Klinische Pharmazie – POP

Eine Patientin mit Ulcus ventriculi

Frau Dörner ist eine 70-jährige Patientin, Zustand nach Apoplex (2012) mit Hypercholesterinämie und Hypertonie in der Anamnese. Sie klagt über bohrende Oberbauchschmerzen sowie Aufstoßen und Völlegefühl nach dem Essen. Sie trinkt daher in letzter Zeit häufiger einen Digestif nach der Mahlzeit, insbesondere nach fettigem Essen, um die Verdauung anzuregen | Von Carina John, Michael Steckstor, Olaf Rose und Hartmut Derendorf

Eine Patientin mit Ulcus ventriculi

1. Kapitel

In der Klinischen Pharmazie dreht sich alles um den Patienten, um Leitlinien und um das klinische Ergebnis. Bearbeiten Sie mit uns diesen Patientenfall und erlernen Sie so zusätzliches therapeutisches Wissen.

Lernziele

In unserem 47. POP-Fall lesen Sie:

  • welche therapeutischen Ansätze bei der Behandlung von Patienten mit gastroduodenalen Ulcera leitliniengerecht und sinnvoll sind,
  • welche medikamentösen Behandlungsstrategien zur Helicobacter-pylori-Eradikation eingesetzt werden,
  • wie bei der Auswahl einer geeigneten Schmerztherapie für Patienten mit einem Ulcus verfahren wird,
  • wie Sie eine umfassende Medikationsanalyse durchführen und arzneimittelbezogene Probleme bereits im Vorfeld vermeiden können und
  • wie Sie zu den einzelnen Medikamenten beraten können und welche zusätzlichen Maßnahmen für die Patientin sinnvoll sind.

Die Patientin

Frau Dörner ist eine 70-jährige Patientin, Zustand nach Apoplex (2012) mit Hypercholesterinämie und Hypertonie in der Anamnese. Sie klagt über bohrende Oberbauchschmerzen sowie Aufstoßen und Völlegefühl nach dem Essen. Sie trinkt daher in letzter Zeit häufiger einen Digestif nach der Mahlzeit, insbesondere nach fettigem Essen, um die Verdauung anzuregen. Außerdem berichtet sie über leichte bis moderate Schmerzen im Knie, die sie bei mittelschweren Aktivitäten etwas einschränken. Im Rahmen einer Endoskopie des oberen Verdauungstraktes und entsprechender Histologie kombiniert mit einem Urease-Schnelltest wird bei Frau Dörner ein Helicobacter-pylori-assoziiertes Ulcus ventriculi diagnostiziert.

Diagnosen, Vitalparameter und Laborwerte

Diagnosen:
Hypercholesterinämie
Hypertonie
Apoplex (2012)
Stenose der Arteria basalis
Helicobacter-pylori-assoziiertes Ulcus ventriculi

Vitalparameter:
Alter: 70 Jahre
Größe: 1,68 m
Gewicht: 72 kg
BMI: 25,5 kg/m2
Blutdruck: 128/79 mmHg
Puls: 57 Schläge pro Minute

ausgewählte Laborwerte:
Blutzucker, nüchtern: 77 mg/dl
GFR: 66,1 ml/min
Hb: 13,8 g/dl
HbA1c: 6,9%
Kalium: 4,4 mmol/l
LDL-Cholesterol: 78 mg/dl
Serum-Kreatinin (SCr): 0,9 mg/dl
Triglyceride (TRG): 95 mg/dl
HDL-Cholesterol: 49 mg/dl

Genussmittel:
Alkohol
Zigaretten

Klinische Pharmazie des gastroduodenalen Ulcus

Epidemiologie/Pathobiochemie

Die gastroduodenale Ulcus-Krankheit bzw. das peptische Ulcus bezeichnet einen bis mindestens in die Lamina muscularis mucosae des Magens (Ulcus ventriculi) oder Zwölffingerdarms (Ulcus duodeni) reichenden Schleimhautdefekt. Klinisch wird von einem Ulcus gesprochen, wenn der Oberflächenverlust mindestens 5 mm beträgt.

Die Ursachen sind vielfältig, wobei die chronische Gastritis als ätiologisch bedeutsamster Faktor angesehen werden kann. Diese wird je nach auslösender Ursache in eine von drei Formen eingeteilt (Abb. 1). Daneben existieren noch seltene spezifische Sonderformen, wie z. B. die Gastritis bei Morbus Crohn.

Abb. 1: Formen der chronischen Gastritis

Während die H.-pylori-Gastritis (Typ B) zur Entstehung eines chronisch-rezidivierenden Ulcusleiden führen kann, verläuft die Typ-C-Gastritis nach Elimination des Auslösers, z. B. der Einnahme eines nicht-steroidalen Antirheumatikums (NSAR), hingegen selbstlimitierend. Bei älteren Patienten, die relativ häufig Schmerzmittel einnehmen, liegen diese voneinander unabhängigen Risikofaktoren, H.-pylori-Besiedlung und NSAR-Einnahme, in vielen Fällen gemeinsam vor. Unbehandelt kann das peptische Ulcus zu Komplikationen, wie z. B. einer Blutung, Perforation, Penetration oder Magenausgangsstenose führen. Bei vorliegender Typ-B-Gastritis besteht zudem eine erhöhte Inzidenz für das MALT(mucosa-associated-lymphoid tissue)-Lymphom des Magens sowie das Adenokarzinom des Magens. Der Erreger wird von der WHO folglich als Klasse-I-Karzinogen eingestuft.

Die Prävalenz der Helicobacter-pylori-Infektion variiert mit der geografischen Verteilung (Industrienationen und Entwicklungsländer), der ethnischen Zugehörigkeit und dem sozioökonomischen Status. In Deutschland liegt sie zwischen 3% bei Kindern [1] und 48% bei Erwachsenen [2, 3]. Die Infektionsrate ist bei Immigranten deutlich höher (36% bis 86%). Die Übertragung erfolgt von Mensch zu Mensch. Der enge intrafamiliäre Kontakt von Kindern mit Helicobacter-pylori-infizierten Angehörigen stellt den wichtigsten Übertragungsweg dar.

Helicobacter pylori ist ein gramnegatives Stäbchenbakterium, welches die Magenschleimhaut besiedelt und sich mithilfe von Adhäsinen an Mukosazellen anheftet. H. pylori löst über verschiedene Pathogenitätsfaktoren, wie unter anderem der Sezernierung bestimmter Enzyme, der Exprimierung des sogenannten vakuolisierenden Cytotoxins (VacA) sowie des Cytotoxin-assoziierte Antigen A (CagA) eine Entzündung der Schleimhaut bzw. Schädigung des Gewebes aus. Das Bakterium schützt sich durch die Ausbildung eines sogenannten „Ammoniakmantels“ vor der Zerstörung durch die Magensäure. Eine zusätzliche Schwächung der Magenschleimhautbarriere (z. B. durch Alkoholkonsum, Nicotin, Arzneimittel, Stress usw.) kann den Keim vorübergehend zu einer vermehrten Ammoniakbildung veranlassen. Patienten mit einer H.-pylori-Infektion weisen erhöhte Gastrin-Spiegel, eine verminderte Produktion von Magenschleim sowie eine verminderte duodenale Bikarbonat-Sekretion auf, was die Ulcus-Entstehung fördert.

