Dutasterid

 

Hintergrundinformation

Benigne Prostatahyperplasie
Eine benigne Prostatahyperplasie mit Beschwerden im unteren Harntrakt wird auch als BPH-Syndrom bezeichnet. Mit dem Internationalen Prostata-SymptomenScore oder dem entsprechenden Punktesystem der Vereinigung amerikanischer Urologen (AUA-Symptomen-Index) versucht man, anhand von Fragen die subjektiven Symptome zu objektivieren. Parallel zu den Miktionsbeschwerden können auch Störungen der sexuellen Funktion, wie verringerte Erektionsstärke, auftreten. Zunächst bilden sich in der inneren Mantelzone der Prostata rings um die Harnröhre kleine Knoten. Anschließend beginnt die Prostata zentrifugal zu wachsen. Eine Prostatahyperplasie ist keine Karzinomvorstufe. Für die normale Entwicklung und Funktion, aber auch für das Wachstum der Prostata ist das Androgen Dihydrotestosteron verantwortlich. Während das wichtigste zirkulierende Androgen Testosteron ist, wird in der Prostata sämtliches Testosteron mithilfe des Enzyms 5-Alpha-Reduktase in Dihydrotestosteron umgewandelt. Dort wird auch im höheren Alter, wenn die Testosteron-Serumkonzentration sinkt, Dihydrotestosteron angehäuft.

Dutasterid 

ATC-Code

G: Urogenitalsystem und Sexualhormone

G04: Urologika

G04C: Mittel bei benigner Prostatahyperplasie

G04CB: Testosteron-5-alpha-Reduktasehemmer

G04CB02: Dutasterid

Wirkungsmechanismus

Dutasterid reduziert die Konzentration des zirkulierenden Dihydrotestosterons (DHT) durch Hemmung der 5-Alpha-Reduktase-Isoenzyme vom Typ 1 und Typ 2, die für die Umwandlung von Testosteron in 5-Alpha-DHT verantwortlich sind. Die DHT-senkende Wirkung bei täglicher Gabe von Dutasterid ist dosisabhängig und tritt innerhalb von 1 bis 2 Wochen auf (85% bzw. 90% Reduktion). Bei Patienten mit BPH, die mit Einzeldosen von 0,5 mg/Tag Dutasterid behandelt wurden, betrug die Serum-DHT-Reduktion nach 1 Jahr im Median 94% und nach 2 Jahren 93%. Der mediane Anstieg des Serumtestosterons lag sowohl nach 1 wie nach 2 Jahren bei 19%.

 

Hintergrundinformation

PSA-Wert ist halbiert
Der Dihydrotestosteron-Entzug durch 5-Alpha-Reduktasehemmer bewirkt auch, dass weniger Prostata-spezifisches Antigen (PSA) gebildet wird. Dadurch halbiert sich nach etwa 6 Monaten Finasterid- oder Dutasterid-Gabe die PSA-Serumkonzentration. Dies muss bei der Ausschlussdiagnostik eines Prostatakarzinoms berücksichtigt werden (gemessenen Wert verdoppeln).

