Aripiprazol

Aripiprazol 

ATC-Code

N: Nervensystem

N05: Psycholeptika

N05A: Antipsychotika

N05AX: Andere Antipsychotika

N05AX12: Aripiprazol

Wirkungsmechanismus

Aripiprazol ähnelt in seiner chemischen Struktur den atypischen Neuroleptika Risperidon und Ziprasidon, hat aber einen anderen Wirkungsmechanismus.Während die bisher verfügbaren Atypika Clozapin, Risperidon, Olanzapin, Quetiapin und Ziprasidon als volle Antagonisten am Dopamin-D2-Rezeptor und an anderen Rezeptoren wirken, zeigt Aripiprazol partiell agonistische Wirkungen am D2- und Serotonin-5-HT1A-Rezeptor. Dadurch wirkt Aripiprazol agonistisch, wenn der natürliche Botenstoff Dopamin fehlt. Ist dessen Aktivität erhöht, wirkt Aripiprazol antagonistisch. Aripiprazol hemmt also das dopaminerge System überwiegend dort, wo es überaktiv ist und zum Beispiel Wahnsymptome verursacht, und aktiviert es in Bereichen zu geringer Aktivität. Wie die anderen Atypika blockiert Aripiprazol auch den Serotonin-5-HT2A-Rezeptor.

 

Hintergrundinformation

Schizophrenie
Statistisch gesehen durchlebt jeder Hundertste mindestens einmal im Leben eine schizophrene Episode. Männer und Frauen erkranken etwa gleich häufig. Schizophrenien kommen in allen Kulturen der Welt mit gleicher Häufigkeit vor, aber das jeweilige Erscheinungsbild wechselt mit den soziokulturellen Gegebenheiten.

Schizophrenie ist eine Sammelbezeichnung für eine ganze Gruppe von psychischen Störungen, die den Psychosen zugeordnet werden. Der Begriff kommt vom Griechischen schizo = spalten und phren = Zwerchfell (für die Griechen Sitz der Seele). Mit diesem Begriff wird das Vorliegen von für Gesunde unvereinbarem Denkinhalt und Affekt zum Ausdruck gebracht (so genannte Parathymie): Der Schizophrene trägt zum Beispiel grausige Geschichten mit einem Lächeln vor oder weint bei fröhlichen Ereignissen.

Für Außenstehende wird eine schizophrene Psychose zumeist an der Wahnsymptomatik erkennbar: Ein Betroffener glaubt beispielsweise, von Außerirdischen beobachtet zu werden (Verfolgungswahn), dass seine Gedanken von anderen gehört werden können oder dass er aufgrund früherer Sünden schuld an Naturkatastrophen sei. Denken, Fühlen, Handeln und Ich-Erleben verändern sich. Vorher vertraute Dinge und Personen werden unheimlich. Die Betroffenen ziehen sich in der Folge aus Misstrauen mehr und mehr von anderen Menschen zurück. Oft fehlt die Krankheitseinsicht oder ist nur gering ausgeprägt.

Sofern bei einer akuten schizophrenen Psychose Eigen- oder Fremdgefährdung hinzukommen, kann eine zwangsweise Behandlung, also meist die Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung angeordnet werden, bis eine Besserung der Symptomatik erreicht ist.

Schizophrenien können sowohl schubweise als auch chronisch verlaufen, wobei die schubweise Verlaufsform häufiger ist. Ein Schub, also eine akute Krankheitsphase, kann mehrere Wochen oder viele Monate dauern. Danach klingt die Krankheit wieder ab, bis möglicherweise ein neuer Schub erfolgt. Zwischen den einzelnen Schüben kann es zu einer vollständigen Remission der Symptome kommen, es können aber auch Residualsymptome bleiben, zum Beispiel soziale Isolation, Beeinträchtigung der persönlichen Hygiene, auffallende Sprachmuster, Depressivität oder Antriebsmangel. Akute Schübe treten häufig in besonders belastenden und veränderungsträchtigen Lebenssituationen auf, zum Beispiel beim Auszug aus dem Elternhaus, bei Heirat, Arbeitsplatzwechsel oder Renteneintritt.

