Pemetrexed

 

Hintergrundinformation

Der Asbessttumor - eine aggressive Krebserkrankung
Als hitzebeständiges "Material der tausend Möglichkeiten" wurde Asbest vor allem nach dem zweiten Weltkrieg in der Industrie, im Handwerk und im privaten Bereich als Isoliermaterial, Feuerschutz, Beimengung zu Zement und in Bremsbelägen eingesetzt. Das faserartige Mineral brennt nicht und schmilzt erst bei über 1000 Grad Celsius. Obwohl schon vor 100 Jahren bekannt war, dass Asbest der Gesundheit schadet, gibt es Schutzvorschriften erst seit 1972. Seit 1993 sind Herstellung und Verwendung in Deutschland verboten.

Die Folgen der späten Vorsichtsmaßnahmen für die Gesundheit dürften erst in den kommenden Jahren deutlich werden: Lungenkrebs und Karzinome in Rippen- und Bauchfell, ferner Pleura- und Peritonealmesotheliome. Da es 30 bis 50 Jahre dauert, bis Asbest in der Lunge eines Menschen ein Mesotheliom verursacht, stehen wir somit vermutlich erst am Anfang einer Welle von Mesotheliomkranken, die voraussichtlich in etwa 20 Jahren ihren Höhepunkt erreichen wird. Das maligne Pleuramesotheliom ist eine besonders aggressive Krebserkrankung, die praktisch nicht heilbar ist. Die meisten Mesotheliome verlaufen innerhalb eines Jahres tödlich. Dies liegt vor allem daran, dass dieser Krebs selten so frühzeitig entdeckt wird, dass man ihn heilen kann. Eine Heilung ist bisher nur durch die radikale chirurgische Entfernung aller Krebszellen möglich. Medikamente und Strahlen können den Krebs allenfalls stoppen, und das nur kurzzeitig. Da der Tumor die Oberfläche des Lungenfells und es Brustfells großflächig befällt, müssen das gesamte Lungen- und Brustfell sowie die angrenzenden Gewebe entfernt werden. In dem Bemühen, wirklich radikal zu operieren, werden manchmal die gesamte befallene Lunge und Teile des Zwerchfells mit entfernt. Trotzdem kommt es auch bei sorgfältigster chirurgischer Technik sehr häufig zu einem Rückfall der Erkrankung, ausgehend von winzigen Resten im Gewebe des Brustkorbs.

Pemetrexed 

ATC-Code

L: Antineoplastische und immunmodulierende Mittel

L01: Antineoplastische Mittel

L01B: Antimetaboliten

L01BA: Folsäure-Analoga

L01BA04: Pemetrexed

Wirkungsmechanismus

Pemetrexed ist ein antineoplastisches Antifolat. Es wirkt, indem es wichtige folsäureabhängige metabolische Prozesse unterbricht, die für die Zellreplikation notwendig sind. Pemetrexed blockiert als Antifolat die Thymidylatsynthase (TS), Dihydrofolatreduktase (DHFR) und Glycinamidribonucleotidformyltransferase (GARFT), die folatabhängige Schlüsselenzyme der De-novo-Biosynthese von Thymidin- und Purinnucleotiden sind. Pemetrexed wird sowohl von dem reduzierten Folat-Carrier als auch membranständigen folatbindenden Proteintransportsystemen in die Zellen transportiert. Sobald es sich in der Zelle befindet, wird es schnell und wirksam durch das Enzym Folylpolyglutamatsynthase in Polyglutamatformen überführt.

Diese werden in den Zellen zurückgehalten und sind noch stärkere Inhibitoren der TS und GARFT. Die Polyglutamatreaktion ist ein zeit- und konzentrationsabhängiger Prozess, der in Tumorzellen und, in geringerem Maße in normalen Zellen stattfindet. Metaboliten der Polyglutamatreaktion haben eine verlängerte intrazelluläre Halbwertzeit, was zu einer verlängerten Wirkdauer in malignen Zellen führt.

Pharmakokinetik

Die pharmakokinetischen Eigenschaften von Pemetrexed nach Gabe als Monotherapeutikum wurden bei 426 Krebspatienten mit verschiedenen soliden Tumoren in Dosen von 0,2 bis 838 mg/m² in Infusionen über einen Zeitraum von 10 Minuten untersucht.

