Fulvestrant

Fulvestrant 

ATC-Code

L: Antineoplastische und immunmodulierende Mittel

L02: Endokrine Therapie

L02B: Hormonantagonisten und verwandte Mittel

L02BA: Antiestrogene

L02BA03: Fulvestrant

Wirkungsmechanismus

Fulvestrant ist ein reiner Estrogen-Rezeptorantagonist, der sich in seinem Wirkmechanismus von den selektiven Estrogen-Rezeptormodulatoren (SERM) wie Tamoxifen unterscheidet. Fulvestrant bindet an Estrogenrezeptoren und blockiert diese vollständig. Im Gegensatz zu Tamoxifen weist es keine partiell agonistischen Eigenschaften auf.

Fulvestrant bindet mit höherer Affinität an den Rezeptor als Tamoxifen. Die neue Substanz verhindert durch eine lange Seitenkette Konformationsänderungen des Rezeptors und blockiert damit die Aktivierung der Transkriptions-Aktivierungsfaktoren AF-1 und AF-2. Außerdem verhindert Fulvestrant die Dimerisierung des Estrogenrezeptors, ohne die dieser nicht voll aktiv werden kann. Der Fulvestrant-Rezeptor-Komplex ist instabil und wird beschleunigt abgebaut (Downregulation).

 

Hintergrundinformation

Das hormonrezeptorpositive Mammakarzinom
Das hormonrezeptorpositive Mammakarzinom ist die weitaus häufigste Brustkrebsform nach den Wechseljahren. Nach der operativen Entfernung des Tumors und einer Chemotherapie entwickelt dennoch ein großer Teil der Brustkrebspatientinnen Metastasen. Die durchschnittliche Überlebenszeit liegt dann nur noch bei zwei bis drei Jahren. In diesem Stadium geht es vor allem darum, die weitere Ausbreitung der Erkrankung zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen und die Überlebenszeit bei guter Lebensqualität zu verlängern. Weil 60 Prozent der Tumoren hormonsensibel sind, werden zur Behandlung rezeptorpositiver Tumoren des metastasierten Mammakarzinoms zunächst antihormonelle Wirkstoffe eingesetzt. Dazu gehören Tamoxifen und Aromatasehemmer. Gegen diese Substanzen entwickelt der Tumor aber relativ schnell Resistenzen, und die mediane Zeit bis zur Progression beträgt durchschnittlich nur vier bis zehn Monate.

Mit Fulvestrant steht jetzt eine weitere antiendokrine Option zur Verfügung: Der Estrogenrezeptor-Antagonist ermöglicht aufgrund fehlender Kreuzresistenzen zu anderen Antiestrogenen und Aromataseinhibitoren nach der Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromatasehemmer noch einen weiteren Therapieschritt.

Pharmakokinetik

  • Resorption: Nach intramuskulärer Injektion von Faslodex® wird Fulvestrant langsam resorbiert. Im Dosierungsbereich von 50 bis 250 mg ist die Freisetzung zur Dosis proportional. Maximale Plasmakonzentrationen werden erst nach ungefähr sieben Tagen erreicht. Der Resorptionsprozess hält mehr als einen Monat lang an, und die monatliche Anwendung führt zu einer ungefähr zweifachen Akkumulation. Bei monatlichen Injektionen werden Steady-state-Konzentrationen ungefähr nach sechs Dosen erreicht. Die terminale Halbwertszeit hängt von der Resorptionsrate ab und wird auf 50 Tage geschätzt.
  • Verteilung: Fulvestrant unterliegt einer extensiven und schnellen Verteilung. Das scheinbare Verteilungsvolumen im Steady state ist groß (ungefähr 3 bis 5 l/kg), was zeigt, dass überwiegend eine extravasale Verteilung vorliegt. Fulvestrant wird in hohem Maße an Plasmaproteine gebunden (99%). Fraktionen von Lipoproteinen sehr niedriger Dichte (VLDL), Lipoproteinen niedriger Dichte (LDL) und Lipoproteinen hoher Dichte (HDL) sind die hauptsächlichen Bindungspartner.
  • Metabolismus: Der Metabolismus von Fulvestrant erfolgt durch eine Reihe verschiedener Biotransformationswege, die denen von endogenen Steroiden entsprechen. Die identifizierten Metaboliten sind in Antiestrogenmodellen entweder weniger wirksam oder zeigen eine ähnliche Aktivität wie Fulvestrant. Studien an menschlichen Leberpräparaten und rekombinanten menschlichen Enzymen zeigen, dass CYP3A4 das einzige P-450-Isoenzym ist, das an der Oxidation von Fulvestrant beteiligt ist, jedoch scheinen in vivo nicht durch P450 vermittelte Biotransformationswege zu überwiegen.
  • Elimination: Fulvestrant wird hauptsächlich durch Metabolisierung eliminiert und hauptsächlich über die Fäzes, weniger als 1% über den Urin ausgeschieden. Fulvestrant hat eine hohe Clearance, die auf ein hohes hepatisches Extraktionsverhältnis hinweist.
  • Eine leichte bis mäßige Nierenfunktionsstörung beeinflusst die Pharmakokinetik von Fulvestrant nicht in klinisch relevantem Ausmaß.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Die empfohlene Dosis beträgt 250 mg in Abständen von einem Monat. Sie wird langsam intramuskulär ins Gesäß verabreicht.

