Ilumetri®

Tildrakizumab

15.11.2018


Interleukin-23-Inhibitor bei Psoriasis
Der Interleukin-23-Inhibitor Tildrakizumab (Ilumetri®) kann als Erstlinien-Therapeutikum bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis eingesetzt werden, die für eine systemische Therapie infrage kommen. Der rekombinant hergestellte, humanisierte monoklonale IgG1/κ-Antikörper wird subkutan appliziert und wirkt über eine Hemmung des IL-23-Zytokinwegs entzündungshemmend und immunsuppressiv.

Tildrakizumab 

ATC-Code

L: Antineoplastische und immunmodulierende Mittel


L04: Immunsuppressiva


L04A: Immunsuppressiva


L04AC: Interleukin-Inhibitoren


L04AC17: Tildrakizumab


Wirkungsmechanismus

Interleukin 23 (IL-23) ist neben den Interleukinen 12 und 17 maßgeblich an Entzündungs- und Immunreaktionen im Rahmen der Psoriasis-Pathogenese beteiligt. Es beeinflusst die Differenzierung, Proliferation und das Überleben bestimmter T-Zell-Subpopulationen, wie z. B. TH17- und TC17-Zellen, sowie von unspezifischen lymphoiden Immunzellen, die wiederum proinflammatorische Effektor-Zytokine wie IL-17A, IL-17F und IL-22 produzieren. In der Haut von Patienten mit Plaque-Psoriasis werden erhöhte IL-23-Spiegel vorgefunden. Der monoklonale Antikörper Tildrakizumab ist spezifisch gegen IL-23 gerichtet. Er unterbindet durch hochaffines Andocken an dessen p19-Untereinheit die Interaktion mit dem zugehörigen IL-23-Zelloberflächenrezeptor auf bestimmten T-Zellen. Auf diese Weise werden die nachgeschalteten Signal-, Aktivierungs- und Zytokin-Kaskaden unterbrochen. Es kommt zu einer reduzierten Expression von Genen des IL-23/TH17-Signalwegs und von anderen Psoriasis-assoziierten Genexpressionsprofilen. Bei den betroffenen Patienten wird über die Hemmung der Autoimmunreaktion eine Reduktion der Entzündungs- und Proliferationsvorgänge erreicht. Es kommt zu einer Absenkung der T-Zell-Dichte und zu einer Verminderung der Epidermisdicke. Auf molekularer Ebene sind reduzierte IL-17A-, IL-17F- und IL-22-Serumspiegel feststellbar.

Pharmakokinetik

Resorption: Nach subkutaner Gabe treten innerhalb von 6,2 Tagen maximale Plasmaspiegel auf. Die Bioverfügbarkeit liegt im Bereich von 73%.


Proteinbindung, Verteilung: Das Verteilungsvolumen von Tildrakizumab beträgt 77 bis 106 ml/kg Körpergewicht, was auf eine begrenzte extravaskuläre Verteilung hinweist. Abgesehen von der Bindung an IL-23 findet keine relevante Plasmaprotein-Bindung statt.


Metabolismus: Das Immunglobulin unterliegt dem physiologischen Katabolismus zu kleineren Peptiden und einzelnen Aminosäuren.


Exkretion: Die Eliminationshalbwertszeit wird mit 23,4 Tagen angegeben.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Tildrakizumab wird in einer Dosierung von jeweils 100 mg subkutan injiziert. Die Fertigspritze darf dabei nicht geschüttelt werden. Bei Patienten mit hoher Krankheitslast oder einem Körpergewicht von mehr als 90 kg kann eine Dosiserhöhung auf 200 mg erwogen werden. Nach Möglichkeit sollten von Psoriasis betroffene sowie schmerzempfindliche, geprellte, rote, harte, dicke oder schuppige Hautbereiche als Injektionsstellen vermieden werden. Die Applikation erfolgt in den Wochen 0 und 4 und dann fortlaufend im Abstand von jeweils zwölf Wochen. Nach entsprechender Schulung kann die Gabe auch durch den Patienten selbst stattfinden. Falls nach 28 Behandlungswochen kein Ansprechen beobachtet wird, sollte ein Absetzen der Therapie erwogen werden. Allerdings kann es bei einigen Patienten mit nur partiellem Ansprechen zu Beginn bei Fortführung der Behandlung über 28 Wochen hinaus dennoch zu Verbesserungen kommen. Zur Therapie von Patienten über 65 Jahren, von Patienten mit Leber- oder Niereninsuffizienz sowie von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren liegen bislang keine oder nur sehr begrenzte Daten vor.

