Umfrage zum Gesundheitssystem

Es geht ums Geld, nicht den Patienten

Berlin - 08.10.2014, 11:20 Uhr


Viele Patienten sehen den Zustand des Gesundheitssystems in Deutschland kritisch und ärgern sich über die mangelnde Patientenorientierung der Verantwortlichen. Die große Mehrheit findet laut einer aktuellen Umfrage, dass das deutsche Gesundheitssystem krank ist und dringend reformiert werden sollte. Besonders kritisiert werden der enorme Zeitdruck, die mangelnde Transparenz sowie die Zweiklassengesellschaft in Arztpraxen oder Krankenhäusern.

Viele Patienten fühlen sich laut der Umfrage offenbar nur noch als Nummer im System: Es gehe dem Personal in Praxen und Kliniken nicht mehr darum, dass sich Patienten gut behandelt fühlten, monieren 59 Prozent der Befragten. Es drehe sich nur noch um das große Geld (78%), und die Ärzte hätten daher kaum Zeit für die Probleme der Patienten, kritisieren 67 Prozent. 68 Prozent der Befragten haben im Krankheitsfall Angst vor den intransparenten Strukturen und der unklaren Qualität der Behandlung.

Inzwischen machen sich daher 62 Prozent selbst über Krankheiten schlau und vertrauen dem Arzt nicht mehr blind. Viele sind außerdem überzeugt, dass es eine gute Behandlung hierzulande nur noch mit einer Zusatzversicherung oder als Privatpatient gibt (65%). Zudem haben 72 Prozent nicht das Gefühl, dass Ärzte untereinander wirklich zusammenarbeiten – viele Untersuchungen werden ihrer Meinung nach doppelt und dreifach gemacht, insbesondere bei chronischen Krankheiten.

„Wir sehen seit Jahren eine Entmenschlichung des Systems“, erklärt der Markenexperte Felix Stöckle zu den Ergebnissen. Die ständige Prozessoptimierung erhöhe zwar die Effizienz von Praxen und Kliniken, führe aber dazu, dass Patienten oft „unter fabrikartigen Bedingungen durch die Strukturen geschleust werden“. Zuweilen schimmere bei vielen Ärzten noch „der Halbgott in Weiß“ durch, der den Patienten nicht ernst nehme, meint er: „Denselben Fehler haben auch die Banker gemacht und dafür in den letzten Jahren die Quittung erhalten.“

Da Patienten heute viel selbstbestimmter agieren und insbesondere die vielfältigen Informationen im Internet für ihre Entscheidungen nutzen, hält Stöckle die Ärzte und Krankenhäuser für die Gewinner im zunehmenden Wettbewerb, die Patienten als Kunden betrachten und auch so behandeln. Positive Erfahrungen würden durch Empfehlungsmarketing im sozialen Umfeld oder auf Vergleichsportalen zu einem elementaren Erfolgsfaktor. Er ist überzeugt: Bei der konsequenten Ausrichtung an den Bedürfnissen der Patienten und deren Erlebnissen können Ärzte und Krankenhäuser noch viel von erfolgreichen Markenartiklern lernen.


Juliane Ziegler