Als weitere ursächliche Faktoren für ein peptisches Ulcus kommen unter anderem Hyperparathyreoidismus, Zollinger-Ellison-Syndrom, erhöhter Vagus-Tonus, Noxen (Nicotinabusus, Alkoholabusus) und psychische Faktoren (Stress) in Betracht. Eine Sonderform stellt das im Rahmen großer Traumata oder chirurgischer Eingriffe auftretende Stress-Ulcus dar.

Highlights

  • Gastroduodenale Ulcera werden in erster Linie medikamentös therapiert. Bei Blutungskomplikationen ist eine endoskopische Versorgung nötig. Die operative Therapie ist heutzutage selten bei nicht beherrschbarer Blutung, Perforation oder Malignitätsverdacht erforderlich.
  • Bei Nachweis von Helicobacter pylori ist eine Eradikationstherapie durchzuführen.
  • Eradikationserfolg und Ulcus-Abheilung werden in Abhängigkeit von der Diagnose durch eine erneute Endoskopie oder entsprechende Testverfahren kontrolliert.
  • Im Falle eines Helicobacter-negativen Ulcus ist die medikamentöse Säuresuppression mit Protonenpumpeninhibitoren das wesentliche Therapieprinzip. Falls möglich, ist die auslösende Noxe zu eliminieren.
  • Bei Patienten mit Ulcus-Anamnese muss bei der Pharmakotherapie stets eine sorgfältige Arzneimittelauswahl im Hinblick auf das ulcerogene Potenzial erfolgen.

Symptomatik

Das Beschwerdebild des peptischen Ulcus wird primär durch bohrende oder kolikartige Oberbauchschmerzen geprägt, die Stunden nach einer Mahlzeit oder nachts (insbesondere beim Ulcus duodeni) auftreten [4]. Die Nahrungsaufnahme oder die Einnahme von Antazida können die Symptome möglicherweise bessern. Dies ist überwiegend beim Ulcus duodeni der Fall. Beim Magen-Ulcus treten die Schmerzen gegebenenfalls auch während des Essens auf. In der Praxis ist diese typische Symptom-Konstellation jedoch nicht immer zu finden. Bei mindestens 30% der älteren Patienten verläuft ein Ulcus symptomlos [5], insbesondere unter der Einnahme von NSAR, welche die Schmerzempfindung herabsetzen. Als weitere, seltenere Anzeichen können Blähungen, Aufstoßen und Völlegefühl, Übelkeit und Erbrechen sowie Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust genannt werden.

Diagnostik

Die oft unspezifische klinische Symptomatik im Sinne von Oberbauchbeschwerden erlaubt keine Diagnose des Ulcus bzw. differenzialdiagnostische Abgrenzung z. B. zu einer Gastritis, einem Magenkarzinom, einer Pankreatitis oder einem Myokardinfarkt.

Zur eindeutigen Diagnostik wird die Ösophago-Gastro-Duodenoskopie herangezogen. Diese ist ohnehin bei allen Patienten über 55 Jahren sowie bei Vorliegen sogenannter Alarmsymptome (siehe Kasten „Alarmsymptome“) obligat.

Alarmsymptome [6]

  • progredientes Beschwerdebild
  • Blutung
  • Anämie
  • frühe Sättigung
  • unerklärter Gewichtsverlust > 10%
  • Dysphagie
  • Odynophagie
  • anhaltendes Erbrechen
  • Familien- oder Eigenanamnese mit gastrointestinalen Tumoren
  • frühere peptische Ulcera
  • Lymphknotenvergrößerungen
  • tastbare Resistenzen

Die Diagnose einer H.-pylori-Infektion erfolgt durch den direkten Erregernachweis oder indirekt z. B. mittels Bestimmung der Urease-Aktivität oder des Antikörpernachweises. Die zur Verfügung stehenden invasiven Methoden sowie nicht-invasiven Verfahren sind in Tabelle 2 ersichtlich. Die Wahl des Testverfahrens richtet sich nach der Fragestellung und Indikation. Wird eine Endoskopie durchgeführt, bieten sich beim Ulcus ventriculi, basierend auf einer Biopsieentnahme, die Kombination von Urease-Schnelltest und Histologie an. Dieses Vorgehen erfüllt nunmehr die Forderung nach zwei positiven Testergebnissen für die Diagnose einer H.-pylori-Infektion. Diese Empfehlung weicht teilweise von aktuellen Empfehlungen anderer Länder ab. Bei Vorliegen eines Ulcus duodeni ist aufgrund der hohen H.-pylori-Prävalenz ein einziges positives Ergebnis für die Diagnose und auch Therapieentscheidung ausreichend.

Tab. 2: Testverfahren zum Nachweis von H. pylori [7]
Sensitivität (%)
Spezifität (%)
invasiveMethoden
Kultur
70 – 90
100
Histologie
80 – 98
90 – 98
Urease-Schnelltest
90 – 95
90 – 95
PCR
90 – 95
90 – 95
nicht-invasiveMethoden
Harnstoff-Atemtest
85 – 95
85 – 95
Stuhl-Antigentest auf Basis monoklonaler Antikörper
85 – 95
85 – 95
IgG-Antikörper­nachweis im Serum
70 – 90
70 – 90

Pharmakotherapie

Helicobacter-pylori-positives Ulcus. Im Falle einer nachgewiesenen Helicobacter-pylori-Infektion sollte beim unkomplizierten, nicht blutenden Ulcus (auch beim abgeheilten oder anamnestischen Ulcus) im Erwachsenenalter unmittelbar nach der Diagnosestellung mit der medikamentösen Eradikationstherapie begonnen werden.

Eine operative Therapie ist nur bei endoskopisch nicht stillbarer Blutung, bei anderen Komplikationen sowie beim Karzinomverdacht indiziert.

