Enfuvirtid

Enfuvirtid 

ATC-Code

J: Antiinfektiva zur systemischen Anwendung

J05: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung

J05A: Direkt wirkende antivirale Mittel

J05AX: Andere antivirale Mittel

J05AX07: Enfuvirtid

Wirkungsmechanismus

Das semisynthetische 36-Aminosäuren-Peptidderivat Enfuvirtid ist ein Fusionshemmer. Für die Fusion des HI-Virus mit der Zielzelle und das Eindringen in diese sind zahlreiche Interaktionen zwischen den Glykoproteinen auf der Virushülle und den Proteinen der Wirtszelle (CD4+) notwendig. Der neue Fusionsinhibitor richtet sich gegen eines der viralen Mantel-Glykoproteine, gp. Eine Untereinheit dieses Glykoproteins, gp41, verändert nach Zellkontakt ihre Konformation so, dass die Fusion der Virus- mit der Wirtszellmembran möglich wird. Enfuvirtid verhindert diese Konformationsänderung. Wird die Substanz in den Blutstrom injiziert, bindet sie an gp41 und hält so dessen Bindungsstelle besetzt. Damit wird die Virusfusion gestört und der weitere Infektionsverlauf unterbrochen.

Enfuvirtid benötigt keine intrazelluläre Aktivierung. Die antivirale Aktivität von Enfuvirtid beruht auf seiner Bindung an ein ,,Heptad-repeat''-Muster(HR1) innerhalb des nativen gp41 auf der Virusoberfläche.

Kombinationsstudien von Enfuvirtid mit repräsentativen Vertretern der verschiedenen Klassen antiretroviraler Arzneimittel zeigten additive bis synergistische antivirale Aktivitäten sowie ein Fehlen von Antagonismen. Eine unvollständige Virusunterdrückung kann zur Resistenzentwicklung gegen eines oder mehrere Arzneimittel des Behandlungsregimes führen. In vitro wurden HIV-1-Isolate mit verminderter Empfindlichkeit für Enfuvirtid selektiert. In klinischen Studien der Phase III zeigten HIV-Rekombinante, welche die Gene für die Virushülle von HIV-RNA-Proben enthielten, die bis zur Woche 24 von 187 Patienten gewonnen worden waren, eine über vierfach reduzierte Empfindlichkeit für Enfuvirtid im Vergleich mit den entsprechend vorbehandelten Proben. Von diesen wiesen 185 (98,9%) Gene, die die Virushülle kodieren, spezifische Veränderungen im Bereich der Aminosäuren 36 bis 45 von gp41 auf. Bedingt durch seinen neuartigen Angriffspunkt am Virus ist Enfuvirtid in vitro ebenso wirksam gegen Wildtyp-Isolate aus Labor und Klinik wie gegen solche mit Resistenzen gegen eine, zwei oder drei andere Klassen von antiretroviralen Arzneimitteln (nukleosidische Reverse-Transkriptase-Hemmer, nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Hemmer und Proteasehemmer). Umgekehrt wird nicht erwartet, dass Mutationen in den Aminosäuren 36 bis 45 von gp41, die eine Resistenz gegen Enfuvirtid verursachen, zu einer Kreuzresistenz gegen andere Klassen antiretroviraler Arzneimittel führen.

Pharmakokinetik

Die pharmakokinetischen Eigenschaften von Enfuvirtid wurden bei HIV-1-infizierten Erwachsenen sowie pädiatrischen Patienten untersucht.

