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Deutsche Erstveröffentlichung

Kann Ambroxol (Mucosolvan®) die Wirkung von Antibiotika verstärken?

01.01.2020, 07:22 Uhr


Ambroxol wird als bewährtes Mittel bei akuten und chronischen Atemwegserkrankungen als Sekretolytikum angewendet. Neue evidenzbasierte Daten zeigen, dass Ambroxol die Pharmakokinetik von Antibiotika in der Lunge beeinflusst und so die Konzentration von Antibiotika in der Lunge bzw. der Bronchialflüssigkeit erhöhen kann. Gerade im Hinblick auf das weltweit diskutierte Thema der zunehmenden Antibiotika-Resistenz sind diese neuen Erkenntnisse von besonderem Interesse.

Deutsche Erstveröffentlichung

Thema: Erhöhung der Antibiotika-Konzentration in der Lunge 
durch Ambroxol und Bromhexin
 

Art der Veröffentlichung

Review, gefördert vom National Institute of Health (USA), erschienen in der Fachzeitschrift „Expert Opinion on Drug Metabolismus & Toxicology“

Die zunehmende Resistenzentwicklung gegen Antibiotika ist in den letzten Jahren zu einem weltweiten Problem geworden. Unter dem Motto „Handle Antibiotics With Care“ fordert die Weltgesundheitsorganisation WHO zu einem umsichtigen Einsatz von Antibiotika auf. Maßnahmen wie die mittlerweile jährlich stattfindende Weltantibiotikawoche sollen nicht nur medizinisches Fachpersonal wie Arzt und Apotheker, sondern auch die Bevölkerung und die Gesundheitspolitik für dieses Thema sensibilisieren. Im Wesentlichen soll vermittelt werden, dass Antibiotika ein wertvolles Gut sind. Der Erhalt ihrer Wirkung zur Infektionsbekämpfung ist unbedingt notwendig.

Ambroxol: ein interessantes Wirkprofil 2,3,4

Der bewährte und sichere Wirkstoff Ambroxolhydrochlorid wird bei akuten und chronischen bronchopulmonalen Erkrankungen zur Schleimlösung eingesetzt. Ambroxol vermindert u.a. die Viskosität des Schleims und verbessert dessen Abtransport. Die verbesserte mukoziliäre Clearance wurde klinisch pharmakologisch nachgewiesen. Daneben hat Ambroxol lokalanästhetische und somit schmerzlindernde sowie antiinflammatorische Eigenschaften. Außerdem wurde in einer älteren Studie gezeigt, dass nach der Anwendung von Ambroxolhydrochlorid die Konzentration bestimmter Antibiotika wie Amoxicillin, Cefuroxim und Erythromycin in Sputum und Bronchialsekret gesteigert werden konnte, wie in der Fachinformation von Mucosolvan® nachzulesen ist 2,4. Aus einer weiteren randomisierten klinischen Studie gibt es Hinweise darauf, dass die kombinierte Gabe von Amoxicillin und Ambroxol bei einer bakteriellen Bronchitis zu einer schnelleren Beendigung der Fieberphase führen kann als die Gabe von Amoxicillin ohne Ambroxol.3 Eine klinische Relevanz für diese Daten konnte bislang nicht abgeleitet werden.

Neue Studie: kann Ambroxol die Antibiotika-Konzentrationen in der Lunge erhöhen?

Kürzlich ist eine unabhängige Übersichtsarbeit von zwei Wissenschaftlern der University of New Mexico in Albuquerque, New Mexico (USA), erschienen, die sich dieser Hypothese widmet.1 Ausgehend von dem Problem der zunehmenden Resistenzentwicklung bei der antimikrobiellen Therapie von Lungenentzündungen nennen die Autoren im Vorwort zu ihrer Studie zwei Strategien - entweder die Entwicklung neuer Antibiotika oder die Optimierung bestehender Antibiotika-Therapien. Den Fokus ihrer Literatur-Recherche legen sie dabei auf Ambroxol mit seiner breiten Akzeptanz als Sekretolytikum und mit seinem ausgezeichneten Sicherheitsprofil. Ambroxol könne einerseits Autophagie in der Lunge induzieren, andererseits die Lungenkonzentration des Antibiotikums Rifampicin erhöhen.

Basierend auf diesem Hinweis führten die Autoren nun eine systematische wissenschaftliche Literaturrecherche durch und stellten eine Übersicht aller präklinischen und klinischen Daten zur Konzentration von Antibiotika in Lungengewebe, Sputum und bronchoalveolärer Waschflüssigkeit nach gleichzeitiger Gabe mit Ambroxol zusammen.

Erhöhte Lungenkonzentrationen von Beta-Lactamen, Makroliden, Nitrofurantoinen, Vancomycin und Rifampicin messbar

Es zeigte sich, dass Ambroxol in präklinischen und klinischen Studien die Konzentration verschiedener Antibiotika in der Lunge erhöhen kann. Dazu zählten Beta-Lactame (Amoxicillin, Ampicillin, Cephalexin, Cefalothin), Makrolide (Erythromycin, Clarithromycin, Roxithromycin), Glykopeptide (Vancomycin), Nitrofurantoine (Furaltadon) und Rifamycine (Rifampicin). Für jede Antibiotika-Gruppe gab es neben präklinischen Daten zumindest einen klinischen Bericht, der die Relevanz dieser Ergebnisse unterstützt.  Die getesteten Konzentrationen entsprachen dabei den üblicherweise verwendeten Ambroxol-Dosen. Für Antibiotika der Aminoglykosid-, Fluorochinolon-, Sulfonamid- und Tetracyclin-Gruppe wurden keine Daten gefunden. Es ist unklar, ob dies auf Non-Reporting von negativen Daten oder auf fehlende experimentelle Daten zurückzuführen ist.

