung gibt es bei 25 Indikationen, darunter AIDS, Krebs, Epilepsie, Parkinson, Diabetes),
  • 90% für Kinder unter 10 Jahren, arbeitsunfähige Personen und Versicherte über 63 Jahren,
  • 75% bei 75 Indikationen, darunter Herz-Kreislauf-Insuffizienz, Bronchialasthma, peptisches Ulkus und rheumatoide Arthritis,
  • 50% bei allen anderen rezeptpflichtigen Arzneimitteln auf der Liste bis zu einem Höchstbetrag von 200 EEK (12,79 Euro).

Die effektive Zuzahlung des Patienten setzt sich zusammen aus dem Differenzbetrag zwischen regulärem Arzneimittelpreis und Erstattungssatz, ggf. den Mehrkosten für einen überschrittenen Festbetrag sowie einer pauschalen Zuzahlung von 20 EEK (bei Voll- oder 75%-Erstattung) oder 50 EEK (bei 50%-Erstattung) (1,28 Euro oder 3,20 Euro). Seit 1. Januar 2003 gibt es darüber hinaus eine Überforderungsklausel, ab der weitere Beträge von den Kassen übernommen werden [7, 12]. Im Hinblick auf den Erstattungsanteil liegt Estland in den wichtigsten Arzneimittelgruppen weit über den Sätzen in den anderen baltischen Staaten [30].

Arzneimittelgesetz

Das Herzstück der estnischen Arzneimittelgesetzgebung ist das Arzneimittelgesetz von 1995 (Tab. 3), das durch eine Reihe von Verordnungen und Leitlinien weiter ausgestaltet ist.

Zuständig für die Arzneimittelzulassung sowie für die Überwachung der Betriebe und Einrichtungen, die am Arzneimittelverkehr teilnehmen, ist die staatliche Arzneimittelbehörde (Ravimiamet). Die Behörde ist in Tartu angesiedelt, um einen engen Schulterschluss mit der dort ansässigen Universität zu gewährleisten. Sie beschäftigt derzeit rund fünfzig Vollzeit-Experten. In Zulassungsverfahren wird die Beurteilung der pharmazeutischen Qualität innerhalb der Behörde durchgeführt, während die Unterlagen zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit an externe Experten vergeben wird.

Erlaubnisse für sämtliche pharmazeutische Tätigkeiten wie Herstellung, Großhandel, Einzelhandel, Import/Export oder auch das Betreiben einer Krankenhausapotheke werden von einem im Sozialministerium angesiedelten Ausschuss in enger Zusammenarbeit mit der Ravimiamet erteilt.

Tab. 3: Wichtige arzneimittelrechtliche Vorschriften in Estland

Titelvomin Kraft getreten
Arzneimittelgesetz
Letztes Änderungsgesetz
19.12.19951.4.1996
21.3.2003
Regeln für die Kategorisierung von Quasi-Arzneimitteln, deren Kennzeichnung und Packungsbeilage sowie zu ergänzenden Unterlagen für die Zulassung und die Packungsbeilage21.1.1998 
Gesetz über die Werbung11.6.19971.1.1998
Verfahren über die Werbung für Arzneimittel bei Personen, die zur Verschreibung von Arzneimitteln berechtigt sind18.7.1998
18.4.2002*
 
Gesetz über Narkotika und psychotrope Substanzen11.4.19971.11.1997
Bedingungen für die Erteilung von Erlaubnissen für die Herstellung, den Großhandel und den Einzelhandel mit Arzneimitteln, Antragsverfahren und Verfahren für den Widerruf von Erlaubnissen sowie die Form der Erlaubnisse18.7.1996 
Verfahren für die Lagerung und den Transport von Arzneimitteln30.6.1997 
Verfahren für den Großhandeln mit Arzneimitteln29.4.1996 
Genehmigung des Verfahrens zum Umgang mit nicht verkehrsfähigen Arzneimitteln17.3.199720.4.1997
Regelungen zur Verschreibung von Arzneimitteln26.11.2002 
*konsolidierte Fassung

