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Schwerpunkt Pharmazeutische Dienstleistungen
Damit Dienstleistungen nicht zur Kostenfalle werden – eine ökonomische Analyse
Die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen sind ein zentraler Inhalt im Kabinettsentwurf zum VOASG. Bisher ist aber ungeklärt, welche Leistungen genau erbracht und wie die Apotheken für die einzelnen Leistungen honoriert werden sollen. Doch davon wird abhängen, ob die neuen Leistungen für die Apotheken überhaupt wirtschaftlich tragfähig werden. Dies zeigt eine ökonomische Analyse in der DAZ 38. Hier die wichtigsten Ergebnisse daraus.
Im Kabinettsentwurf für VOASG ist ein neuer Zuschlag von 20 Cent pro Rx-Fertigarzneimittelpackung für einen Fonds zur Finanzierung pharmazeutischer Dienstleistungen vorgesehen. Ausgehend von den Erfahrungen mit dem Notdienstfonds wird dies jährlich 144 Millionen Euro einbringen. Das sind etwa 7.500 Euro pro Durchschnittsapotheke. Dies ist kein zusätzlicher Gewinn, weil neue Leistungen neue Kosten verursachen. Als betriebswirtschaftliche Vergleichsgröße bietet sich der Rohertrag an. Dieser beträgt durchschnittlich etwa 570.000 Euro pro Apotheke und würde um etwa 1,3 Prozent steigen. Dies kompensiert keine Einbußen an anderer Stelle. Dies passt auch nicht zu der kürzlich diskutierten These, mit dem VOASG werde den Apothekern der Verzicht auf das Rx-Versandverbot „abgekauft“. Denn eine Gegenleistung ist nicht erkennbar.
Vermutlich werden weniger als 144 Millionen Euro jährlich verteilt, weil ein Teil der Mittel zur Entwicklung technischer Hilfen für künftige Dienstleistungen verwendet werden könnte. Dies wurde bereits mehrfach gefordert.
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Wirtschaftlich vorteilhaft: Honorierung etablierter Leistungen
Bei dem Geld, das tatsächlich zur Ausschüttung kommt, ist zu unterscheiden, ob damit bereits etablierte, ohnehin erbrachte oder ganz neue Leistungen honoriert werden. Gemäß der Begründung zum Kabinettsentwurf für das VOASG müssen die honorierten Leistungen „über die bestehenden Informations- und Beratungsverpflichtungen hinausgehen“. Doch zugleich wird im Kabinettsentwurf der besondere Betreuungsbedarf bei bestimmten Erkrankungen und bei körperlichen oder kognitiven Einschränkungen erwähnt. Ausführliche Beratungen in solchen Situationen finden seit jeher in Apotheken statt. Daher sollten zumindest einige solcher Leistungen künftig honoriert werden. Dies käme allen Apotheken zugute und würde praktisch wie eine Honorarerhöhung wirken. Wenn ein Drittel des verfügbaren Betrags für solche Leistungen aufgewendet würde, ergäbe dies durchschnittlich 2.500 Euro pro Apotheke und Jahr. Dies wären etwa 0,6 Prozent der Kosten einer Durchschnittsapotheke, also nicht einmal der Inflationsausgleich für ein Jahr.
Für die Apotheker ergibt sich daraus ein Dilemma: Je mehr Geld in bereits etablierte Leistungen fließt, umso mehr profitieren die Apotheken wirtschaftlich. Doch damit bleibt umso weniger Geld für die neuen Leistungen, die so große berufspolitische Erwartungen auslösen.
Mögliche honorierungsfähige Leistungen
Aus den bisherigen Diskussionen ergeben sich bereits einige wichtige Kandidaten für honorierungsfähige Leistungen. Dies sind beispielsweise
- die Erstellung des E-Medikation-Plans,
- die patientenindividuelle Verblisterung und
- das Honorar für die Nicht-Abgabe bei Doppelverordnungen.
Wenn das Honorar für diese Leistungen aus dem Dienstleistungsfonds entnommen wird, bleibt weniger Geld für andere Leistungen, insbesondere für die berufspolitisch betonten Medikationsanalysen.
