Erstveröffentlichung
S2k-Leitlinie zur Therapie und Diagnostik der Varikose
Art der Veröffentlichung
Leitlinie, AWMF-Register Nr. 037/18, 03/2019
Chronische Venenerkrankungen sind weit verbreitet - rund 90 % der Erwachsenen sind davon betroffen. Es handelt sich dabei um eine Venenschwäche, die leichtere Symptome wie Teleangiektasien oder retikuläre Varizen, Varizen und Ödeme umfasst und in fortgeschrittenen Stadien zu Hautveränderungen und venösen Ulcera in den Beinen führen kann.
Als Behandlung kommen operative Eingriffe, Kompressions- und medikamentöse Therapien in Frage. In der aktuellen Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Varikose wird unter anderem der standardisierte Extrakt aus Rotem Weinlaub zur Therapie der symptomatischen chronischen Veneninsuffizienz angeführt. Seine Wirksamkeit wurde in klinischen Studien belegt.
S2k-Leitlinie zur Therapie und Diagnostik der Varikose
Leitlinie, AWMF-Register Nr. 037/18, 03/2019
Rund 90 % der erwachsenen Bevölkerung sind von chronischen Venenerkrankungen der unteren Extremitäten betroffen. Zu den chronischen Venenerkrankungen zählen Krampfadern (Varikosis) mit einer Prävalenz von rund 25 %. Diese überschneidet sich teilweise mit der chronisch-venösen Insuffizienz (CVI), von der rund 17 % der Erwachsenen betroffen sind. Zu den objektiven Anzeichen einer chronisch-venösen Insuffizienz gehören Ödeme sowie im späteren Verlauf Hautveränderungen und venöse Ulzera der Beine. Subjektive Symptome umfassen Schmerzen, schwere Beine, nächtliche Wadenkrämpfe, Juckreiz und unruhige Beine. Dies führt zu einer verringerten Lebensqualität bis hin zu sozialer Isolation und Depressionen.
Zu den Risikofaktoren für Varikose und chronisch-venöse Insuffizienz zählen genetische Faktoren, Alter, weibliches Geschlecht, Übergewicht, Schwangerschaft, längere stehende Tätigkeiten und überdurchschnittliche Körpergröße. Alle Formen von chronischen Venenerkrankungen haben eine gemeinsame pathophysiologische Ursache, nämlich venöse Hypertension. Diese wird durch einen Rückstau im venösen System verursacht. Es kommt zu eingeschränkter Funktion der Venenklappen, Entzündungsprozessen, Ermüdung und verminderter Elastizität der Beinvenen und Mikrozirkulationsstörungen.
Die Therapie von chronischen Venenerkrankungen beruht auf drei Säulen:
Welche Therapie oder Therapiekombination bei der symptomatischen chronisch-venösen Insuffizienz infrage kommt, ist individuell zu entscheiden. Dies ist in der Leitlinie schematisch und nachvollziehbar dargestellt (siehe Abb. 1): Ist eine invasive Therapie nicht möglich oder bestehen Symptome weiter, können Venenmedikamente und Kompression eingesetzt werden.
Zur pharmakologischen Therapie sind in Deutschland Extrakte aus Rotem Weinlaub oder Rosskastanien sowie Oxerutin zugelassen. Die medikamentöse Therapie und die Kompressionstherapie können jeweils als Monotherapie oder in Kombination angewendet werden.
Die Anwendung von Extrakten aus Rotem Weinlaub geht zurück bis ins 5. Jahrhundert v. Chr. Heute steht ein standardisierter Extrakt zur Verfügung, der zur Therapie der chronisch-venösen Insuffizienz eingesetzt wird. Zu den Hauptinhaltsstoffen von Rotem Weinlaub zählen Polyphenole wie Flavonoide, Anthocyane, Procyanidine und Phenolcarbonsäuren. Als eine der wirksamkeitsbestimmenden Substanzen in standardisierten Extrakten aus Rotem Weinlaub gilt das Flavonoid Quercetinglucuronid.