  • Resorption: Die absolute Bioverfügbarkeit betrug nach subkutaner Verabreichung von 90 mg Enfuvirtid in den Bauch 84,3 ± 15,5%. Der mittlere Wert war für Cmax 4,59 ± 1,5 µg/ml und für die AUC 55,8 ± 12,1 µgxh/ml. Die subkutane Absorption von Enfuvirtid ist innerhalb des Dosierungsbereiches von 45 bis 180 mg proportional zur verabreichten Dosis.
  • Verteilung: Das Verteilungsvolumen im Steady state bei intravenöser Gabe einer 90-mg-Dosis von Enfuvirtid betrug 5,5 ± 1,1 l. In HIV-infiziertem Plasma ist Enfuvirtid innerhalb eines Bereiches der Plasmakonzentration von 2 bis 10 mg/ml zu 92% an Plasmaproteine gebunden. In In-vitro-Studien wurde weder Enfuvirtid durch andere Arzneimittel von seinen Bindungsstellen verdrängt noch verdrängte Enfuvirtid andere Arzneimittel von ihren Bindungsstelen.
  • Metabolismus: Es wird erwartet, dass Enfuvirtid als Peptid in einem katabolen Prozess in seine einzelnen Aminosäuren verstoffwechselt wird, wobei nachfolgend eine Wiederverwertung der Aminosäuren in der Gesamtkörperbilanz erfolgt. Enfuvirtid ist kein Inhibitor der Cytochrom-P-450-Enzyme. Die Hydrolyse der Amidgruppe der C-terminalen Aminosäure Phenylalanin führt zu einem deamidierten Metaboliten, wobei die Bildung dieses Metaboliten nicht NADPHabhängig ist. Nach Gabe von Enfuvirtid ist dieser Metabolit in menschlichem Plasma mit einer AUC zwischen 2,4 und 15% derjenigen von Enfuvirtid gefunden worden.
  • Elimination: Nach einer subkutanen 90-mg-Dosis Enfuvirtid beträgt die Halbwertszeit von Enfuvirtid 3,8 ± 0,6 Stunden.
  • Niereninsuffizienz: Die Analyse der Plasmakonzentrationswerte bei Patienten aus klinischen Studien deutet darauf hin, dass bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance von über 35 ml/min die Clearance von Enfuvirtid nicht klinisch relevant beeinträchtigt ist.
  • Pädiatrische Patienten: Die Pharmakokinetik von Enfuvirtid wurde an 32 pädiatrischen Patienten untersucht. Eine Dosierung von 2 mg/kg zweimal täglich (maximal 90 mg zweimal täglich) führte zu ähnlichen Plasmakonzentrationen von Enfuvirtid wie eine Dosierung von 90 mg zweimal täglich bei Erwachsenen.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Fuzeon® ist ausschließlich durch subkutane Injektion anzuwenden.

  • Erwachsene und Jugendliche ab 16 Jahren: Die empfohlene Dosis von Fuzeon® ist 90 mg zweimal täglich, appliziert durch subkutane Injektion in den Oberarm, in den vorderen Oberschenkel oder in den Bauch.
  • Ältere Patienten: Es liegen keine Erfahrungen bei Patienten über 65 Jahre vor.
  • Kinder ab 6 Jahren und Jugendliche: Die Erfahrung beruht auf einer sehr begrenzten Anzahl von Kindern. In laufenden klinischen Studien wird laut Fachinformation ein Dosierungsschema angewendet. Für eine Dosisempfehlung für Kinder unter 6 Jahren liegen keine Daten vor.
  • Nierenfunktionsstörungen: Bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance von mehr als 35 ml/min ist keine Dosisanpassung erforderlich. Für eine Dosisempfehlung bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance unter 35 ml/min oder für Dialysepatienten liegen keine Daten vor.
  • Leberfunktionsstörungen: Auch für eine Dosisempfehlung bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen liegen keine Daten vor.

 

Hintergrundinformation

Limitierte Verfügbarkeit
Produktionsbedingt ist die Verfügbarkeit von Fuzeon® zunächst limitiert. Daher ist in Absprache zwischen dem Hersteller, Hoffmann-La Roche, der Ärzteschaft sowie Patientenvertretern ein Vergabesystem eingerichtet worden, dass gemäß den Vorgaben der europäischen Zulassungsbehörde EMEA die Versorgung der medizinisch bedürftigsten sowie der bereits auf Fuzeon® eingestellten Patienten gewährleisten wird. Dabei handelt es sich lediglich um ein Sicherheitssystem für den Fall, dass die Nachfrage das Angebot übersteigt. Das Verfahren ist einfach: Der behandelnde Arzt sendet die CD4-Zellzahl als zentralen Marker des Immunstatus seines Patienten an eine unabhängige Agentur für klinische Projekte, die clinIT AG, und erhält daraufhin per Fax und Internet eine Vergabenummer, die er auf das Rezept notiert. Hoffmann-La Roche wird alle Rezepte bedienen, die diese Vergabenummer aufweisen.

