Abrechnung von Erstattungsbeträgen

GKV-Spitzenverband will gesetzliche Klarstellung

Berlin - 22.11.2012, 12:22 Uhr


Der GKV-Spitzenverband zeigt sich nicht nur beim Kassenabschlag unnachgiebig. Auch was die praktische Abwicklung der Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel betrifft, positioniert er sich klar gegen alle anderen betroffenen Verbände. Er will erreichen, dass die Margen der Apotheken und Großhändler auf Grundlage des geringeren Erstattungsbetrages statt des Listenpreises berechnet werden.

Als die Herstellerverbände mit dem GKV-Spitzenverband ihre Rahmenvereinbarung nach § 130b Abs. 9 SGB V aushandelten, in der es um das Prozedere zum Erstattungsbetrag geht, schien alles klar. In der Anlage 1 zu dieser Rahmenvereinbarung findet sich eine Beispielrechnung, in der es etwa heißt: „Der Apothekenverkaufspreis ermittelt sich unabhängig vom Erstattungsbetrag auf Grundlage des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers“. Der dreiprozentige Aufschlag für die Apotheken sollte demzufolge gerade nicht auf Basis des rabattierten Preises berechnet werden, sondern auf der des Listenpreises. Auch der Verkaufspreis des Großhandels wird in der Anlage zur Rahmenvereinbarung unproblematisch auf aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers plus der Großhandelsspanne nach der Arzneimittelpreisverordnung errechnet.

Selbst wer die Rahmenvereinbarung nicht zurate zieht: Obwohl der Begriff des Erstattungsbetrages im SGB V nicht legaldefiniert wurde, war man im Gesetzgebungsverfahren doch davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber einen Unterschied machen wollte zwischen dem Listenpreis – für die Hersteller ein wichtiger Referenzpreis – und dem rabattierten Erstattungspreis. Doch nun kommt möglicherweise doch alles anders.

Nachdem der GKV-Spitzenverband im Sommer beim BMG nachfragte, welcher Preis nun maßgeblich sei, will man Apotheken- und Großhandelsspanne bzw. die Mehrwertsteuer berechnen, kam dort eine andere als Ansicht zutage. Ministerialdirektor Dr. Ulrich Orlowski antwortete, dass der zwischen GKV-Spitzenverband mit dem pharmazeutischen Hersteller vereinbarte Erstattungsbetrag Grundlage für alle weiteren Berechnungen sei. Für die Handelszuschläge ebenso wie für die Mehrwertsteuer und die Patientenzuzahlungen. Pharmaverbände und Großhandel reagierten verständnislos. Weitere Gespräche mit dem GKV-Spitzenverband führten zu keinem Ergebnis. Die vier Pharmaverbände untermauerten ihre Auffassung, dass der Listenpreis fortgelten sollte, mit einem Rechtsgutachten der Kanzlei Clifford Chance.   

Der GKV-Spitzenverband bemühte sich Ende Oktober bei einer Verhandlung zur Fortschreibung der Rahmenvereinbarung, auf eine Änderung der Rahmenvereinbarung hinzuwirken – entsprechend der Auffassung Orlowskis. Doch dies sei von den Verbänden der pharmazeutischen Unternehmer „kompromisslos abgelehnt“ worden, heißt es nun in einem neuerlichen Schreiben des GKV-Vize Johann-Magnus von Stackelberg an den Ministerialrat. Man habe in Aussicht genommen, die Verhandlungen noch bis Mitte 2013 fortzuführen – doch dass man zueinanderfindet, hält er für unwahrscheinlich. Angesichts der „anhaltenden Blockade“ aufseiten der Pharmaverbände, der Handelsstufen und der Verzeichnisdienstleister seien Zahlungsflüsse aus den Erstattungsbeträgen konfliktfrei kaum zu erwarten, heißt es im Brief. Eine gerichtliche Klärung wäre zeitnah ebenfalls nicht möglich. Daher endet Stackelberg mit einem Appell: Das Ministerium möge für eine gesetzliche Klarstellung zur abrechnungstechnischen Handhabung der Erstattungsbeträge sorgen.

Im Ministerium prüft man nun die vorgelegten Gutachten und Stellungnahmen – ob es sich wirklich veranlasst sieht, nochmals gesetzgeberisch Hand anzulegen, steht in den Sternen. Bislang wurden für neun Präparate Erstattungsbeträge ausgehandelt - für ein weiteres gibt es einen Schiedsspruch. Man darf gespannt sein, wann sie korrekt abgrechnet werden können.


Kirsten Sucker-Sket