Apotheken-Verträge

Zyto-Konflikt zwischen Michael Hennrich und Barmer GEK

Berlin - 10.10.2016, 12:30 Uhr

Meinungswechsel bei der Barmer? Laut CDU-Politiker Michael Hennrich (links) hat Barmer-Chef Christoph Straub (rechts) ihm seine Zustimmung zu einem Kompromiss im Zyto-Streit signalisiert, sie nun aber zurückgenommen. (Fotos: Auerbach/dpa, Montage: DAZ.online)

Meinungswechsel bei der Barmer? Laut CDU-Politiker Michael Hennrich (links) hat Barmer-Chef Christoph Straub (rechts) ihm seine Zustimmung zu einem Kompromiss im Zyto-Streit signalisiert, sie nun aber zurückgenommen. (Fotos: Auerbach/dpa, Montage: DAZ.online)


In der Frage um die Zukunft der Zytostatika-Ausschreibungen der Krankenkassen droht nun eine neue Baustelle: CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich versteht nicht, warum sich die Barmer GEK gegen eine Kompromisslösung mit Hersteller-Rabattverträgen ausspricht. Der Politiker meint, dass die Barmer ihm eigentlich schon ihre Zustimmung zu dem Modell zugesichert habe.

Konkret geht es um einen Vorschlag, den Hennrich vor etwa zwei Wochen gegenüber DAZ.online erläutert hatte: Der CDU-Politiker hatte sich damals dafür ausgesprochen, die exklusiven Apotheken-Ausschreibungen wieder abzuschaffen, weil die Union die freie Apothekenwahl wieder herstellen wolle. Damit die Krankenkassen aber ihre Einsparungen im Zyto-Bereich nicht komplett aufgeben müssen, hatte Hennrich vorgeschlagen, dass man Kassen und Zyto-Hersteller auf Landesebene Rabattverträge für die Arzneimittel aushandeln sollten. Auch seitens der Apothekerschaft wurde eine solche Ausschreibungsalternative ins Spiel gebracht. Die ABDA und der Verband Zytostatika-herstellender Apothekerinnen und Apotheker (VZA) zeigten sich hierfür aufgeschlossen..

Überraschenderweise schaffte es nun eine entsprechende Regelung in den Gesetzentwurf des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG): Den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums zufolge sollen die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen „einheitlich und gemeinsam" mit den Herstellern Rabattverträge abschließen. Die an Apotheken gerichteten Ausschreibungen sollen entfallen. Zudem sollen Apotheker und Kassen eine neue Hilfstaxe aushandeln und die Apotheker den Kassen mehr Einblicke in ihre Einkaufspreise geben.

Hennrich verwundert über Sinneswechsel der Barmer

Gegenüber DAZ.online sagte Hennrich nun, dass er schon vor einigen Wochen mit Barmer-Chef Christoph Straub über seine Kompromisslösung gesprochen hat. Zur Erklärung: Die Zustimmung der Barmer GEK zu einem Kompromissvorschlag ist politisch nicht unwichtig. Denn gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse, der KKH und der Deutschen BKK ist die Barmer GEK dem Ausschreibungsmodell der AOK gefolgt und hat die Zytostatika-Versorgung ebenfalls exklusiv bei den Apotheken ausgeschrieben. Würde die Barmer nun einem Kompromiss zustimmen, stünde die AOK mit der Verteidigung ihrer Ausschreibungen selbst im Kassenlager ziemlich alleine da. Zwar haben auch DAK und der Kassendienstleister SpectrumK Zyto-Verträge mit Apotheken abgeschlossen. Sie halten sich in der gegenwärtigen politischen Debatte allerdings zurück.

Laut Hennrich hat Straub auch signalisiert, dass seine Kasse sich Hersteller-Rabattverträgen auf Landesebene nicht in den Weg stellen würde. „Bei der AOK kann ich es gut verstehen, dass man gegen jegliche Kompromisslösung im Zyto-Bereich ist. Insofern akzeptiere ich deren Haltung in dem Konflikt. Die Barmer GEK hat mir allerdings mitgeteilt, dass man den Vorschlag mit den Rabattverträgen auf Landesebene als einen gangbaren Weg hält“, erklärte der CDU-Politiker.

Will die Barmer einen Kompromiss oder nicht?

Als der Gesetzentwurf am vergangenen Freitag bekannt wurde, hörte sich das aus den Reihen der Barmer dann aber plötzlich ganz anders an: „Wer den Krankenkassen die Möglichkeit nimmt, mit Apotheken exklusive Verträge zur individuellen Versorgung Krebskranker mit Zytostatika abzuschließen, verhindert Qualitätsverbesserungen in diesem sensiblen Versorgungsbereich“, kommentierte Straub die Pläne von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).

Hennrich reagierte am heutigen Montag mit Unverständnis auf den vermeintlichen Sinneswandel der Barmer GEK in Sachen Zyto-Ausschreibungen: „Ich bin über die Reaktion der Barmer GEK etwas verwundert, zumal mir Hr. Straub in einem persönlichen Gespräch sagte, dass seine Kasse diesen Vorschlag mittragen könnte.“

Die Barmer GEK wiederum will von einem Meinungswechsel nichts wissen und teilte mit, dass man in allen Gesprächen empfohlen habe, an den Apotheken-Ausschreibungen festzuhalten. Sie sind für die Kasse offenbar ein Qualitäts-Garant, während die Hersteller-Rabattverträge nur den Wirtschaftlichkeitsaspekt berücksichtigen: „Die Barmer GEK hält nach wie vor das Instrument der Ausschreibungen als geeignetes Mittel, um sowohl die Versorgungsqualität als auch die Wirtschaftlichkeit in diesem sensiblen Versorgungsbereich zu verbessern", betonte die Kasse gegenüber DAZ.online. Und weiter: „Wir unterstützen alle Maßnahmen, mit denen Qualität und Wirtschaftlichkeit in den Mittelpunkt der Bemühungen gerückt werden können. Das Thema der Wirtschaftlichkeit spielt insbesondere bei den nun ins Spiel gebrachten Rabattverträgen eine Rolle. Allein auf Rabattverträge zu setzen, blendet jedoch den Qualitätsfaktor aus.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Ausschreibungen zerstören Qualität

von Florian Schneider am 10.10.2016 um 15:34 Uhr

Qualitätsverbesserungen durch Ausschreibungen sind die wohl größte Lüge, die zur Zeit im Gesundheitswesen kursiert.

Das Gegenteil ist der Fall. Die enge Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Praxis und Apotheke fallen vollständig weg. Lange Anfahrtswege, fragwürdige Haltbarkeiten und dubiose Belieferungen über Nachunternehmer ohne pharmazeutische Prüfungen, führen definitiv zu einer Qualitätsverschlechterung bei der Belieferung parenteraler Herstellungen.

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Qualität durch Apothenausschreibung

von Dr Schweikert-Wehner am 10.10.2016 um 13:08 Uhr

Zur Zeit können wir die AOK Patienten im Ort nicht mit Zytostatika versorgen. Letzte Woche verordnete ein Hausarzt einem onkologischen Patienten ein Arzneimittel, dass die Zytotherapie zu Nichte gemacht hätte. Die PTA in der Offizin merkte den Fehler und die Katastrophe konnte abgewehrt werden. Wäre der Patient bei der AOK gewesen und von ferne versorgt worden....

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