Zugang zu dem Vergabesystem erhält man entweder über das Internet (www.clinit.net/fuzeon) oder per Faxvordruck unter 07 61/5 03 18 30.

 

Hintergrundinformation

Praxistipp: Handhabung von Fuzeo®
Die Handhabung von Fuzeon® muss dem Patienten erklärt werden. Nach Zugabe von 1,1 ml Wasser zum Lyophilisat darf er die Durchstechflasche nicht schütteln oder zum Vermischen umdrehen, da sonst zu viel Schaum entstehen kann. Das Pulver kann bis zu 45 Minuten benötigen, bis es gelöst ist. Der Patient kann nach der Zugabe des Wassers für Injektionszwecke die Durchstechflasche bis zur vollständigen Lösung leicht zwischen den Händen rollen, dies kann die Zeit des Lösungsvorgangs reduzieren. Vor Entnahme der Lösung zur Anwendung muss die Durchstechflasche visuell kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass der Inhalt vollständig gelöst und die Lösung klar sowie frei von Bläschen oder Partikeln ist. Sofern Partikel sichtbar sind, darf die Durchstechflasche nicht verwendet werden und soll entweder entsorgt oder an die Apotheke zurückgegeben werden.

Die Lösung muss kühl gelagert werden und sollte innerhalb von 24 Stunden verwendet werden; beide Tagesrationen können auf einmal zubereitet werden. Die gekühlte Lösung soll vor der Injektion auf Raumtemperatur gebracht werden. 1 ml der rekonstituierten Lösung wird subkutan in den Oberarm, den Bauch oder den vorderen Oberschenkel injiziert. Die Injektion soll stets an einer anderen Stelle vorgenommen werden als die vorangegangene Injektion und nur dort, wo gegenwärtig keine lokale Reaktion an der Injektionsstelle vorhanden ist. Eine Durchstechflasche ist jeweils nur zum einmaligen Gebrauch bestimmt; nicht verwendete Reste sind zu entsorgen.

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegenüber dem arzneilich wirksamen Bestandteil oder einem der Hilfsstoffe.

Unerwünschte Wirkungen

Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen nach Gabe von Enfuvirtid waren lokale Reaktionen an der Injektionsstelle, die bei 98% der 663 Patienten auftraten. Die Behandlung wurde jedoch nur von 3% der Patienten aufgrund von Reaktionen an der Injektionsstelle abgesetzt. Die große Mehrheit der Reaktionen an der Injektionsstelle (85,6%) trat während der ersten Behandlungswoche auf, und war mit leichten bis mäßigen Schmerzen oder Beschwerden an der Injektionsstelle ohne Einschränkung üblicher Aktivitäten verbunden, jedoch traten bei 9,4% der Patienten Reaktionen an der Injektionsstelle auf, die eine Anwendung von Analgetika erforderten oder die üblichen Aktivitäten einschränkten. Die meisten der unerwünschten Ereignisse waren von leichter bis mäßiger Intensität. In den beiden Phase-III-Studien wurden folgende unerwünschte Wirkungen mit einer Häufigkeit von mindestens 2% öfter bei Patienten mit Enfuvirtid plus Basistherapie beobachtet als bei Patienten, die die Basistherapie alleine erhielten:

  • Sehr häufig (> 1/10): Schlaflosigkeit; Kopfschmerzen
  • Häufig (> 1/100, < 1/10): Sinusitis, orale Candidose, Herpes simplex, Hautpapillom, Influenza, Follikulitis. Lymphadenopathie; verminderter Appetit, Anorexie; Depressionen und Angstzustände; periphere Neuropathie, Schwindelgefühl (außer Vertigo), Störungen des Geschmacksempfindens; Bindehautentzündung; Pneumonie, Husten; Verstopfung, Schmerzen im Oberbauch, Halsschmerzen, Pankreatitis; Juckreiz, Nachtschweiß, trockene Haut und vermehrtes Schwitzen; Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen, Gliederschmerzen, Muskelkrämpfe; Asthenie, grippeähnliche Beschwerden; Gewichtsabnahme.
  • Außerdem wurde eine geringe Anzahl von Überempfindlichkeitsreaktionen mit Enfuvirtid in Zusammenhang gebracht, und in einigen Fällen kam es zu einem Wiederauftreten dieser Reaktionen bei erneuter Exposition.