Der erste Krankheitsschub beginnt typischerweise zwischen Pubertät und dreißigstem Lebensjahr. Bei Frauen beginnt die erste schizophrene Episode in der Regel etwas später als bei Männern; so genannte Spätschizophrenien (erster Schub nach dem 40. Lebensjahr) treten hauptsächlich bei Frauen auf. Als Grund für diesen geschlechtsspezifischen Unterschied gilt eine die Erkrankung eindämmende Wirkung des weiblichen Hormons Östrogen. Die Symptome klingen in der Regel mit fortschreitendem Alter ab; akute Krankheitsepisoden werden seltener. Ersterkrankungen kommen im höheren Alter kaum noch vor.

Die Suizidgefahr ist gravierend: Rund 10% aller Erkrankten begehen Selbstmord; dies betrifft am häufigsten jüngere männliche Erkrankte.

Eine eindeutige Ursache für Schizophrenie ist bis heute nicht bekannt. Man geht derzeit von einem multifaktoriellen Modell aus. Eine genetische Komponente ist belegt: Bei einem schizophreniekranken Elternteil beträgt die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung 5 bis 10%, bei kranken Geschwistern 8 bis 10%, bei eineiigen Zwillingen 20 bis 75%. Es gibt auch Hinweise auf einen Zusammenhang von Schizophrenie mit frühkindlichen Hirnschädigungen, etwa durch Geburtskomplikationen. So weisen an Schizophrenie erkrankte Menschen eine höhere Rate an Geburtskomplikat als andere Personen auf. Eventuell spielen auch frühkindliche Virusinfektionen eine Rolle.

Hintergrundinformation

Therapiemöglichkeiten der Schizophrenie
In einer akuten Phase steht die medikamentöse Behandlung im Vordergrund. In erster Linie werden dabei Neuroleptika eingesetzt, die spezifisch auf psychotische Symptome wirken (beispielsweise Halluzinationen, auch als Plus-Symptomatik bezeichnet).

Ältere Neuroleptika haben teilweise gravierende Nebenwirkungen. Dazu gehören Dyskinesien (Bewegungsstörungen), hauptsächlich im Gesichtsbereich und an den Extremitäten, parkinsonähnliche Symptome und Bewegungsunruhe. Die modernen atypischen Neuroleptika wirken gut antipsychotisch und haben deutlich weniger Nebenwirkungen.

Die Minus-Symptomatik kann durch Neuroleptika nur unzureichend beeinflusst werden, sodass viele Betroffene Probleme im sozialen Umfeld oder im Beruf haben.

Nach der akuten Phase können soziotherapeutische Maßnahmen wie Arbeitstherapie und Ergotherapie psychisch stabilisierend wirken.

Bei etwa einem Drittel der Patienten bildet sich unter medikamentöser Behandlung die Erkrankung komplett zurück; bei einem weiteren Drittel kommt es zu Residualsymptomen und zu erneuten akuten Schüben. Dem dritten Drittel drohen schwere chronische Verläufe, bei denen erhebliche psychosoziale Einschränkungen bleiben und die Betroffenen dauerhaft psychosozial betreut werden müssen.

Pharmakokinetik

  • Resorption: Aripiprazol wird gut resorbiert, wobei maximale Plasmaspiegel innerhalb von 3 bis 5 Stunden nach der Einnahme erreicht werden. Es unterliegt einem minimalen präsystemischen Metabolismus. Die absolute orale Bioverfügbarkeit der Tablettenformulierung beträgt 87%. Eine Mahlzeit mit hohem Fettgehalt hat keine Auswirkungen auf die Pharmakokinetik von Aripiprazol.
  • Verteilung: Aripiprazol wird im gesamten Körper mit einem scheinbaren Verteilungsvolumen von 4,9 l/kg verteilt, was auf extensive extravaskuläre Verteilung deutet. Bei therapeutischen Konzentrationen wird Aripiprazol und Dehydro-Aripiprazol zu über 99% an Plasmaproteine, hauptsächlich Albumin, gebunden.
  • Stoffwechsel: Aripiprazol wird überwiegend in der Leber hauptsächlich über drei Biotransformationswege metabolisiert: Dehydrierung, Hydroxylierung und N-Dealkylierung. Die Enzyme CYP3A4 und CYP2D6 sind für die Dehydrierung und Hydroxylierung verantwortlich, die N-Dealkylierung wird durch CYP3A4 katalysiert.
  • Elimination: Die mittlere Eliminationshalbwertszeit liegt bei annähernd 75 Stunden für Aripiprazol bei extensiven Metabolisierern und bei annähernd 146 Stunden bei ,,schlechten" (= ,,poor") Metabolisierern. Nach oraler Gabe einer Einzeldosis von 14C-markiertem Aripiprazol wurden ca. 27% der gegebenen Radioaktivität im Urin und annähernd 60% in den Fäzes gefunden. Weniger als 1% Aripiprazol wurde unverändert im Urin ausgeschieden, und ca. 18% wurden unverändert in den Fäzes gefunden.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Die empfohlene Anfangs- und Erhaltungsdosis beträgt 15 mg/Tag einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten. Aripiprazol ist in einem Dosisbereich zwischen 15 und 30 mg/Tag wirksam. Eine gesteigerte Wirksamkeit bei Dosierungen über der empfohlenen Tagesdosis von 15 mg wurde nicht nachgewiesen, obwohl einzelne Patienten von einer höheren Dosis profitieren können. Die Maximaldosis sollte daher 30 mg nicht überschreiten.