Bei Patienten mit nicht-untersuchten anhaltenden dyspeptischen Beschwerden wird die alleinige (ohne Endoskopie), nicht-invasive Helicobacter-pylori-Testung mit anschließender Eradikationsbehandlung für Deutschland nicht allgemein empfohlen [7]. Diese sogenannte Test- und Treat-Strategie findet in internationalen Empfehlungen Berücksichtigung [4]. Patienten mit einem Alter unter 55 Jahre und ohne Alarmsymptome werden hier nicht zwingend endoskopiert. Sie wird in der Praxis auch hierzulande angewendet, wenn keine Alarm-Symptome vorliegen und es zu einer vollständigen Beschwerdefreiheit unter der Therapie kommt. Aufgrund der geringen Invasivität und breiten Verfügbarkeit sollte die endoskopische Abklärung jedoch zum Ausschluss gravierender Erkrankungen wie z. B. Malignomen insgesamt großzügig angeboten werden.

Abbildung 2 fasst die erforderlichen Schritte von der Diagnose zur Therapie der H.-pylori-Infektion zusammen.

Abb. 2: Von der Diagnostik zur Therapie(nach [13])

Für die Erstbehandlung einer H.-pylori-Infektion sollte gemäß der deutschen S2k-Leitlinie bei einer niedrigen Wahrscheinlichkeit für eine Clarithromycin-Resistenz eine mindestens einwöchige Dreifach-Therapie (sogenannte Tripel-Therapie), bestehend aus einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) und Clarithromycin plus Metronidazol oder Amoxicillin eingesetzt werden [7]. Eine Therapieverlängerung auf 14 Tage kann den Eradikationserfolg erhöhen.

Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) aus dem Jahr 2009 wurde überarbeitet und aktualisiert. Auch in der im Februar 2016 veröffentlichten neuen Fassung der Leitlinie wird die klassische Tripel-Therapie als Erst-­Linien-Therapie empfohlen. Aufgrund der wachsenden Clarithromycin-Resistenz wurde als Alternative eine Quadrupel-Therapie mit Bismut – vornehmlich für Patienten mit Migrationshintergrund oder Makrolidvorbehandlung – aufgenommen. Während diese Therapieform, bestehend aus einem PPI, einem Bismutsalz, Metronidazol und Tetracyclin (O-BMT) bereits in internationalen Empfehlungen bzw. Leitlinien Berücksichtigung fand, galt sie in Deutschland bisher als Reserveoption [4, 8, 9]. Der europäische Maastricht-IV-Konsensus-Report aus dem Jahr 2012 unterscheidet in den Therapieempfehlungen bereits nach Regionen mit niedriger und hoher Clarithromycin-Resistenz [10]. Bei hoher Prävalenz (über 15 bis 20%) wird die O-BMT-Therapie als Erst-­Linien-Therapie empfohlen.

In Deutschland ist das Präparat Pylera® (enthält Bismutsubcitratkalium, Metronidazol und Tetracyclinhydrochlorid) als Teil einer Bismut-basierten Quadrupel-Therapie in Kombination mit Omeprazol seit 2013 auf dem Markt verfügbar. Das tägliche Dosierungsschema sieht die Einnahme von viermal drei Kapseln Pylera® nach den Mahlzeiten sowie je eine 20-mg-Tablette Omeprazol morgens und abends vor. Die Behandlungsdauer beträgt zehn Tage. In der Durchführung ist diese Therapieform aufgrund der großen Tablettenzahl verteilt auf vier Einnahmezeitpunkte komplizierter als die klassische Tripel-Therapie und zudem häufig mit Nebenwirkungen behaftet. Zu bedenken sind auch die im Vergleich deutlich höheren Therapiekosten.

Die konkomittierende Vierfach-Therapie stellt ebenfalls eine Option dar. Bei Versagen der Erst-Linien-Therapie kann unter Berücksichtigung des zunächst gewählten Therapieschemas im Rahmen einer Zweit-Linien-Therapie zwischen der Bismut-Quadrupeltherapie und der Fluorochinolon-haltigen Tripeltherapie ausgewählt werden. Die entsprechenden Therapie-Schemata sind in Tabelle 3 ersichtlich.

Tab. 3: Geeignete Protokolle zur Therapie der H.-pylori-Infektion bei Erwachsenen
Name
Dauer
Schema
Dosierung
Italienische Tripel-Therapie
7 bis 14
Tage
PPI*
1–0–1
Clarithromycin 250 bis 500 mg
1–0–1
Metronidazol 400 bis 500 mg
1–0–1
Französische Tripel-Therapie
7 bis 14 Tage
PPI*
1–0–1
Clarithromycin 500 mg
1–0–1
Amoxicillin 1000 mg
1–0–1
Bismut-haltige
Vierfach-Therapie **
10 Tage
PPI**
1–0–1
Bismut-Kalium-Salz 140 mg
1–1–1–1
Tetracyclin 125 mg
1–1–1–1
Metronidazol 125 mg
1–1–1–1
kombinierte (konkomittierende)
Vierfach-therapie
7 Tage
PPI*
1–0–1
Clarithromycin 500 mg
1–0–1
Metronidazol 400 bis 500 mg
1–0–1
Amoxicillin 1000 mg
1–0–1
Fluoro­chinolon-
Tripel-Therapie
10 Tage
PPI*
1–0–1
Levofloxacin 500 mg oder Moxifloxacin 400 mg
1–0–1
Amoxicillin 1000 mg***
1–0–1

* Esomeprazol 20 mg, Lansoprazol 30 mg, Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg, Rabeprazol 20 mg; **fixe Kombination (Pylera®) zugelassen in Kombination mit Omeprazol 20 mg; ***bei Penicillin-Unverträglichkeit Rifabutin 150 mg 1-0-1

Für die Wirksamkeit von Amoxicillin und Clarithromycin ist das Ausmaß der Säurehemmung entscheidend. Dieses wird unter anderem durch die korrekte Dosierung und Anwendung des Protonenpumpeninhibitors bestimmt. Die Protonenpumpeninhibitoren Esomeprazol und Lansoprazol sind zudem in ihrer Wirkung stark vom genetisch determinierten Polymorphismus CYP450 2C19 abhängig und sollten folglich in der Eradikation zurückhaltend verwendet werden. Ansonsten weisen die Substanzen die gleiche Wirksamkeit auf und können gegeneinander ausgetauscht werden. Da die Einnahme von hochdosierten PPIs den Eradikations­erfolg erhöht, wird in der H.-pylori-Therapie die zweifache Standarddosis empfohlen.

Neben diesen Standardtherapien kommen weitere Behandlungsregimes zum Einsatz, teilweise um höhere Ansprechraten zu erzielen oder Resistenzen vorzubeugen. In einer kürzlich erschienenen Netzwerk-Metaanalyse wurden verschiedene Behandlungsoptionen zur H.-pylori-Eradikation im Hinblick auf Effektivität und Verträglichkeit miteinander verglichen [11]. Die einwöchige Standard-Tripel-Therapie schnitt hierbei mit einer Eradikationsrate von 73% am schlechtesten ab. Der Zusatz von Probiotika (u. a. Lactobazillen) erhöhte die Eradikationsraten auf 83% und verringerte vor allem die Nebenwirkungen. Am wirksamsten war die konkomitierende Therapie, bestehend aus einem PPI plus drei Antibiotika (oftmals Amoxicillin, Clarithromycin und 5-Nitroimidazol) mit einer Eradikationsrate von 94%.

