Management

Erfolge feiern beflügelt

Warum Eigenlob nicht stinkt

Das Betonen und Erzählen von Erfolgen wird häufig als Prahlerei empfunden. Dabei bietet die dadurch stattfindende Bewusstmachung der eigenen Leistung dem Apothekenteam die Möglichkeit, lösungsorientiertes Denken und Handeln zu lernen und zu üben. | Ute Jürgens
 

Nur allzu oft liegt der Fokus der Chefin* auf Fehlern und den Dingen, die noch suboptimal laufen. Da wird die Schuldige gesucht und gerügt, sie bekommt Vorwürfe oder Verwarnungen, manchmal sogar wegen Kleinigkeiten. Wie soll da ein froher Arbeitsgeist entstehen oder bleiben? Sicher ist es wichtig, Fehler aufzugreifen, aber eher als Anlass, den gesamten ­Ablauf zu optimieren, als einzelne Teammitglieder zu demotivieren und eine gedrückte Stimmung im ganzen Team zu erzeugen. Es ­kostet eine unheimliche Menge an Kraft, im Nu freundlich lächelnd auf einen Kunden zuzugehen, der in diesen Momenten die Apotheke betritt. Sinnvoller ist es, die Fahne des Erfolges hochzuhalten.

Über unsere eigenen Erfolge und unser Können zu berichten, haben wir uns früh abgewöhnt, vor allem als Mädchen oder Frauen. Vieles, selbst besondere Leistungen, erkennen wir nicht einmal vor uns selbst an, sondern empfinden es als normal oder sogar minderwertig. Auch dadurch haben wir oft kein großes Selbstvertrauen und bleiben unterhalb unserer Leistungsfähigkeit, da wir uns nichts (zu)trauen. Für die Apotheke heißt das: Die Kompetenzen aller werden bei Weitem nicht ausgeschöpft, erkannt und gefördert. Noch dazu lernen die Kolleginnen durch den fehlenden Austausch weniger voneinander als möglich wäre.

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Sich auch für verborgene Fähigkeiten der Mitarbeiter interessieren Freaks der neuen Medien können anderen Tipps geben oder Verbesserungsvorschläge für die Apotheken-Website machen. Die Anerkennung des erfolgreichen Handelns beflügelt – sie selbst und auch das Apotheken-Team, packt man die Sache richtig an.

Der Trainer Markus Jotzo betont: „Erfolge feiern ist Motivation pur.“ Als Chefin ist es wichtig, dem Team keine zu hohen oder gar unerreichbaren Ziele zu setzen. Verdeutlichen Sie Ihren Mitarbeiterinnen, dass es für Sie in Ordnung ist, wenn sie Arbeitsaufgaben und Anordnungen auch einmal hinterfragen. Entweder ist dann der Auftrag nicht klar oder er ist überfordernd oder – im Gegenteil – die Kolleginnen haben noch mehr zu bieten, was zu höherem Ertrag verhilft. Wenn eine Angestellte sich stärker einbringt, bedeutet das für die Chefin Entlastung. Für die Betreffende bedeutet es ­einen Motivationsschub, wenn Sie sie lassen.

Um fremden Wert willig und frei anzuerkennen, und gelten zu lassen, muss man eigenen haben.

Arthur Schopenhauer

Fragen Sie monatlich alle, was in den letzten Wochen gut gelaufen ist. Jotzo: „Suchen Sie gezielt nach den verborgenen Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter – auch denjenigen, die sich bisher nur im privaten Bereich offenbart haben.“ Ein Beispiel: Die jüngste PTA berichtet strahlend, dass sie ein Reit­turnier gewonnen hat und meist nach der Arbeit noch Zeit mit ihrem Pferd verbringt, ihre beiden Hunde begleiten sie dabei. Hier zeigt sich Potenzial, vielleicht hat sie Interesse an Fortbildungen im Bereich Tierarzneimittel und kann sich so zur Spezialistin entwickeln.