Kontraindikationen

Bei Überempfindlichkeit gegen Tildrakizumab oder dem Vorliegen klinisch relevanter aktiver Infektionen wie z. B. aktiver Tuberkulose besteht eine Kontraindikation.

Unerwünschte Wirkungen

Während der Behandlung kommt es sehr häufig zu Infektionen der oberen Atemwege. Häufig wird über Kopfschmerzen, Gastroenteritis, Übelkeit, Diarrhö, Rückenschmerzen und Schmerzen an der Injektionsstelle berichtet.

Wechselwirkungen

Cytochrom-P450-Enzyme und hepatische bzw. renale Effluxpumpen sind nicht an der Clearance von Tildrakizumab beteiligt, ebenso bindet der Antikörper nicht an Plasmaproteine, sondern nur an IL-23. Daher wird die Wahrscheinlichkeit für pharmakokinetische Interaktionen als gering eingeschätzt. Zum gleichzeitigen Einsatz von Immunsuppressiva einschließlich Biologika oder einer Phototherapie zusammen mit Tildrakizumab sind noch keine Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten verfügbar. Daher ist bei kombinierter Anwendung zunächst Vorsicht geboten. Zur Impfantwort auf Lebend- oder Totimpfstoffe während der Behandlung mit Tildrakizumab liegen ebenfalls keine Daten vor. Zumindest Lebendimpfstoffe sollten daher nicht gleichzeitig verabreicht werden.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Falls während der Behandlung mit Tildrakizumab Symptome einer klinisch relevanten chronischen oder akuten Infektion auftreten, sollten eine engmaschige Überwachung und eine effektive antiinfektive Behandlung erfolgen. Ggf. muss die Applikation des Antikörpers bis zum Abklingen der Infektion ausgesetzt werden. Vor Behandlungsbeginn mit Tildrakizumab wird zu einer Untersuchung auf eine bestehende Tuberkulose-Infektion geraten. Auch während der Therapie ist auf mögliche Anzeichen einer aktiven Tuberkulose zu achten. Bei Patienten mit latenter oder aktiver Erkrankung in der Vorgeschichte, die nicht angemessen mit Antituberkulotika behandelt wurden, sollte vor dem Einleiten der Behandlung mit Tildrakizumab eine entsprechende Therapie in Erwägung gezogen werden. Vor dem Einsatz des Antikörpers muss zudem geprüft werden, ob bei den Patienten alle erforderlichen Impfungen durchgeführt wurden. Gegebenenfalls können diese an dieser Stelle noch nachgeholt werden, da während der Tildrakizumab-Therapie zur Sicherheit zumindest keine Lebendimpfstoffe eingesetzt werden dürfen. Die Applikation des Antikörpers darf hier frühestens vier Wochen nach der Impfung aufgenommen werden. Falls nach bereits begonnener Tildrakizumab-Behandlung eine Impfung mit viralen oder bakteriellen Lebendimpfstoffen als erforderlich erachtet wird, muss die Behandlung bis zur Impfung für mindestens 17 Wochen ausgesetzt werden.