Zulassung und Arzneimittelsicherheit

Die Vorschriften über die Zulassung sind an europäisches Recht angeglichen. Einige Abweichungen gibt es lediglich noch im Bereich Tierarzneimittel. Ende 2003 waren in Estland ca. 3000 Arzneimittel zugelassen, die auf 963 Wirkstoffe entfallen. Rund die Hälfte sind nach Auskunft des stellvertretenden Leiters der Ravimiamet Dr. Alar Irs Generika beziehungsweise voll dokumentierte Arzneimittel des "Well-established use". 27 sind nach dem europäischen zentralen Verfahren zugelassen, 45 sind durch ein europäisches Anerkennungsverfahren auf den Markt gekommen [33]. Die Nachzulassung in Anpassung an das europäische Zulassungsrecht wurde zwischen 1996 (dem Inkrafttreten des estnischen Arzneimittelgesetzes) und 1999 abgewickelt.

Die Anzahl der berichteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen ist außerordentlich gering. Laut Auskunft von Alar Irs haben die Esten bislang nur zehn Prozent der Melderaten anderer nordeuropäischer Länder. Der Behördenvertreter sieht die Gründe hierfür vor allem in einem noch recht unterentwickelten Problembewusstsein im Hinblick auf Arzneimittelrisiken.

Nur wenig einheimische Pharmaunternehmen

Die Arzneimittelversorgung in Estland war in der jüngeren Geschichte stets stark von Importen abhängig. In der Sowjet-Periode beruhte sie überwiegend auf einer Fremdversorgung durch andere sozialistische Bruderstaaten, zum Beispiel Polen und Ungarn. Derzeit sind lediglich zwanzig Herstellungserlaubnisse erteilt, sechs für Hersteller von Human- und zwei für Tierarzneimittel, der Rest bezieht sich auf die Gewinnung und Herstellung von Blutprodukten.

Einheimische Hersteller bedienen nicht einmal zehn Prozent des estnischen Arzneimittelmarktes [3]. Die Firma Tallinn Pharmaceutical Plant (Tallinna Farmaatsiatehase AS.), die im Jahr 1913 als Estländische Pharmazeutische Handelsgesellschaft (EPHAG) von einigen tatkräftigen deutschen Pharmazeuten gegründet worden war, hat sich durch die Stürme der Zeit hindurch behaupten können. Im Zuge der Privatisierung musste das Unternehmen allerdings kräftig Federn lassen. Rund 300 Mitarbeiter haben dadurch ihre Anstellung verloren, berichtet Alar Irs [35].

Dominiert wird der Markt von den Niederlassungen international tätiger Konzerne, z. B. GlaxoSmithKline, Pfizer, Astra Zeneca, Nycomed Pharma, Merck & Co. (MSD), die Estland wegen der vergleichsweise geringen Lohnnebenkosten und der günstigen Geschäftsbedingungen auch als Basis für Versorgung der anderen baltischen Staaten nutzen [5]. Sie haben sich in einem eigenen Verband zusammengeschlossen (Association of International Pharmaceutical Manufacturers in Estonia) [19].

"Kurioses" aus dem Baltikum

Die Apothekervertretungen aus den baltischen Ländern wollten kürzlich ein gemeinsames Statement verabschieden, dass sie mit den Ärzten auf einer Stufe stehen sollten. Dies scheiterte am Widerstand der Letten. Begründung: Die Apothekerschaft werde in Lettland höher eingestuft als die Ärzteschaft, und eine solche Resolution könne den Apothekern dort nur zum Nachteil gereichen. Schilderung von Kaidi Vendla, Eesti Apteekriteliit

Struktur des Pharmamarktes

Im Hinblick auf die absolute Größe müssen die baltischen Arzneimittelmärkte wohl als klein bezeichnet werden. Der estnische Markt belief sich im Jahr 2003 auf 1,595 Billionen estnische Kronen (rund 102 Mio. E; nach Großhandelspreisen). Das Wachstum lag bei rund 8,3% gegenüber dem Vorjahreszeitraum (1999 – 2000: 26,66%; 2000 – 2001: 15,1%; 2001 – 2002: 13,66 %) [31].