  • Aripiprazol wurde bei Patienten unter 18 Jahren nicht untersucht.
  • Bei Patienten mit leichter bis mäßiger Leberinsuffizienz ist keine Dosisanpassung erforderlich. Die vorhandenen Daten reichen jedoch nicht aus, um bei Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz Dosierungsempfehlungen festzulegen. Bei diesen Patienten sollte eine vorsichtige Dosierung erfolgen. Auch die Maximaldosis von 30 mg sollte bei Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz allenfalls unter entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen angewendet werden.
  • Bei Patienten mit Niereninsuffizienz ist keine Dosisanpassung erforderlich.
  • Die Wirksamkeit von Aripiprazol in der Behandlung von Schizophrenie bei Patienten über 65 Jahre wurde nicht nachgewiesen. Mit Rücksicht auf die größere Empfindlichkeit dieser Patientengruppe sollte eine niedrigere Initialdosis in Betracht gezogen werden, wenn klinische Faktoren dies rechtfertigen.
  • Wenn hochwirksame CYP3A4- oder CYP-2D6-Inhibitoren mit Aripiprazol zusammen gegeben werden, sollte die Aripiprazol-Dosis reduziert werden. Wenn der CYP3A4- oder CYP2D6-Inhibitor aus der Kombinationstherapie abgesetzt wird, sollte die Aripiprazol-Dosis gesteigert werden. Wenn andererseits hochwirksame CYP3A4-Induktoren mit Aripiprazol zusammen gegeben werden, sollte die Aripiprazol-Dosis gesteigert werden. Wenn der CYP3A4-Induktor aus der Kombinationstherapie abgesetzt wird, sollte die Aripiprazol-Dosis auf die empfohlene Dosis reduziert werden.

Kontraindikationen

Aripiprazol ist kontraindiziert bei Patienten mit Überempfindlichkeit gegen Aripiprazol oder einen der sonstigen Bestandteile.

Unerwünschte Wirkungen

Die folgenden Nebenwirkungen traten häufiger (> 1/100) auf als unter Plazebo oder wurden als mögliche medizinisch relevante Nebenwirkungen des Arzneimittels (*) eingestuft:

  • häufig (>1/100, <1/10): Benommenheit, Schlaflosigkeit, Akathisie, Schläfrigkeit, Tremor; verschwommenes Sehen; Übelkeit, Erbrechen, Dyspepsie, Verstopfung; Kopfschmerzen, Asthenie
  • gelegentlich (>1/1.000, <1/100): Tachykardie*; orthostatische Hypotonie*
  • andere Befunde: unerwünschte Wirkungen, die bekanntermaßen mit einer antipsychotischen Therapie im Zusammenhang stehen und die auch während der Behandlung mit Aripiprazol auftraten, umfassen malignes neuroleptisches Syndrom, Spätdyskinesie und Krampfanfälle.
  • extrapyramidale Symptome (EPS): In einer kontrollierten Langzeitstudie über 52 Wochen trat bei Patienten, die mit Aripiprazol behandelt wurden, eine insgesamt geringere Inzidenz (27,1%) von EPS einschließlich Parkinsonismus, Akathisie und Dystonie auf, verglichen mit Patienten, die Haloperidol erhielten (59,2%). In einer plazebokontrollierten Langzeitstudie über 26 Wochen betrug die Inzidenz von EPS 20,3% bei Patienten unter Aripiprazol-Behandlung und 13,1% bei Patienten unter Plazebo-Therapie. In einer anderen kontrollierten Langzeitstudie über 26 Wochen betrug die Inzidenz von EPS 16,8% bei Patienten, die mit Aripiprazol behandelt wurden, und 15,7% bei Patienten unter OlanzapinTherapie. Ein Vergleich zwischen den Patientengruppen unter der Behandlung mit Aripiprazol und Plazebo, bei denen potenziell klinisch signifikante Veränderungen der routinemäßig kontrollierten Laborparameter auftraten, ergab keine medizinisch bedeutsamen Unterschiede.

