Erste Leitlinie zu nicht-hormonellen Kontrazeptiva erschienen

Hormonfrei verhüten

Stuttgart - 27.03.2024, 10:45 Uhr

Immer mehr Frauen wünschen sich hormonfreie Methoden zur Empfängnisverhütung. (Foto: rost9/AdobeStock)

Immer mehr Frauen wünschen sich hormonfreie Methoden zur Empfängnisverhütung. (Foto: rost9/AdobeStock)


„Kondom löst Pille als Verhütungsmittel Nummer eins ab“ titelte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im November 2023. Laut einer Umfrage verwendeten im vergangenen Jahr 38% der befragten Erwachsenen die „Pille“, 53% das Kondom als Kontrazeptivum [2]. Dies spiegelt die zunehmende Skepsis vieler Frauen gegenüber hormonellen Kontrazeptiva wider. Die erstmals erschienene S2k-Leit­linie „Nicht-hormonelle Empfängnisverhütung“ der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) fasst das Fachwissen zur nicht-hormonellen Kontrazeption zusammen und kann auch für die Beratung in der Apotheke hilfreich sein [1].

Die Auswahl einer Verhütungsmethode richtet sich nach verschiedenen Kriterien:

  • der Effektivität (also wie sicher eine Schwangerschaft ver­hütet wird),
  • der Reversibilität im Falle eines zukünftigen Kinder­­wunsches,
  • möglichen Nebenwirkungen,
  • der Verfügbarkeit und
  • der Akzeptanz (die reduziert wird, wenn Sexualität und Libido durch die Kontrazeption eingeschränkt werden).

Welches Kriterium dabei die größte Bedeutung hat, ändert sich im Laufe des Lebens, sodass sich auch die optimale Methode zur Kontrazeption ändern kann. Es gibt also kein allgemeingültiges Ranking der Methoden, sondern jedes Paar beziehungsweise jede Frau muss individuell beraten werden.

Effektivität neu bewertet

Anstelle des altgedienten Pearl-Index, der den Leitlinien­autoren zufolge nicht mehr verwendet werden sollte, unterscheiden die Autoren nun zwei Parameter, um die Effektivität von Methoden zur Empfängnisverhütung zu definieren:

  • Die Methodensicherheit, bestimmt nach der Perfect use-Methode von Trussell, gibt an, wie viele Frauen in % trotz fehlerfreier Anwendung einer Verhütungsmethode schwanger werden (bezogen auf 13 Zyklen, also ein Jahr).
  • Die Gebrauchssicherheit stellt dagegen dar, wie viele Schwangerschaften bei Anwendung inklusive möglicher Anwendungsfehler (typical use) auftreten. Sie wird beeinflusst durch die Kompliziertheit der Methode, den Informationsgrad sowie die Motivation der Paare. Die ermittelten Werte sind entsprechend breiter gestreut.

Die Datenlage zur Effektivität nicht-hormoneller Empfängnisverhütungmethoden ist sehr begrenzt. In Tabelle 1 sind verschiedene Techniken mit ihrer Methoden- und Gebrauchssicherheit aufgeführt.

Tab. 1: Effektivität nicht-hormoneller kontrazeptiver Methoden Die Zahlen geben an, wie viele Frauen in % im ersten Anwendungsjahr einer Methode ungewollt schwanger werden. Zum Vergleich: ohne Kontrazeption werden 85% der Frauen schwanger (nach [1]).
MethodeMethoden­sicherheitGebrauchssicherheit
natürliche Familien­planung nach Sensiplan

0,4

1,8 bis 2,3

Kondom (Männer)

2

13

Frauenkondom

5

21

Diaphragma

4 bis 14

12 bis 18

Kupfer-IUP mit > 300 mm2 Oberfläche

keine Angabe

0,1 bis 1

Kondome auch für die Frau

Barrieremethoden umfassen alle reversiblen Verhütungsmethoden, die ein Zusammentreffen von Spermien und Eizelle verhindern. Mit Abstand am gängigsten ist das Kondom für den Mann, zu dessen richtiger Anwendung es jedoch kaum Informationen in der medizinischen Fachliteratur gibt. Die Leitlinie holt dies nun nach (s. Kasten „Beratung zu Kondomen“) und fordert die verstärkte Vermittlung entsprechender Inhalte in der Fort- und Weiterbildung von Ärzten – dies ist sicher auch für Apothekenpersonal sinnvoll.