Es gibt eine starke Tradition zum Einsatz von Originalarzneimitteln, und die seit 2003 mögliche INN-Verordnung wird wegen der geringeren Erträge auch von den Apothekern nicht unbedingt präferiert, obwohl der Einsatz von Generika gängig ist und aus Kostengründen nachhaltig gefördert wird. OTC-Arzneimittel machen etwa 30% des Umsatzes im Pharmamarkt aus [5].

Phytos noch kaum bekannt

Pflanzliche Arzneimittel spielen auf dem Markt noch keine große Rolle. Für sie gibt es im Übrigen verschiedene Möglichkeiten des Marktzugangs. Einige werden als Arzneimittel eingestuft, brauchen eine volle arzneimittelrechtliche Zulassung und dürfen darüber hinaus nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben werden. Die zweite Kategorie wird als "Quasi-Arzneimittel" mit abgespeckten Zulassungsanforderungen eingestuft und sind lediglich apothekenpflichtig. Eine dritte Kategorie fällt nicht unter die Arzneimittelgesetzgebung und darf auch außerhalb der Apotheke abgegeben werden. Die Zulassungsbehörde Ravimiamet gibt eine umfangreiche Liste von Drogen heraus, in der der jeweilige Status quo ausgewiesen ist.

Wie von Alar Irs zu erfahren war, dringen Phytopharmaka vor allem durch Beiträge von Ärzten in der Publikumspresse nach und nach mehr ins Bewusstsein der Esten. Vor allem deutsche und französische Firmen versuchen derzeit mit ihren Produkten auf dem Markt Fuß zu fassen. Mit ihrer Einstufung als Arzneimittel tut sich der Behördenvertreter allerdings schwer, denn aus seiner Sicht sind die Belege für die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit oft unzureichend.

Das ehrgeizige estnische Genomprojekt

Angesichts der langen Hochschultradition in Estland verwundert es nicht, dass dort auch mit einigem wissenschaftlichen Ehrgeiz geforscht wird. Nach einem Evaluierungsbericht, der im Jahr 2003 im Auftrag des Estonian Higher Education Accreditation Centre vorgelegt wurde, wurden die Aktivitäten des Instituts für Pharmakologie als gut und die Leistungsfähigkeit als hervorragend bezeichnet. Auch der Fachbereich Pharmazie der in der Medizinischen Fakultät angesiedelt ist, kam mit der Beurteilung "gut bis zufriedenstellend" nicht schlecht weg [6].

Erwähnt werden soll in diesem Zusammenhang auch die starke Förderung der biotechnologischen Forschung in Estland. Im Jahr 2002 waren 138 Firmen auf dem medizinischen oder biotechnologischen Sektor tätig. International große Beachtung findet vor allem das estnische Genomprojekt, mit dem die Genotyp- und Phänotyp-Daten von insgesamt 1 Million Esten (drei Viertel der Gesamtbevölkerung) in einer zentralen Datenbank erfasst werden, um sie später für die medizinische und pharmazeutische Forschung nutzbar zu machen [39].

Arzneimittelpreise und Werbung

Die Herstellerabgabepreise sind frei, jedoch gibt es festgelegte Handelsspannen für den Großhandel (3 – 7%) und für die Apotheken (10 – 15%) [26]. Werbung für rezeptpflichtige Arzneimittel ist im Einklang mit europäischem Recht nur zulässig bei den Fachkreisen. Eine entsprechende Leitlinie regelt die näheren Modalitäten (Tab. 3).

Publikumswerbung für OTC-Arzneimittel ist erst seit 1998 zulässig. Sie muss im Einklang stehen mit dem allgemeinen estnischen Werbegesetz, das in einem besonderen Paragraphen (§ 14) eigens auf die Arzneimittelwerbung abhebt. Wie von der Geschäftsführerin des estnischen Apothekerverbandes Kaidi Vendla zu erfahren war, sehen die Gesundheitspolitiker es allerdings gar nicht gerne, dass in letzter Zeit in Zeitungen und auch in Radio und Fernsehen allenthalben für Arzneimittel geworben wird.

