Duloxetin
Duloxetin
ATC-Code
N: Nervensystem
N06: Psychoanaleptika
N06A: Antidepressiva
N06AX: Andere Antidepressiva
N06AX21: Duloxetin
Wirkungsmechanismus
Duloxetin ist ein kombinierter Serotonin-(5-HT-) und Noradrenalin-(NA-) Wiederaufnahmehemmer. Es zeigt ferner eine geringe Wiederaufnahmehemmung von Dopamin ohne signifikante Affinität für histaminerge, dopaminerge, cholinerge und adrenerge Rezeptoren.
In tierexperimentellen Studien führte eine erhöhte Konzentration von 5-HT und NA im sakralen Rückenmark zu einem erhöhten Urethratonus durch eine verstärkte N. pudendus-Stimulation des quergestreiften Harnröhrenschließmuskels, der nur während der Speicherungsphase des Miktionszyklus auftrat. Bei Frauen wird ein ähnlicher Mechanismus angenommen, der unter körperlicher Belastung zu einem stärkeren Verschluss der Harnröhre während der Speicherungsphase führt; dies könnte die Wirkung von Duloxetin bei der Behandlung von Frauen mit Belastungsinkontinenz erklären.
Pharmakokinetik
Duloxetin wird als ein einzelnes Enantiomer angewendet. Es wird durch Oxidation (mittels CYP1A2 und polymorphem CYP2D6) mit anschließender Konjugation umfangreich metabolisiert. Die Pharmakokinetik von Duloxetin zeigt eine große interindividuelle Variabilität (allgemein 50 bis 60 %), zum Teil bedingt durch Geschlecht, Alter, Raucherstatus und CYP2D6-Metabolisiererstatus.
- Absorption: Duloxetin wird nach oraler Gabe gut resorbiert, nach 6 Stunden wird die maximale Konzentration (Cmax) erreicht. Die absolute orale Bioverfügbarkeit von Duloxetin liegt zwischen 32% und 80%. Nahrungsaufnahme verzögert die Zeit bis zum Erreichen der maximalen Konzentration von 6 auf 10 Stunden und vermindert geringfügig das Ausmaß der Resorption (um etwa 11%).
- Verteilung: Duloxetin wird beim Menschen zu etwa 96% an Plasmaproteine gebunden. Es bindet sowohl an Albumin als auch an Alpha-1-saures-Glykoprotein. Die Proteinbindung wird nicht durch eine Nieren- oder Leberfunktionsstörung beeinträchtigt.
- Metabolisierung: Duloxetin wird stark metabolisiert, und die Metabolite werden hauptsächlich über den Urin ausgeschieden. CYP2D6 und CYP1A2 katalysieren gemeinsam die Entstehung der zwei Hauptmetabolite, des GlucuronsäureKonjugats des 4-Hydroxyduloxetins und des Sulfat-Konjugats des 5-Hydroxy-6methoxyduloxetins. In-vitro-Studien weisen darauf hin, dass die zirkulierenden Metabolite von Duloxetin als pharmakologisch inaktiv anzusehen sind. Die Pharmakokinetik von Duloxetin bei Patienten mit geringem CYP2D6-Metabolismus wurde nicht speziell untersucht. Eine begrenzte Anzahl an Daten lässt vermuten, dass der Plasmaspiegel von Duloxetin bei diesen Patienten höher ist.
- Elimination: Die Eliminationshalbwertszeit nach oraler Gabe von Duloxetin bewegt sich zwischen 8 und 17 Stunden (im Mittel 12 Stunden). Nach einer intravenösen Dosis lag die Plasma-Clearance von Duloxetin zwischen 22 l/h und 46 l/h (im Mittel 36 l/h). Nach oraler Gabe betrug die Plasma-Clearance von Duloxetin zwischen 33 und 261 l/h (im Mittel 101 l/h).
- Pharmakokinetische Daten zu Duloxetin bei Patienten mit leichter oder mittelschwerer Nierenfunktionseinschränkung sind begrenzt.
