Fosamprenavir
Fosamprenavir
ATC-Code
J: Antiinfektiva zur systemischen Anwendung
J05: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung
J05A: Direkt wirkende antivirale Mittel
J05AE: Proteasehemmer
J05AE07: Fosamprenavir
Wirkungsmechanismus
Der neue Proteasehemmer Fosamprenavir ist ein Prodrug von Amprenavir. Er wird in vivo durch Phosphatasen in der Zelle oder im Serum rasch zu Amprenavir umgewandelt. Amprenavir hemmt die HIV-1-Protease kompetitiv, indem es an deren aktives Zentrum bindet und dadurch die Prozessierung viraler gag- und gag-polPolyproteinvorstufen verhindert. Als Folge werden unreife, nicht infektiöse Viruspartikel gebildet.
Fosamprenavir wird gemeinsam mit Ritonavir gegeben, um die Amprenavir-Plasmaspiegel zu erhöhen. Ritonavir hemmt CYP3A4 und damit die Metabolisierung von Amprenavir.
Fosamprenavir wird wegen des schnellen Auftretens resistenter Viren nicht zur Anwendung als Monotherapeutikum empfohlen. Die Entwicklung einer Kreuzresistenz zwischen Amprenavir und Reverse-Transkriptase-Hemmern ist unwahrscheinlich, da die enzymatischen Angriffspunkte unterschiedlich sind.
Pharmakokinetik
- Resorption: Nach peroraler Einnahme wird Amprenavir schnell resorbiert, die absolute Bioverfügbarkeit liegt bei 90%. Maximale Plasmawerte sind nach ein bis zwei Stunden erreicht. Die Filmtabletten und die Suspension zum Einnehmen, beide nüchtern eingenommen, zeigten äquivalente AUC-Werte von Amprenavir im Plasma, die Suspension zum Einnehmen hatte eine um 14% höhere Cmax von Amprenavir im Plasma im Vergleich zur Tablettenformulierung. Die Telzir®-Filmtabletten können unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Grapefruitsaft verändert die Pharmakokinetik von Amprenavir nicht.
- Verteilung: Amprenavir geht gut aus dem Blutkreislauf ins Gewebe über und wird zu 90% an Plasmaproteine gebunden. Die Penetration in die zerebrospinale Flüssigkeit ist beim Menschen vernachlässigbar. Amprenavir scheint in die Samenflüssigkeit zu penetrieren, allerdings sind die Konzentrationen in der Samenflüssigkeit geringer als im Plasma.
- Metabolisierung: Nach oraler Gabe wird Fosamprenavir während der Resorption durch das Darmepithel rasch und beinahe vollständig zu Amprenavir und anorganischem Phosphat hydrolysiert. Amprenavir wird hauptsächlich über die Leber durch Cytochrom-P450 3A4 metabolisiert, nur ca. 1% der eingenommenen Dosis wird in unveränderter Form mit dem Urin ausgeschieden. Ritonavir hemmt CYP3A4 und damit, wie erwähnt, die Metabolisierung von Amprenavir, erhöhte Plasmakonzentrationen von Amprenavir sind die Folge. Zusätzlich hemmt Amprenavir CYP3A4, allerdings in geringerem Ausmaß als Ritonavir. Daher müssen Arzneimittel, die CYP3A4 induzieren, inhibieren oder ein Substrat für CYP3A4 darstellen, bei gleichzeitiger Gabe von Fosamprenavir und Ritonavir mit Vorsicht angewendet werden.
- Elimination: Nach Einnahme von Fosamprenavir beträgt die Eliminationshalbwertszeit von Amprenavir 7,7 Stunden. Wird Fosamprenavir zusammen mit Ritonavir gegeben, wird die Eliminationshalbwertszeit von Amprenavir auf 15 bis 23 Stunden verlängert. Amprenavir wird hauptsächlich über den Leberstoffwechsel eliminiert, weniger als 1% wird unverändert im Urin ausgeschieden, in den Fäzes ist Amprenavir nicht nachweisbar. Ca. 14% der gegebenen Amprenavir-Dosis werden in Form von Metaboliten mit dem Urin und ca. 75% mit den Fäzes ausgeschieden.
Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Fosamprenavir wird oral in Kombination mit Ritonavir und anderen antiretroviralen Arzneimitteln mit oder unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. Für Erwachsene, für die eine Tabletteneinnahme nicht möglich ist, steht Telzir® auch als Lösung zum Einnehmen zur Verfügung. Wegen seiner langen Halbwertszeit von 7,1 bis 10,6 Stunden kann Amprenavir zweimal täglich unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden, ohne dass auf die Einhaltung eines strengen 12-Stunden-Intervalls geachtet werden muss.
- Erwachsene (ab 18 Jahre): Für antiretroviral vorbehandelte und nicht vorbehandelte Patienten beträgt die empfohlene Dosierung 700 mg Fosamprenavir zweimal täglich zusammen mit 100 mg Ritonavir zweimal täglich, in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln. Bei Überschreitung der oben beschriebenen empfohlenen Dosierungen von Fosamprenavir mit Ritonavir ist Vorsicht geboten.
- Sicherheit, Wirksamkeit sowie Pharmakokinetik von Fosamprenavir in Kombination mit Ritonavir wurde bei Patienten unter 18 Jahren sowie bei Patienten über 65 Jahren nicht untersucht.
- Patienten mit Nierenfunktionsstörungen wurden ebenfalls nicht speziell untersucht. Trotzdem wird eine initiale Dosisanpassung bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion nicht für notwendig erachtet.
- Zur Anwendung der Kombination bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion liegen nur begrenzte Daten vor, spezifische Dosierungsempfehlungen können daher nicht gegeben werden. Bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung ist Fosamprenavir kontraindiziert.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen Fosamprenavir, Amprenavir oder einen der sonstigen Bestandteile von Telzir® oder gegen Ritonavir.
- Schwere Leberfunktionsstörung
- Telzir® darf nicht gleichzeitig mit Arzneimitteln gegeben werden, die eine geringe therapeutische Breite besitzen und außerdem Substrate der Cytochrom P450-Isoenzyme 3A4 (CYP3A4) und 2D6 (CYP2D6) sind.
- Rifampicin verringert die AUC von Amprenavir im Plasma um ungefähr 82%. Fosamprenavir mit Ritonavir darf daher nicht gleichzeitig mit Rifampicin angewendet werden.
- Pflanzliche Zubereitungen, die Johanniskraut (Hypericum perforatum) enthalten, dürfen aufgrund des Risikos reduzierter Plasmakonzentrationen und einer verminderten therapeutischen Wirkung von Amprenavir während der Einnahme von Telzir® nicht angewendet werden. Dieser Effekt beruht möglicherweise auf einer Induktion von CYP3A4 und kann zu einer Verminderung der therapeutischen Wirkung und zur Resistenzentwicklung führen. Die induzierende Wirkung von Johanniskraut kann bis zu mindestens 2 Wochen nach Absetzen anhalten.
Unerwünschte Wirkungen
Nachfolgend sind Nebenwirkungen nach Organsystemen, Organklassen und absoluter Häufigkeit aufgelistet. Die Häufigkeiten sind wie folgt definiert: sehr häufig: > 1/10; häufig: > 1/100, < 1/10; gelegentlich: > 1/1000, < 1/100; selten: > 1/10.000, < 1/1000; sehr selten: < 1/10.000 einschließlich Einzelfälle.
- Erkrankungen des Nervensystems: häufig: Kopfschmerzen, Schwindel
- Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: sehr häufig: Diarrhö; häufig: weiche Stühle, Übelkeit, Erbrechen, Unterleibsschmerzen
- Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes: häufig: Hautausschlag
- Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort: häufig: Müdigkeit
- Hautausschläge/Hautreaktionen: Erythematöse oder makulopapuläre Hauteruptionen mit oder ohne Pruritus, die sich in der Regel spontan zurückbilden, ohne dass eine Unterbrechung der Behandlung mit Fosamprenavir mit Ritonavir erforderlich ist. Geeignete Antihistaminika (z. B. Cetirizindihydrochlorid) können den Juckreiz lindern und das Abklingen des Hautausschlages beschleunigen. Schwere oder lebensbedrohliche Hautreaktionen einschließlich eines Stevens-Johnson-Syndroms sind selten und wurden bei weniger als 1% der Patienten im klinischen Entwicklungsprogramm berichtet. Im Falle von schweren Hautausschlägen oder von Hautausschlägen mittlerer Intensität mit systemischen oder die Schleimhaut betreffenden Symptomen muss Fosamprenavir dauerhaft abgesetzt werden.