Pharmagroßhandel

Anzahl der Großhandelsfirmen in Estland hat seit dem Einzug der freien Marktwirtschaft beträchtlich zugenommen. Vierzig Unternehmen gibt es heute, von denen die beiden größten, Magnum Medical AS. und Tamro Eesti AS. zusammen etwa drei Viertel des Marktes abdecken [32, 36]. Sie spielen auch für die Struktur des Apothekenmarktes eine wesentliche Rolle (s. u.). Bei den Erlaubnissen wird unterschieden zwischen Nur-Import/Export- oder Transit-Händlern [9] und solchen, die auch eine Erlaubnis zur Belieferung von Apotheken [31] haben.

Pharmazie an der Universität Tartu

Im Jahr 1632 gründete König Gustav II. Adolf die Academia Gustaviana in Dorpat (Tartu) als zweite Universität des schwedischen Königreiches, die bis 1699 bestand. Schon damals gab es eine Fakultät für Medizin. Kurz vor der Neugründung der Universität durch Zar Alexander I. im Jahr 1802 wurde der Apotheker Philipp Arzt in Reval zum Professor für Chemie und Pharmazie in Dorpat ernannt. Der erste Pharmaziestudent begann seine Ausbildung im Jahr 1807.

Im Jahr 1842 erhielt Carl Friedrich Eduard Siller die erste eigenständige Professur für Pharmazie. Er hat sich vor allem durch sein bemerkenswertes Herbarium sowie durch ein zweibändiges pharmazeutisches Lehrbuch einen Namen gemacht. Der im Jahr 1844 gegründete Fachbereich Pharmazie war der erste in Russland und einer der ersten in der Welt. Viele berühmte Pharmazeuten haben in der Folge dort gelehrt und geforscht, unter ihnen von 1864 bis 1894 Georg Dragendorff.

Nach kriegsbedingter Unterbrechung nahm der Fachbereich Pharmazie seine Tätigkeit im Oktober 1919 wieder auf. Zu Beginn wurde in Russisch und Deutsch unterrichtet, später nach und nach auf Estnisch umgestellt. In der Folge der sukzessiven Einrichtung weiterer Lehrstühle wurde im Jahr 1966 ein vereinigter Fachbereich Pharmazie gegründet. In der Zeit vom Ende des ersten Weltkriegs bis 1980 wurden in Tartu insgesamt 3915 Pharmazeuten ausgebildet, zwischen 1980 und 2000 waren es 10 bis 30 pro Jahr [6].

Apothekerausbildung sehr vielfältig

Pharmazie wird in Estland nur an einer einzigen, und zwar an der traditionsreichen Universität von Tartu gelehrt (zur Geschichte s. Kasten). Deswegen kennen sich viele estnische Apotheker persönlich. Der Fachbereich Pharmazie besteht aus zwei Lehrstühlen, einem für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie und einem für Pharmazeutische Biologie und pharmazeutische Organisation. Apotheker durchlaufen in Estland ein fünfjähriges Universitätsstudium, an das sich fakultativ eine zweijährige Weiterbildung zum Magister sowie ein vierjähriges Promotionsstudium anschließen kann.

Bereits im Jahr 1997, das heißt recht frühzeitig, wurden die Studieninhalte der Apothekerausbildung an europäische Vorgaben angeglichen, um den jungen estnischen Apothekern mit dem Eintritt in den Binnenmarkt direkt eine Chance auf eine freie Berufsausübung in anderen EU-Mitgliedstaaten zu geben. Auffällig in der Studienordnung ist der relativ hohe Anteil medizinischer, rechtlicher und sozialer Inhalte. Dieser steht in engem Kontext mit der Implementierung von Pharmaceutical Care im estnischen Gesundheitssystem. Nach einem internen Evaluierungsbericht aus dem Jahr 2000 wird diese Ausrichtung auch von den Studenten ausdrücklich gutgeheißen.

Im Curriculum finden sich übrigens auch Fächer wie Computerwissenschaft, Sozialpharmazie, Forensische Chemie und Grundlagen der Wirtschaftswissenschaft. Häufige politische Wechsel haben den Esten Lehrmaterialien nicht nur in ihrer Muttersprache, sondern vielfach auch in Russisch, Deutsch und Englisch eingebracht, ein sowohl aus der Sicht der Lehrenden als auch der Lernenden sehr unbefriedigender Zustand [6].