- Mittelschwere Erkrankungen der Leber (Child Pugh Class B) beeinflussten die Pharmakokinetik von Duloxetin. Verglichen mit gesunden Probanden war bei Patienten mit mittelschwerer Lebererkrankung die Plasma-Clearance von Duloxetin 79 % niedriger, die terminale Halbwertszeit 2,3-mal länger und die AUC 3,7-mal größer. Die Pharmakokinetik von Duloxetin und seinen Metaboliten bei Patienten mit leichter oder schwerer Leberinsuffizienz wurde nicht untersucht.
Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Die empfohlene Dosis von Duloxetin beträgt 40 mg zweimal täglich, die unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden kann. Nach 2 bis 4 Wochen muss die Behandlung der Patientinnen bezüglich Nutzen und Verträglichkeit überprüft werden. Wenn Frauen länger als 4 Wochen noch über sie beeinträchtigende Nebenwirkungen berichten, kann die Dosis auf zweimal täglich 20 mg reduziert werden. Der Nutzen der Behandlung muss in regelmäßigen Abständen überprüft werden.
Eine Kombination von Yentreve® mit einem Beckenbodentrainings-Programm kann wirkungsvoller sein als jede einzelne Behandlungsmethode allein. Es wird daher empfohlen, ein begleitendes Beckenbodentraining in Betracht zu ziehen.
- Bei Patientinnen mit leichter oder mittelschwerer Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance 30 bis 80 ml/min) ist keine Dosisanpassung notwendig.
- Die Behandlung von älteren Patientinnen sollte mit Vorsicht erfolgen.
- Die Verträglichkeit und Wirksamkeit von Duloxetin wurden bei Kindern und Jugendlichen nicht untersucht. Daher wird die Anwendung in diesen Altersgruppen nicht empfohlen.
- Wird Duloxetin nach einer Einnahmezeit von mehr als einer Woche abgesetzt, wird im Allgemeinen empfohlen, vor dem Absetzen die Dosis über zwei Wochen ausschleichend zu reduzieren (von 40 mg zweimal täglich auf entweder 40 mg einmal täglich oder 20 mg zweimal täglich), um das Risiko möglicher Absetzphänomene zu minimieren.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen den arzneilich wirksamen Bestandteil oder einen der sonstigen Bestandteile.
- Lebererkrankung, die zu einer Leberfunktionseinschränkung führt.
- Schwangerschaft und Stillzeit.
- Duloxetin darf nicht in Kombination mit nichtselektiven, irreversiblen Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmern) wegen der Gefahr verstärkter Nebenwirkungen (Serotonin-Syndroms) sowie in Kombination mit CYP1A2-Inhibitoren wie Fluvoxamin, Ciprofloxacin oder Enoxacin angewendet werden, da diese Kombinationen zu erhöhten Plasmaspiegeln von Duloxetin führen.
Unerwünschte Wirkungen
Die Sicherheit von Duloxetin wurde in vier plazebokontrollierten klinischen Studien über jeweils 12 Wochen an Patientinnen mit Belastungsinkontinenz untersucht: insgesamt erhielten 958 Patientinnen Duloxetin und 955 Patientinnen Plazebo.
Die Nebenwirkungen traten meistens innerhalb der ersten Behandlungswoche auf. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren in der Mehrzahl leicht bis mittelschwer und verschwanden innerhalb von 30 Tagen nach ihrem Auftreten (z. B. Übelkeit).
Die häufigsten Nebenwirkungen waren Übelkeit, trockener Mund, Müdigkeit, Schlaflosigkeit und Obstipation. Nach Beendigung der Duloxetin-Einnahme trat als häufige Nebenwirkung Schwindel (> 5 %) auf.