Schwangerschaft und Stillzeit

Der Einsatz von Tildrakizumab in der Schwangerschaft ist wegen begrenzter Erfahrungen aus bislang weniger als 300 Schwangerschaften zu vermeiden. Tierexperimentelle Studien ergaben zwar keine Hinweise auf schädigende Wirkungen in Bezug auf Reproduktionstoxizität, doch ist bekannt, dass IgG1-Antikörper nach dem ersten Trimenon die Plazentaschranke überwinden. Frauen im gebärfähigen Alter müssen zur Sicherheit während und bis zu 17 Wochen nach Beendigung der Therapie eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Es ist nicht bekannt, ob Tildrakizumab in die Muttermilch übertritt. Da dies jedoch von anderen Immunglobulinen zumindest für die ersten Tage nach der Geburt bekannt ist, kann ein Risiko für das gestillte Kind derzeit nicht ausgeschlossen werden. Daher muss für diesen kurzen Zeitraum eine Entscheidung getroffen werden, ob eine Stillpause eingelegt oder auf die Behandlung mit dem IL-23-Antikörper verzichtet wird.

Handelspräparat Ilumetri® 

Hersteller

Almirall Hermal GmbH, Reinbek

Einführungsdatum

15. November 2018

Zusammensetzung

100 mg Tildrakizumab in 1 ml Lösung

Sonstige Bestandteile

L-Histidin, L-Histidinhydrochlorid-Monohydrat, Polysorbat 80, Sucrose, Wasser für Injektionszwecke

Packungsgrößen, Preise, PZN

1 Fertigspritze, 5110,75 Euro, PZN 14036208

Indikation

Behandlung erwachsener Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis, die für eine systemische Therapie infrage kommen.

Dosierung

Die empfohlene Dosis beträgt 100 mg mittels subkutaner Injektion und wird in den Wochen 0 und 4 sowie danach alle zwölf Wochen verabreicht. Bei Patienten mit bestimmten Merkmalen (z. B. hoher Krankheitslast, Körpergewicht ≥ 90 kg) kann eine höhere Dosierung mit 200 mg eine höhere Wirksamkeit aufweisen.

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegen Tildrakizumab, klinisch relevante aktive Infektionen, z. B. aktive Tuberkulose

Unerwünschte Wirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen sind Infektionen der oberen Atemwege, Kopfschmerzen, Gastroenteritis, Übelkeit, Diarrhö, Schmerzen an der Injektionsstelle und Rückenschmerzen.

Wechselwirkungen

Es liegen keine Daten bezüglich der Impfantwort auf Lebend- oder Totimpfstoffe vor. Lebendimpfstoffe sollen nicht gleichzeitig mit Tildrakizumab verabreicht werden. Es ist nicht zu erwarten, dass andere Begleitmedikamente die Pharmakokinetik des Antikörpers beeinflussen.

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Bei Patienten mit einer chronischen Infektion, einer rezidivierenden Infektion in der Vorgeschichte oder einer kürzlich aufgetretenen schweren Infektion darf Tildrakizumab nur mit Vorsicht angewendet werden. Vor Beginn der Behandlung sollten Patienten auf eine Infektion mit Tuberkulose untersucht werden.

Literatur

[1] Fachinformation zu Ilumetri®, Stand September 2018


[2] Reich K, Papp KA, Blauvelt A, Tyring SK et al. Tildrakizumab versus placebo or etanercept for chronic plaque psoriasis (reSURFACE 1 and reSURFACE 2): results from two randomised controlled, phase 3 trials. Lancet 2017;390(10091):276-288


[3] Amin M, Darji K, No DJ, Wu JJ. Review of phase III trial data on IL-23 inhibitors tildrakizumab and guselkumab for psoriasis. JEADV, Juli 2017


[4] EPAR summary for the public. Ilumetri® Tildrakizumab. EMA/621733/2018; European Medicines Agency; www.ema.europe.eu

Copyright

©2019-2022 Deutscher Apotheker Verlag, Neue Arzneimittel, Beilage der Deutschen Apotheker Zeitung

Datenstand

02/2019

Apothekerin Dr. Monika Neubeck