- Klinisch-chemische Laborwertveränderungen, die möglicherweise auf die Behandlung mit Fosamprenavir mit Ritonavir zurückzuführen sind und bei mindestens 1% der Patienten berichtet wurden: ALT- (häufig), AST- (häufig), Serumlipase- (häufig) und Triglycerid-Erhöhungen (sehr häufig). Erhöhungen des Gesamt-Cholesterols vom Grad 3 oder 4 wurden bei weniger als 1% der Patienten beobachtet.
Wechselwirkungen
- Der aktive Metabolit Amprenavir wird, wie beschrieben, hauptsächlich in der Leber über das Cytochrom-P450-Isoenzym 3A4 metabolisiert. Fosamprenavir darf daher nicht gleichzeitig mit Arzneimitteln verabreicht werden, die eine geringe therapeutische Breite besitzen und außerdem Substrate von CYP3A4 sind (z. B. Terfenadin, Astemizol, Cisaprid, Pimozid, Triazolam, Diazepam, Flurazepam, Midazolam, Diltiazem, Nicardipin, Nifedipin, Nimodipin).
- Auch zahlreiche Wechselwirkungen mit Antibiotika und Antimykotika sind möglich, zum Beispiel mit Clarithromycin, Erythromycin, Ketoconazol/Itraconazol und Rifabutin.
- Bei gleichzeitiger Anwendung mit Fosamprenavir/Ritonavir ist ein beträchtlicher Anstieg der Plasmakonzentrationen von PDE5-Inhibitoren (z. B. Sildenafil und Vardenafil) und eine damit verbundene Erhöhung der durch PDE5-Inhibitoren verursachten Nebenwirkungen einschließlich Hypotension, Sehstörungen und Priapismus zu erwarten.
- Sollte eine Behandlung mit einem HMG-CoAReduktase-Hemmstoff angezeigt sein, werden Pravastatin oder Fluvastatin empfohlen, da deren Verstoffwechselung nicht von CYP3A4 abhängig ist und daher keine Wechselwirkungen mit Proteasehemmern zu erwarten sind. Die kombinierte Gabe von Lovastatin oder Simvastatin/Fosamprenavir mit Ritonavir wird nicht empfohlen. Bei gleichzeitiger Anwendung mit Fosamprenavir/Ritonavir sollten keine höheren AtorvastatinDosen als 20 mg/Tag gegeben werden.
- Da die Plasmakonzentrationen von Ciclosporin, Rapamycin und Tacrolimus bei gleichzeitiger Gabe von Fosamprenavir mit Ritonavir erhöht sein können, wird eine häufigere Überwachung der therapeutischen Konzentrationen bis zur Stabilisierung der Spiegel empfohlen.
- Eine sorgfältige Überwachung der therapeutischen Wirkungen und Nebenwirkungen von trizyklischen Antidepressiva (z. B. Desipramin und Nortryptilin) wird bei gleichzeitiger Gabe von Fosamprenavir empfohlen.
- Sowohl Amprenavir als auch Ritonavir verringern die Plasmaspiegel von Methadon.
- Bei gleichzeitiger Gabe von Warfarin oder anderen oralen Antikoagulanzien zusammen mit Telzir® plus Ritonavir kann sich deren antithrombotische Wirkung abschwächen oder verstärken.
- Orale Kontrazeptiva: Estrogene und Gestagene können Wechselwirkungen mit Fosamprenavir und Ritonavir zeigen, daher kann die Wirksamkeit hormoneller Kontrazeptiva durch die gleichzeitige Anwendung vermindert sein.
- Die Serumspiegel von Amprenavir können durch gleichzeitige Gabe von Histamin-H2-Rezeptorantagonisten (z. B. Ranitidin oder Cimetidin) verringert werden. Die gleichzeitige Anwendung von Antikonvulsiva, die als Enzyminduktoren bekannt sind (Phenytoin, Phenobarbital, Carbamazepin), mit Fosamprenavir kann zu einer Erniedrigung der Plasmaspiegel von Amprenavir führen. Bei der Anwendung derartiger Kombinationen ist Vorsicht geboten.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
- Fosamprenavir enthält eine Sulfonamidgruppe. Es sollte daher bei Patienten mit bekannter Sulfonamidallergie mit Vorsicht angewendet werden.