Die Wirksamkeit des standardisierten Extrakts aus Rotem Weinlaub wurde in mehreren klinischen Studien bestätigt:
In einer multizentrischen Studie von Kiesewetter et al. (2000) wurde die Ödemreduktion und Verbesserung der subjektiven Symptome bei Patienten mit chronisch-venöser Insuffizienz ohne ausgeprägte Ulzera untersucht. 260 Patienten im Alter von 25 bis 75 Jahren erhielten 360 oder 720 mg Extrakt aus Rotem Weinlaub einmal täglich über einen Zeitraum von 12 Wochen. Dabei zeigte sich eine statistisch signifikante Reduktion des Unterschenkelvolumens verglichen mit Placebo. Auch beim Wadenumfang wurde eine statistisch signifikante Verringerung beobachtet. Hinsichtlich der subjektiven Symptome wie schwere und müde Beine, Spannungsgefühle, Schmerz und Kribbeln zeigte sich ebenfalls eine Verbesserung im Vergleich zu Placebo.
In einer weiteren randomisierten Doppel-Blind-Studie von Rabe et al. (2011) wurde die Wirksamkeit des Extrakts aus Rotem Weinlaub bei CVI-Patienten mit Unterschenkelödem und Hautverfärbungen oder venösen Ekzemen untersucht. Die 248 Patienten erhielten 720 mg Extrakt aus Rotem Weinlaub oder Placebo einmal täglich über einen Zeitraum von 12 Wochen. Das Unterschenkelvolumen verringerte sich in der Verum-Gruppe verglichen mit Placebo statistisch signifikant. Auch bei den subjektiven Symptomen wie Spannungsgefühl und Schmerz trat eine statistisch signifikante Verbesserung ein.
In der klinisch-pharmakologischen Crossover-Studie mit 71 Patienten von Kalus et al. (2004) wurde der mikrovaskuläre Blutfluss in den Blutgefäßen der Haut im Wadenbereich mittels Doppler-Laser untersucht. Unter Therapie mit dem standardisierten Extrakt aus Rotem Weinlaub verdoppelte sich die Geschwindigkeit des mikrovaskulären Blutflusses beinahe im Vergleich zu Placebo. Auch der transkutane Sauerstoffdruck in der Verum-Gruppe war signifikant höher. In Übereinstimmung mit den pharmakodynamischen Parametern verminderten sich auch Knöchel- und Wadenumfang unter Therapie mit dem Extrakt aus Rotem Weinlaub klinisch relevant und statistisch signifikant.
Somit ist die Wirksamkeit des standardisierten Extrakts aus Rotem Weinlaub durch klinische Daten gut belegt. Diese Evidenz fand auch Eingang in die Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Varikose aus 2019. Dort wird neben einem standardisierten Rosskastanienextrakt und Oxerutin der standardisierte Rote Weinlaubextrakt (AS 195) zur medikamentösen Therapie empfohlen. Kontrollierte Studien belegen sowohl die Rückbildung von Ödemen als auch die Linderung subjektiver Beschwerden. Als zugrundeliegender Mechanismus werden antientzündliche Effekte und eine Normalisierung der Permeabilität venöser Gefäße genannt. Somit bestätigt die vorliegende Leitlinie die Forschungsergebnisse zum Extrakt aus Rotem Weinlaub.
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Kalus U et al. Clinical improvement of cutaneous microcirculation and oxygen supply in patients with chronic venous insufficiency by orally admininstered extract of red vine leaves AS 195. A randomised, double-blind, placebo-controlled crossover study. Drugs in R&D 5 (2004), 63-71.
Kiesewetter H et al. Efficacy of orally admininstered extract of red vine leaf AS 195 (folia vitis viniferae) in chronic venous insufficiency (stages I-II). A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Arzneimittelforschung 50 (2000), 109-117.
Rabe et al. Efficacy and tolerability of a red-vine-leaf-extract in patients suffering from chronic venous insufficiency - results of a double-blind placebo-controlled study. Eur J Vasc Endovasc Surg 41 (2011), 540-547.
Stücker M et al. Therapeutic approach to chronic venous insufficiency - clinical benefits of red-vine-leaf-extract AS 195 (AntistaxⓇ). Pharmazie 74 (2019), 193-200. doi: 10.1691/ph.2019.9326
S2k - Leitlinie Diagnostik und Therapie der Varikose. AWMF-Register Nr. 037/18. Stand 03/2019.
MAT-DE-2101410