Warnung vor gefälschten GLP-1-Präparaten

Die Zulassung von Semaglutid (Ozempic®) als Arzneimittel zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 durch die amerikanische Zulassungsbehörde FDA erfolgte 2017, gefolgt von der Zulassung in Europa und Japan in 2018. Die Zulassung zur Behandlung zur Gewichtsregulierung unter dem Namen Wegovy® kam 2020 und 2021 hinzu, ab 2023 auch für Heranwachsende ab zwölf Jahren. Zu weiteren Indikationen laufen klinische Studien. Für den Zulassungsinhaber Novo Nordisk ist das Arzneimittel ein voller Erfolg.

Das Peptid Semaglutid zählt zu den Glucagon-like-Peptide-1(GLP-1)-Rezeptoragonisten. Die Aktivierung von GLP-1-Rezeptoren in Bauchspeicheldrüse, Magen-Darm-Trakt und Gehirn steigert die Insulinsekretion und -sensitivität. Dabei bleibt das Risiko einer Unter­zuckerung gering. Die Glucagon-Sekretion und damit die endogene Synthese von Glucose in der Leber werden dagegen gesenkt. Es kommt zur Verlangsamung der Darmmotilität. In einer Mahlzeit enthaltener Zucker wird dadurch langsamer auf­genommen. Außerdem steigert Semaglutid das Sättigungsgefühl und reduziert Hunger.

Aufgrund seiner langen Halbwertszeit muss Semaglutid nur einmal wöchentlich subkutan appliziert werden. Inzwischen ist aber auch eine oral verfügbare Variante erhältlich (Rybelsus®). Nebenwirkungen betreffen häufig den Gastrointestinaltrakt. Selten kommt es zu schwereren unerwünschten Wirkungen wie der Verschlimmerung von diabetischer Retinopathie oder Pankreatitis [1 – 3].

Hohe Nachfrage, niedriges Angebot

Aufgrund der global hohen Prävalenz von Übergewicht und Diabetes scheint der potenzielle Markt für Semaglutid gigantisch. Der exzessive Off-label-Gebrauch als Lifestyle-Arzneimittel, um bequem ein paar Kilo abzuspecken, sorgte in der Vergangenheit immer wieder für Knappheiten. Besonders hiervon betroffen sind Patienten, für die das Arzneimittel eine Lebensnotwendigkeit ist und kein rein „kosmetisches Mittel“.

Semaglutid ist dabei der bekannteste GLP-1-Rezeptoragonist, die Knappheit betrifft aber auch Arzneimittel mit ähnlichen Wirkstoffen wie Liraglutid, Tirzepatid oder Dula­glutid [4]. Doch die im Vergleich zu den Produktionskapazitäten zu hohe Nachfrage sowie der vergleichsweise hohe Preis des Original-Arzneimittels treiben noch weitere Blüten. Über soziale Netzwerke und einschlägige Onlineshops werden als „GLP-1-Produkte“ gelabelte Zubereitungen als Schlankmacher vertrieben.

Betrug mit Schlankmachern

In Deutschland tauchte 2023 erstmals ein gefälschtes Ozempic®-Produkt auf. Injektions-Pens, die auf den ersten Blick den Originalen sehr ähnlich sahen, wurden auf Großhandelsebene entdeckt, gelangten aber nicht in Verbraucherhände. Bei der weiteren Untersuchung stellte sich heraus, dass es sich um umetikettierte Insulin-Pens handelte [5].

Bei gesunden Personen kann die Anwendung im schlimmsten Fall zu lebensgefährlichen Hypoglyk­ämien führen. Fälschungen gelangten auch in Großbritannien, Brasilien und den USA in Umlauf. Jüngst warnten die Schweizer Behörde Swissmedic und die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA vor neuen Entwick­lungen. So seien Präparate mit nicht deklarierten Wirkstoffen aufgetaucht.

Als Abnehmhilfen mit „natürlichen Wirkstoffen“ verkaufte Produkte enthielten tatsächlich Semaglutid. In anderen Fällen wurde Semaglutid von nicht-pharmazeutischer Qualität in Umlauf gebracht, in dem Verunreinigungen nachgewiesen wurden. Auch seien Wirkstoffe angeboten worden, die sich noch in der klinischen Entwicklung befinden und derzeit keine Zulassung haben. Häufig enthielten Verpackungen irreführende Bezeichnungen, verwendeten missbräuchlich die Logos von Zulassungsbehörden oder würden sogar erfundene Zertifizierungen verwenden [6, 7].