- Die gemeinsame Anwendung von 700 mg Fosamprenavir zweimal täglich mit Ritonavir in Dosierungen oberhalb von 100 mg zweimal täglich wurde klinisch nicht geprüft. Die Anwendung höherer Ritonavir-Dosen könnte das Sicherheitsprofil der Kombination verändern und wird daher nicht empfohlen.
- Fosamprenavir sollte mit Vorsicht bei Patienten mit leichter oder mittelschwerer Einschränkung der Leberfunktion angewendet werden und ist bei Patienten mit schwerer Lebererkrankung kontraindiziert. Bei Anzeichen einer Verschlechterung einer Lebererkrankung muss eine Unterbrechung oder ein Abbruch der Behandlung in Betracht gezogen werden.
- Hämophile Patienten sollten auf die Möglichkeit einer Zunahme von Blutungen aufmerksam gemacht werden.
- Die antiretrovirale Kombinationstherapie wurde mit Stoffwechselanomalien assoziiert, wie Hypertriglyzeridämie, Hypercholesterinämie, Insulinresistenz, Hyperglykämie und Hyperlaktatämie. Bei Patienten, die antiretrovirale Proteasehemmer erhielten, wurde über das Auftreten von Diabetes mellitus, Hyperglykämie oder eine Exazerbation eines bestehenden Diabetes mellitus berichtet.
- Lipodystrophie: Die antiretrovirale Kombinationstherapie wurde mit einer Fettumverteilung (Lipodystrophie) bei HIV-Patienten in Verbindung gebracht. Lipidstörungen sollten entsprechend der klinischen Situation behandelt werden.
- Rhabdomyolyse: Unter der Therapie mit Proteasehemmern wurde eine CPK-Erhöhung, Myalgie, Myositis und in seltenen Fällen über eine Rhabdomyolyse berichtet, insbesondere im Zusammenhang mit Nukleosidanaloga.
Schwangerschaft und Stillzeit
Es liegen keine klinischen Erfahrungen mit der Anwendung von Fosamprenavir bei Schwangeren vor. In Tierversuchen wurden bei Plasmakonzentrationen von Amprenavir, die niedriger lagen als die nach therapeutischer Exposition bei mit Fosamprenavir behandelten Patienten, gewisse toxische Effekte auf die Entwicklung gesehen. Fosamprenavir darf daher während der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn der mögliche Nutzen das mögliche Risiko für den Fetus rechtfertigt.
In der Milch laktierender Ratten wurden mit Amprenavir verwandte Stoffe nachgewiesen, es ist jedoch nicht bekannt, ob Amprenavir beim Menschen in die Muttermilch übergeht. Es wird empfohlen, dass Mütter, die mit Fosamprenavir behandelt werden, ihre Kinder nicht stillen. Außerdem wird generell empfohlen, dass HIV-infizierte Frauen ihre Kinder unter keinen Umständen stillen sollen, um eine Übertragung von HIV zu vermeiden.
Handelspräparat Telzir®
Hersteller
Einführungsdatum
Zusammensetzung
1 Tablette enthält 700 mg Fosamprenavir als Fosamprenavir-Calcium (entsprechend etwa 600 mg Amprenavir).
Sonstige Bestandteile
Tablettenkern: mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Povidon (K30), Magnesiumstearat, hochdisperses Siliciumdioxid.
Tablettenfilmüberzug: Hypromellose, Titandioxid (E 171), Triacetin, Eisen(III)-oxid (E 172).
Eine orale Suspension soll demnächst eingeführt werden.
Packungsgrößen, Preise, PZN
30 Filmtabletten, Euro 523,97, PZN 3130795
Indikation
Zusammen mit niedrig dosiertem Ritonavir zur Behandlung von mit HIV-1 infizierten Erwachsenen in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln
Dosierung
Für antiretroviral vorbehandelte und nicht vorbehandelte Patienten beträgt die empfohlene Dosierung 700 mg Fosamprenavir zusammen mit 100 mg Ritonavir zweimal täglich, in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln. Bei Überschreitung der oben beschriebenen empfohlenen Dosierungen von Fosamprenavir mit Ritonavir ist Vorsicht geboten.