Auch wenn noch unklar ist, mit welchen Probiotika die besten Ergebnisse erzielt werden, kann laut einem Kommentar der Analyse die Zufuhr probiotischer Nahrungsmittel (z. B. Joghurt) empfohlen werden [12].

Unterstützend zur medikamentösen Therapie sollten nach Möglichkeit NSAR und Glucocorticoide abgesetzt und ulcusfördernde Faktoren (z. B. Rauchen, Stress) gemieden werden.

An eine Eradikation schließt sich gelegentlich eine PPI-Dauer­therapie an, vor allem, wenn eine ulcerogene Medi­kation fortgesetzt werden muss oder der Patient ohne Pro­tonenpumpenhemmer weiterhin Beschwerden angibt. Es sollte dann die einfache Standarddosis gewählt werden.

Helicobacter-pylori-negatives Ulcus. Bei fehlendem Helicobacter-Nachweis wird zur Ulcus-Heilung die Säureproduk­tion abgesenkt. Hierzu eignen sich primär Protonen­pumpeninhibitoren. Zudem sollten wie oben beschrieben auslösende Noxen eliminiert werden.

Bei den meisten Patienten mit einem Ulcus duodeni erfolgt die Heilung innerhalb von zwei Wochen. Die Behandlung kann bei unvollständiger Heilung weitere zwei Wochen fortgeführt werden und die Dosis des PPI bei schlechtem Ansprechen verdoppelt werden. Im Falle eines Ulcus ventriculi tritt die Heilung meist innerhalb von vier Wochen ein. Auch hierbei ist analog eine entsprechende Anpassung der Therapiedauer oder Dosiserhöhung möglich. Gastroduodenale Ulcera, die durch die Einnahme von nicht-steroidalen Antiphlogistika bedingt sind, heilen unter PPI-Gabe meist innerhalb von vier Wochen ab.

2. Kapitel

Umfassende Medikationsanalyse

1. Kurzbeschreibung der Patientin (S)

Frau D. ist eine 70-jährige Patientin, sie hatte 2012 einen Apoplex, in der Anamnese finden sich Hypercholesterinämie und Hypertonie. Sie berichtet über bohrende Oberbauchschmerzen, Aufstoßen und Völlegefühl. Die Endoskopie des oberen Verdauungstraktes und entsprechende Testverfahren ergeben den Befund eines H.-pylori-positiven Ulcus ventriculi. Zudem äußert die Patientin leichte bis moderate Knieschmerzen, die sie bei ihren alltäglichen Aktivitäten etwas behindern.

2. Objektive Parameter und relevante Ziele (O)

Siehe Kasten „Vitalparameter und Laborwerte“ 

Bei der Patientin wird im Rahmen der Ösophago-Gastro-Duodenoskopie ein Forrest-III-Ulcus-ventriculi diagnostiziert. Die Forrest-Klassifikation (siehe Kasten „Forrest-­Klassifikation“) dient der Einteilung von gastroduodenalen Ulcera im Hinblick auf die Blutungsaktivität und Notwendigkeit einer endoskopischen Intervention nach dem endoskopischen Befund [14]. Ebenso wird in diesem Zusammenhang der Nachweis einer Helicobacter-Besiedlung der Magenschleimhaut geführt.

Forrest-Klassifikation gastroduodenaler Ulcera:

I: aktive Blutung
Ia spritzende arterielle Blutung
Ib Sickerblutung

II: stattgefundene Blutung
IIa Gefäßstumpf sichtbar
IIb Koagel
IIc Hämatinbelag

III: keine Anzeichen für stattgefundene Blutung

3. Befund (A)

Therapieziel

  • Auswahl einer geeigneten Pharmakotherapie zur möglichst vollständigen H.-pylori-Eradikation mit wenigen Nebenwirkungen
  • Ulcus-Heilung
  • Verbesserung der Schmerzsymptomatik
  • Auswahl eines geeigneten Analgetikums zur Linderung der Knieschmerzen

Abweichungen zwischen Arztanweisung/Medikationsplan und Brown-Bag
Siehe auch Tabelle 1. Metoprolol wird von der Patientin höher dosiert eingenommen als verordnet, Simvastatin niedriger, die Kombination aus Candesartan und Hydrochlorothiazid (HCT) ist nicht in den Arztunterlagen vermerkt, die niedrig dosierte Acetylsalicylsäure wird von der Patientin zu einem anderen Zeitpunkt eingenommen.

Leitlinien

H.-pylori-Infektion. Aufgrund der niedrigen Wahrscheinlichkeit für eine Clarithromycin-Resistenz (keine Risikofaktoren) kommt für diese Patientin eine Standard-Tripeltherapie (französisch) in Frage.

Hypertonie. Blutdruck-Zielwert für die meisten Patienten, auch für kardiovaskuläre Hochrisikopatienten, ist nach den aktuell gültigen Leitlinien ein Blutdruck von unter 140/90 mmHg [15, 16]. Für niedrigere Blutdruckwerte konnte in zahlreichen Studien kein zusätzlicher Nutzen gefunden werden.

Die Patientin nimmt Metoprololsuccinat 95 mg Retardtabletten abweichend von der ärztlichen Empfehlung (1-0-0) zu 1-0-½ ein. Der derzeitige Puls beträgt 57 Schläge pro Minute, der Blutdruck 128/79 mmHg. Additive Effekte durch Amlodipin sind möglich. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Dosisanpassung angemessen.

Maßnahme: Metoprolol-Dosierung zwecks Pulsregulierung reduzieren; unter Blutdruck- und Pulskontrolle zum ärztlich empfohlenen Schema: Metoprolol 95 mg Retardtabletten 1-0-0 zurückkehren.

Dyslipidämie. Für Patienten mit Schlaganfall oder TIA gilt automatisch der strenge LDL-Cholesterol-Zielwert von < 70 mg/dl [17] oder einer 50% LDL-Cholesterol-Reduktion. Momentan liegt der LDL-Cholesterol-Wert dieser Patientin bei 78 mg/dl. Sie nimmt abweichend von der ärztlichen Verordnung (Simvastatin Tabletten 40 mg zu 0-0-1) eine Tagesdosis von 20 mg Simvastatin ein (Simvastatin 40 mg 0-0-½). Der LDL-Cholesterol-Wert liegt mit der aktuellen Dosierung annähernd im Zielkorridor. Die Simvastatin-Dosis ist im Hinblick auf die unten genannte Interaktion mit Amlodipin akzeptabel.

