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Der Apotheker als Filialleiter – Was meinen Sie, Frau Borrmann?

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Angestellte Apotheker können als Filialapotheker seit 2004 erstmals eigenverantwortlich eine Apotheke leiten. Das ist eine große Chance für Approbierte – oder gibt es auch Risiken?

Borrmann:

Da ich gerne mit dem Positiven anfange: Natürlich ist es eine Chance für angestellte Approbierte, als Filialapotheker eine Apotheke zu leiten. Es ergibt sich neben den sonstigen Aufgaben auch noch der Anreiz, dass der "ganze Laden" unter eigener Verantwortung läuft. Sie können selbst ausprobieren, ob das Team unter ihrer Leitung zufriedener ist und ob ein demokratischerer Führungsstil, wie ihn sich viele Angestellte wünschen, nicht doch zu besseren Leistungen führt. Die eigenen Vorstellungen von "Arbeit am Patienten" mit der entsprechenden Beratungsleistung können verwirklicht werden. Schließlich nehmen zahlreiche angestellte Apotheker an Seminaren gerade zur Patientenberatung teil. Nicht zuletzt dient eine Tätigkeit als Filialapotheker vielen Approbierten als Absprung in die Selbstständigkeit oder zumindest als "Testlauf" in diese Richtung.

Aber auch die immensen Risiken in einem solchen Arbeitsverhältnis sollen nicht verschwiegen werden. Ganz zu schweigen von der pharmazeutischen Verantwortung, die der Filialapotheker auf jeden Fall übernehmen muss, ob er gerade tatsächlich in der Apotheke arbeitet oder seine wohlverdiente Freizeit genießt. Er muss also nicht nur – wie bisher – sein eigenes Handeln verantworten, sondern ist – wie ein Apothekeninhaber – auch für das Tun und Unterlassen der anderen Mitarbeiter verantwortlich. Hier liegt das größte Wagnis, das sich jeder Filialapotheker vor Unterschrift eines entsprechenden Vertrages bewusst machen muss.

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Welche Fallstricke im Verhältnis zum Inhaber der Hauptapotheke gibt es, die geklärt werden müssen?

Borrmann:

Die meisten Fallstricke ergeben sich aus der Tatsache, dass sich der Inhaber die finanzielle und personelle Verantwortung nicht aus der Hand nehmen lassen will. Auf der anderen Seite soll der angestellte Apotheker aber schon die gesamte Organisation der Filiale leisten. So lassen sich viele Inhaber einen Vertrag unterschreiben, der sowohl die wirtschaftliche wie auch die personelle Entscheidungsgewalt ausdrücklich aus dem Aufgabenbereich des Filialapothekers ausnimmt. Gleichzeitig wird jedoch gewünscht, dass der Filialleiter "leitender Angestellter" ist, so dass u. a. der Tarifvertrag und das Arbeitszeitgesetz keine Gültigkeit haben. Das geht natürlich nicht. Der Apothekeninhaber kann sich nicht aussuchen, nach welchem "Recht" der Filialapotheker zu bewerten ist. Dies kann sich nur aus der Vertragsgestaltung ergeben.

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Empfehlen Sie einen schriftlichen Arbeitsvertrag? Wenn ja, welche Punkte sollten aufgeführt sein?

Borrmann:

Ein schriftlicher Arbeitsvertrag kann nicht nur empfohlen werden, er ist nach meiner Auffassung zwingend erforderlich! Das gilt nicht nur zur Absicherung des Angestellten. Vielmehr hat auch der Apothekenleiter ein virulentes Interesse daran, seinerseits die Leitung der Filialapotheke zu klären. Mit einer bloßen Mitteilung an die Behörde ist es nicht getan; die Rechte und Pflichten ergeben sich erst aus dem Arbeitsvertrag. Zwar sind alle Vereinbarungen des Arbeitsvertrages wichtig, besonders möchte ich aber auf Regelungen zur Arbeitszeit, zum Gehalt und zu den notwendigen Vollmachten hinweisen.

Ganz pauschal kann man zur Zeit/Geld-Relation sagen: Es gibt keine zulässigen arbeitsvertraglichen Regelungen, die zwar ein festes Gehalt, aber keine feste Arbeitszeit ausweisen! Ebenso wichtig ist es, dass der Filialleiter konkrete Vollmachten aushandelt. Er kann die ihm vom Gesetz auferlegte persönliche Leitung einer Apotheke gar nicht leisten, wenn er z. B. nicht das Personal einsetzen darf! Der Filialleiter ist selbst für die Besetzung der Notdienste ebenso wie für die Vertretung seiner eigenen Person verantwortlich. Er muss sich klar machen, dass er diese Verantwortung – auch arbeitsvertraglich – nicht in andere Hände geben darf.

Aus dem Genannten ergibt sich, das sowohl für den Angestellten als auch für den Apothekenleiter eine sorgfältige Vertragsgestaltung und eine genaue Abwägung von Für und Wider einer Filialleitung sehr wichtig sind. Wer hier um einer vermeintlichen Chance willen die Sorgfalt vermissen lässt, wird später möglicherweise darunter zu leiden haben.

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