Estland hat zu wenig Apotheker

Heute werden jährlich zwischen 30 und 40 Personen zum Pharmaziestudium an der Universität Tartu zugelassen. Es gibt staatlich finanzierte Studienplätze für die besten Bewerber, alle anderen müssen Studiengebühren zahlen. Die Gebühren wie auch die Kosten für die Unterkunft vor Ort übersteigen für viele das persönliche Budget, sodass sie das Studium durch Nebenjobs mitfinanzieren.

Trotz staatlicher Lenkung der Ausbildung gibt es derzeit zu wenig Apotheker in Estland. Und lange nicht alle gehen in die öffentliche Apotheke. Unter den Absolventen der Jahre 1996 bis 2000 wählten lediglich knapp 60% einen Arbeitsplatz in der Offizin. Zunehmend attraktiv sind Arbeitsplätze in Behörden oder lukrative Anstellungen in der Pharmazeutischen Industrie [6]. Wie hierzulande dominieren Frauen im Apothekerberuf; schon in der ehemaligen Sowjetunion waren die meisten Pharmazeuten weiblich.

PTA-Beruf sehr beliebt

Auch für den zweiten pharmazeutischen Beruf, die pharmazeutisch-technische Assistentin, gibt es in Estland lediglich eine Schule, die Tallinn Medical School. Seit Herbst 2000 besteht für deren Absolventen nach der dreijährigen Ausbildung wie auch für andere PTA, die bereits berufliche Erfahrungen gesammelt haben, die Möglichkeit, sich an der Universität Tartu über Wochenend-Aufbaukurse zum Apotheker weiterbilden zu lassen; laut Auskunft von Kaidi Vendla sind die verfügbaren Plätze trotz der Studiengebühren sehr begehrt. Schon an der Medical School kommen sechs Bewerber auf einen Ausbildungsplatz, an der Uni sind es drei auf einen.

Insgesamt gibt es heute 760 Apotheker und 540 pharmazeutisch-technische Assistenten in Estland.

Betriebserlaubnis und Überwachung

Erlaubnisse zum Betrieb von Apotheken werden von einem hierfür zuständigen Expertenkomitee beim Sozialministerium in Zusammenarbeit mit der staatlichen Arzneimittelbehörde (Ravimiamet) erteilt. Sie gelten für einen Zeitraum von fünf Jahren und werden nur dann verlängert, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen weiterhin gegeben sind. Eine öffentliche Apotheke muss von einem/r Apotheker/in geleitet werden.

Die Überwachung liegt in der Verantwortung des Inspektorats für Gesundheitsschutz, einer behördlichen Einrichtung, die sich um vielfältige Belange des Verbraucherschutzes wie etwa die Sicherheit von Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen, Kosmetika, Trinkwasser, Reinheit der Gewässer, Lärmschutz kümmert [20].

Erst Privatisierung, dann Ketten

Nach Erlangung der Unabhängigkeit wurden die estnischen Apotheken im Wesentlichen in den Jahren 1992 bis 1995 sukzessive privatisiert. In vielen Fällen wurden sie von den jeweiligen Mitarbeitern gekauft, in der Hoffnung auf eine gesunde wirtschaftliche Basis in einem System der freien Marktwirtschaft. Die Übernahme wurde meist dadurch erleichtert, dass die Räumlichkeiten nicht mit erworben, sondern von den Eigentümern der Immobilien angemietet wurden.

308 Apotheken gibt es heute insgesamt, wobei jede maximal drei Filialen haben kann. So gibt es insgesamt 476 Abgabestellen für Arzneimittel. Auf eine Abgabestelle entfallen im landesweiten Schnitt 2800 Personen. Im Durchschnitt sind in einer Apotheke sechs Personen beschäftigt, davon vier Apotheker. Bis zum Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes im Jahr 1996 war der Fremdbesitz nicht zulässig. Heute ist nur noch rund die Hälfte der Apotheken im Besitz von Apothekern. Dominiert wird der Markt von den Großhandelsunternehmen Magnum Medical mit der Kette "Apotheka" (40% der Apotheken) und Tamro Eesti mit der Kette "Apteek 1" (26% der Apotheken) [37]. Nach wie vor selbstständige Betriebe sind meist mittelgroß oder klein.