Wechselwirkungen

  • Aufgrund seines alpha1-adrenergen Rezeptorantagonismus kann Aripiprazol die Wirkung bestimmter antihypertensiver Wirkstoffe verstärken.
  • Aufgrund der primären Wirkung von Aripiprazol auf das Zentralnervensystem ist Vorsicht geboten, wenn Aripiprazol in Kombination mit Alkohol oder anderen zentral wirksamen Arzneimitteln mit sich überlagernden Nebenwirkungen wie Sedierung eingenommen wird.
  • Aripiprazol wird über verschiedene Wege unter Beteiligung der Enzyme CYP2D6 und CYP3A4, aber nicht der CYP1A-Enzyme, metabolisiert. Daher ist bei Rauchern keine Dosisanpassung erforderlich.
  • In einer klinischen Studie mit gesunden Probanden steigerte ein hochwirksamer CYP2D6-Inhibitor (Chinidin) die AUC von Aripiprazol um 107%, während die Cmax unverändert blieb. Die AUC und Cmax von Dehydro-Aripiprazol, dem aktiven Metaboliten, verringerte sich um 32% bzw. 47%. Die Aripiprazol-Dosis sollte daher auf etwa die Hälfte der verschriebenen Dosis verringert werden, wenn Aripiprazol zusammen mit Chinidin gegeben wird. Es ist zu erwarten, dass andere hochwirksame Inhibitoren von CYP2D6, wie Fluoxetin und Paroxetin, ähnliche Effekte haben, und deshalb sollten ähnliche Dosisreduktionen vorgenommen werden.
  • In einer klinischen Studie mit gesunden Probanden steigerte ein hochwirksamer Inhibitor von CYP3A4 (Ketoconazol) die AUC und Cmax von Aripiprazol um 63% bzw. 37%. Die AUC und Cmax von Dehydro-Aripiprazol stiegen um 77% bzw. 43%.
  • Bei bezüglich CYP2D6 ,,schlechten" (= ,,poor") Metabolisierern kann die gemeinsame Anwendung mit hochwirksamen Inhibitoren von CYP3A4 zu höheren Plasmakonzentrationen von Aripiprazol im Vergleich zu CYP2D6-extensiven Metabolisierern führen.
  • Wenn man die gemeinsame Gabe von Ketoconazol oder anderen hochwirksamen CYP3A4-Inhibitoren mit Aripiprazol in Betracht zieht, sollte der potenzielle Nutzen die potenziellen Risiken für den Patienten überwiegen. Wenn Ketoconazol zusammen mit Aripiprazol gegeben wird, sollte die Aripiprazol-Dosis auf ungefähr die Hälfte der verschriebenen Dosis reduziert werden. Andere hochwirksame Inhibitoren von CYP3A4, wie Itraconazol und HIV-Proteaseinhibitoren, dürften ähnliche Wirkungen haben, und deshalb sollten ähnliche Dosisreduktionen vorgenommen werden. Nach Absetzen des CYP2D6- oder 3-A4-Inhibitors sollte die Dosierung von Aripiprazol wieder auf die Dosishöhe vor Beginn der Begleittherapie angehoben werden.
  • Nach gemeinsamer Anwendung mit Carbamazepin, einem hochwirksamen Induktor von CYP3A4, waren die geometrischen Mittel der Cmax und AUC von Aripiprazol um 68% bzw. 73% niedriger im Vergleich zur Monotherapie mit Aripiprazol (30 mg). Die Aripiprazol-Dosis sollte bei gemeinsamer Gabe von Aripiprazol mit Carbamazepin verdoppelt werden. Es ist zu erwarten, dass andere hochwirksame Induktoren von CYP3A4 (wie Rifampicin, Rifabutin, Phenytoin, Phenobarbital, Primidon, Efavirenz, Nevirapin und Johanniskraut) ähnliche Wirkungen haben, und deshalb sollten ähnliche Dosiserhöhungen vorgenommen werden. Nach Absetzen der hochwirksamen CYP3A4-Induktoren sollte die Dosierung von Aripiprazol auf die empfohlene Dosis reduziert werden.
  • In klinischen Studien zeigten Dosen von 10 bis 30 mg Aripiprazol pro Tag keinen signifikanten Effekt auf den Metabolismus der Substrate von CYP2D6 (Dextromethorphan/3-Methoxymorphinan-Ratio), -2C9 (Warfarin), -2C19 (Omeprazol) und -3A4 (Dextromethorphan). Außerdem zeigten Aripiprazol und DehydroAripiprazol in vitro kein Potenzial für eine Veränderung des über CYP1A2 vermittelten Stoffwechsels. Daher ist nicht zu erwarten, dass Aripiprazol klinisch bedeutsame Arzneimittelinteraktionen über diese Enzyme verursacht.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Während der Behandlung mit einem Antipsychotikum kann es mehrere Tage bis zu einigen Wochen dauern, bis sich der klinische Zustand des Patienten bessert. Die Patienten sollten in dieser Zeit durchgängig engmaschig überwacht werden.
  • Spätdyskinesien: In Prä-Marketing Studien, die ein Jahr oder weniger dauerten, gab es gelegentliche Berichte über während der Behandlung mit Aripiprazol auftretende Dyskinesien. Wenn bei einem mit Aripiprazol behandelten Patienten Anzeichen bzw. Symptome einer Spätdyskinesie auftreten, sollte in Erwägung gezogen werden, die Dosis zu reduzieren oder die Behandlung abzubrechen. Nach Abbruch der Behandlung können sich diese Symptome kurzzeitig verschlechtern oder sogar erst auftreten.
  • Malignes neuroleptisches Syndrom (MNS): MNS ist ein potenziell tödlicher Symptomkomplex, der mit der Einnahme von Antipsychotika in Zusammenhang gebracht wird. In Prä-Marketing-Studien wurden seltene Fälle von MNS während der Behandlung mit Aripiprazol berichtet. Wenn ein Patient Anzeichen und Symptome entwickelt, die auf ein MNS hindeuten, oder unklares hohes Fieber ohne eine zusätzliche klinische Manifestation von MNS hat, müssen alle Antipsychotika, einschließlich Aripiprazol, abgesetzt werden.
  • Krampfanfälle: In Prä-Marketing-Studien wurden gelegentlich Fälle von Krampfanfällen während der Behandlung mit Aripiprazol berichtet. Daher sollte Aripiprazol bei Patienten mit Krampfanfällen in der Anamnese oder bei Zuständen, die mit Krampfanfällen im Zusammenhang stehen, mit Vorsicht angewendet werden.
  • Wie bei anderen Antipsychotika sollten die Patienten davor gewarnt werden, gefährliche Maschinen, einschließlich Kraftfahrzeuge, zu bedienen, bis sie sicher sind, dass Aripiprazol auf sie keinen negativen Einfluss hat.

