Wegen möglicher Absprachen     

Italien-Chefs von Roche und Novartis drohen Verfahren

Basel / Rom / Stuttgart - 08.12.2017, 10:25 Uhr

Die Italien-Chefs von Roche und Novartis sollen durch die Streuung falscher Informationen den Verkauf von Lucentis angekurbelt haben. (Foto: Novartis)

Die Italien-Chefs von Roche und Novartis sollen durch die Streuung falscher Informationen den Verkauf von Lucentis angekurbelt haben. (Foto: Novartis)


Die Italien-Chefs von Novartis und Roche müssen sich unter Umständen demnächst vor Gericht verantworten. Den beiden Managern wird vorgeworfen, versucht zu haben, den Absatz von Avastin zur Behandlung bestimmter Augenerkrankungen durch die Streuung falscher Informationen zu behindern. Ziel dieser Aktionen sei es gewesen, damit den Absatz des deutlich teureren Lucentis zu begünstigen.

Den italienischen Länderchefs von Roche  und Novartis drohen in Italien Gerichtsverfahren. Dabei geht es um den Vorwurf, dass sie versucht haben sollen, die Wirksamkeit von Roches Antikörper Bevacizumab (Avastin®)  in der Behandlung von Augenerkrankungen wie der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) zu verleumden, um so den Absatz des gemeinsam vermarkteten, deutlich teureren Präparates Ranibizumab (Lucentis®) zu stützen, berichtet die italienische Agentur ANSA am heutigen Freitag unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft. Demnach haben Maurizio De Cicco von Roche und George Schrockn Fuchs von Novartis beide einen Bescheid erhalten, dass die Untersuchungen abgeschlossen seien. Dies ist laut ANSA in der Regel der Auftakt für ein Anklage-Gesuch. Die beiden Pharmakonzerne haben in diesem Zusammenhang von den italienischen Wettbewerbsbehörden bereits im Jahr 2014 eine Buße in Höhe von 180 Millionen Euro erhalten.

Vergleichbare Wirksamkeit

Bevacizumab und Ranibizumab adressieren beide den Gefäßwachstumsfaktor VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor). Durch dessen Blockade lässt sich ein abnormes Wachstum und die Schwellung der Blutgefäße verhindern. Deshalb hat Bevacizumab als Angiogenesehemmer einen festen Platz in der Tumortherapie. Seine Eigenschaften lassen sich auch in der Therapie der AMD nutzen. Eine Zulassung gibt es hier jedoch nicht. Ranibizumab ist dagegen nur zur Behandlung der AMD zugelassen. Wegen des großen Preisunterschiedes wurde und wird  Bevacizumab  häufig off label zur AMD-Behandlung eingesetzt. Das wurde immer wieder kritisiert – wegen fehlender Daten. 2014 wurden im Rahmen eines Cochrane Reviews neun Studien ausgewertet, bei der die Sicherheit beider Wirkstoffe verglichen wurde. Die Forscher kamen dabei zu dem Schluss, dass gegenüber dem teureren Ranibizumab (Lucentis®) Bevacizumab (Avastin®) gleich wirksam sei und kein erhöhtes Risiko für Todesfälle oder schwere Nebenwirkungen zeige.

Offizieller Off-label-Einsatz und Rabattverträge

In manchen Ländern, darunter Italien, ist Off-label-Einsatz von Avastin® für die Behandlung der AMD zulässig. Vom Europäischen Dachverband der Forschenden Pharmaindustrie EFPIA wurde das heftig kritisiert. Die italienische Arzneimittelbehörde AIFA untergrabe mit dieser Entscheidung den Rechtsrahmen der EU und könne zudem die Sicherheit der Patienten beeinträchtigen, hieß es damals in einer Presseerklärung.    

In Deutschland haben Rabattverträge über Lucentis® die Debatte ein wenig entschärft. Mittlerweile haben sowohl gesetzliche Krankenkassen als auch private Versicherungen entsprechende Vereinbarungen mit Novartis getroffen. 

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dpa-afx / jb
redaktion@daz.online


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