Auf gute Nachbarschaft: Das Baltic Forum on Medicines

Anfang der 90er-Jahre wurde mit dem Baltic Forum on Medicines eine engere Zusammenarbeit zwischen den baltischen Staaten auf dem Gebiet der Arzneimittelversorgung ins Leben gerufen. Aufgrund des historischen Erbes haben alle drei Staaten ähnliche Probleme, sodass ein Schulterschluss nahe liegt. Im Jahr 1993 wurde eine Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung von Zulassungen zwischen Estland, Lettland und Litauen getroffen und im Jahr 1995 ein Übereinkommen zur Kooperation auf den Gebieten Medizin, Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung unterzeichnet. Im selben Jahr wurde der Baltische Koordinierungsausschuss für Arzneimittel gegründet. Die Kriterien für die Erstattung von Arzneimitteln sind ähnlich, jedoch unterscheiden sich die Länder gravierend im Umfang der Erstattung [4, 40].

Verbraucher zunehmend gesundheitsbewusst

Während sich die Bürger Estlands in früheren Zeiten kaum Gedanken über die Qualität medizinischer Leistungen gemacht haben, beginnt sich heute ein ausgeprägteres Verantwortungsgefühl für die eigene Gesundheit herauszubilden. Dieses ist jedoch andererseits verknüpft mit einem zunehmenden Anspruchsdenken und Konsumverhalten [38]. Fragen der Gesundheitsversorgung sind mittlerweile auch in estnischen Medien ein "heißes Thema", und der estnische Patientenverband befasst sich intensiv mit der Verfügbarkeit, den Preisen und der Erstattung von Arzneimitteln [29]. Nach einer Umfrage der Krankenversicherung und des Sozialministeriums sind allerdings derzeit rund 95% der Esten im Großen und Ganzen mit ihrer Gesundheitsversorgung zufrieden [12].

Ausblick: Was bringt die EU den Esten?

Man habe ja sowieso keine andere Wahl gehabt, so die einhellige Antwort von Kaidi Vendla und Alar Irs auf die Frage nach den Vorteilen der EU-Mitgliedschaft für Estland. Nun sei alles klar geregelt. Außerdem hätten die Esten damit einen erheblich größeren Arbeitsmarkt. Auch politisch gesehen bringe die stärkere Anbindung an den Westen dem Land nur Vorteile.

Stolz zeigten sich Vendla und Irs vor allem auf ihr an westlichen Volkswirtschaften orientiertes Krankenversicherungssystem, das nach seiner zügigen, mutigen und tatkräftigen Implementierung dank einer engmaschigen Ausgabenkontrolle und regelmäßiger Evaluierung die ersten Bewährungsproben mit Erfolg bestanden zu haben scheint. Im Apothekenmarkt läuft demgegenüber noch nicht alles nach Wunsch. Auch hier sind jedoch die Weichen in Richtung "Europäisierung" offenbar ganz klar gestellt.

Literatur 
[1] Arzneimittelgesetz (Medicinal Products Act), vom 19. Dezember 1995 (RT* I 1996, 3, 56), Letztes Änderungsgesetz 
vom 12. 02. 2003 (RT I 2003, 26, 156). 
[2] Bedingungen für die Erteilung von Erlaubnissen für die Herstellung, den Großhandel und den Einzelhandel mit Arzneimitteln, Antragsverfahren und Verfahren für den Widerruf von Erlaubnissen sowie die Form der Erlaubnisse (Approval 
of the requirements for issue of activity licences for the manufacture, wholesale or retail trade of medicinal products and of the procedure for application for and revocation of activity licenses, and the form of activity licences). Government of the Republic Regulation No. 192 of 18 July 1996. 
[3] Behmane D. Baltic collaboration on pharmaceuticals. Vortrag bei der Baltic conference on medicines: Evidence, 
economic evaluation and selection of pharmaceuticals am 28. März 2003 in Riga. 
[4] Behmane D. Pharmaceutical reimbursement systems in the Baltic states, an overview. Vortrag bei der III Baltic conference on medicines am 17. Juni 2004 in Tallinn. www.sm.ee/esttxt/pages/goproweb0952. ;
[5] British Embassy in Estonia. Trade and investment: Services for UK companies. Pharmaceuticals market. www.fco.gov.uk/servlet/Front?pagename=OpenMarket/ Xcelerate/ShowPage&c=Page&cid=1082825609989. 
[6] Department of pharmacy, Faculty of medicine, The University of Tartu: Evaluation of pharmacy training. Tartu 2001. 
www.ut.ee/ARFA/report.pdf. ;
[7] Estonian health insurance fund (Eesti haigekassa). Health insurance in Estonia. www.haigekassa.ee/eng/health.