Schwangerschaft und Stillzeit

Es liegen keine ausreichenden und kontrollierten Studien mit Aripiprazol bei schwangeren Frauen vor. In Tierstudien konnten potenzielle Störungen der intrauterinen Entwicklung nicht ausgeschlossen werden. Den Patientinnen sollte geraten werden, ihren Arzt zu benachrichtigen, wenn sie schwanger werden oder eine Schwangerschaft während der Behandlung mit Aripiprazol planen. Aufgrund der unzureichenden Datenlage zur Sicherheit beim Menschen und aufgrund der in den Reproduktionsstudien beim Tier entstandenen Bedenken darf dieses Arzneimittel in der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, der mögliche Nutzen rechtfertigt eindeutig das potenzielle Risiko für den Fötus. Aripiprazol wurde bei laktierenden Ratten in die Milch ausgeschieden. Da nicht bekannt ist, ob Aripiprazol beim Menschen in die Milch ausgeschieden wird, sollte den Patientinnen geraten werden, während der Einnahme von Aripiprazol nicht zu stillen.

Handelspräparat Abilify® 

Hersteller

Einführungsdatum

Zusammensetzung

1 Tablette enthält 10, 15 bzw. 30 mg Aripiprazol.

Sonstige Bestandteile

Lactose-Monohydrat, Maisstärke, mikrokristalline Cellulose, Hyprolose, Magnesiumstearat, Eisen(III)-oxid (E 172).