Abb. 1: Kondome für Männer (links) und Frauen (rechts) (Foto: Dimid / Adobe Stock)

Deutlich unbekannter und meist auch nicht in der Drogerie erhältlich sind Frauenkondome; auch interne Kondome, innere Kondome, oder – nach dem Markennamen des ersten Frauenkondoms – Femidom genannt (s. Abb. 1). Sowohl das „Original“, Femidom FC2, als auch andere Modelle wie das Uniq AirFemale Frauenkondom, Ormelle Frauenkondome, Velvet Frauenkondome sowie ausgefallene Exemplare wie das „Binikimodell“ Loovara Femidom oder der „Kondomslip“ Uniq Lady Condom können den apothekenüblichen Waren zugeordnet werden. Frauenkondome sind die einzige von Frauen anzuwendende Verhütungsmethode, die gleichzeitig vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützt. Am offenen Ende des schlauchförmigen Kondoms befindet sich ein biegsamer Ring, der außerhalb der Vagina vor den großen Schamlippen platziert wird, am geschlossenen Ende ebenfalls ein Ring oder eine Art kleiner Ballon („AirBubble“), die das Einführen erleichtern und das Kondom in Position halten. Das Einführen kann bis zu acht Stunden vor dem Geschlechtsverkehr erfolgen, dabei sollte sowohl innen als auch außen großzügig Gleitgel auf­getragen werden.

Beratung zu Kondomen

  • Die richtige Größe muss individuell ermittelt werden, erhältlich sind Breiten von 47 bis 69 mm. Zur Bestimmung eignet sich das „Kondometer“ [3] oder ähnliche Skalen, die kostenlos in der Apotheke mitgegeben werden können.
  • Die Lagerung sollte vor Sonneneinstrahlung, Hitze und Reibung geschützt erfolgen (also nicht dauerhaft im Auto, im Bad oder im Geldbeutel).
  • Bei Verwendung eines Gleitgels ist auf die Materialverträglichkeit zu achten.
  • Kein Gleitgel zwischen Penis und Kondom auftragen, um ein Abrutschen zu verhindern.
  • Bei Abgabe von Latexkondomen Allergien aus­schließen.
  • Zur korrekten Handhabung kann auf Beratungsseiten wie www.familienplanung.de oder www.profamilia.de verwiesen werden.
  • Nach Abrutschen, Reißen oder anderen Problemen während des Geschlechtsverkehrs an Notfall­kontrazeption denken.

Vorsicht bei der Wahl des Gleitgels

Sowohl Männer- als auch Frauenkondome können durch Benutzung eines falschen Gleitgels porös werden und ihre Barrierefunktion verlieren. Lipid-haltige Zubereitungen (also sowohl Oleogele als auch Cremes) dürfen nicht mit Latexkondomen verwendet werden. Gleitgele auf Silikonbasis greifen Silikon an, aus dem zum Beispiel häufig Diaphragmen hergestellt werden. Klassische Gleitgele werden sicher – von „Notfällen“ im Nachtdienst abgesehen – eher in Drogerien gekauft. Doch auch Medizinprodukte gegen Scheidentrockenheit, die z. B. in der Beratung zu Wechseljahresbeschwerden passende Zusatzempfehlungen sind, können als Gleitmittel zur Erleichterung des Geschlechtsverkehrs eingesetzt werden. Tabelle 2 gibt einen Überblick über gängige Präparate und ihren für die Anwendung mit Kondomen relevanten galenischen Eigenschaften.

