Bosentan

Bosentan 

ATC-Code

C: Kardiovaskuläres System

C02: Antihypertensiva

C02K: Andere Antihypertensiva

C02KX: Antihypertensiva zur Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie

C02KX01: Bosentan

Wirkungsmechanismus

Bosentan ist ein dualer Endothelin-Rezeptorantagonist (ERA) mit einer Affinität zu Endothelin A- und B- (ETA- und ETB-)Rezeptoren. Bosentan verringert sowohl den pulmonalen als auch den systemischen Gefäßwiderstand, wodurch es zu einem Anstieg des Herzzeitvolumens ohne Anstieg der Herzfrequenz kommt. Das Neurohormon Endothelin-1 (ET-1) zählt zu den stärksten bekannten Vasokonstriktoren, auch kann es Fibrose, Zellproliferation, Herzhypertrophie und Remodeling (bindegewebiger Umbau der Gefäßwand) fördern und wirkt pro-inflammatorisch. Diese Effekte werden durch die Bindung von Endothelin an ETA- und ETB-Rezeptoren vermittelt, die im Endothel und in glatten Gefäßmuskelzellen lokalisiert sind. Die ET-1-Konzentrationen im Gewebe und Plasma sind bei einigen kardiovaskulären Störungen und Bindegewebserkrankungen erhöht, einschließlich pulmonaler arterieller Hypertonie, Sklerodermie, akuter und chronischer Herzinsuffizienz, Myokardischämie, systemischer Hypertonie und Arteriosklerose, was eine pathogenetische Rolle von ET-1 bei diesen Erkrankungen nahe legt. Bei pulmonaler arterieller Hypertonie und Herzinsuffizienz sind erhöhte ET-1-Konzentrationen eng mit Schweregrad und Prognose dieser Erkrankungen korreliert.

Bosentan konkurriert bei der Bindung von ET-1 und anderen ET-Peptiden um ETAund ETB-Rezeptoren mit einer etwas höheren Affinität zu ETA-Rezeptoren (Ki = 4,1 - 43 nM) als zu ETB-Rezeptoren (Ki = 38 - 730 nM).

Bosentan interagiert spezifisch mit ET-Rezeptoren und bindet nicht an andere Rezeptoren.

 

Hintergrundinformation

Pulmonale Hypertonie
Der Lungenhochdruck, die pulmonale Hypertonie, ist eine schwere Erkrankung, bei der der Blutdruck in den Lungengefäßen zwischen rechtem und linkem Herzen, dem so genannten kleinen Kreislauf, erhöht ist. Damit durch die verengten Lungengefäße eine ausreichende Blutmenge fließt, muss das Herz deutlich mehr leisten, also mit mehr Druck gegen den erhöhten Widerstand pumpen. Der erhöhte Druck in den Lungengefäßen führt zu irreversiblen Veränderungen der Gefäßwände und zunehmender Belastung des rechten Herzens, dessen Pumpleistung langfristig nachlässt. Als Folge verschlechtert sich die Sauerstoffversorgung des Organismus, und die körperliche Leistungsfähigkeit nimmt deutlich ab. Die Lebenserwartung ist gering: Bei primärer pulmonaler Hypertonie beträgt sie nach Diagnosestellung im Mittel 2,8 Jahre. Die häufigste Todesursache ist ein Versagen des rechten Herzens.

Die pulmonale Hypertonie kann erblich bedingt sein (primäre Form). Häufiger ist die sekundäre Form, die sich auf dem Boden von verschiedenen Grunderkrankungen ausbildet. Dazu gehören Lungenerkrankungen, am häufigsten die chronisch-obstruktive Bronchitis, Lungenembolien, Herzerkrankungen, Autoimmunerkrankungen wie Sklerodermie und Lupus erythematodes, Virusinfektionen wie HIV und Hepatitis und Lebererkrankungen. Auch einige Arzneimittel können bei längerer Einnahme als unerwünschte Wirkung eine pulmonale Hypertonie auslösen, besonders Appetitzügler und Amphetamine.