Wechselwirkungen

Es werden keine klinisch signifikanten Wechselwirkungen zwischen Enfuvirtid und gleichzeitig gegebenen Arzneimitteln, die durch Cytochrom-P-450-Enzyme metabolisiert werden, erwartet.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Enfuvirtid ist als Teil einer Kombinationstherapie anzuwenden. Wie auch andere antiretrovirale Arzneimittel soll Enfuvirtid in optimaler Weise mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln, gegen die das Virus des Patienten empfindlich ist, kombiniert werden.
  • Die Patienten sollten darüber informiert werden, dass mit Enfuvirtid keine Heilung der HIV-1-Infektion erzielt werden kann.
  • Bei Patienten, die mit Enfuvirtid behandelt wurden, zeigte sich eine erhöhte Rate einiger bakterieller Infektionen, vor allem eine erhöhte Rate an Pneumonien. Die Patienten sollen engmaschig auf Anzeichen und Symptome einer Pneumonie überwacht werden.
  • Überempfindlichkeitsreaktionen waren gelegentlich mit der Enfuvirtid-Therapie verbunden, und in seltenen Fällen kam es zu einem Wiederauftreten der Überempfindlichkeitsreaktionen bei erneuter Exposition. Als Ereignisse traten Hautausschlag, Fieber, Übelkeit und Erbrechen, Schüttelfrost, Rigor, niedriger Blutdruck und verschiedene Kombinationen erhöhter Lebertransaminasenwerte im Serum sowie möglicherweise primäre Immunkomplexreaktionen, Atembeschwerden und Glomerulonephritis auf. Patienten, die Anzeichen bzw. Symptome einer systemischen Überempfindlichkeitsreaktion zeigen, sollen die Behandlung mit Enfuvirtid absetzen und sich sofort einer ärztlichen Untersuchung unterziehen. Die Behandlung mit Enfuvirtid soll nach systemischen Anzeichen und Symptomen, die einer Überempfindlichkeitsreaktion entsprechen und im Zusammenhang mit Enfuvirtid gesehen werden können, nicht wieder aufgenommen werden. Es sind keine Risikofaktoren bekannt, die eine Vorhersage des Auftretens bzw. der Schwere einer Überempfindlichkeit gegenüber Enfuvirtid ermöglichen.
  • Lebererkrankung: Die Sicherheit und Wirksamkeit von Enfuvirtid wurde bei Patienten mit signifikanten Leberfunktionsstörungen nicht speziell untersucht. Bei gleichzeitiger antiviraler Therapie gegen Hepatitis B oder C ist trotzdem die entsprechende Produktinformation dieser Arzneimittel zu beachten. Die Anwendung von Enfuvirtid bei Patienten, die nicht mit HIV-1 infiziert sind, kann die Bildung von Anti-Enfuvirtid-Antikörpern auslösen, die gegenüber HIVgp41 kreuzreagieren. Dieses kann zu falsch positiven HIV-Testergebnissen beim anti-HIV-ELISA-Test führen. Es liegen keine Erfahrungen bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion und mit schwerer Nierenfunktionsstörung und nur begrenzt Daten bei Patienten mit mäßiger Nierenfunktionsstörung vor. Enfuvirtid soll bei diesen Patientengruppen daher mit Vorsicht angewendet werden.