  • Das Verteilungsvolumen im Steady state beträgt 9 l/m². Nach Ergebnissen aus In-vitro-Studien wird Pemetrexed zu etwa 81% an Plasmaproteine gebunden. Die Bindung wurde durch unterschiedliche Grade einer Niereninsuffizienz nicht nennenswert beeinflusst.
  • Pemetrexed wird in eingeschränktem Maße hepatisch metabolisiert. Pemetrexed wird hauptsächlich unverändert im Urin ausgeschieden und 70% bis 90% der verabreichten Dosis werden innerhalb von 24 Stunden nach der Anwendung unverändert im Urin wiedergefunden.
  • Pemetrexed hat eine Gesamtclearance von 91,8 ml/min, und die Halbwertzeit im Plasma beträgt 3,5 Stunden bei Patienten mit normaler Nierenfuntion (Kreatinin-Clearance 90 ml/min). Die interindividuelle Variabilität der Clearance ist mit 19,3% gering. Die Gesamtexposition mit Pemetrexed (AUC) und die maximale Plasmakonzentration erhöhen sich proportional mit der Dosis.
  • Die Pharmakokinetik von Pemetrexed bleibt über mehrere Behandlungszyklen unverändert. Die Pharmakokinetik von Pemetrexed wird von gleichzeitig verabreichtem Cisplatin nicht beeinflusst. Die orale Gabe von Folsäure und die intramuskuläre Gabe von Vitamin B12 verändern die Pharmakokinetik von Pemetrexed nicht.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

  • Malignes Pleuramesotheliom: Bei Patienten mit malignem Pleuramesotheliom beträgt die empfohlene Dosis von Pemetrexed 500 mg/m² Körperoberfläche (KOF), verabreicht als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 10 Minuten am ersten Tag jedes 21-tägigen Behandlungszyklus. Die empfohlene Dosis von Cisplatin beträgt 75 mg/m² KOF als Infusion über einen Zeitraum von 2 Stunden etwa 30 Minuten nach Abschluss der Pemetrexed-Infusion am ersten Tag jedes 21-tägigen Behandlungszyklus. Die Patienten müssen vor und/oder nach der Cisplatin-Gabe eine angemessene antiemetische Behandlung sowie ausreichend Flüssigkeit erhalten.
  • Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom: Bei Patienten mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom beträgt die empfohlene Dosis von Pemetrexed 500 mg/m² KOF, verabreicht als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 10 Minuten am ersten Tag jedes 21-tägigen Behandlungszyklus.
  • Prämedikation: Zur Reduktion der Häufigkeit und Schwere von Hautreaktionen muss am Tag vor und am Tag der Pemetrexed-Gabe sowie am Tag nach der Behandlung ein Corticosteroid gegeben werden, das einer zweimal täglichen oralen Gabe von 4 mg Dexamethason entsprechen muss.
  • Patienten, die mit Pemetrexed behandelt werden, müssen zur Reduktion der Toxizität täglich orale Gaben von Folsäure oder Multivitamine mit Folsäure (350 bis 1000 Mikrogramm) erhalten. Sie müssen ebenfalls eine intramuskuläre Injektion Vitamin B12 (1000 Mikrogramm) in der Woche vor der ersten PemetrexedDosis sowie nach jedem dritten Behandlungszyklus erhalten.
  • Bei Patienten, die Pemetrexed bekommen, sollte vor jeder Gabe ein vollständiges Blutbild erstellt werden, einschließlich einer Differenzierung der Leukozyten und einer Thrombozytenzählung. Vor jeder Chemotherapie müssen Blutuntersuchungen zur Überprüfung der Nieren- und Leberfunktion erfolgen.
  • Dosisanpassung: Am Beginn eines neuen Behandlungszyklus muss eine Dosisüberprüfung stattfinden unter Berücksichtigung des Nadir des Blutbildes oder der maximalen nicht-hämatologischen Toxizität der vorhergehenden Therapiezyklen.
  • Bei älteren Patienten sind keine Dosisreduktionen erforderlich, welche über die für alle Patienten empfohlenen hinausgehen.
  • Kinder und Jugendliche: Die Anwendung von Pemetrexed bei Patienten unter 18 Jahren wird nicht empfohlen, da die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Pemetrexed in dieser Altersgruppe nicht nachgewiesen ist.
  • Patienten mit Nierenfunktionseinschränkung: Pemetrexed wird hauptsächlich unverändert durch renale Exkretion eliminiert. In klinischen Studien waren bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance von über 45 ml/min keine Dosisanpassungen notwendig, die über die für alle Patienten empfohlenen Dosisanpassungen hinausgehen. Die Datenlage bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance von unter 45 ml/min war nicht ausreichend; daher wird die Anwendung bei diesen Patienten nicht empfohlen.
  • Patienten mit Leberfunktionseinschränkung: Es wurde kein Zusammenhang zwischen den Konzentrationen von AST (SGOT), ALT (SGPT) oder Gesamtbilirubin und der Pharmakokinetik von Pemetrexed beobachtet.

