Honorar-Gutachten

Bild: Apotheker kassieren 1,1 Milliarden Euro zu viel

Berlin - 30.11.2017, 08:35 Uhr

Gutachten-Leak: Einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge ist das Apothekenhonorar zu hoch angesetzt. (Foto: DAZ)

Gutachten-Leak: Einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge ist das Apothekenhonorar zu hoch angesetzt. (Foto: DAZ)


Das ominöse Honorar-Gutachten ist weiterhin unbekannt, auch einen Veröffentlichungstermin gibt es nach wie vor nicht. Nun berichtet aber die Bild-Zeitung, dass ihr eine Version des Gutachtens vom 13. November 2017 vorliegt. Demnach sollen die Apotheker etwa 1,1 Milliarden Euro zu viel Geld erhalten.

Die Bild-Zeitung vom heutigen Donnerstag enthält eine Schlagzeile, die die Apotheker keinesfalls begeistern dürfte. Mit Bezug auf das Honorar-Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) titelt die Bild: „Apotheker kassieren 1,1 Milliarden Euro zu viel“. Die Zeitung bezieht sich auf eine Version des Gutachtens vom 13. November. Diese Version könnte inzwischen allerdings aktualisiert worden sein. Denn das Statistische Bundesamt hatte gegenüber DAZ.online bereits bestätigt, dass das BMWi ihm das Gutachten vorgelegt habe, um die Zahlen zu überprüfen. Zu welchen Schlüssen Destatis bei dieser Prüfung gekommen ist, ist bislang unbekannt.

Laut „Bild“ ist insbesondere das Fixhonorar der Apotheker zu hoch angesetzt. Die Zeitung schreibt: Der Zuschlag stehe laut Gutachten „in keinem Verhältnis zur geleisteten Arbeit“ der Apotheker. Interessant ist aber auch: Dem Bericht zufolge sollen die Pharmazeuten für Nacht- und Notdienste bislang zu wenig Geld erhalten. Gemeint ist damit die Notdienstpauschale, also die 16 Cent, die die Pharmazeuten pro abgegebener Packung extra erhalten, um sie in den Notdienstfonds abzuführen.

ABDA: Dann könnten wir den Laden dicht machen

Gegenüber DAZ.online wollte die ABDA die aktuellen Gerüchte um das Gutachten nie kommentieren, der Bild-Zeitung hat ABDA-Präsident Friedemann Schmidt nun aber ein Statement gegeben. Der ABDA-Präsident erklärt, dass die Apotheker auf 20 Prozent ihres Einkommens verzichten müssten, wenn die von Bild veröffentlichten Zahlen stimmten. Und: „Dann könnten wir den Laden dicht machen, dann gäbe es keine vernünftige Arzneimittelversorgung mehr in Deutschland.“

Wie belastbar die Zahlen aus der Bild-Zeitung sind, ist aber unklar. Nach Informationen von DAZ.online haben sich Vertreter des BMWi und des Bundesgesundheitsministeriums am gestrigen Mittwoch getroffen, um die Auswertung des Statistischen Bundesamtes zu diskutieren und zu beschließen, wann das Gutachten veröffentlicht werden soll.

Seit Wochen ist unklar, wann das Papier das Licht der Welt erblicken soll. Eigentlich war ursprünglich von September 2017 die Rede, dann wurde Mitte November als Termin angepeilt. Aber auch dieser Termin musste gerissen werden, eine BMWi-Sprecherin erklärte gegenüber DAZ.online, dass man „dieses Jahr“ noch veröffentlichen wolle.

Einige Mitgliedsorganisationen der ABDA waren zuletzt unruhig geworden und hatten eigene Vorschläge als Reaktion auf das Gutachten vorgestellt. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe hatte beispielsweise ein Modell präsentiert, nach dem die Apotheker einen Teil ihres Fixums an einen neuen Fonds abführen. Aus diesem Fonds sollen Apotheker für geleistete Dienstleistungen und Gemeinwohlaufgaben Geld schöpfen können.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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15 Kommentare

Fachkräftemangel

von Dr. Stephan Hahn am 01.12.2017 um 9:39 Uhr

Naja, wenn es so käme, blieben in Cuxhaven bei den unten angegebenen Zahlen vielleicht ein- bis zwei Apotheken übrig. Zumindest wäre der Fachkräftemangel dann schlagartig beseitigt (jedenfalls kurzfristig...)