Schwangerschaft und Stillzeit

Tierexperimentelle Studien zeigten keine schädlichen Wirkungen in Bezug auf die fetale Entwicklung. Während einer Schwangerschaft soll Enfuvirtid nur dann angewandt werden, wenn der potenzielle Nutzen das potenzielle Risiko für den Fötus rechtfertigt. Es ist nicht bekannt, ob Enfuvirtid in die Muttermilch übergeht. Aufgrund des Risikos einer HIV-Übertragung und möglicher Nebenwirkungen beim gestillten Säugling sollen Mütter angewiesen werden, nicht zu stillen, wenn sie Enfuvirtid erhalten.

Handelspräparat Fuzeon® 

Hersteller

Einführungsdatum

Zusammensetzung

Jede Durchstechflasche enthält 108 mg Enfuvirtid.

1 ml der rekonstituierten Lösung enthält 90 mg Enfuvirtid.

Hilfsstoffe:

Pulver: Natriumcarbonat, Mannitol, Natriumhydroxid, Salzsäure, Lösungsmittel: Wasser für Injektionszwecke

Packungsgrößen, Preise, PZN

60 Durchstechflaschen, Euro 2209,31, PZN 0373474

Indikation

In Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Behandlung von HIV-1-infizierten Patienten, die bereits eine Behandlung mit anderen Virustatika erhalten und ein Therapieversagen gezeigt haben

Dosierung

Die empfohlene Dosis ist 90 mg zweimal täglich appliziert durch subkutane Injektion in den Oberarm, in den vorderen Oberschenkel oder in den Bauch.

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegenüber dem arzneilich wirksamen Bestandteil oder einem der Hilfsstoffe.

Unerwünschte Wirkungen

lokale Reaktionen an der Injektionsstelle; Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen; Sinusitis, orale Candidose, Herpes simplex, Hautpapillom, Influenza, Follikulitis, Lymphadenopathie, verminderter Appetit, Anorexie; Depressionen und Angstzustände, periphere Neuropathie, Schwindelgefühl (außer Vertigo), Störungen des Geschmacksempfindens, Bindehautentzündung, Pneumonie, Husten, Verstopfung, Schmerzen im Oberbauch, Halsschmerzen, Pankreatitis, Juckreiz, Nachtschweiß, trockene Haut und vermehrtes Schwitzen, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen, Gliederschmerzen, Muskelkrämpfe, Asthenie, grippeähnliche Beschwerden, Gewichtsabnahme

Wechselwirkungen

Klinisch signifikante Wechselwirkungen zwischen Enfuvirtid und gleichzeitig gegebenen Arzneimitteln, die durch Cytochrom-P-450-Enzyme metabolisiert werden, werden nicht erwartet.

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Bei Patienten, die mit Enfuvirtid behandelt wurden, zeigte sich eine erhöhte Rate einiger bakterieller Infektionen, vor allem eine erhöhte Rate an Pneumonien. Überempfindlichkeitsreaktionen waren gelegentlich mit der EnfuvirtidTherapie verbunden, und in seltenen Fällen kam es zu einem Wiederauftreten der Überempfindlichkeitsreaktionen bei erneuter Exposition. Die Anwendung von Enfuvirtid bei Patienten, die nicht mit HIV-1 infiziert sind, kann die Bildung von Anti-Enfuvirtid-Antikörpern auslösen, die gegenüber HIV-gp41 kreuzreagieren. Dieses kann zu falsch positiven HIV-Testergebnissen beim anti-HIV-ELISATest führen.

 

Literatur

Lalezari, J. P., et al. (TORO 1 Study Group). N. Engl. J. Med. 348, 2175 -2185 (2003).

Lazzarin, A., et al. (TORO 2 Study Group). N. Engl. J. Med. 348, 2186 -2195 (2003).

 

Kurz zusammengefasst 

Enfuvirtid (T-20, Fuzeon®) ist der erste Vertreter einer neuen Wirkstoffklasse in der HIV-Therapie, der Fusionsinhibitoren. Das Polypeptid besteht aus 36 Aminosäuren.