Kontraindikationen

  • Überempfindlichkeit gegen Pemetrexed oder einen der sonstigen Bestandteile.
  • Während der Behandlung mit Pemetrexed darf nicht gestillt werden.
  • Gleichzeitige Gelbfieberimpfung.

Unerwünschte Wirkungen

Nachfolgend sind die unerwünschten Wirkungen zusammengefasst, die bei der Anwendung von Cisplatin und Pemetrexed sowie von Pemetrexed als Monotherapeutikum auftraten. Alle Patienten erhielten zusätzliche tägliche Gaben von Folsäure und Vitamin B12 (Häufigkeiten: sehr häufig > 10%; häufig > 5% und < 10%).

  • Störungen des Blut- und Lymphsystems: sehr häufig: neutrophile Granulozyten, Hämoglobin und Thrombozyten erniedrigt.
  • Augenleiden: häufig: Konjunktivitis
  • Gastrointestinale Beschwerden: sehr häufig: Übelkeit, Erbrechen, Stomatitis/ Pharyngitis, Appetitverlust, Diarrhö, Obstipation; häufig: Dyspepsie.
  • Allgemeine Störungen: sehr häufig: Müdigkeit; häufig: Fieber.
  • Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen: häufig: Dehydratation.
  • Störungen des Nervensystems: sehr häufig Neuropathie, Empfindungsstörung; häufig: Geschmacksstörung.
  • Funktionsstörungen der Nieren und ableitenden Harnwege: sehr häufig: Kreatinin erhöht, Kreatinin-Clearance erniedrigt.
  • Funktionsstörungen der Leber und der Galle: häufig: Juckreiz.
  • Funktionsstörungen der Haut und des Unterhautzellgewebes: sehr häufig: Hautrötung, Abschuppung, Haarausfall.
  • Klinisch relevante Toxizitäten, die bei > 1% und < 5% (häufig) der Patienten berichtet wurden, die randomisiert Cisplatin und Pemetrexed erhielten, umfassten: erhöhte AST- (SGOT), ALT- (SGPT), und Gamma-GT-Werte, Infektion, Fieber, febrile Neutropenie, Nierenversagen, Brustschmerzen und Nesselsucht. Klinisch relevante Toxizitäten, die bei < 1% der Patienten berichtet wurden, die randomisiert Cisplatin und Pemetrexed erhielten, umfassten Arrhythmien und motorische Neuropathie.
  • Klinisch relevante Toxizitäten, die bei > 1% und < 5% (häufig) der Patienten berichtet wurden, die randomisiert Pemetrexed erhielten, umfassten: sensorische und motorische Neuropathie, Bauchschmerzen, erhöhte Kreatininwerte, febrile Neutropenie, Infektion ohne Neutropenie, allergische Reaktionen/Überempfindlichkeitsreaktionen und multiformes Erythem. Klinisch relevante Toxizitäten, die bei < 1% der Patienten berichtet wurden, die randomisiert Pemetrexed erhielten, umfassten supraventrikuläre Arrhythmien.
  • Schwerwiegende kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Ereignisse, einschließlich Myokardinfarkt, Angina pectoris, zerebrovaskulärer Insult und transitorische ischämische Attacken wurden in klinischen Studien mit Pemetrexed, das üblicherweise in Kombination mit einem anderen zytotoxischen Wirkstoff verabreicht wird, gelegentlich berichtet. Die meisten Patienten, bei denen diese Ereignisse beobachtet wurden, hatten vorbestehende kardiovaskuläre Risikofaktoren. In klinischen Studien mit Pemetrexed wurden seltene Fälle von Hepatitis, möglicherweise schwerwiegend, berichtet.