Packungsgrößen, Preise, PZN

Abilify 10 mg:
14 Stück, Euro 96,54, PZN 3205872;
49 Stück, Euro 299,83, PZN 3205889.
Abilify 15 mg:
14 Stück, Euro 96,54, PZN 3205903;
49 Stück, Euro 299,83, PZN 3205926;
98 Stück, Euro 578,64, PZN 3205932.
Abilify 30 mg:
14 Stück, Euro 157,62, PZN 3205949;
49 Stück, Euro 503,37, PZN 3205955.

Indikation

Zur Behandlung von Erkrankungen mit schizophrener Symptomatik bei Erwachsenen

Dosierung

Anfangs- und Erhaltungsdosis: 15 mg/Tag, einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten. Die Maximaldosis sollte 30 mg nicht überschreiten.

Kontraindikationen

Aripiprazol ist kontraindiziert bei Patienten mit Überempfindlichkeit gegen Aripiprazol oder einen der sonstigen Bestandteile.

Unerwünschte Wirkungen

Benommenheit, Schlaflosigkeit, Akathisie, Schläfrigkeit, Tremor; verschwommenes Sehen; Übelkeit, Erbrechen, Dyspepsie, Verstopfung; Kopfschmerzen, Asthenie, Tachykardie; orthostatische Hypotonie

Wechselwirkungen

Aufgrund seines alpha1-adrenergen Rezeptorantagonismus kann Aripiprazol die Wirkung bestimmter antihypertensiver Wirkstoffe verstärken. Aufgrund der primären Wirkung von Aripiprazol auf das Zentralnervensystem ist Vorsicht geboten, wenn Aripiprazol in Kombination mit Alkohol oder anderen zentral wirksamen Arzneimitteln mit sich überlagernden Nebenwirkungen wie beispielsweise Sedierung eingenommen wird. Die Aripiprazol-Dosis sollte auf etwa die Hälfte der verschriebenen Dosis verringert werden, wenn Aripiprazol zusammen mit Chinidin oder anderen hochwirksamen Inhibitoren von CYP2D6 wie Fluoxetin und Paroxetin eingenommen wird. Bei hinsichtlich CYP2D6 ,,schlechten" (= ,,poor") Metabolisierern kann die gemeinsame Anwendung mit hochwirksamen Inhibitoren von CYP3A4 zu höheren Plasmakonzentrationen von Aripiprazol im Vergleich zu CYP2D6-extensiven Metabolisierern führen. Wenn Ketoconazol oder andere hochwirksame CYP3A4-Inhibitoren wie Itraconazol und HIV-Proteaseinhibitoren zusammen mit Aripiprazol eingenommen werden sollen, sollte die Aripiprazol-Dosis auf ungefähr die Hälfte der verschriebenen Dosis reduziert werden. Die Aripiprazol-Dosis sollte andererseits bei gemeinsamer Gabe von Aripiprazol mit Carbamazepin verdoppelt werden. Es ist zu erwarten, dass andere hochwirksame Induktoren von CYP3A4 (wie Rifampicin, Rifabutin, Phenytoin, Phenobarbital, Primidon, Efavirenz, Nevirapin und Johanniskraut) ähnliche Wirkungen haben, und deshalb sollten ähnliche Dosiserhöhungen vorgenommen werden.

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Wenn ein Patient Anzeichen bzw. Symptome entwickelt, die auf ein malignes neuroleptisches Syndrom (MNS) hindeuten, oder unklares hohes Fieber ohne eine zusätzliche klinische Manifestation von MNS hat, müssen alle Antipsychotika, einschließlich Aripiprazol, abgesetzt werden. Aripiprazol sollte bei Patienten mit Krampfanfällen in der Anamnese oder bei Zuständen, die mit Krampfanfällen im Zusammenhang stehen, mit Vorsicht angewendet werden.

Literatur

Jeffrey A. Lieberman: Dopamine partial agonists. A new class of antipsychotic. CNS Drugs 2004; 18 (4):251 - 267.

Kasper, S., M. N. Lerman, R. D. McQuade, A. R. Saha, W. H. Carson, M. Ali, D. Archibald, G. W. Ingenitoon, R. Marcus and T. Pigott: Efficacy and safety of aripiprazole vs. haloperidol for long-term maintenance treatment following acute relapse of schizophrenia. Int. J. Neuropsychopharmacol. 2003; 6:325 337.