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BMWi Gutachten

von Peter Kaiser am 01.12.2017 um 9:11 Uhr

Da hab ich einen freudschen Verschreiber eingebaut:
staatliche Stellen, verrechnen sich stattlich.

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BMWi Gutachten

von Peter Kaiser am 01.12.2017 um 8:48 Uhr

Nur nicht aufregen, wenn stattliche Stellen kalkulieren, kostet es mindestend das Doppelte bis zum 8 fachen hinterher -siehe Berliner Flughafen, Stuttgart 21 oder Elbphilharmonie.
Das bedeutet. die Apotheken müssen dann eher 2 Mrd. mehr wie jetzt bekommen. Also Ball flach halten

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Endlich

von Sven Larisch am 01.12.2017 um 8:24 Uhr

Es gibt eine Zahl und alle Beschwören das Ende der Apotheken, wie wir Sie kennen.
Pech! Für die Schlecker- Mitarbeiter hat sich auch keiner interessiert. Ebenso ging es den Quelle-Mitarbeitern.
Kein Notdienst mehr: Super- hat eh nicht eingebracht ausser dem 3 Uhr Depp, der einen wegen Nasenspray rausklingelt. Beratungsintensive Kunden (die Beratung kostet ja nichts) , die dann im Internet kaufen oder noch jammern das Kollegen im Umkreis (soweit zum Kannibalismus) es viel!! billiger haben.
8,35 abzüglich Zwangsrabatt an die GKV- man habe ich heute wieder an einer Packung Geld verdient und die GKV abgezockt! (Sarkasmus)
Gesundheit ist ein hohes Gut. Nicht zu vergleichen mit anderen Dingen. Aber wer es aus politischen (FDP u.a. seit Ulla Schmidt) oder wirtschaftlichen Gründen (Ketten, Onlineversand etc) untergraben und abschaffen will, landet hoffentlich auch mal in einer Klinik, die dann nur noch dritte Welt Standard hat oder wir machen es wie Trump: Gesundheitsversorgung wird abgeschafft- sozialverträgliches Frühableben gefördert und nur die Reichen leben länger.
Wird toll, wenn der Großteil der Hochpreiser schnell wegfällt, so als letzter Gedanke zum Welt-AIDS-Tag)- auch dies Sarkasmus oder Galgenhumor.

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Bild

von Alexander Zeitler am 01.12.2017 um 2:23 Uhr

Eigentlich hab ich keine Lust, solchen Mist zu kommentieren.
BILD sind ja die Profis oder steckt da mal wieder unser fristrierte Kollege(?) Glaeske dahinter? Der geistert auch gerade wieder durchs Netz.
Wieso hat der denn keine apotheke betrieben?

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Apotheker kassieren...

von Bernd Küsgens am 30.11.2017 um 19:15 Uhr

Hoffentlich sehen jetzt alle Apotheker, wie man in Deutschland Politik macht. Was die ABDA macht oder nicht macht,spielt bei der Entscheidung keine Rolle. Der Durchstecher sitzt im Wirtschaftsministerium oder Gesundheitsministerium. Da kann sich jeder aussuchen wo unsre wahren Freunde sitzen.
Wie sagte schon Gerhard Schröder: "Bei der Politik brauche ich BILD und die Glotze." Bei beiden sitzen die Feinde der Apotheken.

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Das Ende des RX-Versandverbotes

von Torben Schreiner am 30.11.2017 um 12:55 Uhr

Solche Meldungen brennen Sich in die Köpfe der Bevölkerung.
Das RX- Versandverbot können wir uns spätestens jetzt endgültig in die Haare schmieren.