Wechselwirkungen

  • Pemetrexed wird hauptsächlich unverändert renal durch glomeruläre Filtration und in geringerem Ausmaß durch tubuläre Sekretion ausgeschieden. Eine gleichzeitige Anwendung nephrotoxischer Arzneimittel (z. B. Aminoglykoside, Schleifendiuretika, platinhaltige Arzneimittel, Ciclosporin) könnte zu einer verzögerten Ausscheidung von Pemetrexed führen. Diese Kombination sollte daher mit Vorsicht angewendet werden. Sofern notwendig, sollte die Kreatinin-Clearance eng überwacht werden.
  • Die gleichzeitige Anwendung von Substanzen, die ebenfalls tubulär sezerniert werden (z. B. Probenecid, Penicillin), kann möglicherweise zu einer verzögerten Ausscheidung von Pemetrexed führen. Wenn diese Arzneimittel mit Pemetrexed kombiniert werden, sollte dies mit Vorsicht geschehen.
  • Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance > 80 ml/min) können hohe Dosen nichtsteroidaler Antiphlogistika (NSAIDs wie Ibuprofen > 1600 mg/Tag) und Acetylsalicylsäure in hoher Dosierung (> 1,3 g täglich) zu einer verringerten Pemetrexed-Ausscheidung mit der Folge von vermehrten Nebenwirkungen führen. Daher ist Vorsicht geboten, wenn bei Patienten mit normaler Nierenfunktion hohe Dosen von NSAIDs oder Acetylsalicylsäure angewendet werden.
  • Bei Patienten mit leichter bis mittlerer Niereninsuffizienz (KreatininClearance 45 bis 79 ml/min) muss die gleichzeitige Anwendung von Pemetrexed und NSAIDs (z. B. Ibuprofen) oder Acetylsalicylsäure in hoher Dosierung für mindestens 2 Tage vor der Therapie, am Tag der Therapie und mindestens 2 Tage nach der Therapie mit Pemetrexed vermieden werden.
  • Da keine Daten hinsichtlich des Interaktionspotenzials mit NSAIDs mit langer Halbwertzeit wie Piroxicam oder Rofecoxib vorliegen, muss die gleichzeitige Anwendung mit Pemetrexed für mindestens 5 Tage vor der Therapie, am Tag der Therapie und mindestens 2 Tage nach der Therapie mit Pemetrexed vermieden werden.
  • Pemetrexed wird nur gering hepatisch metabolisiert. Ergebnisse aus In-vitroStudien mit humanen Lebermikrosomen deuten darauf hin, dass keine klinisch signifikante Inhibition der metabolischen Clearance von Arzneimitteln zu erwarten ist, die von den Cytochromen CYP3A, CYP2D6, CYP2C9 und CYP1A2 metabolisiert werden.
  • Wechselwirkungen, die alle Zytostatika betreffen: Aufgrund eines erhöhten Thromboserisikos bei Krebspatienten werden häufig Antikoagulanzien angewendet. Die große intraindividuelle Variabilität des Gerinnungsstatus während der Krankheit und die Möglichkeit von Wechselwirkungen zwischen oralen Antikoagulanzien und antineoplastischer Chemotherapie erfordert eine erhöhte Überwachungsfrequenz der INR (International Normalised Ratio), wenn die Entscheidung getroffen wurde, den Patienten mit oralen Antikoagulanzien zu behandeln.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Pemetrexed kann die Knochenmarkfunktion unterdrücken; dies manifestiert sich als Neutropenie, Thrombozytopenie und Anämie. Die Knochenmarksuppression ist üblicherweise die dosislimitierende Toxizität. In der Phase-III-Mesotheliomstudie war die Toxizität geringer, wenn eine Vorbehandlung mit Folsäure und Vitamin B12 stattgefunden hatte. Daher müssen mit Pemetrexed behandelte Patienten Folsäure und Vitamin B12 als prophylaktische Maßnahme zur Reduktion behandlungsbedingter Toxizität anwenden.
  • Eine Vorbehandlung mit Dexamethason (oder Äquivalent) kann die Häufigkeit und Schwere von Hautreaktionen verringern.
  • Bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance von unter 45 ml/min wird die Anwendung nicht empfohlen.
  • Die Wirkung von Flüssigkeit im transzellulären Raum, wie z. B. Pleuraerguss oder Ascites, auf Pemetrexed ist nicht geklärt worden. Daher soll bei Patienten mit klinisch signifikanter Flüssigkeitsansammlung im transzellulären Raum eine Drainage des Ergusses vor der Pemetrexed-Behandlung erwogen werden.
  • Aufgrund der gastrointestinalen Toxizität von Pemetrexed in Kombination mit Cisplatin wurden schwere Dehydratationen beobachtet. Daher müssen Patienten eine ausreichende antiemetische Behandlung und angemessene Flüssigkeitszufuhr vor und/oder nach der Behandlung erhalten.
  • Schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse, einschließlich Myokardinfarkt, und zerebrovaskuläre Ereignisse, wurden in klinischen Studien mit Pemetrexed gelegentlich berichtet, wenn dieser Wirkstoff in Kombination mit einem anderen zytotoxischen Wirkstoff verabreicht wurde. Die meisten Patienten, bei denen diese Ereignisse beobachtet wurden, hatten vorbestehende kardiovaskuläre Risikofaktoren.
  • Ein immunsupprimierter Status ist bei Krebspatienten häufig. Aus diesem Grund wird die gleichzeitige Anwendung attenuierter Lebendimpfstoffe nicht empfohlen. Die Anwendung von Gelbfieberimpfstoff ist kontraindiziert.
  • Pemetrexed kann das Erbgut schädigen. Geschlechtsreife Männer müssen angewiesen werden, während der Behandlung und bis zu 6 Monate danach kein Kind zu zeugen. Es werden wirksame kontrazeptive Maßnahmen oder Enthaltsamkeit empfohlen. Da die Möglichkeit einer irreversiblen Schädigung der Fortpflanzungsfähigkeit durch Pemetrexed besteht, sollten Männer vor dem Behandlungsbeginn darauf hingewiesen werden, Beratung hinsichtlich der Spermakonservierung einzuholen. Frauen im gebährfähigen Alter müssen während der Behandlung mit Pemetrexed wirksame Methoden der Kontrazeption anwenden. Pemetrexed kann Müdigkeit verursachen. Daher müssen Patienten vor der aktiven Teilnahme am Verkehr oder dem Bedienen von Maschinen gewarnt werden, wenn diese Wirkung auftritt.