Tab. 2: Auswahl von Medizinprodukten gegen Scheidentrockenheit, die auch als Gleitmittel verwendet werden können. Oleogele und Cremes dürfen aufgrund ihres Lipidgehalts nicht mit Frauen- oder Männerkondomen aus Latex verwendet werden. (Quelle: Lauer-Taxe und Informationen der Hersteller)
Medizinproduktgalenische EinordnungHinweise des Herstellers
Gynofit® VaginalgelHydrogelkann zusammen mit Kondomen verwendet werden
Hyalofemme® VaginalgelHydrogelkann zusammen mit Kondomen oder Diaphragmen angewendet werden
KadeHydro® BefeuchtungsgelHydrogelbeeinträchtigt nicht die Sicherheit von Kondomen (Naturkautschuklatex)
Multigyn® LiquigelHydrogelVerwendung nur mit latexfreien Kondomen aus Polyisopren
Lactofem® FeuchtcremeCremegenerell nicht mit Kondomen zu verwenden
Remifemin® FeuchtcremeCremenur mit latexfreien Kondomen zu werden
Vagisan FeuchtcremeCremekann die Sicherheit von Kondomen allgemein beeinträchtigen
Gynomunal® VaginalgelHydrogel mit Liposomenkann mit Kondomen aus Naturlatex und Polyisopren verwendet werden, jedoch nicht mit Polyurethan-Kondomen
Deumavan® intimSalbe (wasserfrei)vor und nach dem Geschlechtsverkehr auf den äußeren Intimbereich auftragen; verträglich mit Polyurethan, nicht mit Latexkondomen

Diaphragma ...

Eine weitere Barrieremethode ist das Diaphragma, das jedoch keinen Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten bietet. Im Gegensatz zu Kondomen kann es je nach Nutzungshäufigkeit bis zu zwei Jahre verwendet werden. Wichtig sind die gründliche Reinigung und Trocknung nach jedem Gebrauch. Die Silikonschale wird so in den hinteren Teil der Scheide eingesetzt, dass sie den Weg zur Cervix verschließt (s. Abb. 2). Dort muss sie bis mindestens sechs Stunden nach dem Geschlechtsverkehr verbleiben. Die maximale Tragedauer beträgt 24 bis 30 Stunden. Da es bei eingesetztem Diaphragma – wenn auch mit minimaler Inzidenz – zu einem Toxic-Shock-Syndrom kommen kann, sollte die Tragedauer auf ein Minimum begrenzt und Diaphragmen nicht während der Menstruation benutzt werden.

... nur mit Gel

Diaphragmen sollten immer mit einem spermienhemmenden Gel verwendet werden. In der Apotheke erhältlich sind zum Beispiel Caya® Diaphragm Gel oder Contragel® grün. Die beiden milchsäurehaltigen Hydrogele reduzieren die Beweglichkeit der Spermien. Gleichzeitig können sie als Gleitgele eingesetzt werden. Die Leitlinie führt zwei Diaphragmen auf, die aktuell in Deutschland erhältlich sind: Caya®, ein ovales One-Size-Diaphragma, und Singa®, das in verschiedenen Größen zur Wahl steht. Auch wenn ein Diaphragma verschreibungsfrei beziehbar ist, empfehlen die Autoren dringend, dass die Auswahl sowie die Einweisung in die korrekte Handhabung in einer Beratungsstelle oder Arztpraxis stattfinden. Nach einer Schwangerschaft oder einer Gewichtsveränderung von mehr als fünf Kilogramm sollte die Größe neu angepasst werden.

Abb. 2: Ein korrekt eingesetztes Diaphragma schützt den Muttermund vor eindringenden Spermien [5].

