Anhörung im Sozialausschuss

Lucha verteidigt Forderungen der Apothekerschaft

Berlin - 11.04.2024, 13:15 Uhr

Setzt sich für die Apotheken ein: Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha. (Foto: IMAGO / Chris Emil Janßen)

Setzt sich für die Apotheken ein: Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha. (Foto: IMAGO / Chris Emil Janßen)


Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) stellt sich hinter die Apotheken. Das machte er bei einer Anhörung im Sozialausschuss des Landtags am gestrigen Mittwoch deutlich. Die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums zur Apothekenreform sieht auch er kritisch. Die Krankenkassen hingegen bauen auf Lauterbachs Eckpunktepapier.

Am Mittwoch fand eine öffentliche Anhörung im Sozialausschuss des baden-württembergischen Landtags zum Thema Apothekenversorgung statt. Dabei erläuterten die Präsidentin des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg, Tatjana Zambo, sowie Kammerpräsident Martin Braun den anwesenden Abgeordneten die defizitäre Lage der Apotheken. Jürgen Graf von der AOK Baden-Württemberg sprach stellvertretend für die GKV und stellte sich in seinen Ausführungen hinter die Eckpunkte zur Apothekenreform, die das Bundesgesundheitsministerium (BMG) im Dezember vorgelegt hatte. Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) hingegen verteidigte die Forderungen der Apotheken und ging auf Distanz zu den Plänen des BMG.

Zambo fordert Soforthilfeprogramm

Verbandspräsidentin Zambo wies in ihrem Beitrag eindringlich auf das Apothekensterben und dessen Ursachen hin: sinkende Betriebserlöse trotz steigender Umsätze und fehlende Honoraranpassung, Abkopplung der Apotheken von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung. Das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs von Anfang Februar verschlimmere die Lage zusätzlich. Zwei Drittel der Apotheken seien tendenziell unterfinanziert, ein Drittel wirtschafte derzeit Abseits der Rentabilität und sei existenziell bedroht. Sie fordert eine Novellierung der Arzneimittelpreisverordnung und eine Erhöhung der Honorare sowie ein Soforthilfeprogramm. Auch Kammerpräsident Braun unterstrich diese Forderungen. Besonders deutlich bezog er Stellung gegen die Pläne des BMG zu PTA-geleiteten Apotheken. Nur auf der Grundlage eines pharmazeutischen Studiums sei eine evidenzbasierte Beratung und Betreuung der Patient:innen möglich.

GKV befürwortet Eckpunkteprogramm

Anders sehen das die Krankenkassen. Bei kaum einem anderen Thema seien sie sich so einig wie bei der Apothekenversorgung, sagte Jürgen Graf von der AOK Baden-Württemberg. Eine flächendeckende Arzneimittelversorgung könne man in Zukunft nicht allein durch die vollversorgende Apotheke vor Ort erreichen. Vielmehr bedürfe es einer „abgestuften Versorgung“ mit einem „regional flexiblen Mix an Versorgungslösungen“. Vor diesem Hintergrund bewertete Graf die Eckpunkte zur Apothekenreform als positive Richtlinie. Die „abgestufte Apotheke“ unter Leitung qualifizierter PTA mit telepharmazeutischer Anbindung befürwortete der GKV-Vertreter. Auch die vereinfachte Gründung von Zweigapotheken und die Flexibilisierung der Öffnungszeiten sind für Graf zielführende Lösungsansätze. Eine ergänzende Versorgung mit Arzneimittel-Abgabeautomaten hält er ebenfalls für denkbar.

Kritisch sieht Graf hingegen die Ausweitung der pharmazeutischen Dienstleistungen. Er warnte vor unwirtschaftlichen Doppelstrukturen in Praxen und Apotheken. Deshalb sollten hier auf regionaler Ebene Absprachen und Regelungen zwischen den Beteiligten erfolgen. Vor dem Hintergrund der auch von Verbandpräsidentin Zambo angesprochen Heterogenität der Apotheken hält Graf eine Honorarumverteilung mit dem Ziel der Homogenisierung der Apothekenfinanzen für unausweichlich. Die Vorschläge des BMG-Eckpunktepapiers zur Senkung des prozentualen Zuschlags bei gleichzeitiger Erhöhung des Fixums betrachtet er dafür als zielführend.

Lucha stellt sich hinter Apothekenforderungen

Am Schluss der Anhörung ergriff der baden-württembergische Gesundheitsminister Lucha das Wort. Er stellte sich klar hinter die Forderungen der Apothekerschaft und gegen die Pläne des BMG: „Apotheken sind keine Abgabestellen, sondern eine Schnittstelle aus den Lebenswirklichkeiten der Menschen, die zu ihnen kommen.“ Lucha machte klar, dass es nicht sein könne, dass die Apothekerinnen und Apotheker viele ihrer Leistungen nicht vergütet bekommen – sei es bei der Herstellung individueller Rezepturen oder bei der Beratung und Dokumentation.

Lucha formulierte drei wichtige „Impulse“, die zur Stabilisierung der Apotheken vor Ort beitragen sollen: 1. eine Basisvergütung, die existenzsichernd ist. 2. Entbürokratisierung 3. Schaffung unternehmerischer und organisatorischer Spielräume in der Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen. Abschließend betonte Lucha nochmals den Wert der Apotheken: „Wir hätten ohne sie die Pandemie nicht geschafft.“


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Einzelpersonen

von Stefan Haydn am 11.04.2024 um 19:02 Uhr

Für eine flächendeckende Versorgung halten die KrankenKassen den Posten im Gesundheitwesen, der sich fast schon einem "Fliegenschiß" bei den Ausgaben annähert, für zu teuer.
Mehr muß man glaube ich nicht sagen.

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