Maßnahme: Simvastatin-Dosis von 20 mg/Tag unter LDL-Monitoring beibehalten und im ärztlichen Medikationsplan vermerken.

Schmerzen. Die Schmerztherapie sollte im Hinblick auf die leichten bis moderaten Beschwerden der Patientin gemäß dem WHO-Stufenschema mit einem Nicht-Opioidanalgetikum der Stufe I eingeleitet werden. Wirkstoffe, die auf der ersten Stufe zum Einsatz kommen, sind primär nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR). Aufgrund der Ulcus-Anamnese sollte die Arzneistoffauswahl für diese Patientin sehr sorgfältig erfolgen. NSAR und niedrig-dosierte Acetylsalicylsäure (ASS) zur Thrombozytenaggregationshemmung weisen per se eine gastrointestinale Toxizität auf. Das Risiko für Komplikationen wird durch weitere Faktoren, wie unter anderem der Dosis des NSAR, dem Alter des Patienten, der Komedikation mit Arzneistoffen wie Glucocorticoiden oder Antikoagulanzien sowie schweren Komorbiditäten beeinflusst.

Tab. 4: Ermittlung des gastrointestinalen Risikos
niedriges Risiko
  • keine Risikofaktoren
mittleres Risiko (ein bis zwei Risikofaktoren)
  • Alter > 65 Jahre.
  • hochdosierte NSAR-Therapie
  • anamnestisch unkomplizierte Ulcus-Erkrankung
  • Komedikation mit ASS (auch niedrig-dosiert), Cortico­steroiden oder Antikoagulanzien
hohes Risiko
  • anamnestisch komplizierte Ulcus-Erkrankung (z. B. Gastro­intestinalblutung oder Magenperforation)
  • mehrere (> 2) Risikofaktoren

Als Entscheidungshilfe in der Therapieauswahl kann die Leitlinie des American College of Gastroenterology herangezogen werden [18]. In Abhängigkeit vom zunächst ermittelten gastrointestinalen und kardiovaskulären Risiko (siehe Tabelle 4) wird die geeignete analgetische Therapie ausgewählt (siehe Tabelle 5).

Tab. 5: Empfehlungen zur Prävention NSAR-induzierter Ulcus-Komplikationen (nach [18])
kardiovaskuläres Risiko
gastrointestinales Risiko
niedrig
mittel
hoch
niedriges bzw. normales kardiovaskuläres Risiko
NSAR allein
(NSAR mit dem geringsten ulcerogenen Potenzial in niedrigst wirksamer Dosierung)
NSAR +
PPI/Misoprostol
falls möglich alternative Therapie oder COX-2-Hemmer + PPI/Misoprostol
hohes kardiovaskuläres Risiko*
Naproxen + PPI/Misoprostol
Naproxen +
PPI/Misoprostol
Keine NSAR oder COX-2-Hemmer, alternative Therapie (z. B. Paracetamol, eventuell schwache oder starke Opioide)

* Kriterium: kardiovaskuläre Störung, für welche die Indikation zur Thrombozytenaggregationshemmung gegeben ist.

Alle Patienten mit einer Ulcuserkrankung in der Anamnese, die einer NSAR-Therapie bedürfen, sollten auf H. pylori getestet und bei positivem Befund auch mit einer Eradikationstherapie behandelt werden.

Die Patientin weist aufgrund ihres Alters, der (unkomplizierten) Ulcus-Erkrankung sowie der Komedikation mit ASS ein hohes gastrointestinales und infolge des Apoplex ebenso ein hohes kardiovaskuläres Risiko auf. Zur Schmerztherapie sollten folglich keine NSAR oder COX-2-Hemmer sondern eine alternative Therapie (z. B. Paracetamol, eventuell schwache oder starke Opioide) zum Einsatz kommen.

Maßnahme: Einleitung der analgetischen Therapie mit Paracetamol 500 mg Tabletten 1-1-1-(1). Bei unzureichender Schmerzlinderung können Tilidin 50/4 mg Tabletten eingesetzt werden.


Interaktionen bestehende Therapie

Simvastatin – Amlodipin. Eine verstärkte Wirkung von Simvastatin ist möglich, da Amlodipin den oxidativen Metabolismus von Simvastatin durch CYP3A4 hemmt. Es ist von einem erhöhten Risiko für Myopathien und Rhabdomyolysen auszugehen. Bei Patienten, die gleichzeitig mit Amlodipin behandelt werden, soll eine Dosis von 20 mg Simvastatin pro Tag nicht überschritten werden. Die Patientin nimmt abweichend von der ärztlichen Empfehlung (Simvastatin 40 mg 0-0-1) aktuell 20 mg Simvastatin (Simvastatin 40 mg 0-0-½) pro Tag ein.

Maßnahme: Da der LDL-Cholesterol-Wert mit der aktuellen Dosierung annähernd im Zielbereich liegt, kann diese unter Monitoring der LDL-Cholesterol-Werte beibehalten werden.

Metoprolol – Amlodipin. Die gleichzeitige Behandlung mit beiden Arzneistoffen kann die Blutdrucksenkung verstärken und in Einzelfällen zu Bradykardie, Hypotonie und Herzinsuffizienz führen. In der Regel ist die Kombinationstherapie wirksam und sicher.

Interaktionen Therapieplanung

Clarithromycin – Simvastatin. Clarithromycin hemmt das Cytochrom-P450-Isoenzym CYP3A4, durch das auch Simvastatin metabolisiert wird. Die gleichzeitige Anwendung beider Arzneistoffe kann zu einer erhöhten Plasmakonzentration des HMG-CoA Reduktase-Inhibitors führen und somit das Risiko für eine Myopathie, einschließlich Rhabdomyolyse (gegebenenfalls mit Nierenversagen) erhöhen. Die konkomitierende Therapie von Clarithromycin und Simvastatin ist folglich kontraindiziert. Wenn eine Behandlung mit Clarithromycin nicht vermieden werden kann, muss auf die Therapie mit Simvastatin während dieser Therapie verzichtet werden. Alternativ könnte auf die Quadrupel-Therapie mit Bismut ausgewichen werden. Aufgrund der guten LDL-Cholesterol-Werte erscheint jedoch die Statin-Pause während der Dauer der H.-pylori-­Eradikation als die sinnvollste Option.

Maßnahme: Die Patientin sollte während der Eradikationstherapie mit der Einnahme von Simvastatin pausieren.

Clarithromycin – Amlodipin. Clarithromycin ist ein Inhibitor des Cytochrom-P450-Isoenzyms CYP3A4, das den oxidativen Metabolismus von Amlodipin katalysiert. Bei gleichzeitiger Einnahme der beiden Arzneistoffe kann es nach einigen Tagen zu verstärkten Wirkungen von Amlodipin, wie z. B. verstärkte Blutdrucksenkung, Tachykardie, Flush, Knöchelödeme kommen.