Körpersignale deuten lernen

Ausführlich beschäftigt sich die Leitlinie mit den Methoden der natürlichen Familienplanung (NFP). Dabei handelt es sich um die Beobachtung von hormonabhängigen Zyklusparametern, mit deren Hilfe eine Schwangerschaft vermieden oder – bei bestehendem Kinderwunsch – auch geplant werden kann. Die fruchtbaren Tage der Anwenderin werden dabei über mindestens zwei Parameter bestimmt – die „Kalendermethode“, bei der nur anhand der Daten vergangener Blutungen ein Eisprung berechnet wird, oder die alleinige Messung der Basaltemperatur sind nach Aus­sagen der Leitlinienautoren nicht ausreichend. Auch für die Interpretation der gewonnenen Daten gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen. Die Leitlinie rät dazu, eine zuverlässige Methode mit standardisierter Beratung der Anwenderin zu wählen. Die Gebrauchssicherheit der Methode hängt dabei stark vom Sexualverhalten der Frau bzw. des Paares im fertilen Fenster rund um den Eisprung ab. Optimal sollte in diesen Tagen auf Geschlechtsverkehr verzichtet, alternativ Barrieremethoden angewendet werden.

Natürliche Familienplanung: validierte Methoden

Die am besten untersuchte und validierte Variante der natürlichen Familienplanung ist laut Leitlinie die symptothermale Methode nach Sensiplan (www.sensiplan.de). Koordiniert von der Arbeitsgruppe NFP der Malteser Gesundheitsförderung und Prävention bietet hier ein Netzwerk von Beraterinnen eine standardisierte Beratung zum Erlernen der Methode an. Nach dem Prinzip der doppelten Kontrolle muss der Eisprung immer durch zwei Parameter bestätigt werden, die als unfruchtbar deklarierten Tage beginnen immer nach dem Parameter, bei dem dies später erfolgt. In der Regel wird der Zyklusverlauf durch Messung der Basaltemperatur (s. Kasten „Messung der Basaltemperatur“ und Tabelle 3) und die Untersuchung des Zervixschleims verfolgt. Die Zervix (Gebärmutterhals) produziert zu Beginn des Zyklus nur wenig, rund um den Eisprung dagegen viel flüssig-glasigen „spinnbaren“ (fadenziehenden) Schleim, der im weiteren Verlauf cremiger, fester, oder klumpiger wird. Der Zervixschleim wird dabei nicht am Muttermund selbst, sondern am Scheidenausgang untersucht, wo er mit zunehmender Verflüssigung austritt. Alternativ kann die Frau den Gebärmutterhals ertasten. Er ist zu Beginn des Zyklus fest geschlossen und ragt in die Scheide hinein, zum Eisprung hin wird er weich, öffnet sich leicht und ist nach hinten gezogen.

Mehr zum Thema

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Ohne konkrete Produkte zu empfehlen, warnen die Leit­linienautoren davor, zur Auswertung der gewonnenen Daten eine der zahlreichen „Zyklus-Apps“ oder „Zyklus-Computer“ zu nutzen, ohne sie zu hinterfragen. Viele dieser Produkte seien nicht zur Kontrazeption zugelassen, sondern dienten der gezielten Fertilitätsbestimmung bei Kinderwunsch. Es sei wichtig, eine App zu wählen, die wirklich mehrere Parameter in die Auswertung mit einbezieht und die nach den Regeln einer anerkannten Methode programmiert worden sei. Die klassische Auswertung nach Sensiplan erfolgt analog auf einem Zyklus-Blatt, das auf der Webseite www.sensiplan.de zum Download steht [4].