Nebenwirkungen nach Häufigkeit (sehr häufig > 10%, häufig > 1% und < 10%) und gelegentlich (> 0,1% und < 1%):
- Psychiatrische Erkrankungen: sehr häufig: Schlaflosigkeit; häufig: Schlafstörungen, Angst, Libidoverminderung, Anorgasmie; gelegentlich: Libidoverlust
- Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: sehr häufig: Übelkeit, trockener Mund, Obstipation; häufig: Diarrhö, Erbrechen, Dyspepsie
- Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort: sehr häufig: Müdigkeit; häufig: Lethargie, Pruritus, Schwäche
- Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen: häufig: Appetitlosigkeit, verminderter Appetit, Durst
- Erkrankungen des Nervensystems: häufig: Kopfschmerzen, Schwindel (ausgenommen Vertigo), Schläfrigkeit, Tremor, unscharfes Sehen, Nervosität
- Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes: häufig: vermehrtes Schwitzen In plazebokontrollierten klinischen Studien über einen Behandlungszeitraum von bis zu 12 Wochen wurde unter Duloxetin-Behandlung ein geringfügiger mittlerer Anstieg der GOT, GPT und CPK (entsprechend: 2,1 U/l, 1,3 U/l und 5,8 U/l) von der Basiserhebung bis zum Endpunkt beobachtet; selten wurden bei mit Duloxetin behandelten Patientinnen vorübergehende anomale Werte dieser Parameter häufiger gemessen als bei den mit Plazebo behandelten Patientinnen.
Wechselwirkungen
- Wegen des Risikos eines Serotonin-Syndroms darf Duloxetin, wie erwähnt, nicht in Kombination mit nichtselektiven, irreversiblen Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmern) oder innerhalb der ersten 14 Tage nach Beendigung der Behandlung mit einem MAO-Hemmer eingenommen werden. Aufgrund der Halbwertszeit von Duloxetin müssen mindestens 5 Tage nach Beendigung der Duloxetin-Einnahme vergehen, bevor mit der Einnahme eines MAO-Hemmers begonnen wird.
- In seltenen Fällen wurde ein Serotonin-Syndrom bei Patientinnen berichtet, die gleichzeitig SSRIs mit serotonergen Arzneimitteln eingenommen haben. Vorsicht ist deshalb geboten, wenn Duloxetin gleichzeitig mit serotonergen Antidepressiva (wie SSRIs), trizyklischen Antidepressiva (wie Clomipramin oder Amitriptylin), Venlafaxin oder Triptanen, Tramadol und Tryptophan eingenommen wird.
- Bei Kombination von Duloxetin mit anderen zentral wirksamen Arzneimitteln oder Substanzen, einschließlich Alkohol und Sedativa (Benzodiazepinen, Opiaten, Antipsychotika, Phenobarbital, sedativen Antihistaminika) ist Vorsicht geboten.
- Da CYP1A2 am Metabolismus von Duloxetin beteiligt ist, ist es wahrscheinlich, dass eine gleichzeitige Anwendung von Duloxetin mit starken CYP1A2Inhibitoren zu einer höheren Konzentration von Duloxetin führen kann. Deshalb darf Duloxetin nicht gleichzeitig mit einem potenten Inhibitor von CYP1A2, wie Fluvoxamin, angewendet werden. Möglicherweise kann es zu weiteren Wechselwirkungen mit CYP1A2-Substraten kommen.
- Vorsicht ist geboten, wenn Duloxetin zusammen mit Arzneimitteln angewendet wird, die vorwiegend über CYP2D6 metabolisiert werden, wenn diese eine geringe therapeutische Breite aufweisen.
- Orale Kontrazeptiva und andere steroidale Arzneimittel: Ergebnisse von Invitro-Untersuchungen zeigen, dass Duloxetin die katalytische Aktivität von CYP3A nicht induziert. Spezifische In-vivo-Arzneimittelwechselwirkungsstudien wurden nicht durchgeführt.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
- Duloxetin darf nur mit Vorsicht bei Patientinnen mit Manie in der Anamnese, diagnostizierter bipolarer affektiver Störung und/oder epileptischen Krampfanfällen angewendet werden.
- Bei der Anwendung von Duloxetin in Kombination mit Antidepressiva ist ebenfalls Vorsicht geboten. Insbesondere wird die Kombination von Duloxetin mit selektiven, reversiblen MAO-Hemmern nicht empfohlen.
- Mydriasis wurde im Zusammenhang mit der Duloxetin-Einnahme berichtet. Deshalb ist bei der Verschreibung von Duloxetin für Patientinnen mit erhöhtem Augeninnendruck oder Patientinnen mit einem Risiko für ein akutes Engwinkelglaukom Vorsicht geboten.