Pharmakokinetik

  • Absorption: Nach oraler Gabe einer Einzeldosis von 0,5 mg Dutasterid beträgt die Dauer bis zum Erreichen der maximalen Serumkonzentration 1 bis 3 Stunden. Die absolute Bioverfügbarkeit liegt bei ungefähr 60%. Die Bioverfügbarkeit von Dutasterid wird nicht durch Nahrungsaufnahme beeinflusst.
  • Verteilung: Dutasterid hat ein großes Verteilungsvolumen (300 bis 500 l) und eine hohe Plasmaproteinbindung (> 99,5%). Nach täglicher Gabe erreicht die Dutasterid-Serumkonzentration nach einem Monat 65% und nach drei Monaten etwa 90% des Steady state. Nach sechsmonatiger Verabreichung der täglichen Dosis von 0,5 mg werden Steady-state-Serumkonzentrationen (Css) von etwa 40 ng/ml erreicht. Durchschnittlich gehen 11,5% des Dutasterid aus dem Serum in die Samenflüssigkeit über.
  • Metabolismus: Dutasterid wird in vivo extensiv metabolisiert. In vitro wird es durch die Cytochrome P450 3A4 und 3A5 in drei monohydroxylierte Metaboliten und einen dihydroxylierten Metaboliten umgewandelt.
  • Elimination: Nach oraler Gabe von 0,5 mg/Tag Dutasterid werden bis zum Erreichen des Steady state 1,0% bis 15,4% (im Mittel 5,4%) der verabreichten Dosis als unveränderte Substanz mit dem Stuhl exkretiert. Der Rest wird in Form der vier Hauptmetaboliten und von sechs Nebenmetaboliten mit dem Stuhl ausgeschieden. Im menschlichen Urin sind nur sehr geringe Mengen unveränderten Dutasterids (weniger als 0,1% der Dosis) nachweisbar. Bei Einzeldosen von 5 mg oder weniger war eine schnelle Clearance und eine Halbwertszeit von 3 bis 9 Tagen nachzuweisen. Bei therapeutischen Konzentrationen und wiederholten Gaben von 0,5 mg/Tag dominiert der langsamere lineare Eliminationsweg, und die Halbwertszeit beträgt etwa 3 bis 5 Wochen.
  • Ältere Patienten: Die Pharmakokinetik von Dutasterid wurde bei 36 gesunden männlichen Probanden im Alter zwischen 24 und 87 Jahren nach Verabreichung einer Einzeldosis von 5 mg Dutasterid untersucht. Es wurde kein signifikanter Einfluss des Alters auf die Dutasterid-Exposition beobachtet, jedoch war die Halbwertszeit bei Männern unter 50 Jahren kürzer. Die Halbwertszeit bei der Gruppe der 50- bis 69-Jährigen unterschied sich nicht signifikant von derjenigen der Gruppe der über 70-Jährigen.
  • Niereninsuffizienz: Bei Patienten mit Niereninsuffizienz ist kein signifikanter Anstieg der Dutasterid-Plasmakonzentration zu erwarten.
  • Leberinsuffizienz: Die Wirkung einer Leberinsuffizienz auf die Pharmakokinetik von Dutasterid wurde bislang nicht untersucht. Da aber Dutasterid überwiegend über den Stoffwechsel eliminiert wird, kann man davon ausgehen, dass die Plasmaspiegel bei diesen Patienten erhöht sind und die Halbwertszeit von Dutasterid verlängert ist.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Die empfohlene Dosis für Avodart® ist die orale Einnahme einer Kapsel (0,5 mg) einmal täglich. Die Kapseln sollen im Ganzen geschluckt werden und können mit oder ohne Mahlzeit eingenommen werden. Auch wenn schon frühzeitig ein Therapieerfolg beobachtet werden kann, kann es bis zum Ansprechen der Behandlung sechs Monate dauern.

Für ältere Patienten ist keine Dosisanpassung erforderlich. Eine Dosisanpassung für Patienten mit Niereninsuffizienz wird nicht für erforderlich gehalten. Bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Leberfunktionsstörung ist Vorsicht angezeigt.

Kontraindikationen

Dutasterid ist kontraindiziert

  • bei Frauen, Kindern und Jugendlichen,
  • bei Patienten mit Überempfindlichkeit gegen Dutasterid, andere 5-Alpha Reduktasehemmer oder einen der Hilfsstoffe sowie
  • bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung.

Unerwünschte Wirkungen

Etwa 19% der 2167 Patienten, die im Rahmen der plazebokontrollierten Prüfungen der Phase III Dutasterid erhielten, entwickelten Nebenwirkungen. Die Mehrzahl dieser Ereignisse war leicht bis mäßig und betraf das Reproduktionssystem. Die nachfolgend genannten Nebenwirkungen wurden in kontrollierten klinischen Prüfungen innerhalb des ersten Behandlungsjahres mit einer höheren Inzidenz als in der Plazebogruppe gemeldet: Impotenz 6,0%, veränderte (verringerte) Libido 3,7%, Ejakulationsstörungen 1,8%, Gynäkomastie (einschließlich Brustvergrößerung und/oder schmerzhafte Druckempfindlichkeit der Brust) 1,3%. Die Häufigkeit der unerwünschten Ereignisse nimmt mit der Zeit ab.