[8] Estonian Health Insurance Fund. Annual Report 2003. www.haigekassa.ee/files/eng_ehif_annual/annual_report ;
2003.pdf. 
[9] Estonian Higher Education Accreditation Centre. Evaluation of research in pharmacy, pharmacology and toxicology (3.2) 
in Estonia (Evaluation dates May 6–11,2003). www.ekak.archimedes.ee/eval/farmaatsia-farmakoloogiatoksikoloogia. ;
doc. 
[10] Estonian Pharmacists Association. www.apteekriteliit.ee. ;
[11] Genehmigung der Verfahrens zum Umgang mit nicht verkehrsfähigen Arzneimitteln (Approval of Procedure for 
Handling of Medicinal Products Unsuitable for Use. Regulation No. 9 of the Minister of Social Affairs of 17 March 1997. 
[12] Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e.V. Study on the social protection systems in the 13 applicant countries. Estonia. January 2003. http://europa.eu.int/comm/employment_social/soc-prot/ social/estonia_final.pdf. 
[13] Gesetz über den estnischen Krankenversicherungs-Fonds (Estonian Health Insurance Fund Act) vom 14. Juni 2000 
(RT I 2000, 57, 374). 
[14] Gesetz über die Krankenversicherung (Health Insurance Act) vom 19. Juni 2002 (RT I 2002, 62, 377), letztes Änderungsgesetz vom 9. 1. 2003 (RT I 2003, 20, 116). 
[15] Gesetz über die öffentliche Gesundheit (Public Health Act) vom 14. Juni 1995 (RT I 1995, 57, 978), Änderungsgesetz 
vom 12. 2. 2003 (RT I 2003, 26, 156). 
[16] Gesetz über die Werbung (Advertising Act) vom 11. Juni 1997 (RT I 1997, 52, 835). 
[17] Gesetz über Narkotika und psychotrope Substanzen (Narcotic Drugs and Psychotropic Substances Act) vom 11. Juni 
1997 (RT I 1997, 52, 834). 
[18] Gesetz zur Organisation der Gesundheitsversorgung (Health Services Organisation Act) vom 9. Mai 2001 (RT I 2001, 
50, 284). 
[19] Haigh J. How do you compete and grow your market share in CEE markets? Vortrag bei einer pharmig-Veranstaltung: 
EU-Erweiterung: Neue Märkte – Neue Chancen für die Pharma-Industrie am 28. Juni 2004 in Wien. www.pharmig.at/pharmig/2001/deutsch. ;
[20] Health Protection Inspectorate (Tervisekaiteinspektsioon). www.tervisekaitse.ee. ;
[21] Mason P. Pharmacy in Estonia. Pharmaceutical Journal 2001; 266: 763–4. 
[22] Meresmaa K. The Baltic guidelines on economic evaluation of pharmaceuticals: experience so far. Vortrag bei der III 
Baltic conference on medicines am 17. 6. 2004 in Tallinn. www.sm.ee/esttxt/pages/goproweb0952. ;
[23] Ministry of Social Affairs. Baltic guideline for economic evaluation of pharmaceuticals (pharmacoeconomic analysis). 
www.sm.ee. ;
[24] Ministry of Social Affairs. Estonian Health Statistics 2000 – 2002. www.sm.ee. ;
[25] Ministry of Social Affairs. Social sector in figures 2003. www.sm.ee/eng/HtmlPages/sotsiaalsektor_2003/$file/ ;
sotsiaalsektor_2003.pdf. 
[26] Pfister L. Erfahrungsbericht aus der Sicht eines internationalen Unternehmens. Vortrag bei einer pharmig-Veranstaltung: 
EU-Erweiterung: Neue Märkte – Neue Chancen für die Pharma-Industrie am 28. Juni 2004 in Wien. www.pharmig.at/pharmig/2001/deutsch. ;
[27] Regeln für die Kategorisierung von Quasi-Arzneimitteln, deren Kennzeichnung und Packungsbeilage sowie für ergänzende Unterlagen für die Zulassung und die Packungsbeilage (Rules for categorisation of semi-medicinal products, labelling of package and for drawing up supporting documentation required for registration and patient information leaflet). 