- Erhöhte Duloxetin-Plasmaspiegel treten bei Patientinnen mit schwerer Nierenfunktionseinschränkung auf, die eine Hämodialyse erhalten (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min). Patientinnen mit schwerer Beeinträchtigung der Nierenfunktion sind allerdings selten von einer Belastungsinkontinenz betroffen.
- Yentreve® magensaftresistente Hartkapseln enthalten Sucrose. Patientinnen mit der seltenen hereditären Fructoseintoleranz, Glucose-Galactose-Malabsorption oder Saccharase-Isomaltase-Mangel sollten dieses Arzneimittel nicht einnehmen.
- Es gibt Berichte zu abnormalen Hautblutungen wie Ekchymosen und Purpura mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (Selective Serotonin Reuptake Inhibitors, SSRI). Vorsicht ist geboten bei Patientinnen, die Antikoagulanzien und/oder Arzneimittel erhalten, die bekanntermaßen die Thrombozytenfunktion beeinflussen, und bei Patientinnen mit bekannter Blutungsneigung.
- Bei einigen Patientinnen kann es beim Absetzen von Duloxetin zu Beschwerden kommen, insbesondere, wenn die Behandlung plötzlich beendet wird.
- Selten wurde eine Hyponatriämie berichtet. Diese trat überwiegend bei älteren Patientinnen auf, die Duloxetin und andere Arzneimittel derselben Wirkstoffgruppe erhielten.
- Wie bei anderen Arzneimitteln mit ähnlicher pharmakologischer Wirkungsweise (Antidepressiva) wurden vereinzelt Fälle von Suizidgedanken und suizidalem Verhalten während einer Duloxetin-Therapie oder kurz nach Absetzen der Therapie berichtet. Ärzte sollten ihre Patientinnen ermuntern, das Auftreten von deprimierenden Gedanken oder Gefühlen jederzeit mit dem Arzt zu besprechen.
- Obwohl in kontrollierten Studien mit Duloxetin keine Beeinträchtigung der psychomotorischen und kognitiven Fähigkeiten oder des Erinnerungsvermögens aufgetreten sind, kann möglicherweise Müdigkeit mit der Anwendung einhergehen. Deshalb sollten Patientinnen bei der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr und beim Bedienen von gefährlichen Maschinen vorsichtig sein.
Schwangerschaft und Stillzeit
Daten zur Anwendung von Duloxetin bei Schwangeren liegen nicht vor. Tierexperimentelle Studien haben Reproduktionstoxizität bei einer systemischen Exposition von Duloxetin, die unterhalb der maximalen klinischen Exposition lag, gezeigt. Das potenzielle Risiko für den Menschen ist nicht bekannt. Bei Neugeborenen können Entzugssymptome auftreten, wenn die Mutter kurz vor dem Entbindungstermin Duloxetin eingenommen hat. Yentreve® ist dementsprechend während der Schwangerschaft kontraindiziert.
Duloxetin und/oder seine Metabolite gehen in die Milch von säugenden Ratten über. In einer Studie an Ratten zur peri-/postnatalen Toxizität wurden Verhaltensabnormalitäten bei den Nachkommen beobachtet. Ein Übergang von Duloxetin und/oder seinen Metaboliten in die menschliche Muttermilch wurde nicht untersucht. Yentreve® ist während der Stillzeit kontraindiziert.
Handelspräparat Yentreve®
Hersteller
Einführungsdatum
Zusammensetzung
Jede Hartkapsel enthält 40 bzw. 20 mg Duloxetin als Duloxetinhydrochlorid.
Sonstige Bestandteile
Kapselinhalt: Hypromellose, Hypromelloseacetatsuccinat, Sucrose, ZuckerStärke-Pellets, Talkum, Titandioxid (E 171), Triethylcitrat.
Kapselhülle: 40 mg: Gelatine, Natriumdodecylsulfat, Titandioxid (E 171), Indigocarmin (E 132), Eisen(III)-oxid (E 172), Eisen(III)-hydroxidoxid x H2O (E 172), essbare Bedruckungstinte schwarz.