Kontraindikationen
Schwere Leberfunktionsstörung. Fosamprenavir/Ritonavir darf nicht gleichzeitig mit Arzneimitteln gegeben werden, die eine geringe therapeutische Breite besitzen und außerdem über die Cytochrom-P-450 Isoenzyme CYP3A4 oder CYP2D6 verstoffwechselt werden. Die gleichzeitige Verabreichung kann zu einer kompetitiven Hemmung der Verstoffwechselung dieser Produkte und so zu schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Ereignissen führen.
Fosamprenavir/Ritonavir darf nicht gleichzeitig mit Rifampicin angewendet werden. Pflanzliche Zubereitungen, die Johanniskraut (Hypericum perforatum) enthalten, dürfen während der Einnahme von Telzir® nicht angewendet werden.
Unerwünschte Wirkungen
Kopfschmerzen, Schwindel; Diarrhö, weiche Stühle, Übelkeit, Erbrechen, Unterleibsschmerzen; Hautausschlag; Müdigkeit
Wechselwirkungen
Fosamprenavir darf nicht zusammen mit Arzneimitteln verabreicht werden, die eine geringe therapeutische Breite aufweisen und Substrate für CYP3A4 oder CYP2D6 sind. Aufgrund der Möglichkeit metabolischer Wechselwirkungen mit Fosamprenavir kann die Wirksamkeit von hormonellen Kontrazeptiva reduziert sein.
Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme
Fosamprenavir sollte bei Patienten mit bekannter Sulfonamidallergie sowie bei Patienten mit leichter oder mittelschwerer Einschränkung der Leberfunktion mit Vorsicht angewendet werden und ist bei Patienten mit schwerer Lebererkrankung kontraindiziert. Hämophile Patienten sollten auf die Möglichkeit einer Zunahme von Blutungen aufmerksam gemacht werden. Die antiretrovirale Kombinationstherapie wurde mit Stoffwechselanomalien assoziiert, wie Hypertriglyzeridämie, Hypercholesterinämie, Insulinresistenz, Hyperglykämie und Hyperlaktatämie. Die antiretrovirale Kombinationstherapie wurde ferner mit einer Fettumverteilung (Lipodystrophie) bei HIV-Patienten in Verbindung gebracht. Unter der Therapie mit Proteasehemmern wurde über eine CPK-Erhöhung, Myalgie, Myositis und in seltenen Fällen eine Rhabdomyolyse berichtet, insbesondere im Zusammenhang mit der Gabe von Nukleosidanaloga.
Kurz zusammengefasst
Fosamprenavir (Telzir®) ist ein weiterer Proteasehemmer zur Behandlung der HIV-Infektion. Er ist in Kombination mit anderen antiretroviralen Medikamenten zur Behandlung von HIV-1-Infektionen bei erwachsenen Patienten zugelassen. Die Zulassung gilt sowohl für therapienaive als auch für vorbehandelte erwachsene Patienten.
Fosamprenavir ist der Calcium-Phosphatester von Amprenavir (Agenerase®), das 2000 eingeführt wurde. Der wesentliche Vorteil: Die neue Substanz ist besser löslich als Amprenavir und lässt sich in eine Tablette mit einer Dosis von 700 mg einarbeiten. Eine Amprenavir-Kapsel enthält nur 150 mg, sodass der Patient zweimal täglich vier Kapseln einnehmen muss, um die wirksame Dosis von zweimal 600 mg zu erreichen. Die entsprechende wirksame Dosis von Fosamprenavir beträgt zweimal 700 mg, der Patient muss also von Telzir® zweimal täglich nur eine Tablette einnehmen. Fosamprenavir kann nüchtern oder zum Essen eingenommen werden.
Für Erwachsene, für die eine Tabletteneinnahme nicht möglich ist, soll Telzir® demnächst auch als Lösung zum Einnehmen zur Verfügung stehen. Im Körper wird das Prodrug Fosamprenavir rasch zu Amprenavir metabolisiert. Um die Amprenavir-Konzentrationen im Blutplasma zu erhöhen und die Eliminationshalbwertszeit zu verlängern, wird Fosamprenavir gemeinsam mit 100 mg Ritonavir gegeben.