Regulation of Minister of Social Affairs No. 7 of 21 January 1998. 
[28] Regelungen zur Verschreibung von Arzneimitteln (Regulation for prescribing the medicinal products) vom 26. November 
2002. 
[29] Salme A. What kind of system? Patient perspective. Vortrag bei der III Baltic conference on medicines am 17. 6. 2004 in 
Tallinn. www.sm.ee/esttxt/pages/goproweb0952. ;
[30] Sell P. The way forward. Industry concerns and proposals. Vortrag bei der III Baltic conference on medicines am 17. 6. 
2004 in Tallinn. www.sm.ee/esttxt/pages/goproweb0952. ;
[31] State Agency of Medicines. Total sale of medicinal products in 2003. www.sam.ee/2802. ;
[32] State Agency of Medicines. Sale statistics based on the wholesaler’s data. www.sam.ee/309. ;
[33] State Agency of Medicines. Marketing authorizations. www.sam.ee/414. ;
[34] Statistisches Bundesamt. Gesundheitswesen. www.destatis.de/basis/d/gesu/gesutab1.htm. ;
[35] Tallinna Farmaatsiatehase AS. www.tft.ee. ;
[36] Tamro Eesti. www.tamro.ee. ;
[37] Tamro. Interim report January-June 2003. www.tamro.com/ interimreports/2003q2/tamro_january_june2003.html. 
[38] The European observatory on health care systems. Health care systems in transition: Estonia (as of 2000). 
www.euro.who.int/document/e68876.pdf. ;
[39] UK Government. Biotechnology and Pharmaceuticals Market in Estonia. www.trade.uktradeinvest.gov.uk/ ;
biotechnology/estonia/profile/overview.shtml. 
[40] Ulmanis K. Pricing and reimbursement decisions in the Baltics: experiences of the innovative industry. Vortrag bei der 
III Baltic conference on medicines am 17. 6. 2004 in Tallinn. www.sm.ee/esttxt/pages/goproweb0952. ;
[41] Verfahren für den Großhandel mit Arzneimitteln (Procedure for Wholesale Trade of Medicinal Products). Regulation of 
the Minister of Social Affairs No. 17 of 29 April 1996. 
[42] Verfahren für die Erstellung und Änderung der Liste erstattungsfähiger Arzneimittel des estnischen Krankenversicherungs- Fonds; Kriterien für die Festlegung der Liste und für die Bewertung der Konformität mit diesen Kriterien zuständige Gremien (Procedure for drawing up and modifying the Estonian Health Insurance Fund’s list of medicinal products; criteria for establishing the list and bodies assessing conformity with these criteria). Regulation No. 129 of 23 October, 2002 of the Minister of Social Affairs. 
[43] Verfahren für die Lagerung und den Transport von Arzneimitteln (Procedure for Storage and Transport of Medicinal 
Products). Regulation of the Minister of Social Affairs No. 29 of 30 June 1997. 
[44] Verfahren für die Werbung für Arzneimittel bei Personen, die zur Verschreibung von Arzneimitteln berechtigt sind 
(Procedure for Advertising of Medicinal Products to the Persons Qualified to Prescribe Medicinal Products. Consolidated 
text: Regulation of the Minister of Social Affairs No. 38 of 18 July 1998 (RTL 1998, 218/219, 861), Regulation of the Minister of Social Affairs No. 62 of 18 April 2002 (RTL 2002, 52, 747). 
[45] Verfahren zum Abschluss von Preisvereinbarungen (Procedure for entry into a price agreement). Regulation No. 142 
of 11 December, 2002 of the Minister of Social Affairs.

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