20 mg: Gelatine, Natriumdodecylsulfat, Titandioxid (E 171), Indigocarmin (E 132), essbare Bedruckungstinte schwarz.
Essbare Bedruckungstinte: synthetisches Eisen(II,III)-oxid (E 172), Propylenglycol, Schellack.
Packungsgrößen, Preise, PZN
56 Hartkapseln, Euro 64,36, PZN 3364369;
56 Hartkapseln, Euro 64,36, PZN 3364470;
98 Hartkapseln, Euro 102,49, PZN 3364487
Indikation
Zur Behandlung von Frauen mit mittelschwerer bis schwerer Belastungs(harn) inkontinenz
Dosierung
40 mg zweimal täglich, unabhängig von den Mahlzeiten. Wenn Frauen länger als 4 Wochen noch beeinträchtigende Nebenwirkungen wahrnehmen, kann die Dosis auf zweimal täglich 20 mg reduziert werden.
Kontraindikationen
Lebererkrankung, die zu einer Leberfunktionseinschränkung führt; Schwangerschaft und Stillzeit; Kombination mit nichtselektiven, irreversiblen Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmern); Kombination mit CYP1A2-Inhibitoren.
Unerwünschte Wirkungen
Sehr häufig: Schlaflosigkeit; Übelkeit, trockener Mund, Obstipation; Müdigkeit. Häufig: Schlafstörungen, Angst, Libidoverminderung, Anorgasmie; häufig: Diarrhö, Erbrechen, Dyspepsie; Lethargie, Pruritus, Schwäche; Appetitlosigkeit, verminderter Appetit, Durst; Kopfschmerzen, Schwindel (ausgenommen Vertigo), Schläfrigkeit, Tremor, unscharfes Sehen, Nervosität; vermehrtes Schwitzen
Wechselwirkungen
Aufgrund der Halbwertszeit von Duloxetin müssen mindestens fünf Tage nach Beendigung der Duloxetin-Einnahme vergehen, bevor mit der Einnahme eines MAOHemmers begonnen wird. Vorsicht ist geboten, wenn Duloxetin gleichzeitig mit serotonergen Antidepressiva, trizyklischen Antidepressiva, Venlafaxin oder Triptanen, Tramadol und Tryptophan eingenommen wird.
Bei Kombination von Duloxetin mit anderen zentral wirksamen Arzneimitteln oder Substanzen, einschließlich Alkohol und Sedativa, ist Vorsicht geboten. Duloxetin darf nicht gleichzeitig mit einem potenten Inhibitor von CYP1A2, wie Fluvoxamin, angewendet werden. Vorsicht ist geboten, wenn Duloxetin zusammen mit Arzneimitteln angewendet wird, die vorwiegend über CYP2D6 metabolisiert werden, wenn diese eine geringe therapeutische Breite aufweisen.
Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme
Duloxetin darf nur mit Vorsicht bei Patientinnen mit Manie in der Anamnese, diagnostizierter bipolarer affektiver Störung und/oder epileptischen Krampfanfällen angewendet werden. Die Kombination von Duloxetin mit selektiven, reversiblen MAO-Hemmern wird nicht empfohlen. Bei Patientinnen mit erhöhtem Augeninnendruck oder Patientinnen mit einem Risiko für ein akutes Engwinkelglaukom ist Vorsicht geboten. Vorsicht ist auch geboten bei Patientinnen, die Antikoagulanzien und/oder Arzneimittel erhalten, die bekanntermaßen die Thrombozytenfunktion beeinflussen und bei Patientinnen mit bekannter Blutungsneigung.
Kurz zusammengefasst
Duloxetin (Yentreve®) ist seit Anfang September in Deutschland zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Belastungsinkontinenz von Frauen zugelassen, die Indikation als Antidepressivum ist beantragt. Da die Substanz zur Behandlung der Harninkontinenz nur bei Frauen getestet wurde, ist sie nur für diese Zielgruppe zugelassen. In den USA ist Duloxetin unter dem Warenzeichen Cymbalta™ als Antidepressivum und bei schmerzhafter diabetischer Neuropathie auf dem Markt.