Schwangerschaft und Stillzeit

Es liegen keine Daten für die Verwendung von Pemetrexed bei Schwangeren vor, aber wie bei anderen Antimetaboliten werden bei einer Anwendung in der Schwangerschaft schwere Geburtsdefekte erwartet. Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt.

Pemetrexed darf daher nicht während der Schwangerschaft angewendet werden, außer wenn unbedingt erforderlich und nach sorgfältiger Abwägung des Nutzens für die Mutter und des Risikos für den Fötus.

Es ist nicht bekannt, ob Pemetrexed in die Muttermilch übergeht und unerwünschte Wirkungen beim gestillten Säugling können nicht ausgeschlossen werden. Daher darf eine Mutter während der Behandlung mit Pemetrexed nicht stillen.

Handelspräparat Alimta® 

Hersteller

Einführungsdatum

Zusammensetzung

Jede Durchstechflasche enthält 500 mg Pemetrexed (als Pemetrexeddinatrium). Jede Durchstechflasche muss mit 20 ml 0,9%iger Natriumchlorid-Injektionslösung (9 mg/ml) aufgelöst werden, was eine Lösung von 25 mg/ml ergibt. Das entsprechende Volumen der notwendigen Dosis wird der Durchstechflasche entnommen und mit 0,9%iger Natriumchlorid-Injektionslösung (9 mg/ml) auf 100 ml weiter verdünnt.

Hilfsstoffe:

Mannitol, Salzsäure, Natriumhydroxid.

Packungsgrößen, Preise, PZN

1 Durchstechflasche, 1820,71 Euro, PZN 3753361.

Indikation

Pemetrexed in Kombination mit Cisplatin ist angezeigt zur Behandlung von chemonaiven Patienten mit inoperablem malignem Pleuramesotheliom. Zur Monotherapie ist es angezeigt zur Behandlung von Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom nach vorangegangener Chemotherapie.