Klinische Relevanz: Antibiotika mit geringer therapeutischer Breite

Laut den Autoren der Studie sei es unwahrscheinlich, dass die erhöhten Antibiotika-Spiegel in der Lunge bei resistenten Keimen wirksam sein können. Einen relevanten klinischen Aspekt sehen sie eher bei Antibiotika mit geringer therapeutischer Breite wie Rifampicin oder Vancomycin. Hier könnte die durch Ambroxol-Gabe erhöhte Antibiotika-Konzentration in der Lunge ein klinisch relevanter Benefit sein. Weitere Studien dazu sind nötig, um diese Hypothese weiter zu untermauern. Auch der Wirkmechanismus ist noch nicht geklärt und könnte Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.

Bedeutung für die (Apotheken-)Praxis

Zuletzt stellt sich die Frage, ob und - wenn ja - welche Bedeutung diese neuen Daten für die Apotheke und die pharmazeutische Beratung von Patientinnen und Patienten haben. Die neue, hier vorgestellte Studie ist ein weiterer Hinweis darauf, dass Ambroxol - zusätzlich zu seiner sekretolytischen Wirkung - die Konzentration einiger Antibiotika in der Lunge erhöhen kann. Bei einer sekundären bakteriellen Bronchitis, die in der Regel mit Antibiotika behandelt wird, kann Ambroxol als Zusatzempfehlung sinnvoll sein. Denn neben der schleimlösenden Wirkung kann es - darauf weisen die neuen Daten hin - zu einer höheren Anflutung des Antibiotikums an seinem Wirkort, der Lunge, kommen und so synergistisch wirken.

Artikel-Highlights

  • Ambroxol erhöht die Konzentration von verschiedenen Antibiotika in der Lunge, wie präklinische und klinische Studien zeigen.
  • Klinische Daten zeigen einen Anstieg der Antibiotika-Spiegel im Sputum und bronchoalveolar-Spülflüssigkeit, während präklinische Daten direkte Konzentrationsanstiege im Lungengewebe zeigen.
  • Das Ausmaß der Ambroxol-induzierten Konzentrationserhöhung von Antibiotika in der Lunge könnte in einigen Fällen ausreichen, um die klinischen Ergebnisse zu verbessern.

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Quellen
 

1 Deretic V & Timmins GS. Enhancement of lung levels of antibiotics by ambroxol and bromhexine. Expert Opinion on Drug Metabolism & Toxicology, 2019, doi: 10.1080/17425255.2019.1578748

2 Fraschini F et al. Effects of a mucolytic agent on the bioavailability of antibiotics in patients with chronic respiratory diseases. Curr Ther Res, 1988, 43 (4), 734-42

3 Perez Neria J & Garcia Rubi E. Response to the combination of ambroxol/amoxicillin versus amoxicillin alone in patients with acute respiratory infections. Comparative study of antibiotic levels in bronchial mucus and plasma. Compend Invest Clin Lat Am, 1992, 12, 5-10

4 Fachinformation Mucosolvan 


Pflichttext
 

Mucosolvan® 1mal täglich Retardkapseln.

Mucosolvan® Hustensaft 30 mg/5ml.

Mucosolvan® Lutschpastillen 15 mg.

Wirkstoff: Ambroxolhydrochlorid. Sonst. Bestandt.: Retardkapseln: Crospovidon, Carnaubawachs, Stearylalkohol, Magnesiumstearat, Gelatine, gereinigtes Wasser, Titandioxid, Eisenoxide, Schellack. Hustensaft: Benzoesäure, Hydroxyethylcellulose, Sucralose, Aromastoffe (enth. Propylenglycol), gereinigtes Wasser. Lutschpastillen: Sorbitol, Mannitol, hydrierte Oligosaccharide, Arabisches Gummi, Eukalyptusöl, dünnflüssiges Paraffin, Pfefferminzöl, Saccharin-Natrium, gereinigtes Wasser. Anw.-geb.: Sekretolytische Therapie bei akuten und chronischen bronchopulmonalen Erkrankungen, die mit einer Störung von Schleimbildung und -transport einhergehen. Gegenanz.: Überempfindlichkeit gegen einen Inhaltsstoff, Kinder unter 6 Jahren (nur Lutschpastillen) bzw. 12 Jahren (nur Retardkapseln). Nur auf ärztliche Anweisung: Kinder unter 2 Jahren (nur Hustensaft), Schwangerschaft, Stillzeit, beeinträchtigte Nierenfunktion, schwere Lebererkrankung, gestörte Bronchomotorik, größere Sekretmengen. Nebenw.: Überempfindlichkeitsreakt., anaphylakt. Reakt. incl. anaphylakt. Schock, Angioödem, Juckreiz, Hautausschlag, Urtikaria, schwere Hautreakt. (incl. E. multiforme, SJS, TEN, AGEP), Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Dyspepsie, Bauchschm., Sialorrhö, Dyspnoe, Fieber, Schleimhautreakt. Zusätzlich bei Hustensaft und Lutschpastillen: Geschmacksstörungen, Taubheitsgefühl im Mund, Mundtrockenh., Trockenh. im Hals, Taubheitsgef. im Rachen. Warnhinweis: Hustensaft: Enthält Benzoesäure und Propylenglycol. Lutschpastillen: Enthält Sorbitol, Pfefferminzöl und Eukalyptusöl. Apothekenpflichtig.

Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, 65926 Frankfurt am Main.

Stand: Hustensaft, Lutschpastillen: Dezember 2019; Retardkapseln: März 2020

 

MAT-DE-2004937 Stand: November 2020


Dr. Birgit Benedek, Apothekerin


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