Maßnahme: Während der gleichzeitigen Behandlung mit Clarithromycin und Amlodipin sollte die Patientin hinsichtlich der genannten Symptome bzw. Parameter überwacht werden.

Hydrochlorothiazid – Omeprazol. Siehe Monitoring

Einnahmeintervall
Amlodipin 5 mg Tabletten werden aktuell zu 1-0-1 dosiert. Die terminale Plasmahalbwertszeit des Arzneistoffs beträgt 35 bis 50 Stunden und ermöglicht eine einmal tägliche Dosierung. Die zweimal tägliche Einnahme kann somit entfallen, was im Rahmen der Compliance und Arzneimitteltherapiesicherheit von Vorteil ist.

Maßnahme: Reduktion der Einnahmezeitpunkte; Verordnung von Amlodipin 10 mg Tabletten 1-0-0 und Dokumen­tation im Medikationsplan.

Einnahmezeitpunkt 
Niedrig dosierte ASS 100 mg Tabletten werden von der Patientin abweichend von der ärztlichen Verordnung morgens eingenommen.

Maßnahme: Aus Compliancegründen bzw. zwecks Reduktion der Einnahmezeitpunkte ASS 100 mg Tabletten weiterhin morgens einnehmen (1-0-0).

Indikation ohne Medikament
siehe Schmerzen

Überdosierung
Metoprolol (siehe Hypertonie)

Sonstige Hinweise
Die Patientin vergisst zeitweise die Arzneimitteleinnahme. Es empfiehlt sich die Verwendung eines Wochendispensers.
Die Indikation von Metoprolol und Candesartan/HCT ist der Patientin nicht bekannt. Sie sollte diesbezüglich informiert werden.

4. Plan (P)

Der Tabelle 6 ist zu entnehmen, welche Arzneistoffe abgesetzt, neu eingesetzt bzw. in ihrer Dosierung verändert wurden.

Tab. 6: Absetzen von:
Arzneistoff
Grund
Amlodipin 5 mg Tabletten
Umstellen auf Amlodipin 10 mg TAB; Reduktion der Einnahmezeitpunkte
Simvastatin 40 mg Tabletten
Umstellen auf Simvastatin 20 mg TAB; Dosisreduktion
Gabe von (nach Einnahmezeitpunkten sortiert):
Arzneistoff und Stärke
Gabe
Kommentar (z. B. neu)
Metoprololsuccinat 95 mg Retardtabletten
1-0-0
Dosisreduktion unter Blutdruck- und Pulskontrolle
Candesartan 32 mg/HCT 25 mg comp Tabletten
½-0-0
unverändert, Patienteninformation zur Indikation
Amlodipin 10 mg Tabletten
1-0-0
neu, Reduktion der Einnahmezeitpunkte von Amlodipin 5 mg Tabletten 1-0-1
ASS 100 mg Tabletten
1-0-0
morgendliche Einnahme aus Adhärenzgründen
Paracetamol 500 mg Tabletten
1-1-1-(1)
neu*
Simvastatin 20 mg Tabletten
0-0-1
Dosisreduktion unter LDL-Kontrolle;
Statinpause während der Eradikationstherapie
Omeprazol 20 mg magensaftresistente Kapseln
Clarithromycin 250 mg Tabletten
Amoxicillin 1000 mg Tabletten
1-0-1
1-0-1
1-0-1
neu, Eradikationstherapie über sieben Tage

* Falls mit Paracetamol keine adäquate Schmerzlinderung erzielt werden kann, ist eine schrittweise gezielte Eskalation der analgetischen Medikation erforderlich (z. B. mit Tramadol 50/4 mg Retardtabletten).

weitere Interventionen:
Art der sonstigen Intervention
Impfstatus für saisonale Grippe und Pneumokokken überprüfen
Schulung der Patientin hinsichtlich der korrekten Durchführung einer Eradikationstherapie sowie sonstiger Maßnahmen
Erstellen eines aktualisierten Medikationsplans und Information der Patientin bezüglich der vorgenommenen Änderungen

5. Monitoring

  • Blutdruck
  • Puls
  • LDL-Cholesterol
  • Schmerzen
  • Magnesiumkonzentration
  • Nach Beendigung der Eradikationstherapie sollte bei der Ulcus-Krankheit sowie beim MALT-Lymphom eine Überprüfung des Therapieerfolgs vorgenommen werden. Hierzu kann beim unkomplizierten Ulcus duodeni ein nicht-invasiver C13-Harnstoff-Atemtest oder ein monoklonaler Stuhlantigentest dienen. Die Überprüfung des Eradikationserfolgs beim Ulcus ventriculi sowie beim komplizierten Ulcus duodeni erfordert eine Kontroll-Endoskopie (siehe auch Abb. 2). Bei entsprechender Terminierung kann hiermit zugleich die Ulcus-Heilung überprüft werden. Ein genauer Zeitpunkt der endoskopischen Kontrolle ist nicht klar vorgegeben. Zwischen Ende der Antibiotikatherapie und Überprüfung des Therapieerfolgs müssen mindestens vier Wochen liegen, nach Beendigung einer PPI-Therapie müssen mindestens zwei Wochen vergehen. Ansonsten kann es zu falsch-positiven Eradikationserfolgen kommen. Im Allgemeinen liegen zwischen Therapie und endoskopischer Kontrolle sechs bis acht Wochen. Bei Malignitätsverdacht oder nach endoskopischer Blutstillung wird die Kontrolle vorgezogen.
  • Die Magnesiumkonzentration im Plasma sollte überwacht werden, da die gleichzeitige Einnahme von HCT und PPIs zu einer Hypomagnesiämie führen kann. Auch wenn diese Interaktion für die Dauer der Eradikationstherapie vielleicht weniger relevant erscheint, so wäre diese jedoch bei einer längerfristigen Fortführung des PPI zu beachten.

6. Schulung

Wie bereits erwähnt können Maßnahmen wie eine Verbesserung der Compliance oder der Verzicht auf Zigaretten und Alkohol den Therapieerfolg beeinflussen.

Maßnahme: Die Patientin sollte über die Indikation und Durchführung der Behandlung sowie potenzielle Nebenwirkungen aufgeklärt werden. Die positiven Auswirkungen eines Verzichts auf Alkohol (kein Digestif nach dem Essen) und Zigaretten sollten besprochen werden. Die Zufuhr pro­biotischer Nahrungsmittel (z. B. Joghurt) während der Eradikationstherapie kann empfohlen werden.