Wer aus dem Ministerium steckte der Bild das zweifelhaft/fehlerhafte Gutachten zu? Die Antwort liegt auf der Hand.
Spätestens jetzt müsste man aggressiv reagieren.

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AW: RX-Versandverbot

von Holger am 01.12.2017 um 8:51 Uhr

ja, weil es schon immer ein Kardinalfehler des Berufsstands war, dieses Verbot KAUFMÄNNISCH zu begründen! Das fliegt "uns" jetzt um die Ohren. Wenn wir das dagegen mit der Arzneimittelsicherheit (wo kommen denn die meisten Fälschungen her???) begründet hätten, wäre das von der wirtschaftlichen Lage völlig unabhängig.

Voll daneben

von Christoph Gulde am 30.11.2017 um 12:37 Uhr

Geht es noch?
Ob 2,0 oder 1,1 Milliarden da drin steht, wenn das Apothekenhonorar um diesen Betrag gekürzt würde, braucht auf jeden Fall die häufigste aber auch die durchschnittliche Apotheke nicht mehr zu öffnen um einen Ertrag zu erwirtschaften, der ein Unternehmergehalt ermöglicht.
Das wären dann ehrenamtlich geführte Sozialunternehmen oder Apotheken, die vom Markt verschwunden sind.
Auch die Gehälter in den Apotheken sind nicht so hoch, dass hier eine Verschwendungssucht feststellbar wäre - da könnten die Personalausgaben bei den Krankenkassen mal unter die Gutachterlupe genommen werden, aber das nur nebenbei.
Also auch hier nichts wirklich abbaubar.
Insofern wäre es wirklich interessant, die Logik der Zahlen aus dem Gutachten kennenzulernen. In einem zweiten Schritt müssten dann die nichtbezahlten Leistungen der Apotheken auf den Prüfstand, vielleicht auch die Qualitätsstandards, unter denen diese Leistungen erbracht werden sollen.
Für mich ist die Dimension und die Richtung des Gutachtens so falsch, dass ich gespannt auf seinen Wahrheitsgehalt bin. Tatsache ist, dass die Apothekenleiter/innen seit Jahren noch mehr von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt sind als die Angestellten in Apotheken, aber eben auch diese. Eine spürbare Erhöhung des Fixums wäre für den mittelfristigen Bestand der Apotheke dringend geboten. Derzeit werden wir kannibalisiert. Wir leben von Zuwächsen durch Schließungen. Das mag auch noch eine Weile gehen, aber irgendwann ist der Krug zerbrochen und das Kind liegt im Brunnen.
Bestimmt absurd, aber stellen Sie sich doch mal vor:
Die Politik verpflichtet die Hersteller, ihre Medikamente auf dem Markt- oder Kirchplatz abzustellen und der informierte Patient nimmt sich, was er braucht. Klappt bestimmt und die GKV spart sich sogar die vollen 5 Milliarden Euro Apothekenhonorar und die Probleme der Krankenversicherung sind für immer gelöst. Oder? Oder eben nicht.
Preisgünstiger als mit Selbständigen im Hamsterrad wird die Organisation der Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln unter den heutigen gesetzlichen Vorgaben nicht mehr.

Fazit: Ich bin gespannt auf die Logik im Gutachten. Die kursierenden Zahlen sind in der Dimension und Richtung so daneben, dass die Mehrzahl der Apotheken sofort aufhören könnte. Einfacher Dreisatz reicht für diese Erkenntnis.

Und noch eine letzte Bemerkung zum RxVersand:
Im letzten Jahr war die Zunahme der Schließungen der Apotheken in Prozent doppelt proportional zur Zunahme des RxVersandes. Ein wahrer Turbo also, der sogar die Kannibalen frisst.

