Bald fünf nach zwölf?
Mit großem Interesse habe ich den Kommentar und den Bericht über den "Kooperationsgipfel" am 3. und 4. Februar 2010 in Starnberg in der DAZ gelesen, wie alle Artikel zum Thema Apothekenkooperationen, seit es diese gibt. Ich bin immer wieder erstaunt, wie sorglos mit dem Thema (leider auch in den Standesorganisationen) umgegangen wird.
Ich sehe die Apothekenkooperationen als von den Apothekern selbst ins Spiel gebrachte "Totengräber" unseres Apothekensystems von eigenverantwortlich geführten und heilberuflich ausgerichteten Apotheken, erkennbar durch das rote Apotheken-A. Der "Zauberlehrling" lässt grüßen ("Die Geister, die ich rief, ...").
Vielfach publiziertes Ziel der einzelnen Apothekenkooperation ist es, die eigene Kooperation für Kunden und Patienten im Wettbewerb erkennbar zu machen. Erkennbar durch einheitliche Außendarstellung, einheitliche Innenausstattung, einheitliches Marketing und Abverkaufsverhalten, uniform geschultes Apothekenpersonal, Anbindung an eine Systemzentrale – als Alleinstellungsmerkmal im Markt. Die Frage ist, wie unterscheidet sich eine derart präsentierte Kooperationsapotheke in der Wahrnehmung durch die Bevölkerung bzw. durch die Politik im Vergleich zu einer Filiale einer Drogerie- oder Lebensmittelkette? Wie erkennt dann zum Beispiel ein Außenstehender den Unterschied zwischen einer DocMorris-Apotheke und einer Linda-Apotheke? Ein Trugschluss wäre hier, auf das Verhalten im geregelten und einheitlichen GKV-Markt zu verweisen.
Bei jeder sich bietenden Gelegenheit wird von den Kooperations-"Machern" verkündet, wie erfolgreich ihre Kooperation ist. Die Frage ist hier nur, für wen? Für die Kooperations-"Macher" kann dies sicherlich mit Ja beantwortet werden. Ist es ihnen doch mit fortschreitender Zeit und jeder weiteren Aktivität gelungen, die Kooperationsmitglieder fester an die Kooperation zu binden oder, deutlicher gesagt, anzuketten. Für die Kooperationsmitglieder ist dies, bei der gefühlten Wahrnehmung des Erfolges und Prämisse dabei sein zu wollen bzw. zu müssen, fraglich. Niemand fragt, wie eine Apotheke aus einer Kooperation aussteigen kann, wenn sie durch Außendarstellung, Inneneinrichtung etc. zu einem uniformen Kooperations-(Ketten-)Glied geworden ist.
In diesem Zusammenhang braucht man sich nur das nachfolgende Zitat aus dem Artikel "Kooperationen haben Zukunft, aber " auf Seite 37 anzusehen: "So funktionieren Kooperationen nach seiner Meinung am besten, wenn ein sehr hoher Durchsetzungsgrad bei Aktionen und Entscheidungen besteht ("man braucht hier eine "Diktatur")". Eine "Diktatur", um selbstständige Apotheken im Interesse der Kooperationsziele (Alleinstellungsmerkmal) zu disziplinieren? Ich glaube, eine "Selbstheilung" wird es nicht geben. Notwendig sind eine intensive und schonungslose Aufklärung, sonst ist es möglicherweise bald "fünf nach zwölf".
Dr. Reinhard Giese,
Geschäftsführer des Thüringer Apothekerverbands e.V.,
Erfurt,
E-Mail: thav_ev@t-online.de