Messung der Basaltemperatur

Zur Bestimmung des Eisprungs wird die morgendliche Aufwachtemperatur (Basaltemperatur) gemessen. Sie steigt am Tag des Eisprungs um 0,2 °C bis 0,5 °C an und bleibt bis zur Menstruation erhöht. Für eine zuverlässige Messung sind folgende Punkte zu beachten:

  • Messung vor dem Aufstehen (eine Messung zur immer gleichen Zeit wird heute nicht mehr gefordert)
  • Messung erfolgt oral, rektal oder vaginal.
  • CAVE: Alkoholgenuss am Vorabend, eine Schlafdauer unter vier Stunden oder Infekte können zu unregelmäßigen Werten führen.
  • In der Regel reichen Messungen von der Monats­blutung bis zum Eisprung, für den Rest des Zyklus sind sie nicht mehr nötig.
  • Der Temperaturanstieg ist definiert als drei erhöhte Werte in Folge, denen sechs niedrigere Werte vorausgegangen sind. Der dritte erhöhte Messwert muss dabei mindestens 0,2 °C über dem höchsten der Niedrigwerte liegen.

Verwendet werden spezielle Basalthermometer, die eine ausreichende Messgenauigkeit aufweisen. Eine Auswahl handelsüblicher Thermometer findet sich in Tabelle 3.

Tab. 3: Auswahl an Basalthermometer zur Erfassung der morgendlichen Aufwachtemperatur. Bei Basalthermometern ohne mögliche Datenübertragung ans Smartphone erfolgt die Auswertung manuell mithilfe einer Zyklustabelle oder durch manuelle Ein­gabe in eine Zyklus-App. (Quelle: Lauer-Taxe, Informationen der Hersteller)
ModellHerstellerEigenschaftenMessgenauigkeit bei Körpertemperatur
Basalthermometer ohne Möglichkeit der Datenübertragung
Basalthermometer OT 20Beurer GmbHdigitale Anzeige± 0,05 °C
Cyclotest Lady BasalthermometerUebe Medical GmbHdigitale Anzeige± 0,10 °C
Geratherm® basalGeratherm Medical AGanaloges Glas-Thermometer± 0,1 °C
Basalthermometer, deren gemessene Daten über Bluetooth, NFP o. ä. auf das Smartphone übertragen werden können
Basalthermometer OT 30 Bluetooth®Beurer GmbH

digitale Anzeige

Kompatibel mit: Ovy App

± 0,05 °C
Cyclotest mySense digitales Bluetooth-BasalthermometerUebe Medical GmbH

digitale Anzeige

Kompatibel mit: mySense-App

± 0,05 °C

SC 2161 Basalthermometer

SC 2481 Digitales Basal­thermometer

Scala Electronic GmbH

digitale Anzeige,

kompatibel mit: BBT OUcare App

± 0,10 °C
Basalthermometer mit kontinuierlicher bzw. längerfristiger Temperaturaufzeichnung
OvulaRingVivoSensMedical GmbH

Biosensor, in flexiblem Kunststoffring integriert; dauerhaftes Tragen in der Vagina

Kompatibel mit: OvulaRing App

keine Angabe
Trackle Sensor/TrackleCatch Sensorsystem mit RückholbandTrackle GmbH

Kunststoffsensor, tamponartig geformt; intravaginales Tragen über Nacht;

kompatibel mit: Trackle App

keine Angabe

Für wen sich natürliche Verhütung nicht eignet

Gleichzeitig zeigt die Leitlinie auch die Grenzen der natürlichen Familienplanung auf. So sei diese Methode nicht verwendbar für

  • sehr junge Frauen, die noch keinen regelmäßigen Zyklus haben,
  • Frauen mit Amenorrhoe,
  • Risikosituationen, z. B. bei Frauen, die teratogene Medikamente einnehmen,
  • Frauen, die Medikamente einnehmen, die zu Zyklusveränderungen führen können (Neuroleptika, Psychopharmaka)
  • Frauen mit kognitiven Einschränkungen
  • Frauen nach einer Operation an der Zervix (Schleim­beobachtung häufig nicht mehr durchführbar)

Auch bei Oligomenorrhoe ist die natürliche Familienplanung schwer umzusetzen, da das ermittelte nicht-fertile Fenster bei unregelmäßigen Zyklen sehr klein wird.