Dosierung

Bei Patienten mit malignem Pleuramesotheliom beträgt die empfohlene Dosis von Pemetrexed in Kombination mit Cisplatin 500 mg/m2 Körperoberfläche (KOF), verabreicht als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 10 Minuten am ersten Tag jedes 21-tägigen Behandlungszyklus. Bei Patienten mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom beträgt die empfohlene Dosis von Pemetrexed 500 mg/m2 KOF, verabreicht als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 10 Minuten am ersten Tag jedes 21-tägigen Behandlungszyklus.

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegen Pemetrexed oder einen der sonstigen Bestandteile. Während der Behandlung mit Pemetrexed darf nicht gestillt werden. Gleichzeitige Gelbfieberimpfung.

Unerwünschte Wirkungen

sehr häufig: neutrophile Granulozyten, Hämoglobin und Thrombozyten erniedrigt; Übelkeit, Erbrechen, Stomatitis/Pharyngitis, Appetitverlust; Müdigkeit; Diarrhö, Obstipation; Neuropathie, Empfindungsstörung; Kreatinin erhöht, Kreatinin-Clearance erniedrigt; Hautrötung, Abschuppung, Haarausfall. Häufig: Konjunktivitis; Dyspepsie, Fieber, Dehydratation, Geschmacksstörung, Juckreiz.

Wechselwirkungen

Bei der gleichzeitigen Anwendung nephrotoxischer Arzneimittel (z. B. Aminoglykosiden, Schleifendiuretika, platinhaltigen Arzneimitteln, Ciclosporin) besteht die Gefahr einer verzögerten Ausscheidung von Pemetrexed. Die gleichzeitige Anwendung von Substanzen, die ebenfalls tubulär sezerniert werden (z. B. Probenecid, Penicillinen), kann zu einer verzögerten Ausscheidung von Pemetrexed führen. Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion können hohe Dosen nichtsteroidaler Antiphlogistika und Acetylsalicylsäure eine verringerte Pemetrexed-Ausscheidung mit der Folge von vermehrten Nebenwirkungen zur Folge haben.

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Pemetrexed kann die Knochenmarkfunktion unterdrücken; dies manifestiert sich als Neutropenie, Thrombozytopenie und Anämie. Bei mit Pemetrexed behandelten Patienten sind Folsäure und Vitamin B12 als prophylaktische Maßnahme zur Reduktion behandlungsbedingter Toxizität anwenden. Eine Vorbehandlung mit Dexamethason (oder Äquivalent) kann die Häufigkeit und Schwere von Hautreaktionen verringern. Bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance von unter 45 ml/min wird die Anwendung nicht empfohlen. Aufgrund der gastrointestinalen Toxizität von Pemetrexed in Kombination mit Cisplatin wurden schwere Dehydratationen beobachtet. Schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse, einschließlich Myokardinfarkt, und zerebrovaskuläre Ereignisse wurden in klinischen Studien mit Pemetrexed gelegentlich berichtet, wenn dieser Wirkstoff in Kombination mit einem anderen zytotoxischen Wirkstoff verabreicht wurde. Pemetrexed kann ferner das Erbgut schädigen.

 

Literatur

Vogelzang NJ, et al. Phase III study of pemetrexed in combination with cisplatin versus cisplatin alone in patients with malignant pleural mesothelioma. J Clin Oncol 2003, 21:2636 - 44.

Hanna N, et al. Randomized phase III trial of pemetrexed versus docetaxel in patients with non-small-cell lung cancer previously treated with chemotherapy. J Clin Oncol 2004, 22:1589 - 97.

 