Die Psychologin Lilo Endriss hat Befragungen zur Ignoranz am ­Arbeitsplatz und insbesondere zur Stabilisierung der Ich-Identität im beruflichen Kontext durchgeführt. Diese Identität wird unterstützt, „wenn Kollegen und Vorgesetzte einem zutrauen, auch Aufgaben zu erledigen, die weit über die hergebrachte Qualifikation hinausgehen oder die in einem völlig neuen Einsatzgebiet liegen“. Wer in Ihrem Team beschäftigt sich zum Beispiel auch privat viel mit den neuen Medien und wird immer angesprochen, wenn es Schwierigkeiten am Computer gibt? Rollen Sie nicht mit den Augen, wenn die Mitarbeiterin von ihrer eigenen neuen Homepage schwärmt, sondern fragen Sie, ob sie gute Ideen für die Apothekenwebsite hat.

Absolut kontraproduktiv wirkt dagegen dauernde Ignoranz der Chefin und des Teams untereinander. Bei Entwertung und Nichtbeachtung berichtet Endriss von Vitalitätsverlust, psychosomatischen Beschwerden und Krankheiten. Ohnmachtsgefühle, ­Kraftlosigkeit, Verunsicherung, schwindende Lebensfreude, Depressionen und Ähnliches können die Arbeitsleistung beträchtlich schmälern. Endriss empfiehlt, sich ­dagegen zu wehren und sich ­untereinander im Team zu unterstützen, eventuell auch der Chefin bzw. anderen Verur­sacherinnen die Rückmeldung zu geben, wie ihr Verhalten wirkt und dass man es nicht länger ­ertragen möchte.

Mit der Triple-Methode ­Leistung würdigen

Wie tauscht man sich nun regelmäßig systematisch über die eigenen Erfolge aus und lernt dabei auch noch einiges zum Thema ­lösungsorientiertes Denken und Handeln? Hilfreich ist hierbei die in Peter Röhrigs Buch „Solution Tools“ vorgestellte Triple-Methode. Innerhalb eines Monats oder Quartals veranschlagt das Team jeweils 45 Minuten für diese Übung, anfangs dauert es natürlich länger, da man sich erst hineinfinden muss.

Je nach Teamgröße arbeitet man in Zweier- oder Dreiergruppen und stellt die Stühle so auf, dass die verschiedenen Kleingruppen einander nicht stören. Der Moderator erklärt die Übung und hat die Fragen und das Vorgehen ­entweder auf Arbeitsbögen verschriftlicht oder verwendet einen Beamer. Das verhindert ein Zer­fasern und das übliche „WAS sollen wir jetzt machen?“ mit zehnminütiger Diskussion statt des inhalt­lichen Arbeitens.

Der Ablauf: Mitarbeiterin A interviewt Mitarbeiterin B: „Welchen Erfolg hast du kürzlich gehabt, worauf bist du ein bisschen stolz?“ Die Antwort muss sich nicht auf Berufliches beziehen, sie kann auch aus dem privaten Bereich stammen. Person B (und ggf. C) erzählt kurz und bündig. Die Fragenstellerin A reagiert mit einem Triple, einer dreifach anerkennenden Antwort:

1. Mit einem Ausruf des Erstaunens. Zeigen Sie mit Mimik und Gestik, dass Sie beeindruckt sind. Machen Sie sich einen Spaß daraus, leicht zu übertreiben. „Das ist ja unglaublich!“, „Wow, ich ­fasse es nicht, bin total beeindruckt!“ etc.

2. Die Würdigung der Schwierigkeit. Sorgen Sie als A dafür, dass B (und ggf. C) weiß, dass es nicht selbstverständlich und „easy“ war, sondern einiges dazugehört: „Das war bestimmt nicht einfach!“, „Ich glaube, das hätte ich nicht geschafft!“, „Da muss man erst einmal drauf kommen!“ oder Ähnliches.

3. Bitte um Erläuterung. A schaut B an und fragt: „Wie bist du genau vorgegangen?“, „Wie bist du auf die Idee gekommen?“ etc. Nun reagiert B erst einmal bescheiden, wie wir es gewöhnt sind, und meint: „Naja, eigentlich ist es die Idee von X gewesen“, „Ich habe mal eben im Netz geguckt“ oder „Das haben wir in meinem alten Betrieb immer so gemacht, ich habe es nur übernommen“.