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Kalkulation mit Vollkostenrechnung
Wenn die Art der Leistungen geklärt ist, muss das Honorar festgelegt werden. Dafür reicht es nicht aus, neue Leistungen mit Teilkosten zu bepreisen, also nur die Personalkosten zu berechnen. Denn die neuen Leistungen sind als künftiges zusätzliches wirtschaftliches Standbein für die Apotheken gedacht. Dann müssen sie einen Beitrag zur Finanzierung der Apothekeninfrastruktur leisten. Damit ist eine Vollkostenrechnung nötig. Diese ergibt 1,69 Euro pro Arbeitsminute für Apotheker (siehe „Wie verteilt man 240 Millionen Euro?“, DAZ 2019, Nr. 8, S. 26 ff.). Im ARMIN-Modell wird offenbar mit 1 Euro pro Minute kalkuliert. Der Korridor zwischen diesen beiden Werten ergibt einen angemessenen Verhandlungsspielraum. Wenn von den insgesamt 144 Millionen Euro pro Jahr 50 Millionen Euro für wirklich neue Leistungen verwendet werden, ergibt dies etwa 493.000 bis 833.000 Apothekerstunden pro Jahr. Dann könnte eine Apotheke durchschnittlich 26 Mal pro Jahr eine einstündige Leistung für jeweils 101 Euro erbringen – oder 43 Mal für 60 Euro, falls zum ARMIN-Satz abgerechnet wird. Dafür wären etwa 300 beziehungsweise 500 zusätzliche Vollzeit-Apotheker nötig, oder Teilzeit-Apotheker müssten ihre Arbeitszeit entsprechend erhöhen.
Kostenfalle für Apotheken droht
Das VOASG soll allerdings einen Anspruch der Versicherten auf pharmazeutische Dienstleistungen durch Apotheken begründen. Dem steht ein sehr begrenztes Budget gegenüber. Die Ansprüche müssen daher durch die Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und den Apotheken so reguliert werden, dass die Patienten zu ihrem Recht kommen, ohne die Apotheken in den Ruin zu treiben. Wenn zu viele Patienten die Leistungen nachfragen und die Finanzmittel nicht ausreichen, könnten die Apotheken gezwungen sein, die Leistungen nicht kostendeckend anzubieten. Damit entstünde ein zusätzliches betriebswirtschaftliches Problem für die Apotheken, während die Anpassung des Festzuschlags für Rx-Arzneimittel weiter aussteht.
So ergibt sich ein weiteres Dilemma für die Apotheker: Wenn die neuen pharmazeutischen Leistungen so hilfreich sind, wie die Apotheker erwarten, wird die Nachfrage sehr groß. Doch aus einem so eng begrenzten Budget könnten die Apotheken dies nicht finanzieren. Sie würden dann zu Opfern des eigenen Erfolgs.
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Steuerung der Patientenansprüche nötig
Darum muss die Nachfrage nach den neuen Leistungen gesteuert oder begrenzt werden. Beispielsweise könnten die Leistungen ärztlich verordnet oder durch die Krankenkassen veranlasst werden, idealerweise in Verbindung mit einer Zielvereinbarung über eine angemessene Zahl der Leistungen. Eine Alternative wäre eine bewusst sehr eng gefasste Definition der Anspruchsberechtigten. Bei sehr geringer Nachfrage könnte der Kreis der Berechtigten erweitert werden. In jeden Fall ist das Augenmaß der Vertragspartner gefragt. Doch selbst bei bestem Willen stehen die Vertragspartner vor einer großen Herausforderung. Denn es gibt kaum Erfahrungswerte über die Nachfrage nach den neuen Leistungen.
4 Kommentare
Klimaschutz? oder doch lieber Felle retten.
von Bernd JAs am 20.09.2019 um 9:47 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
mein Eindruck
von Karl Friedrich Müller am 20.09.2019 um 9:10 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: mein Eindruck
von Karl Friedrich Müller am 20.09.2019 um 9:26 Uhr
AW: mein Eindruck
von Dirk Krüger am 20.09.2019 um 10:03 Uhr
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