Blütenvielfalt bei Cannabis

Medizinalhanf: Welche Rolle spielt das Terpenprofil?

Berlin - 23.05.2019, 15:45 Uhr

Eigentlich erwarten Patienten, Apotheker und Ärzte, dass das Stoffprofil einer Cannabismarke über mehrere Chargen konstistent bleibt. Doch ganz so selbstverständlich ist das nicht. (Foto: imago images Zuma Press)

Eigentlich erwarten Patienten, Apotheker und Ärzte, dass das Stoffprofil einer Cannabismarke über mehrere Chargen konstistent bleibt. Doch ganz so selbstverständlich ist das nicht. (Foto: imago images Zuma Press)


Tilray konzentriert sich auf THC und CBD

Etwas klarer liegt der Fall bei den Produkten von Tilray. So ist nun bekannt, dass hinter der kürzlich eingeführten Sorte „Tilray THC 25“ verschiedene Sorten stecken – etwa wurde bei Charge 5412 ein Sativa/Indica-Hybrid namens „Pink Kush“ verwendet, Nr. 5496 entspricht der Indica-Sorte „Rockstar“ und hinter 5801 steckt der Sativatyp „Headband“.

Tilray geht mit der Sortenvarietät inzwischen offen um. So erklärt Dr. Catherine Jacobson, Vice President, Regulatory & Medical Affairs bei Tilray, gegenüber DAZ.online: „Tatsächlich sind die am besten untersuchten aktiven Wirkstoffe der Cannabis-Pflanzen THC und CBD. Hier ist der therapeutische Nutzen eindeutig wissenschaftlich belegt. Das ist auch ein Grund dafür, warum wir uns bei Tilray bei der Sortenwahl auf diese beiden Wirkstoffe konzentrieren. Natürlich wissen wir, dass die weiteren Cannabinoide und die Terpene eine Rolle spielen können, zum Beispiel dabei, wie Patienten die Wirkung von medizinischem Cannabis erleben – allerdings durchblickt die Wissenschaft noch nicht genau, welche Bedeutung sie dabei tatsächlich haben.“

Jacobson räumte ein, dass die unterschiedliche Wahrnehmung der Cannabiswirkung auf der vollständigen chemischen Zusammensetzung, inklusive der Terpene und kleineren Cannabinoide, basieren könne. Andererseits gebe es auch Hinweise, dass sich die Wirkung desselben Produkts patientenindividuell unterschiedlich entfalten könne. „Generell müssen wir noch sehr viel in die Forschung investieren, um die vielen weiteren Bestandteile der Cannabispflanze vollkommen zu verstehen“, so Jacobson.

Dingermann: Erstmal THC und CBD sauber erforschen

Auch für das deutsche BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) genügt es offenbar, wenn der THC- und CBD-Gehalt stimmt. So wurden im Vergabeverfahren für den Cannabisanbau nicht spezifische botanische Sorten, sondern drei Blütengruppen ausgeschrieben, die sich nur im Gehalt dieser beiden Cannabinoide unterscheiden.

Der Pharmazeutische Biologe, Professor Theodor Dingermann, der das BfArM unter anderem in Sachen medizinisches Cannabis beraten hat, begrüßt die Strategie der Bundesoberbehörde bei der Ausschreibung. „Beim Cannabis liegt noch vieles im Argen. Statt sauber die Effekte von THC und CBD und deren Mischungen zu erforschen, wird jetzt auf Terpenmuster abgelenkt. Die Komplexität bei Cannabis ist riesig. Sie noch weiter zu erhöhen, macht aus meiner Sicht keinen Sinn und trägt nicht dazu bei, Vertrauen in die Therapie mit Cannabis zu wecken“, betonte der Pharmazeut gegenüber DAZ.online.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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8 Kommentare

Unterschied

von Claus am 17.06.2019 um 19:29 Uhr

Ich habe den Unterschied, bei derselben Sorte. Von einer Charge zur anderen, selber bemerkt. Habe in der Apotheke gesagt, hier ist nicht das drin was draufsteht. Die Antwort war es ist eine Pflanze, demzufolge kann sich immer alles ändern.

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Prof. Dingermann

von Krankgemacht am 13.06.2019 um 12:46 Uhr

Wenn der Mann, der also das BfArM berät, jetzt ausgerechnet die Handhabe mit Cannabis vereinfachen möchte und das gute Kraut auf THC und CBD runterbrechen will, dann kann ich schon fast unterstellen, dass er auf Reinstoffextrakte aus ist, um die Pflanze wieder zu verbieten. Doch diese ist eine richtige Chemiefabrik, die durch gezielte Züchtung viele Richtungen abdecken kann. Bei anderen Medikamenten wird der Patient häufig zum "Versuchskaninchen" und muss das eine oder andere testen, bis er ein verträgliches Mittel findet. Was soll daran schlimm sein, sich durch mehrere Marihuanastrains zu testen, bis man seine Favoriten gefunden hat, wenn das bei den kleinen weißen Pillen mit teils tödlichen Nebenwirkungen der normale Alltag ist?

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Hervorragender Artkel

von Pharmixx am 04.06.2019 um 12:15 Uhr

Sehr geehrte Frau Dr. Jung!
Wie immer bei Ihnen; Hervorragend recherchiert und ohne viel Prosa auf den Punkt gebracht. Bitte weiter so.

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Verbrecher

von SourDiesel am 29.05.2019 um 19:48 Uhr

Da kann der Patient auch selbst anbauen und 24€ pro Gramm sparen! Wenn das Terpenenprofil sowieso immer unterschiedlich ist. Was ja u.a. als Grund herangezogen wurde warum Patienten nicht selbst anbauen solten. Und das obwohl in anderen Ländern das komischerweise möglich und erfolgreich ist.

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Danke

von Micha Greif am 27.05.2019 um 22:46 Uhr

Danke für diesen sehr guten Artikel! Ich verfolge das Thema bei Ihnen weiter mit großem Interesse.

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Danke

von Konopja am 24.05.2019 um 14:32 Uhr

Das ist ja fast schon ein Skandal!

So viel zum Thema Standartisierte Gleichbleibende Qualität... So wird mit der Gesundheit von Patienten gepokert...

Wie soll man als Patient und Arzt bereits bei Antragstellung die richtige Sorte angeben oder überhaupt finden, wenn schon die Produzenten nicht in der Lage sind dies zu machen.


Wie kann das geduldet werden das nicht das Produkt oder besser gesagt die Inhaltstoffe enthalten sind, welche angegeben werden? Wo ist hier nun die strenge Kontrolle die angeblich durchgeführt wird?

Unverschämtheit.

Super das sich jemand, in dem Fall CMF, mal ins Zeug gelegt hat, und nun Beweise SCHWARZ AUF WEIS hat!

Danke!!!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Danke

von dc am 23.05.2019 um 21:28 Uhr

Danke für diesen wertvollen Beitrag!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Danke

von Patient am 24.05.2019 um 7:01 Uhr

Die Ignoranz der Verantwortlichen ist nicht hinzunehmen

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