Wechselwirkungen

  • Die langfristige Kombination von Dutasterid mit Arzneimitteln, die das Enzym CYP3A4 stark hemmen (z. B. Ritonavir, Indinavir, Nefazodon, Itraconazol, Ketoconazol oral), kann die Serumkonzentration von Dutasterid erhöhen. Eine weitere Hemmung der 5-Alpha-Reduktase bei höherer Dutasterid-Exposition ist unwahrscheinlich. Andererseits kann eine Reduktion der Einnahmehäufigkeit erwogen werden, wenn Nebenwirkungen festgestellt werden. Es ist zu berücksichtigen, dass im Fall einer Enzymhemmung die lange Halbwertszeit von Dutasterid weiter verlängert wird und es bei gleichzeitiger Therapie mehr als 6 Monate dauern kann, bis ein neues Steady state erreicht ist.
  • Dutasterid hat keine Auswirkungen auf die Pharmakokinetik von Warfarin oder Digoxin. In-vitro-Untersuchungen der Arzneimittelwechselwirkungen haben gezeigt, dass Dutasterid die Enzyme CYP1A2, CYP2D6, CYP2C9, CYP2C19 oder CYP3A4 nicht hemmt.
  • In einer kleinen Studie (n = 24) über 2 Wochen Dauer an gesunden männlichen Probanden wurden keine pharmakokinetischen oder pharmakodynamischen Wechselwirkungen zwischen Dutasterid, Tamsulosin oder Terazosin beobachtet. In einer klinischen Studie an 327 Patienten über bis zu 9 Monaten wurden ebenfalls keine Hinweise auf eine Wechselwirkung bei gleichzeitiger Verabreichung von Dutasterid und Tamsulosin festgestellt.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Bei Patienten mit BPH sind vor Beginn der Therapie mit Dutasterid und danach in regelmäßigen Abständen eine digitale, rektale Untersuchung sowie weitere Untersuchungen zum Ausschluss eines Prostatakarzinoms durchzuführen.
  • Da Dutasterid über die Haut aufgenommen wird, müssen Frauen, Kinder und Jugendliche die Berührung mit undichten Kapseln vermeiden. Wenn es trotzdem zum Kontakt mit undichten Kapseln kommt, ist das betroffene Areal sofort mit Seife und Wasser abzuwaschen.
  • Die Serumkonzentration des prostataspezifischen Antigens (PSA) ist wichtig für die Erkennung eines Prostatakarzinoms. Bei der Beurteilung von Patienten, die Dutasterid einnehmen, ist zu berücksichtigen, dass ein PSA-Wert unter 4 ng/ml ein Prostatakarzinom nicht ausschließt. Dutasterid senkt bei Patienten mit BPH nach 6 Monaten den Serum-PSA-Spiegel um ca. 50%, selbst wenn ein Prostatakarzinom vorliegt. Zur Beurteilung eines isolierten Serum-PSA-Wertes bei einem Patienten mit mindestens sechsmonatiger Behandlung mit Dutasterid ist dieser Wert daher mit 2 zu multiplizieren, um einen Vergleich mit den Normalwerten unbehandelter Männer zu ermöglichen. Das Gesamt-PSA kehrt innerhalb von 6 Monaten nach Absetzen der Therapie auf den Ausgangswert zurück. Das Verhältnis von freiem zu Gesamt-PSA bleibt unter der Behandlung mit Dutasterid konstant. Wird zur Erkennung eines Prostatakarzinoms unter der Therapie mit Dutasterid der prozentuale Anteil des freien PSA herangezogen, ist keine rechnerische Korrektur erforderlich.

Schwangerschaft und Stillzeit

Wie andere 5-Alpha-Reduktasehemmer hemmt auch Dutasterid die Umwandlung von Testosteron zu Dihydrotestosteron und kann, wenn es schwangeren Frauen verabreicht wird, die Entwicklung der äußeren Geschlechtsorgane bei männlichen Föten hemmen.

Wie bei allen 5-Alpha-Reduktasehemmern wird bei bestehender oder möglicher Schwangerschaft der Partnerin des Patienten die Verwendung eines Kondoms empfohlen, um einen Kontakt der Partnerin mit dem Samen des Patienten zu vermeiden.

Handelspräparat Avodart® 

Hersteller

Einführungsdatum

Zusammensetzung

1 Kapsel enthält 0,5 mg Dutasterid.

Hilfsstoffe:

Kapselinhalt: Glycerolmono/dialkanoat (Ca8b -Ca10b), Butylhydroxytoluol (E 321).

 

Kapselhülle: Gelatine, Glycerol, Titandioxid (E 171), Eisenoxidhydrat (E 172), mittelkettige Triglyceride, Lecithin.

Rote Druckfarbe mit Eisen(III-)oxid (E 172) als Farbstoff, Polyphtalsäureco-vinylacetat, Propylenglykol und Macrogol.

Packungsgrößen, Preise, PZN

30 Kapseln, Euro 54,64, PZN 4114686;
90 Kapseln, Euro 150,49, PZN 4114692

Indikation

Zur Behandlung mäßiger bis schwergradiger Symptome der benignen Prostatahyperplasie (BPH) und zur Senkung des Risikos von akutem Harnverhalt und operativen Eingriffen bei Patienten mit mäßigen bis schweren BPH-Symptomen.

