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ABDA will kein „Monopoly-Spiel im Apothekenwesen“

Gespräche mit Lauterbach / Overwiening wendet sich in Brief an Apothekerschaft

mik | ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) übten sich nach ihrem Gespräch am Freitag vergangener Woche noch in Zurückhaltung: Von der Standesvertretung hieß es im Anschluss, es habe eine „intensive Gesprächsatmosphäre“ gegeben, und man habe den Minister nochmals „eindringlich darauf hingewiesen“, dass die Apotheken unter enormem Druck stünden. Lauterbach schrieb am Freitag auf dem Kurznachrichtendienst „X“, es sei ein „gutes Gespräch“ gewesen, auch wenn bei den Honorarvorstellungen „Konflikte“ blieben.

Die zentralen Themen der Gespräche sind laut ABDA die strukturelle Unterfinanzierung der Apotheken sowie die flächendeckende Versorgung gewesen. Man habe Lauterbach klar aufgezeigt, dass die Apothekenzahl weiter sinken werde – bis zu 600 Apotheken könnten alleine in diesem Jahr nicht nur in strukturschwachen Regionen, sondern auch in den Städten wegfallen. „Wir haben daran er­innert, dass die Apothekenteams im Auftrag der Politik zuletzt immer mehr Aufgaben übernommen haben und ohne diesen Einsatz der Apotheken schon längst die Versorgung zusammengebrochen wäre. Vor diesem Hintergrund haben wir die finanzielle Stärkung aller Apotheken erneut eingefordert.“

Gegenüber den jüngsten Plänen aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) positionierte sich die ABDA deutlich: Es gibt mit den gesetzlichen Vorgaben zu Zweigapotheken bereits Bestimmungen zu Apothekengründungen in unterversorgten Regionen. Darüber hinaus würden „Filialapotheken ohne Apothekerinnen und Apotheker, ohne Notdienste und ohne Rezepturen“ zu einer schlech­teren Gesundheitsversorgung führen. Lauterbach wolle die Argumente zu Zweig- und Filialgründungen prüfen, hieß es von der ABDA.

Foto: DAZ/A. Schelbert

Lassen Sie uns gemeinsam den Marathon laufen! ABDA-Präsidentin Overwiening schwört die Apothekerschaft ein (wie hier im Bild schon auf dem DAT).

„Apothekenpolitischer Marathonlauf“

Das scheint ein kleiner Erfolg zu sein. Aber offenbar geht die ABDA nicht davon aus, dass sich der Minister ihre Argumente ohne Weiteres zu Herzen nimmt und ihm daher etwas auf die Sprünge geholfen werden muss: Overwiening schwor die Apothekerschaft bereits am Montag in einem Brief auf einen „apothekenpolitischen Marathonlauf“ ein – und ließ weitere Details aus dem Gespräch mit Lauterbach durchscheinen.

So plane der Minister offensichtlich, „seine Apothekenpläne in einem eigenständigen Gesetz umzusetzen“. Damit stünde der Apothekerschaft in den kommenden Monaten „ein gesamtes Gesetzgebungsverfahren ins Haus – mit Anhörungen, Stellungnahmen sowie mehreren Lesungen und Beratungen im Bundestag und Bundesrat“.

„Ideologisches Taktieren“

Mit Blick auf die Pläne des BMG wurde Overwienings Ton noch mal schärfer. Sie bezeichnete sie als „Monopoly-Spiel im Apothekenwesen“, das man als „ideologisches Taktieren gegen die heilberuflich geführte Apotheke vor Ort enttarnen“ wolle – es handle sich um eine „zerstörerische Strukturreform des Apothekenwesens“. Die Menschen „brauchen die wohnortnahe und verbindliche Arzneimittelberatung, sie brauchen die niedrigschwellige Expertise der Apothekerinnen und Apotheker und sie brauchen ein flächendeckendes, stabiles und leistungsstarkes Netz an Apotheken vor Ort, am Tag wie in der Nacht“.

Dabei gehe das Bundesgesundheits­ministerium fälschlicherweise davon aus, dass es für Inhaberinnen und Inhaber durch die angestrebte Deregulierung attraktiver werde, neue Filialen zu eröffnen. Anstatt das Fixhonorar zu erhöhen und so die „chronische Unterfinanzierung der Apotheken“ zu beenden, wolle das BMG „eine Honorar-Reform realisieren, die nur einzelne begünstigen und viele zusätzlich belasten würde“.

Der Rhythmus des Protests

Die Kommunikationsmaßnahmen werden – wie schon im Juni mit Blick auf das Engpassbekämpfungsgesetz – ab jetzt an den Rhythmus des anstehenden Gesetzgebungsverfahrens angepasst. Je nach Stand der politischen Beratungen werde die ABDA „recht­zeitig die nächsten Kommunikationsschritte bekannt geben“. Da es noch in diesem Herbst einen ersten Entwurf geben könnte, sei der Protestmonat November sehr wichtig, so Overwiening. Man müsse der Bevölkerung, Medien und auch der Politik zeigen, dass man für die Arzneimittelversorgung durch die Apotheken vor Ort kämpfe: „Wenn es uns gelingt, an den vier angestrebten Protest-Terminen ein starkes Signal auszusenden, werden wir die dann folgenden Phasen des Gesetzgebungsverfahrens gestärkt bestreiten können.“

Overwiening versicherte der Apothekerschaft nun, dass man in den kommenden Wochen und Monaten nicht nur für die wirtschaftliche Stabilisierung der Apotheken weiterkämpfen werde, sondern auch gegenüber der Politik und in der Öffentlichkeit „auf die Gefahren der Lauterbach’schen Pläne hinweisen“ wolle.

In diesem Zusammenhang rief die ABDA-Präsidentin dazu auf, in den Austausch mit Bundestagsabgeordneten in der jeweiligen Region zu treten. Gleichzeitig warb sie aber auch um Vertrauen in die Standesvertretung: „Lassen Sie uns diesen Marathon gemeinsam bestreiten.“ Man habe bereits im Juni bewiesen, dass man geschlossen agieren könne. „Nur so können wir verhindern, dass die Politik Spaltpilze in die Apothekerschaft setzt und dadurch einen Keil zwischen uns treibt“, so Overwiening.

Bundespressekonferenz mit ABDA, KBV und KZBV

Zusammenstehen heißt es jetzt allerdings nicht nur innerhalb der Apothekerschaft. Schließlich gehen auch andere Gruppen von Heilberuflerinnen und Heilberuflern gegen die Politik der Regierung auf die Straßen. Dieses Rumoren ist auch nicht der Hauptstadtpresse entgangen. An diesem Donnerstag wird die ABDA-Präsidentin gemeinsam mit den Vorstandschefs der Kassenärztlichen und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KBV und KZBV), Andreas Gassen und Martin Hendges in der Bundespressekonferenz reden. Der Verein von Parlamentskorrespondentinnen und -korrespondenten lud sie ein, um über die Situation der drei freiberuflichen Heilberufe zu sprechen. Man darf gespannt sein, was ABDA, KBV und KZBV den Journalistinnen und Journalisten erzählen werden. Welche Unterschiede und auch Gemeinsamkeiten werden sich in den jeweiligen Perspektiven auf die Krise im Gesundheitswesen zeigen? Und: Werden die Heilberufe im Protest weiter zusammenrücken? |

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