Weltsepsistag

Sepsis – warum auch Apothekenteams Bescheid wissen sollten

Stuttgart - 13.09.2024, 07:00 Uhr

Nach Verletzungen sollten Wunden im Auge behalten werden, um frühzeitig zu erkennen, ob sich eine Sepsis anbahnt. (Foto: Tanapat Lek,jew / Adobe Stock)

Nach Verletzungen sollten Wunden im Auge behalten werden, um frühzeitig zu erkennen, ob sich eine Sepsis anbahnt. (Foto: Tanapat Lek,jew / Adobe Stock)


Schätzungsweise einer von fünf Todesfällen weltweit ist laut Weltgesundheitsorganisation auf eine Sepsis zurückzuführen. Auch in Deutschland sterben jedes Jahr mindestens 60.000 Menschen mit oder an einer Sepsis. Dabei wären viele dieser Todesfälle vermeidbar – durch eine frühe Erkennung und Behandlung sowie durch mehr Prävention. Wissen Sie, welche Symptome auf eine Sepsis hindeuten?

Meist beginnt alles scheinbar harmlos, etwa mit einem banalen Atemwegsinfekt oder mit einer Schnittwunde. In der Regel gelingt es dem Immunsystem eingedrungene Viren, Bakterien oder Parasiten lokal unter Kontrolle zu bringen. Bei der Entstehung einer Sepsis ist dies jedoch nicht der Fall: Die Infektion wird systemisch und in der Folge weitet sich auch die Immunreaktion aus. Fatalerweise führen manche Abwehrstrategien, die auf lokaler Ebene der effektiven Erregerabwehr zuträglich sind, auf der systemischen Ebene zu massiven Kollateralschäden. So sind beispielsweise die Weitstellung von Gefäßen und eine Erhöhung der endothelialen Permeabilität in einem Entzündungsherd sinnvoll, um den Einstrom von Immunzellen zu erleichtern – auf den gesamten Organismus bezogen kann dies jedoch zu einem starken Blutdruckabfall mit resultierender Gewebehypoxie führen. Auch das Gerinnungssystem wird in der Folge aktiviert und es kann zunächst zu Thromben und sogar Nekrosen kommen. Im weiteren Verlauf der Sepsis überwiegen hingegen Einblutungen, da die Gerinnungsfaktoren verbraucht sind. 

Zusammengefasst ist es also die überschießende Reaktion des Immunsystems, die zu massiven Schäden an verschiedenen Organsystem führen kann – bis hin zum (Multi-)Organversagen.

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Dieser Anriss des Pathomechanismus macht deutlich, wie rasch Patient:innen in einen lebensbedrohlichen Zustand kommen können. Unbehandelt verläuft die Sepsis immer tödlich, aber auch unter Behandlung können nicht alle Patient:innen gerettet werden. 2013 wurden in Deutschland gemäß einer Analyse der deutschlandweiten fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik 280.000 Menschen mit einer Sepsis diagnostiziert, 68.000 starben mit oder an einer Sepsis. Das vom Gemeinsamen Bundesausschuss geförderte Projekt „SepsisWissen“ geht sogar von noch höheren Zahlen aus. Laut dem hier zur Verfügung gestellten Infomaterial sterben in Deutschland jährlich circa 100.000 der mehr als 340.000 Erkrankten. Um dies zu ändern, muss an zwei Stellschrauben gedreht werden: Da sich die Prognose bei früher Behandlung verbessert, muss eine Sepsis früher erkannt und die Prävention ausgebaut werden.

Wie wird eine Sepsis behandelt?

Eine Sepsis ist ein medizinischer Notfall, der eine intensivmedizinische Betreuung erfordert. Laut der aktuell in Überarbeitung befindlichen S3-Leitlinie kommen unter anderem Antiinfektiva, Vasopressoren wie Noradrenalin, Blutprodukte wie Erythrozytenkonzentrat, Schmerzmittel, Heparine und PPI zum Einsatz. Auch beta-1-selektive Betablocker, Hydrocortison und Natriumbicarbonat (bei Laktatazidose) werden bei entsprechender klinischer Situation verwendet. Weiterhin müssen Funktionen geschädigter Organe im Rahmen der Behandlung übernommen werden, so können eine invasive Beatmung, eine Nierenersatztherapie und eine künstliche Ernährung erforderlich sein.

An dieser Stelle bittet „SepsisWissen“ auch Apotheker:innen um Unterstützung. Diese „können hier einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz ihrer Kunden und damit zur Verringerung der Sterblichkeit durch Sepsis leisten“ ist auf der Website zu lesen. Welche Informationen sollten Apothekenteams also im Kopf haben, um sie Risikopatient:innen weiterzugeben oder im Fall der Fälle die richtige Entscheidung zu treffen?

Anzeichen einer Sepsis

Da einer Sepsis eine Infektion zugrunde liegt, sollte zunächst auf Anzeichen einer solchen – wie etwa Fieber, Schmerzen oder Atembeschwerden – geachtet werden. CAVE: Der Stellenwert von Fieber sollte hierbei nicht überschätzt werden. Auch eine nicht-fiebrige Infektion kann sich zu einer Sepsis entwickeln. Anzeichen, dass eine lokale Infektion in eine Sepsis übergeht, können sein:

  • ein noch nie gekanntes Krankheitsgefühl
  • Puls <50 oder >120/min
  • feucht-kalte/marmorierte Haut
  • extreme Schmerzen

Kommt zusätzlich noch Verwirrtheit, eine hohe Atemfrequenz (>20 Atemzüge/min) oder ein systolischer Blutdruck von <100 mmHg hinzu, ist eine Sepsis wahrscheinlich und es ist sofort ein Notruf abzusetzen. Eine interaktive Sepsis-Checkliste, in der zusätzlich zu den Symptomen auch Risikofaktoren wie sehr hohes oder sehr geringes Alter, Schwangerschaft oder negativer Impfstatus erfasst werden können, kann unter sepsischeck.de abgerufen werden.

Impfen schützt

Sepsisprävention ist im Wesentlichen Infektionsprävention. Wirksame Maßnahmen sind daher das Einhalten der Hände- und Wundhygiene sowie die konsequente Therapie von Infektionen und chronischen Erkrankungen. Einen besonderen Stellenwert haben auch Schutzimpfungen – insbesondere gegen Atemwegsinfekte. 

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Mitarbeitende in Apotheken sollten nicht nur ihren eigenen Impfstatus im Blick haben, sondern können auch ihre Kundschaft auf Schutzimpfungen aufmerksam machen und, bei entsprechender Qualifizierung, Impftermine anbieten.

Dieser Beitrag ist ursprünglich am 03.07.2023 erschienen und wurde aktualisiert.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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