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Faktor Zeit

von Hubert Kaps am 30.11.2017 um 11:43 Uhr

Na liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt sind aus 2 Mrd. schon 1,1Mrd. geworden, jetzt müssen wir nur noch einwenig zuwarten, und dann kommt da vielleicht noch ein + davor...
Aber im Ernst, was hier abgeht, ist das allerletzte. Ich hoffe schwer, dass die ABDA gesalzene Gegengutachten in der Hinterhand hat. ( Honorarplus basierend auf Inflationsausgleich, realer Steigerung angepasst an das mittlere Lohnniveau, Umsetztungsvergütung Rabattverträge... und zwar rückwirkend für alle Jahre seit der Umstellung der AMPVerordnung). Da muss ein hoher einstelliger Mrd.Betrag stehen. Ich will hier keine Millionenforderungen mehr lesen müssen. Die anderen machen es genauso.

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AW: Faktor Zeit

von Christian Redmann am 30.11.2017 um 15:33 Uhr

"Ich hoffe schwer, dass die ABDA gesalzene Gegengutachten in der Hinterhand hat. ( Honorarplus basierend auf Inflationsausgleich, realer Steigerung angepasst an das mittlere Lohnniveau, Umsetztungsvergütung Rabattverträge... und zwar rückwirkend für alle Jahre seit der Umstellung der AMPVerordnung)"

... nicht wirklich, Herr Kollege, nicht wirklich.

AW: Forderungen

von Holger am 01.12.2017 um 9:11 Uhr

Den Vorschlag des Kollegen Gulde, unsere LEISTUNGEN in den Vordergrund zu stellen, finde ich wesentlich zielführender. Inflationsausgleich, mittleres Lohnniveau - das ist doch nur Gejammer. Und wenn wir eine Vergütung für die Umsetzung von Rabattverträgen haben wollen, müssen wir die VORHER durchsetzen, nicht ein paar Jahre später.

Monatelang gerechnet

von T. La Roche am 30.11.2017 um 10:27 Uhr

Die Ersteller des Gutachtens müssten nur eine einzige Apotheke mit durchschnittlichem Umsatz einen Tag besuchen, um festzustellen, dass ihr Gutachten mit der Realität nichts zu tun hat.
Leider haben sie nur dumme Fragen gestellt, die auch ich kopfschüttelnd beantwortet habe.

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AW: Monatelang gerechnet

von Bernd Jas am 30.11.2017 um 11:26 Uhr

Tja Tillmann,

vielleicht sollten wir da mal die Kollegin Inken Rutz zum "Winterblues oder Depression – Wie können Apotheker beraten WERDEN? zu Rate ziehen.
Schade dass die Bild nicht 5 Milliarden geschrieben hat, dann würden vielleicht endlich mal klare Verhältnisse geschaffen; wie auch immer. Der ständige Kliffhänger ist auf die Dauer unerträglich.

Laden dicht machen.

von Peter Bauer am 30.11.2017 um 9:18 Uhr

Das ist der erst Ausspruch der ABDA seit Jahren dem ich voll und ganz zustimmen kann.Ich habe kommenden Sonntag. Notdienst,da wird mir dann die Stunde vorraussichtlich mit irgendwas zwischen 9 und 10€ brutto vergütet.Mein Putzfrau bekommt mehr.Positiv ist:Immerhin liegen wir damit etwas über dem Mindestlohn.Bis vor ein paar Jahren haben wir überhaupt nichts dafür bekommen.Werden in dem Gutachten auch die nicht unerhebliche Anzahl an Patienten berücksichtigt ,die viel Zeit pro Arbeitstag beanspruchen und kein Geld bringen?Bei zwanzig Prozent minus beim Einkommen werden Schätzungsweise sämtliche Apotheken unter 2Millionen Umsatz innerhalb von 2Jahren dicht machen und mindestens 70 bis 80000Arbeitsplätze in den Apotheken wegfallen.Das wären an die 60-70%aller Apotheken in Deutschland.Ich denke,dass viele Bewohner Deutschlands in der Folge der Zugang zu Arzneimitteln abgeschnitten werden würde und drastisch ausgedrückt schlichtweg "verrecken" würden
Das wären die Folgen bei volatilen Schätzungszahlen meinerseits,wenn das tatsächlich in dem Gutachten steht und eine verantwortungslose Regierung es 1:1 umsetzen würde.

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