So erkennen Sie Fälschungen

Ein originaler Ozempic®-Pen zeigt die Dosierung in Milligramm (mg) an. Die klare Lösung des Arzneimittels kann durch ein Sichtfenster ohne Skalierung erkannt werden. Jede Verpackung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels trägt einen einmaligen Code. Darin enthalten sind Produkt-Code, Seriennummer, Chargen­bezeichnung und Verfallsdatum. Jede Verpackung ist damit ein Unikat und eindeutig identifizierbar. Das Securpharm-System erlaubt so vor Abgabe an den Patienten eine Echtheitsprüfung in der Apotheke von Arzneimitteln.

Betrieben wird Securpharm von der Deutschen Organisation für die Echtheitsprüfung von Arzneimitteln gemäß Fälschungsschutzrichtlinie 2011/62/EU. Wird ein mehrfach vergebener Code erneut gescannt, schlägt das System Alarm. Ebenso, wenn die Verpackung einen nicht vergebenen Code enthält. Ein weiterer Sicherheitsmechanismus ist der Erstöffnungsschutz.

Hinweise auf Fälschung

  • Das Produkt wird als „von einer nationalen Behörde gebilligt“ beworben oder trägt deren offizielles Logo.
  • Der Verkauf erfolgt über inoffizielle Websites oder Social-Media-Plattformen.
    Es wird behauptet, dass es zugelassenen Behandlungen überlegen ist, ohne wissenschaftliche Beweise.
  • Das Produkt ist nicht über Apotheken oder Gesundheitsdienstleister erhältlich.
  • Die Website, auf dem das Produkt angeboten wird, ist nicht mit dem gemeinsamen EU-Logo versehen oder nicht in einem nationalen Register eingetragen [7].

All die Sicherheitsmechanismen nützen aber nichts, wenn sich Menschen über fragwürdige Internetquellen selbst mit „Schlankmachern“ von unbekannter Qualität und Zusammensetzung versorgen. Hier gilt es, die Angebote besonders kritisch zu hinterfragen (s. Kasten „Hinweise auf Fälschung“). Ein Mittel sollte die Alarmglocken schrillen lassen, wenn es als „überlegen“ gegenüber zugelassenen Arzneimitteln beworben wird, es durch angebliche Zulassungsbehörden gutgeheißen wird, und wenn es nicht im Sortiment einer echten Apotheke auftaucht, sondern über Onlineshops und Facebook-Profile vertrieben wird.

Wichtig ist auch zu bedenken, dass Semaglutid nur ergänzend zu einer kalorienreduzierten Ernährung und verstärkter körperlicher Aktivität angewendet werden darf. Zwar kann die wöchentliche Anwendung des Wirkstoffs helfen, Gewicht zu verlieren. Wird das Medikament aber ohne alternative Interventionen abgesetzt, nehmen die meisten Patienten schnell wieder zu [8].

Literatur

[1] Mahapatra MK et al. Semaglutide, a glucagon like peptide-1 receptor agonist with cardiovascular benefits for management of type 2
diabetes. Rev Endocr Metab Disord. 2022 Jun;23(3):521-539
[2] Tamayo-Trujillo R et al. Molecular mechanisms of semaglutide and liraglutide as a therapeutic option for obesity. Front Nutr. 2024 Apr 29;11:1398059
[3] Zheng Z et al. Glucagon-like peptide-1 receptor: mechanisms and advances in therapy. Signal Transduct Target Ther. 2024 Sep 18;9(1):234
[4] EMA. EU actions to tackle shortages of GLP-1 receptor agonists, 26. Juni 2024. www.ema.europa.eu/en/news/eu-actions-tackle-shortages-glp-1-receptor-agonists, Abgerufen am 11. September 2025
[5] BfArM. Fälschung des Arzneimittels Ozempic®. 15. Februar 2024, www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelinformationen/Rapid-Alert-System/Arzneimittelfaelschungen/Ozempic/_artikel.html, abgerufen am 19. September 2025
[6] Swissmedic. Swissmedic warnt vor gefälschten und irreführenden „GLP-1“-Produkten zur Gewichtsreduktion. 26. August 2025, www.swissmedic.ch/swissmedic/de/medicrime/news/warnings/smc-warnt-vor-glp-1-produkten.html
[7] EMA. Warning about sharp rise in illegal medicines sold in the EU. 3. September 2025, www.ema.europa.eu/en/news/warning-about-sharp-rise-illegal-medicines-sold-eu. Abgerufen am 19. September 2025
[8] Wilding JPH et al. Weight regain and cardiometabolic effects after withdrawal of semaglutide: The STEP 1 trial extension. Diabetes Obes Metab. 2022 Aug;24(8):1553-1564