Die Nebenwirkungen entsprechen denen von Amprenavir. Am häufigsten sind Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Hautausschlag, der bei bis zu 20% der Patienten auftritt. Oft lassen diese Nebenwirkungen nach einigen Wochen oder wenigen Monaten nach. Fosamprenavir scheint nach Firmenangaben weniger gastrointestinale Beschwerden auszulösen als Amprenavir. Allerdings können Kombinationstherapien mit Proteasehemmern zu einem erhöhten Blutfettspiegel, abnormalen Fettumverteilungen (Lipodystrophie) und Diabetes führen. Da Fosamprenavir bzw. sein aktiver Metabolit Amprenavir sowie Ritonavir über das Cytochrom-P450-System metabolisiert werden, sind zahlreiche Interaktionen mit anderen Arzneimitteln zu beachten. Arzneimittel, die in der Leber über das Cytochrom-P450-Isoenzym 3A4 metabolisiert werden oder die Aktivität von CYP3A4 beeinflussen, können die Pharmakokinetik von Amprenavir verändern. Umgekehrt kann Amprenavir in ähnlicher Weise die Pharmakokinetik von anderen Arzneimitteln, die über diesen Weg verstoffwechselt werden, beeinflussen. Die Kombination mit entsprechenden Arzneimitteln kann zu schwerwiegenden und/oder lebensbedrohlichen Wechselwirkungen führen.
Fosamprenavir in Kombination mit Ritonavir darf dementsprechend nicht zusammen mit Arzneimitteln verabreicht werden, die eine geringe therapeutische Breite aufweisen und Substrate für CYP3A4 oder CYP2D6 sind. Dazu gehören Astemizol, Cisaprid, Diazepam, Nifedipin, Terfenadin und Rifampicin.
Pflanzliche Zubereitungen, die Johanniskraut (Hypericum perforatum) enthalten, dürfen aufgrund des Risikos reduzierter Plasmakonzentrationen und einer verminderten therapeutischen Wirkung von Amprenavir während der Einnahme von Telzir® nicht angewendet werden. Wegen metabolischer Wechselwirkungen mit Fosamprenavir kann auch die Wirksamkeit von hormonellen Kontrazeptiva reduziert sein.
Da Fosamprenavir eine Sulfonamidgruppe enthält, ist bei Patienten mit Sulfonamidallergie Vorsicht geboten.
Fosamprenavir wird wegen des schnellen Auftretens resistenter Viren nicht zur Anwendung als Monotherapeutikum empfohlen. Allerdings verursacht Fosamprenavir bei nicht vorbehandelten Patienten keine Mutationen in der Protease, sodass weitere Therapieoptionen offen bleiben. Die Entwicklung einer Kreuzresistenz zwischen Amprenavir und Reverse-Transkriptase-Hemmern ist unwahrscheinlich, da die enzymatischen Angriffspunkte unterschiedlich sind.
Die klinische Erfahrung basiert hauptsächlich auf zwei offenen Studien, die im Vergleich zu Nelfinavir an antiretroviral nicht vorbehandelten Patienten und im Vergleich zu Lopinavir/Ritonavir an antiretroviral vorbehandelten Patienten durchgeführt wurden. In beiden Studien wurde Fosamprenavir mit Ritonavir zur Boosterung angewendet. Die einmal tägliche Anwendung von Fosamprenavir mit Ritonavir (1400 mg/200 mg) war bei antiretroviral nicht vorbehandelten Patienten vergleichbar wirksam wie Nelfinavir zweimal täglich. Dabei wurden sowohl Fosamprenavir/Ritonavir als auch Nelfinavir als Teil einer Dreifachtherapie mit Abacavir (300 mg zweimal täglich) und Lamivudin (150 mg zweimal täglich) über 48 Wochen angewendet. Bei mit Proteasehemmern vorbehandelten Patienten nach virologischem Versagen (bis zu zwei Proteaseinhibitoren) konnte hingegen nicht gezeigt werden, dass Fosamprenavir plus Ritonavir genauso wirksam war wie Lopinavir/Ritonavir. Für eine Empfehlung zur Anwendung von Fosamprenavir mit Ritonavir bei stark vorbehandelten Patienten liegen daher keine ausreichenden Daten vor.