Schulungsinhalte für die Patientin

  • Ursache:
  • Therapie:
  • Alarmsymptome:

Die Einnahme der Medikamente sollte zusammen morgens eine Stunde vor dem Frühstück und abends eine Stunde vor dem Abendessen erfolgen [19]. Für die PPIs empfiehlt sich die Einnahme vor einer Mahlzeit. Durch diesen Einnahmezeitpunkt können die meisten aktiven Protonenpumpen gehemmt werden und die erwartete Säurehemmung kann somit am größten sein. In den Fachinformationen der jeweiligen Wirkstoffe sind unterschiedliche Informationen hinsichtlich der Nahrungsaufnahme zu finden. Durch die Nahrungsaufnahme kann die Resorption einiger Wirkstoffe verzögert und/oder reduziert werden – ein Effekt, der sich jedoch bei regelmäßiger Einnahme relativiert. Die Wirkung auf die intra­gastrische Azidität wird durch die gleichzeitige Nahrungsaufnahme anscheinend nicht wesentlich beeinflusst.

Formale Endpunkt-Studien (Eradikationserfolg) in Bezug auf den Einnahmezeitpunkt existieren nicht. Dennoch wird die Einnahme aller Komponenten zusammen und nicht gesplittet aufgrund der reduzierten Anforderungen an die Compliance empfohlen.

Medikationsmanagement

Erst durch die weitere Betreuung und Schulung der Patienten, die Übermittlung und Besprechung der Ergebnisse mit dem Arzt, die Beurteilung des Monitorings und die Erstellung einer erneuten Medikationsanalyse nach einigen Monaten wird aus einer umfassenden Medikationsanalyse ein Medikationsmanagement.

Im vorliegenden Fall wurde bei der Planung der H.-pylori-Eradikationstherapie die gegenwärtige Medikation der Patientin miteinbezogen. Hierdurch konnte die potenzielle Interaktion zwischen Clarithromycin und Simvastatin identifiziert und durch eine entsprechende Maßnahme (Statin-Pause während der Eradikationstherapie) vermieden werden.

Die Auswahl einer angemessenen Schmerztherapie für diese Patientin erfolgte unter Berücksichtigung der Diagnose. Aufgrund der Ulcus-Erkrankung und des somit hohen gastrointestinalen Risikos sowie auch des hohen kardiovaskulären Risikos wurden zur Schmerztherapie keine NSAR oder COX-2-Hemmer sondern alternativ Paracetamol eingesetzt.

Die Patientin wurde ausführlich über die Bedeutsamkeit der Therapietreue bzw. der korrekten Medikamenteneinnahme sowie die positiven Auswirkungen eines Verzichts auf Alkohol und Zigaretten aufgeklärt.

Die beim Abgleich des Medikationsplans identifizierten Abweichungen zwischen Arzt und Patientin hinsichtlich Dosierung und Einnahmeintervall wurden in Bezug auf Zielwerte und Compliance entsprechend angepasst. Somit wurde die Dosis von Metoprololsuccinat 95 mg Retardtabletten unter Blutdruck- und Pulskontrolle von 1-0-½ auf 1-0-0 reduziert. Amlodipin wurde zwecks Reduktion der Einnahmezeitpunkte von 5 mg zu 1-0-1 auf 10 mg zu 1-0-0 umgestellt. Der Einnahmezeitpunkt von ASS wurde zur Vereinfachung des Regimes auf morgens verlegt. Aufgrund der guten LDL-Cholesterol-Werte konnte die von der Patientin selbstständig reduzierte Dosis von Simvastatin 20 mg/Tag weitergeführt werden.

Was wäre, wenn ...

... die H.-pylori-Eradikation erfolglos geblieben wäre?
Jede Antibiotikatherapie ist mit dem Risiko einer primären Resistenz bzw. der Resistenzentwicklung behaftet. Bei nicht vorbehandelten Patienten ist die primäre Resistenzsituation für Helicobacter pylori in Deutschland in der Regel recht günstig und eine gute Wirksamkeit der Therapie (> 90%) ist zu erwarten. Nach einmaligem Therapieversagen sind aber bereits in mehr als 50% der Fälle Resistenzen gegen Metronidazol und Clarithromycin zu beobachten. Vor einem erneuten Einsatz dieser Antibiotika wäre eine Resistenzbestimmung auf jeden Fall erforderlich. Auch bei Patienten mit Migrationshintergrund ist von einer hohen Wahrscheinlichkeit für eine Clarithromycin-Resistenz auszugehen.
Unter Berücksichtigung der Erst-Linien-Therapie kann im Erwachsenenalter eine empirische Zweitlinientherapie ohne vorherige Resistenzbestimmung durchgeführt werden. Ist allerdings ohnehin eine Kontrollendoskopie indiziert, sollte hierbei eine Biopsieentnahme für Kultur und Resistenztestung erfolgen, die dann bereits eine antibiogrammgerechte Zweitlinientherapie ermöglicht. Es erscheint empfehlenswert, die Therapiedauer auf zehn bis 14 Tage auszudehnen, auch wenn dieses Vorgehen nicht eindeutig in Studien belegt ist. Nach erfolgloser primärer Standard-Tripeltherapie sollte eine Bismut-basierte Quadrupel-Therapie erfolgen. Als eradikationsrelevante Zweit-Linien-Antibiotika stehen ansonsten die Chinolone Levofloxacin und Moxifloxacin sowie Rifabutin (bei Penicillin-Unverträglichkeit) zur Auswahl (Abb. 3). Amoxicillin induziert praktisch nie eine Resistenz und kann daher auch in der Zweit-Linien-Therapie wiederholt eingesetzt werden.

Abb. 3: Behandlungsoptionen nach Versagen der Erst-­Linien-Therapie [7, 10]

Nach zweimaligem Versagen einer Helicobacter-pylori-Therapie muss die Vorstellung bei einem Spezialisten sowie eine auf die Resistenztestung gestützte Eradikationstherapie erfolgen. 
Letztlich sollten alle Maßnahmen zur Therapieoptimierung, wie z. B. erneute Motivation zur Therapietreue, Rauchstopp und optimierte Säurehemmung überprüft und konsequent ausgeschöpft werden.

... der Endoskopiebefund „negativ“ gewesen wäre?
Eine H.-pylori-Eradikation führt bei Patienten mit funktioneller Dyspepsie, das heißt länger bestehenden dyspeptischen Beschwerden und makroskopisch unauffälliger Endoskopie in nur ca. 5 bis 10% der Fälle zu einer dauerhaften Symptombesserung. Die Entscheidung zur Therapie ist individuell und in Abhängigkeit von subjektivem Leidensdruck, therapeutischen Alternativen und Kriterien der Karzinomprävention sowie unter Berücksichtigung potenzieller gastrointestinaler Nebenwirkungen (insbesondere der Antibiotika-assoziierten Diarrhö) zu treffen.

