Auf nach Berlin
Demo und Streik sind angemessen, angebracht, ja dringend notwendig in unserer Mediengesellschaft, keine Frage. Wünschenswert ist, dass an einem Werktag in ganz Deutschland ausschließlich die diensthabenden Apotheken geöffnet haben, mit entsprechend rechtzeitiger Vorankündigung versteht sich. Die -zigtausenden (ja, so viele sind wir!) streikenden Kolleginnen und Kollegen sollten den Dienstversehenden die an diesem Tag erzielten Umsätze nicht neiden, der zu erwartende Stress der "Versorgenden" sollte wie der Verdienstausfall der Streikenden und Demonstrierenden als Investition in die Zukunft gesehen werden. Utopie? Wahrscheinlich. Aber man darf ja mal träumen
Ich kann nur allen Kollegen und Kolleginnen raten, darüber hinaus ihre MdB‘s persönlich anzusprechen und ihre konkreten Zahlen auf den Tisch zu legen. Wir haben nichts zu verheimlichen, schon gar nichts zu verlieren. Über die AMpreisV entscheidet zwar nicht der Bundestag, aber die Abgeordneten haben schon Einfluss auf ihre Verordnungen erlassenden Minister.
Ein Wermutstropfen bremst allerdings bei mir, wie schon in meiner ganzen Berufstätigkeit, etwas meinen Kampfgeist: der Gegner sitzt nicht zuletzt in den eigenen Reihen. Solange Apotheken mit 50% und mehr Rabatt auf OTC-Preise werben, ist unsere Glaubwürdigkeit stark beeinträchtigt, nicht nur im Hinblick auf unsere Forderungen für den Fixzuschlag. Solches Gebaren stärkt nicht das Vertrauen in den verantwortungsvollen Heilberuf, sondern zeichnet ein Zerrbild in Form eines Arzneimittel verramschenden Hökers. Manche Apotheken "präsentieren" sich wie die sogenannten 1-Euro-Läden. Zum Glück ist dies aber eine kleine Minderheit, also lassen wir uns nicht entmutigen. Schließlich haben wir ja auch erfolgreich Einfluss auf die ApBetrO nehmen können. Erinnern Sie sich noch an die ersten Entwürfe? Na also, es geht doch! Allerdings fehlt noch die angemessene Honorierung der zu praktizierenden hohen Qualitätsstandards. Also: Auf nach Berlin! Und zwar alle!
DAZ 2012, Nr. 35, S. 64