Dosierung

Eine Kapsel (0,5 mg) einmal täglich

Kontraindikationen

Anwendung bei Frauen, Kindern und Jugendlichen sowie bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung.

Unerwünschte Wirkungen

Impotenz, verringerte Libido, Ejakulationsstörungen, Gynäkomastie

Wechselwirkungen

Die langfristige Kombination von Dutasterid mit Arzneimitteln, die das Enzym CYP3A4 stark hemmen, kann die Serumkonzentration von Dutasterid erhöhen.

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Da Dutasterid über die Haut aufgenommen wird, müssen Frauen, Kinder und Jugendliche die Berührung mit undichten Kapseln vermeiden. Bei der Anwendung von Dutasterid an Patienten mit leichter bis mittelschwerer Leberfunktionsstörung ist Vorsicht angezeigt. Dutasterid senkt bei Patienten mit BPH nach 6 Monaten den Serum-PSA-Spiegel um ca. 50%, selbst wenn ein Prostatakarzinom vorliegt. Deshalb ist zur Beurteilung eines isolierten Serum-PSA-Wertes bei einem Patienten mit mindestens sechsmonatiger Behandlung mit Dutasterid dieser Wert mit 2 zu multiplizieren, um einen Vergleich mit den Normalwerten unbehandelter Männer zu ermöglichen.

 

Kurz zusammengefasst 

Dutasterid (Avodart®) ist nach Finasterid (Proscar®) der zweite 5-Alpha-Reduktasehemmer, der zur Behandlung der benignen Prostatahyperplasie (BPH) auf den Markt kommt.

Die 5-Alpha-Reduktase ist an der Umwandlung von Testosteron zu Dihydrotestosteron (DHT) beteiligt. Dihydrotestosteron wird in der Prostata, der Leber und der Haut durch die 5-Alpha-Reduktase aus Testosteron gebildet und stellt dessen Wirkform dar. DHT bindet an den Androgenrezeptor, der unter anderem die Transkription von Wachstumsfaktoren induziert. Diese bewirken die Reifung, aber auch die Wucherung des Prostatagewebes.

Im Unterschied zu Finasterid hemmt Dutasterid zwei Isoenzyme, die 5-AlphaReduktase vom Typ 1 und 2. Finasterid hemmt lediglich den Typ 2. Das Isoenzym 1 findet sich insbesondere in der Leber und auf der Kopfhaut. Das Isoenzym 2 kommt vor allem in der Prostata, den Samenbläschen und Nebenhoden sowie in der Genitalhaut vor.

Dutasterid wirkt stärker und kann daher mit 0,5 mg täglich niedriger dosiert werden als Finasterid (5 mg täglich). Dutasterid reduziert den Serum-DHTSpiegel stärker (Reduktion um über 90% unter der Gabe von 0,5 mg Dutasterid täglich und um gut 70% unter der Behandlung mit 5 mg Finasterid täglich), klinisch wirkt es vergleichbar gut wie Finasterid.

Die Wirksamkeit von Dutasterid belegen drei klinische Studien mit einer Dauer von zwei Jahren. Insgesamt nahmen 4325 Männern über 50 Jahren teil. Verglichen mit der vierjährigen PLESS-Studie mit Finasterid mit 3040 Männern lässt sich kein relevanter Unterschied bei den Resultaten feststellen. Das Prostatavolumen verringerte sich während der Finasterid-Therapie um etwa 30 Prozent, unter der Behandlung mit Dutasterid um 28,5 Prozent. Beide Arzneistoffe halbierten die Zahl akuter Harnverhalte sowie BPH-assoziierter Operationen im Vergleich zu Plazebo.

Die bislang bekannten Nebenwirkungen von Dutasterid sind mit denen von Finasterid vergleichbar. Dazu gehören erektile Dysfunktion und ein Rückgang der Libido. Sowohl Finasterid als auch Dutasterid senken die Serumkonzentration des Prostata-spezifischen-Antigens (PSA). Die Therapie mit einem 5-AlphaReduktasehemmer kann daher die Aussagekraft dieses Markers deutlich abschwächen und so die Diagnose maligner Tumoren erschweren.

Seit 1998 ist Finasterid in niedrigerer Dosierung unter dem Namen Propecia® zur Therapie der androgenetischen Alopezie bei Männern zugelassen. Der Einsatz von Dutasterid für diese Indikation ist ebenfalls vorstellbar, wurde aber noch nicht eingehend untersucht. Da Dutasterid die 5-Alpha-Reduktase vom Typ 1 in der Kopfhaut hemmt, könnte die lokale Applikation ein neuer Ansatz in der Aknetherapie sein.

Copyright

Datenstand