Das lässt A aber nicht so stehen, sondern kommentiert: „Immerhin, DU hast es ja schließlich gemacht“, „Ja, aber DU hast es doch auf die Situation hier in der Apotheke angewandt!“ oder „Sei nicht so bescheiden, DU hast es geschafft und durch DICH haben wir jetzt eine neue Kunden­attraktion/bessere Software/angenehme Musik beim Arbeiten etc.“. Kollegin B hat die Aufgabe, diesen Erfolg uneingeschränkt! als ihren anzunehmen, sie darf ihre Freude spüren und zulassen, lächeln, JUCHU schreien, je nach Temperament, sie soll nun nichts mehr abschwächen oder kleinreden.

Danach werden die Rollen getauscht. Ist man an das Vorgehen gewöhnt und muss nicht mehr auf seinen Arbeitsbogen schauen, dauert das Ganze nur zehn Minuten. Jeder Schritt hat seine Berechtigung, man sollte alles nach Anleitung durchführen, damit es effektiv ist. Nach der Kleingruppenarbeit reflektiert man mit einer anderen Gruppe bzw. im ganzen Team (bis zu sechs Personen) das Ergebnis.

  • Warum war es gut, über diesen Erfolg zu sprechen?
  • Wieso profitiert das ganze Team davon?
  • Das Eigenlob fällt leichter, wenn das Vertrauen zum Gegenüber und die gegenseitige Aner­kennung vorhanden sind. Was bedeutet das für das Betriebs­klima?
  • Es ist wichtig, auf Gelungenes stolz zu sein – wieso?

Die gesamte Triple Übung dauert ca. 45 Minuten. Führt man sie häufiger durch, brauchen wir auch nicht mehr innerlich nach Erfolgen zu kramen, sondern merken uns die entsprechenden Situationen für die nächste Triple Übung, anstatt sie zu vergessen. Sie werden ja noch zum Erzählen gebraucht. Ganz nebenbei steigen das Selbstbewusstsein und die Freude an der Arbeit, weil wir uns dadurch auch selbst darüber bewusst werden, was wir alles können.

Erkennen ist eine große Leistung des Geistes, ­Anerkennen eine solche des Herzens.

asiatische Weisheit

Warum ergibt das Ganze Sinn? Wir realisieren, dass Erfolge, die man reflektiert, zu noch mehr Vorwärtskommen führen, weil man auch in anderen Belangen als dem jeweils vorliegenden Beispiel lösungsorientierter denkt. Die Übung selbst verläuft teilweise recht humorvoll und sorgt für gute Stimmung. Setzt man sie an den Anfang einer Teamsitzung, benötigt diese oft weniger Zeit als normal, weil alle wach und aufmerksam mitdenken – eine höhere Produktivität ist die Folge. Wir lernen, eigene Erfolge mitzuteilen, ohne es als Prahlerei zu empfinden, und die Leistung der anderen im Team mehr zu schätzen; zudem werden noch unerkannte Kompetenzen einzelner Mitarbeiterinnen offenbar. Die Fortschritte, die Motivation und die Gesamtleistung des Teams wachsen. |

Ute Jürgens ist Kommunikationstrainerin mit Spezialisierung auf die Heilberufler, Dipl. Erwachsenenpädagogin und PTA, www.kommed-coaching.de

Literaturtipps

Markus Jotzo

Loslassen für Führungskräfte – meine Mitarbeiter schaffen das.

Wiley Verlag 2016

ISBN: 978-3-527-50875-4



Lilo Endriss

Ignoranzfallen am Arbeitsplatz – Subtile seelische Gewalt aufdecken – Betroffene stabilisieren.

Springer Verlag, 2019

ISBN: 978-3-658-21229-2


Peter Röhrig (Hrsg)

Solution Tools - Die 60 besten, ­sofort einsetzbaren Workshop-­Interventionen mit dem Solution Focus.

Managerseminare Verlag, 2016.

ISBN 978-3-936075-73-1



Zu beziehen über:

Deutscher Apotheker Verlag

Birkenwaldstraße 44, 70191 Stuttgart

Tel. 0711 2582-341, Fax 0711 2582-290

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* Da die überwiegende Anzahl der Apothekenmitarbeiter weiblich ist, schreibe ich in der weiblichen Form. Männliche Kollegen dürfen sich gerne mit angesprochen fühlen.

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