Kurz zusammengefasst 

Pemetrexed (Alimta®) ist ein neues Chemotherapeutikum, das seit September 2004 in Europa für die Rezidivtherapie bei Patienten mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) und in Kombination mit Cisplatin für die Primärtherapie von Patienten mit Pleuramesotheliom (Asbesttumor) zugelassen ist. Die Substanz greift in den Folsäure-Stoffwechsel ein, indem sie drei Schlüsselenzyme des Folatstoffwechsels hemmt und so die DNA- und RNA-Synthese der Zelle beeinträchtigt. Pemetrexed wird alle drei Wochen als Kurzinfusion zusammen mit Folsäure und Vitamin B12 verabreicht. Ein einfaches Applikationsschema als 10-Minuten-Infusion ermöglicht meist eine ambulante Behandlung. Die Wirksamkeit von Pemetrexed beim malignen Pleuramesotheliom wurde in einer Studie mit 448 Patienten untersucht. Die Patienten erhielten entweder Pemetrexed (500 mg/m² KO [Körperoberfläche]) über 10 Minuten infundiert und 30 Minuten später Cisplatin (75 mg/m² KO), beides jeweils an Tag 1 eines 3wöchigen Zyklus oder Kochsalzlösung und eine Cisplatin-Monotherapie (75 mg/m² KO) ebenfalls an Tag 1 alle 3 Wochen. Die Patienten, welche die Kombination Pemetrexed/Cisplatin erhalten hatten, lebten im Vergleich zu den Patienten mit der Cisplatin-Monotherapie drei Monate länger (12,1 Monate versus 9,3 Monate). Nach einem Jahr lebten noch mehr als die Hälfte der Patienten mit der Kombinationstherapie, bei der Cisplatin-Monotherapie waren es 38 Prozent. Die Zeit bis zur Progression war bei der Kombinationstherapie länger (5,7 versus 3,9 Monate), die Ansprechrate lag mit 41 versus 17% ebenfalls signifikant höher. Bei den Patienten besserten sich durch die Kombinationstherapie auch Symptome wie Husten, Atemnot und Schmerzen sowie Lungenfunktion und Lebensqualität signifikant.

Zur Rezidivtherapie des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) war Pemetrexed in einer Phase-III-Studie im Hinblick auf Überleben und Tumoransprechen vergleichbar wirksam wie der bisherige Therapiestandard Docetaxel, erwies sich gleichzeitig aber als signifikant besser verträglich. In der Zulassungsstudie wurden 283 Patienten mit Pemetrexed und 288 Patienten mit Docetaxel behandelt. Die Patienten erhielten entweder 500 mg/m² Pemetrexed als 10-Minuten-Infusion alle 21 Tage oder 75 mg/m² Docetaxel intravenös über 1 Stunde an Tag 1 ebenfalls alle 21 Tage. Beide Therapieregime waren vergleichbar wirksam: In der Pemetrexe-Gruppe lag die Gesamt-Ansprechrate bei 9,1%, unter der Behandlung mit Docetaxel bei 8,8%. Eine Stabilisierung der Tumorerkrankung ließ sich bei 45,8% der mit Pemetrexed und bei 46,4% der mit Docetaxel behandelten Patienten erreichen. Pemetrexed-Patienten überlebten durchschnittlich 8,3 Monate, Patienten der Docetaxel-Gruppe 7,9 Monate. Pemetrexed kann, wie andere Zytostatika auch, die Knochenmarkfunktion unterdrücken. Daher ist die wichtigste Nebenwirkung eine Neutropenie, gefolgt von Thrombozytopenie, Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen und Müdigkeit. Pemetrexed ist besser verträglich als Docetaxel: Unter der Therapie mit Pemetrexed traten Neutropenien, die eine Therapie erforderlich machen, seltener auf. So erlitten 40,2% der Docetaxel-Patienten eine schwere Neutropenie (Grad 3 und 4), dagegen nur zu 5,3% der Pemetrexed-Patienten. Auch neutropenisches Fiebers trat mit einer Rate von lediglich 1,9% unter der Therapie mit Pemetrexed signifikant seltener auf als unter Docetaxel-Behandlung mit 12,7%. Patienten der Docetaxel-Gruppe mussten auch signifikant häufiger wegen febriler Neutropenie hospitalisiert werden als Patienten, die mit Pemetrexed behandelt wurden (13,4 vs. 1,5%). Auch nicht-hämatologische Toxizitäten waren unter PemetrexedGabe seltener: Haarausfall trat unter Docetaxel-Therapie bei 37,7%, unter Pemetrexed-Behandlung nur bei 6,4% der Patienten auf, Durchfälle waren nur halb so häufig wie mit Docetaxel (12,8 Prozent vs. 24,3 Prozent). Derzeit wird Pemetrexed in laufenden klinischen Studien unter anderem beim Pankreaskarzinom, Kolonkarzinom, Mammakarzinom und Kopf-Hals-Tumoren untersucht.

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