Die Leitlinienautoren sprechen sich ausdrücklich gegen die Bestimmung alternativer Parameter wie Hormontests in Urin oder Speichel, der peripheren Körpertemperatur (z. B. gemessen durch Armbänder oder Fingerringe), der nächt­lichen Pulsrate, dem CO2-Gehalt der Atemluft, dem elektrischen Widerstand von Speichel oder Vaginalsekret oder Kristallisationsphänomenen des Speichels aus. Diese Methoden seien „überwiegend als experimentell zu bewerten“.

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Hormonspiralen und das Risiko für extrauterine Schwangerschaften: Wie hängt das zusammen?

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Kupferspiralen im Fokus

Schließlich widmet sich die Leitlinie noch ausführlich den verschiedenen Varianten der Kupfer-IUP (Intrauterin-­Pessar mit Kupferdraht, auch „Kupferspirale“ genannt). Die in der Gebärmutter freigesetzten Kupferionen verhindern eine Schwangerschaft, indem sie die Beweglichkeit der Spermien reduzieren und die Einnistung einer befruchteten Ei­zelle verhindern. Kupferspiralen tauchen im Normalfall nicht in der Apotheke auf, da sie in der gynäkologischen Praxis eingesetzt werden. Einige Aspekte sollte man jedoch für die Beratung von Frauen im Hinterkopf haben:

  • Kupfer-Spiralen können auch als Notfall-Kontrazeptivum eingesetzt werden. Das Zeitfenster ist mit fünf Tagen nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr größer als das der hormonellen Notfallkontrazeptiva. Fragt in der Apotheke also eine Frau drei bis fünf Tage nach dem „Verhütungsunfall“ nach der „Pille danach“, sollte sie mit diesem Hinweis an ihren Gynäkologen verwiesen werden.
  • In den ersten Wochen nach dem Einsetzen der Kupfer­spirale besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionen des Genitaltrakts. Diese verursachen ebenso wie eine Dislokation der Spirale (Verschieben innerhalb der Gebärmutter), eine teilweise Expulsion (Austreten durch den Muttermund) und die sehr selten vorkommende Perforation der Gebärmutterschleimhaut starke Unterleibsschmerzen. Frauen, die bei liegender Kupfer-Spirale von solchen Schmerzen berichten, sind unverzüglich an den Arzt zu verweisen.
  • Bei Schwangerschaften, die trotz liegender Kupfer-Spirale eintreten, ist das Risiko für eine ektope Schwangerschaft um 18% erhöht (zum Vergleich: bei hormonhaltigen Spiralen ist das Risiko noch höher, nämlich bis zu 50%). Die Einnistung außerhalb der Gebärmutter stellt eine Gefahr für die Schwangere dar, so dass diese Frauen ebenfalls unverzüglich zum Gynäkologen geschickt werden müssen. |

Literatur

[1] S2k-Leitlinie „Nicht-hormonelle Empfängnisverhütung“ der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) und der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG), AWMF-Registernummer 015/095, Stand Dezember 2023, register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-095

[2] Pressemeldung der BZgA vom 16. November 2023, www.bzga.de/aktuelles/2023-11-16-kondom-loest-pille-als-verhuetungsmittel-nummer-eins-ab/

[3] Kondometer: Bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erhältliche Skala zur Bestimmung der Kondomgröße. Bestellbar unter shop.bzga.de/kondometer-70520001/

[4] Zyklusblatt für die Sensiplan-Methode: www.sensiplan.de/de/wie-fange-ich-an/das-zyklusblatt

[5] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA): Das Diaphragma. www.familienplanung.de/verhuetung/verhuetungsmethoden/diaphragma-co/diaphragma


Dr. Sabine Werner, Apothekerin und Redakteurin
readktion@daz.online


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