... die Ergebnisse der H.-pylori-Diagnostik nicht übereinstimmend positiv gewesen wären?
Bei diskrepanten Befunden von z. B. Urease-Schnelltest und Histologie kann zusätzlich der C13-Harnstoffatemtest oder Stuhlantigentest auf monoklonale Antikörper herangezogen werden. Serologische Tests (IgG-Antikörpernachweis) eignen sich nicht als Entscheidungsgrundlage, da sie nicht zwischen einer vergangenen und einer noch fortbestehenden und gegebenenfalls behandlungsbedürftigen Infektion differenzieren können.

Zusammenfassung

Dieser Fall zeigt, wie arzneimittelbezogene Probleme durch eine fundierte Therapieplanung bereits im Vorfeld umgangen werden können. Unter Berücksichtigung der Diagnosen und der Medikation der Patientin wurden eine geeignete H.-pylori-Eradikationstherapie sowie analgetische Therapie ausgewählt und potenzielle Interaktionen und Nebenwirkungen vermieden. Zudem wurden weitere Arzneimittel-bezogene Probleme der bestehenden Medikation identifiziert und Lösungsvorschläge ermittelt. Auch wenn die Therapie des Helicobacter-pylori-assoziierten Ulcus auf einer weniger umfangreichen Datenbasis basiert als dies bei den großen Volkskrankheiten der Fall ist, existieren Leitlinien und Studien, nach denen man sich in der Therapie richten kann. Für eine erfolgreiche Therapie ist jedoch eine entsprechende Compliance bzw. der korrekte Umgang mit der Medikation mindestens ebenso wichtig. |

Literatur

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 [3] Wex T, Venerito M, Kreutzer J et al. Serological prevalence of Helicobacter pylori infection in Saxony-Anhalt, Germany, in 2010. Clin Vaccine Immunol 2011;18:2109–2112

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 [5] Hilton D, Iman N, Burke GJ, Moore A, O’Mara G, Signorini D et al. Absence of abdominal pain in older persons with endoscopic ulcers: a prospective study. Am J Gastroenterol 2001;96:380-384

 [6] Talley NJ. American Gastroenterological Association medical position statement: evaluation of dyspepsia. Gastroenterology 2005;129(5):1753-1755

 [7] Fischbach W, Malfertheiner P, Lynen Jansen P et al. S2k-Leitlinie Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in Zusammenarbeit mit weiteren Fachgesellschaften, AWMF Register-Nr. 021-001 – Aktualisierung 2016

 [8] Malfertheiner P, Megraud F et al. Current concepts in the management of Helicobacter pylori infection: the Maastricht III Consensus Report. Gut 2007;56(6):772-781, Epub 14. Dezember 2006

 [9] Fischbach LA, van Zanten S, Dickason J. Meta-analysis: the efficacy, adverse events, and adherence related to first-line anti-Helicobacter pylori quadruple therapies. Aliment Pharmacol Ther 2004;20(10):1071-1082

[10] Malfertheiner P, Megraud F, O’Morain CA et al. Management of Helicobacter pylori infection – the Maastricht IV/ Florence Consensus Report. Gut 2012;61:646–664

[11] Bao-Zhu L et al. Comparative effectiveness and tolerance of treatments for Helicobacter pylori: systematic review and network meta-analysis. BMJ 2015;351:h4052

[12] Braden B. The best and worst treatments for helicobacter pylori. BMJ 2015;351:h4146

[13] Fischbach W, Malfertheiner P, Hoffmann JC, Bolten W, Kist M, Koletzko S. Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. Dtsch Arztebl Int 2009;106(49):801–808

[14] Forrest JA, Finlayson ND, Shearman DJ.Endoscopy in gastrointestinal bleeding. Lancet 1974;2(7877):394–397

[15] Mancia G, Fagard R, Narkiewicz K et al. 2013 ESH/ESC guidelines for the management of arterial hypertension: the Task Force for the Management of Arterial Hypertension of the European Society of Hypertension (ESH) and of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J 2013;34(28):2159-2219

[16] James PA, Oparil S, Carter BL et al. 2014 evidence-based guideline for the management of high blood pressure in adults: report from the panel members appointed to the Eighth Joint National Committee (JNC 8). JAMA 2014;311(5):507-520

[17] European Association for Cardiovascular Prevention & Rehabilitation, Reiner Z, Catapano AL, et al. ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: the Task Force for the management of dyslipidaemias of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Atherosclerosis Society (EAS). Eur Heart J 2011;32(14):1769–1818

[18] Lanza FL, Chan FK, Quigley EM. Practice Parameters Committee of the American College of Gastroenterology. Guidelines for prevention of NSAID-related ulcer complications. Am J Gastroenterol 2009;104:728)

[19] Fachinformation ZacPac®, Stand Januar 2015

Autoren

Carina John, PharmD,Studium der Pharmazie an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, Studium zum Doctor of Pharmacy an der University of Florida, USA, Leitung der Abteilung AMTS/ATHINA (Arzneimitteltherapiesicherheit in Apotheken) der Apothekerkammer Nordrhein, Referentin im Bereich Fort- und Weiterbildung, Autorin für den DAV und Wissenschaftliche Mitarbeiterin der WestGem-Studie (MTM und sektorübergreifende Versorgungsforschung bei multimorbiden Patienten).

Dr. med. Michael Steckstor, Studium der Humanmedizin an den Universitäten Düsseldorf und Essen. Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie und Infektiologie, Hepatologie (DGVS), chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (DGVS). Promotion am Institut für Pathologie Universität Düsseldorf über Chemotherapie-Resistenzmechanismen des Nierenzellkarzinoms. Seit 2012 Oberarzt der Medizinischen Universitätsklinik Knappschaftskrankenhaus Bochum. Klinische Schwerpunkte: Endoskopie und Endosonografie, spezielle Hepatologie, Therapie von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen gastroenterologische Onkologie und internistisch/gastroenterologische Intensivmedizin.

Olaf Rose, PharmD, hat an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster Pharmazie studiert. Forschungsaufenthalt bei Bayer, Japan, Studium zum Doctor of Pharmacy an der University of Florida, USA, wissenschaftliches Mitglied der WestGem-Studie. Olaf Rose ist zusammen mit Prof. Dr. Kristina Friedland Herausgeber des Buches „Angewandte Pharmakotherapie“, Inhaber dreier Apotheken in Münster und im Münsterland, Forschungsschwerpunkt: Medikationsmanagement.

Prof. Dr. Hartmut Derendorf ist Distinguished Professor und Chairman des Departments of Pharmaceutics an der University of Florida in Gainesville, wo er seit 1983 Pharmakokinetik, Pharmakodynamik und Klinische Pharmakokinetik lehrt.

autor@deutsche-apotheker-zeitung.de

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