Kontraindikationen

Fulvestrant ist kontraindiziert:

  • bei Patientinnen mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber dem arzneilich wirksamen Bestandteil oder einem der Hilfsstoffe,
  • während der Schwangerschaft und Stillzeit,
  • bei schwerer Einschränkung der Leberfunktion.

Unerwünschte Wirkungen

Innerhalb des klinischen Studienprogramms traten bei ungefähr 47% der Patientinnen Nebenwirkungen auf. Es brachen - edoch lediglich 0,9% der Patientinnen die Therapie aufgrund einer Nebenwirkung ab. Die am häufigsten angegebenen Nebenwirkungen sind Hitzewallungen, Übelkeit und Reaktionen an der Injektionsstelle.

Die Nebenwirkungen werden nachfolgend zusammengefasst (sehr häufig > 1/10, häufig > 1/100, < 1/10, gelegentlich > 1/1000, < 1/100):

  • sehr häufig: Hitzewallungen
  • häufig: Störungen im Magen-Darm-Trakt, einschließlich Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Anorexie; Hautausschlag; Infektionen des Harntrakts; venöse Thromboembolien; Reaktionen an der In- ektionsstelle, einschließlich vorübergehender Schmerzen und Entzündung bei 7% der Patientinnen (1% der Injektionen) bei Verabreichung als 5-ml-Einmalinjektion; Kopfschmerzen; Asthenie; Rückenschmerzen
  • gelegentlich: vaginale Blutungen, vaginale Kandidose, Leukorrhö; Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut, darunter angioneurotisches Ödem und Urtikaria.

Wechselwirkungen

Fulvestrant hemmt CYP3A4 nicht. Klinische Interaktionsstudien mit Rifampicin (Induktor von CYP3A4) und Ketoconazol (Inhibitor von CYP3A4) zeigten keine klinisch relevanten Veränderungen der Clearance von Fulvestrant. Daher ist eine Dosierungsanpassung für Patientinnen, die gleichzeitig Fulvestrant und CYP3A4-Inhibitoren oder -Induktoren erhalten, nicht erforderlich.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Fulvestrant ist zur Behandlung von Patientinnen mit leichter bis mittelschwerer Einschränkung der Leberfunktion mit Vorsicht zu verwenden. Die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit bei Patientinnen mit Leberfunktionsstörungen sind nicht untersucht worden.
  • Ebenfalls ist Fulvestrant bei Patientinnen mit schwerer Einschränkung der Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance von weniger als 30 ml/min) mit Vorsicht anzuwenden.
  • Aufgrund der Applikationsart ist Fulvestrant bei Patientinnen mit Blutungsneigung, Thrombozytopenie oder denjenigen, die Antikoagulanzien erhalten, Vorsicht angezeigt.
  • Thromboembolische Ereignisse werden bei Frauen mit fortgeschrittenem Brustkrebs häufig beobachtet und wurden auch in klinischen Studien beobachtet. Dies sollte berücksichtigt werden, wenn Risikopatientinnen Fulvestrant verschrieben wird.
  • Es liegen keine Daten zur Langzeitwirkung von Fulvestrant auf die Knochen vor. Aufgrund des Wirkungsmechanismus von Fulvestrant besteht ein potenzielles Osteoporoserisiko.
  • Fulvestrant hat keine oder eine vernachlässigbare Auswirkung auf die Verkehrstüchtigkeit oder das Bedienen von Maschinen. Während der Behandlung mit Fulvestrant wurde jedoch über Asthenie berichtet. Daher sollten Patientinnen, bei denen dieses Symptom auftritt, beim Führen von Fahrzeugen und beim Bedienen von Maschinen vorsichtig sein.

Schwangerschaft und Stillzeit

Faslodex® ist, wie erwähnt, während der Schwangerschaft kontraindiziert. Bei Ratte und Kaninchen wurde gezeigt, dass Fulvestrant nach intramuskulären Einzeldosen die Plazenta passiert. Tierstudien haben Reproduktionstoxizität, einschließlich einer höheren Inzidenz von fetalen Anomalien und Todesfällen, gezeigt. Falls unter der Behandlung mit Fulvestrant eine Schwangerschaft eintritt, muss die Patientin über das mögliche Risiko für den Fetus und die potenzielle Gefahr einer Fehlgeburt informiert werden.

Fulvestrant geht bei laktierenden Ratten in die Muttermilch über. Es ist nicht bekannt, ob Fulvestrant beim Menschen ebenfalls in die Muttermilch gelangt. Aufgrund möglicher schwerwiegender Nebenwirkungen durch Fulvestrant bei Säuglingen ist das Stillen kontraindiziert.