Pigott, T. A., W. H. Carson, A. R. Saha, A. F. Torbeyns, E. G. Stock, and G. G. Ingenitoon, for the Aripiprazole Study Group: Aripiprazole for the prevention of relapse in stabilized patients with chronic schizophrenia: a placebocontrolled 26-week study. J. Clin. Psychiatry 2003; 64:1048 - 1056. Casey, D. E., W. H. Carson, A. R. Saha, A. Liebeskind, M. W. Ali, D. Jody, G. G. Ingenitoon behalf of the Aripiprazole Study Group: Switching patients to aripiprazole from other antipsychotic. Psychopharmacology (2003); 166: 391 - 399.

Marder, S. R., R. D. McQuade, E. Stock, S. Kaplita, R. Marcusc, A. Z. Safferman, A. R. Saha, M. W. Ali, T. Iwamoto: Aripiprazole in the treatment of schizophrenia: safety and tolerability in short-term, placebo-controlled trials. Schizophrenia Research 2003; 61:

123 - 136.

 

Kurz zusammengefasst 

Aripiprazol (Abilify®) ist ein neues atypisches Neuroleptikum zur Therapie der Schizophrenie bei Erwachsenen. Als Anfangs- und Erhaltungsdosis werden 15 mg Aripiprazol einmal täglich empfohlen.

Aripiprazol ähnelt in seiner chemischen Struktur den atypischen Neuroleptika Risperidon und Ziprasidon, hat aber einen anderen Wirkungsmechanismus. Während die bisher verfügbaren Atypika Clozapin, Risperidon, Olanzapin, Quetiapin und Ziprasidon als volle Antagonisten am Dopamin-D2-Rezeptor und an anderen Rezeptoren wirken, zeigt Aripiprazol partiell agonistische Wirkungen am D2- und Serotonin-5-HT1A-Rezeptor. Dadurch wirkt Aripiprazol agonistisch, wenn der natürliche Botenstoff Dopamin fehlt. Ist dessen Aktivität erhöht, wirkt Aripiprazol dagegen antagonistisch. Aripiprazol hemmt also das dopaminerge System überwiegend dort, wo es überaktiv ist und zum Beispiel Wahnsymptome verursacht, und aktiviert es in Bereichen zu geringer Aktivität. Wie die anderen Atypika blockiert Aripiprazol auch den Serotonin-5-HT2A-Rezeptor. Aripiprazol bessert bei Schizophrenie-Patienten die Positivsymptome wie Wahnvorstellungen und Paranoia mindestens ebenso gut wie die bisher verfügbaren atypischen Neuroleptika Olanzapin und Risperidon sowie das "klassische" Neuroleptikum Haloperidol, wird aber von vielen Patienten besser vertragen. Die Negativsymptome bessert Aripiprazol stärker als Haloperidol. Auch die Compliance ist mit Aripiprazol besser als mit Haloperidol.

Die häufigsten Nebenwirkungen sind Benommenheit, Schläfrigkeit, Akathisie, Tremor, verschwommenes Sehen, Kopfschmerzen und gastrointestinale Symptome. Extrapyramidale Nebenwirkungen treten vergleichbar häufig auf wie unter einer Behandlung mit Olanzapin und seltener als unter einer Therapie mit Haloperidol (27 versus 58 Prozent der Patienten). Eine klinisch relevante Gewichtszunahme - ein häufiger Begleiteffekt einer antipsychotischen Therapie - kam unter der Behandlung mit Aripiprazol nicht oder deutlich seltener als unter OlanzapinTherapie vor.

Der Wirkstoff wird nach peroraler Gabe gut resorbiert und intensiv in der Leber über CYP3A4 und -2D6 verstoffwechselt. Daraus ergibt sich ein erhebliches Wechselwirkungspotenzial. Wird Aripiprazol gemeinsam mit potenten CYP2D6Hemmstoffen, zum Beispiel Chinidin, Fluoxetin oder Paroxetin gegeben, muss die Dosis etwa halbiert werden. Gleiches gilt bei paralleler Gabe von Ketoconazol oder HIV-Protease-Inhibitoren, die CYP3A4 blockieren. Bei Gabe von 3A4Induktoren wie Carbamazepin, Rifampicin, Phenytoin oder Johanniskraut muss die Dosis dagegen erhöht werden.

Copyright

Datenstand