Fusionsinhibitoren verhindern das Eindringen des HI-Virus in die menschliche Immunzelle, indem sie die Verschmelzung der Virushülle mit der Zellmembran der CD4±Zelle hemmen und so die Virusreplikation verhindern. Fusionshemmer greifen damit viel früher als andere HIV-Medikamente in den Infektionsprozess ein. Die bisherigen Präparate wirken erst, nachdem das Virus in die Zelle eingedrungen ist. Enfuvirtid greift extrazellulär an und benötigt daher keine intrazelluläre Aktivierung. Aufgrund dieses anderen Wirkmechanismus bekämpft Enfuvirtid auch HIV-Stämme, die gegen die üblichen Präparate resistent geworden sind, Kreuzresistenzen sind nicht zu erwarten. Allerdings können die Viren auch gegen Enfuvirtid Resistenzen ausbilden. Enfuvirtid ist daher für die Patienten besonders wertvoll, bei denen die derzeitigen Therapieoptionen aufgrund der Entwicklung von Resistenzen nur wenig wirksam sind. Fuzeon® ist zugelassen für die antiretrovirale Kombinationstherapie von bereits vorbehandelten HIV-Patienten, bei denen die bisherigen Mittel nicht mehr wirken oder es zu Unverträglichkeiten gekommen ist. Die vorangehende Kombinationstherapie muss dabei von jeder der drei antiretroviralen Wirkstoffklassen mindestens eine Substanz enthalten haben: Proteasehemmer, nichtnukleosidische Reverse-Transkriptase-Hemmer sowie nukleosidische Reverse-Transkriptase-Hemmer.

Das Protein Enfuvirtid wird als Pulver plus Wasser für Injektionszwecke zur Herstellung einer Infusionslösung angeboten. 1 ml dieser Lösung enthält 90 mg Wirkstoff. Diese Dosis wird zweimal täglich subkutan injiziert. Der Wirkstoff wird dosisabhängig absorbiert und erreicht in der empfohlenen Dosierung Maximalspiegel von 4,59 µg/ml nach 6,9 Stunden. Enfuvirtid verteilt sich im Blutkreislauf und wird vermutlich durch enzymatischen Abbau mit einer Halbwertszeit von 3,8 Stunden eliminiert. Klinisch relevante Interaktionen mit anderen Medikamenten sind aufgrund des Peptidcharakters von Enfuvirtid nicht zu erwarten und wurden mit den untersuchten Wirkstoffen auch nicht beobachtet. Die Zulassung beruht auf den Daten von zwei Phase-III-Studien von 24 Wochen Dauer, an denen rund 1000 Patienten teilgenommen hatten. Die TORO-1-Studie (TORO = T-20/Fuzeon vs. Optimized Regimen Only) war in Nordamerika und Brasilien, die TORO-2-Studie in Europa und Australien durchgeführt worden. In beiden Studien war der antiretrovirale und immunologische Erfolg nach 24 Wochen in der T-20-Gruppe deutlich besser als mit dem optimierten Regime mit den bisherigen Stoffen. Bei den Patienten, die Enfuvirtid zusätzlich erhalten hatten, nahm die Viruslast deutlich stärker ab als in der Kontrollgruppe (im Durchschnitt Verringerung auf 4 bis 2% der Ausgangskonzentration vs. Verringerung auf 22 bis 17%).

Bei 15,9% in der Enfuvirtid-Gruppe nahm die Viruslast sogar bis unter die Nachweisgrenze ab, in der Kontrollgruppe waren dies nur 6,3%. Außerdem stieg die Zahl der CD4-Lymphozyten in der Enfuvirtid-Gruppe deutlich an. Die Studien dauern an, die nächste Analyse findet nach 48 Wochen Therapie statt.

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren lokale Reaktionen an der Einstichstelle. In den TORO-Studien trat bei 98% der Patienten mindestens eine lokale Reaktion an der Injektionsstelle auf, die bei 10% schwerwiegend waren und bei 4% zum Therapieabbruch führten. Außerdem kann es zu gravierenden systemischen Überempfindlichkeitsreaktionen kommen. Bakterielle Infektionen, vor allem Lungenentzündungen, traten bei den Patienten, die mit Enfuvirtid behandelt wurden, häufiger auf.

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