Handelspräparat Faslodex 250 mg/5 ml Injektionslösung 

Hersteller

Einführungsdatum

Zusammensetzung

Eine Fertigspritze enthält 250 mg Fulvestrant in 5 ml Lösung.

Hilfsstoffe:

Ethanol 96%, Benzylalkohol, Benzylbenzoat, natives Rizinusöl

Packungsgrößen, Preise, PZN

Eine Fertigspritze, Euro 528,66, PZN 0465905

Indikation

Zur Behandlung von postmenopausalen Frauen mit Estrogenrezeptor-positivem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom, bei Rezidiv während oder nach adjuvanter Antiestrogen-Therapie oder bei Progression der Erkrankung unter der Behandlung mit einem Antiestrogen.

Dosierung

250 mg in Abständen von einem Monat langsam intramuskulär ins Gesäß.

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegenüber dem arzneilich wirksamen Bestandteil oder einem der Hilfsstoffe, Schwangerschaft und Stillzeit, schwere Einschränkung der Leberfunktion

Unerwünschte Wirkungen

Hitzewallungen; Störungen im Magen-Darm-Trakt, einschließlich Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Anorexie; Hautausschlag; Infektionen des Harntrakts; venöse Thromboembolien; Reaktionen an der Injektionsstelle, einschließlich vorübergehender Schmerzen und Entzündung bei 7% der Patientinnen (1% der Injektionen) bei Verabreichung als 5-ml-Einmalinjektion; Kopfschmerzen; Asthenie; Rückenschmerzen

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Fulvestrant ist zur Behandlung von Patientinnen mit leichter bis mittelschwerer Einschränkung der Leberfunktion sowie bei Patientinnen mit schwerer Einschränkung der Nierenfunktion mit Vorsicht anzuwenden. Aufgrund der Applikationsart ist Fulvestrant bei Patientinnen mit Blutungsneigung, Thrombozytopenie oder denjenigen, die Antikoagulanzien erhalten, ebenfalls nur vorsichtig zu applizieren. Während der Behandlung mit Fulvestrant wurde über Asthenie berichtet.

 

Kurz zusammengefasst 

Fulvestrant (Faslodex®) ist ein reiner Estrogen-Rezeptorantagonist. Er ist zur Second-line-Therapie bei fortgeschrittenem Mammakarzinom zugelassen. Fulvestrant eignet sich bei postmenopausalen Patientinnen mit Estrogenrezeptorpositivem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs, bei einem Rezidiv unter oder nach adjuvanter Antiestrogen-Therapie oder bei Progress unter der Behandlung mit einem Antiestrogen.

Faslodex® steht als Fertigspritze zur Verfügung und wird einmal monatlich in einer Dosis von 250 mg in das Gesäß injiziert.

Fulvestrant unterscheidet sich in seinem Wirkmechanismus von den selektiven Estrogen-Rezeptormodulatoren (SERM) wie Tamoxifen. Es bindet kompetitiv an Estrogenrezeptoren und blockiert diese vollständig. Im Gegensatz zu Tamoxifen weist es keine partiell agonistischen Eigenschaften auf.

Fulvestrant bindet mit höherer Affinität an den Rezeptor als Tamoxifen. Die neue Substanz verhindert durch eine lange Seitenkette für die Rezeptorstimulation notwendige Konformationsänderungen des Rezeptors und blockiert damit die Aktivierung der Transkriptions-Aktivierungsfaktoren AF-1 und AF-2. Da Fulvestrant nicht agonistisch wirkt, wird der Estrogenrezeptor vollständig deaktiviert. Außerdem verhindert Fulvestrant die Dimerisierung des Östrogenrezeptors, ohne die dieser nicht voll aktiv werden kann. Der Fulvestrant-RezeptorKomplex ist instabil und wird beschleunigt abgebaut (Downregulation). Aufgrund seines Wirkmechanismus und der fehlenden Kreuzresistenzen mit anderen endokrinen Therapien, wie anderen Antiestrogenen oder Aromatasehemmern, bietet Fulvestrant eine zusätzliche Option für die Behandlung von Patientinnen mit Brustkrebs.

In zwei Phase-III-Studien mit insgesamt 851 Frauen wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von Fulvestrant mit Anastrozol verglichen. Die postmenopausalen, hormonrezeptorpositiven Frauen waren bereits gegen Brustkrebs mit Tamoxifen vorbehandelt worden, trotzdem schritt das Tumorwachstum fort. In den Studien war Fulvestrant genauso wirksam wie Anastrozol. Die Dauer des Ansprechens und das Überleben waren unter Fulvestrant- und Anastrozol-Behandlung ebenfalls vergleichbar gut. Bei - eweils einem Viertel der Frauen war die Krankheit länger als 24 Wochen stabil. Die mittlere Zeit bis zum Tod betrug 27,4 Monate für die mit Fulvestrant behandelten Patientinnen und 27,6 Monate für Patientinnen, die mit Anastrozol behandelt wurden.

Beide Substanzen waren gut verträglich. Die wichtigsten unerwünschten Wirkungen von Fulvestrant waren Hitzewallungen, Übelkeit und Reaktionen an der Injektionsstelle.

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