Es wird zweimal täglich in einer Dosis von 40 mg eingenommen. Duloxetin hemmt im zentralen Nervensystem die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin. Es soll ferner die Wiederaufnahme der beiden Neurotransmitter im sakralen Rückenmark (am präsynaptischen Neuron im so genannten Onuf-Nukleus) hemmen und somit deren Konzentration im synaptischen Spalt erhöhen. Dies steigerte im Tierversuch den Tonus der quergestreiften Muskulatur des Harnröhrenschließmuskels während der Speicherphase des Miktionszyklus. Beim Menschen wird ein ähnlicher Mechanismus angenommen, der zu einem stärkeren Verschluss der Harnröhre führt und damit dem unfreiwilligen Harnabgang vorbeugt.
Die Pharmakokinetik von Duloxetin schwankt interindividuell stark. Die absolute Bioverfügbarkeit liegt zwischen 32 und 80 Prozent; maximale Plasmaspiegel werden nach sechs Stunden erreicht. Der Arzneistoff wird hauptsächlich über die Enzyme CYP2D6 und CYP1A2 in der Leber metabolisiert und renal mit einer Halbwertszeit zwischen 8 und 17 Stunden ausgeschieden. Bei Leberinsuffizienz darf Duloxetin nicht eingesetzt werden.
Weil die gleichzeitige Einnahme von CYP1A2-Hemmern wie Fluvoxamin, Ciprofloxacin und Enoxacin zu einem deutlichen Anstieg der Serumkonzentration führt, ist diese kontraindiziert. Wegen der Gefahr eines Serotonin-Syndroms darf Duloxetin nicht in Kombination mit nichtselektiven, irreversiblen MonoaminoxidaseHemmern (MAO-Hemmern) oder innerhalb der ersten 14 Tage nach Beendigung der Behandlung mit einem MAO-Hemmer eingenommen werden. Auch ist Vorsicht geboten, wenn Duloxetin mit anderen Antidepressiva (SSRI, Trizyklika), Triptanen oder Tramadol eingenommen wird.
In vier Studien über zwölf Wochen wurde die Wirkung von Duloxetin bei 1913 Frauen (im Alter von 22 bis 83 Jahren) mit einer Belastungsinkontinenz untersucht; von diesen erhielten randomisiert 958 Patientinnen Duloxetin und 955 Patientinnen Plazebo. Als Erfolgskriterien dienten die Reduktion der Inkontinenzhäufigkeit und die Verbesserung der Lebensqualität. In allen vier Studien nahm die Anzahl der Inkontinenzepisoden bei den mit Duloxetin behandelten Patientinnen um mindestens 50% ab, im Vergleich zu 33% in der mit Plazebo behandelten Gruppe.
Signifikant größer war der Nutzen für Frauen mit schwerer Inkontinenz, die zu Beginn mehr als 14 Episoden pro Woche Angaben (Rückgang der Häufigkeit um 56 versus 27 Prozent). Die Unterschiede waren nach vier Wochen deutlich erkennbar. Die Frauen der Verumgruppe gaben in allen Studien eine signifikant bessere Lebensqualität an. In einer 12-wöchigen, verblindeten, randomisierten, kontrollierten Studie reduzierte Duloxetin die Inkontinenz stärker als Plazebo oder Beckenbodentraining allein. Am besten schnitt die kombinierte Behandlung Duloxetin und Beckenbodentraining ab. Häufigste Nebenwirkung von Duloxetin war Übelkeit, die bei jeder fünften Frau vorübergehend auftrat und häufigster Grund für einen Abbruch der Behandlung war. Weitere Nebeneffekte waren Schlaflosigkeit, trockener Mund, Müdigkeit und Obstipation. In den Kurzzeitstudien brach jede dritte Frau die Behandlung wegen der Nebenwirkungen ab, bei längerer Einnahme sogar jede dritte. Als bedrohlicher Nebeneffekt traten, ähnlich wie bei anderen Serotonin-Wiederaufnahmehemmern, Suizidgedanken auf.