Die sekundäre pulmonale Hypertonie beginnt meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr, und Frauen sind häufiger betroffen als Männer. In Deutschland leiden mindestens 8000 Menschen an sekundärer pulmonaler Hypertonie. Bei der Entstehung einer pulmonalen Hypertonie ist das Endothel der Blutgefäße entscheidend beteiligt. Eine wichtige Funktion des Endothels ist die Bildung von verschiedenen Botenstoffen, die für die Regulierung der Blutgefäße verantwortlich sind. Dazu gehören Stoffe, die gefäßerweiternd wirken, und andere, die die Gefäße verengen können. Zu den gefäßerweiternden Substanzen gehören zum Beispiel Prostacyclin und NO. Ein sehr stark gefäßverengender Faktor ist Endothelin (ET-1). Beim gesunden Menschen findet ein geregeltes Zusammenspiel zwischen Endothelin auf der einen und gefäßerweiternden Substanzen auf der anderen Seite statt. So wird ein normaler Gefäßtonus aufrecht erhalten.

Bei Patienten mit pulmonaler Hypertonie sind die Endothelin-Konzentrationen erhöht, dagegen wird in den Lungengefäßen zu wenig Prostacyclin gebildet. Die erhöhte Endothelin-Konzentration bewirkt eine starke und lang anhaltende Verengung der Lungengefäße, einen verstärkten krankhaften Gefäßumbau in den Lungengefäßen und eine erhöhte Durchlässigkeit der Gefäßwände mit Entzündungsreaktionen. Möglicherweise werden auch die Herzmuskelzellen geschädigt.

 

Hintergrundinformation

Klassifikation der pulmonalen Hypertonie (WHO, 1998
Pulmonale arterielle Hypertonie

  • primär (sporadisch/familiär)
  • Pulmonale venöse Hypertonie
  • Pulmonale Hypertonie bei Erkrankungen des Respirationstraktes
  • Pulmonale Hypertonie aufgrund chronischer Thromboembolien
  • Pulmonale Hypertonie durch Erkrankungen mit Beteiligung der Lungengefäße

Pharmakokinetik

Pharmakokinetische Daten nach oraler Einnahme bei Patienten mit pulmonaler arterieller Hypertonie sind nicht verfügbar. Jedoch ist bei Patienten mit schwerer chronischer Herzinsuffizienz, die in vielerlei Hinsicht Patienten mit pulmonaler arterieller Hypertonie gleichen, die systemische Verfügbarkeit von Bosentan im Fließgleichgewicht um 30% bis 40% höher als bei gesunden Probanden. Clearance und Verteilungsvolumen nehmen mit ansteigenden intravenösen Dosen ab und steigen im weiteren zeitlichen Verlauf wieder an. Nach oraler Verabreichung ist die systemische Verfügbarkeit bis zu 500 mg dosisproportional. Bei höheren oralen Dosen nehmen Cmax und AUC weniger als dosisproportional zu.

  • Resorption: Bei gesunden Probanden beträgt die absolute Bioverfügbarkeit von Bosentan ungefähr 50%. Sie wird durch Nahrungsmittel nicht beeinträchtigt. Die maximalen Plasmakonzentrationen werden nach 3 bis 5 Stunden erreicht.
  • Verteilung: Bosentan ist stark (> 98%) an Plasmaproteine gebunden, hauptsächlich an Albumin. Es dringt nicht in Erythrozyten ein. Das Verteilungsvolumen (Vss) von ungefähr 18 Litern wurde nach intravenöser Verabreichung von 250 mg bestimmt.
  • Biotransformation und Ausscheidung: Nach intravenöser Verabreichung einer Einzeldosis von 250 mg beträgt die Clearance 8,2 l/h. Die terminale Eliminationshalbwertszeit (t1/2) beträgt 5,4 h. Nach wiederholter Gabe gehen die Plasmakonzentrationen allmählich auf 50 bis 65% der Konzentrationen nach einmaliger Gabe zurück. Diese Abnahme ist wahrscheinlich auf eine Autoinduktion der Stoffwechselenzyme der Leber zurückzuführen (s. u.). Steady-state-Bedingungen werden innerhalb von 3 bis 5 Tagen erreicht. Bosentan wird nach hepatischer Metabolisierung in der Leber durch die Cytochrom-P450-Isoenzyme CYP3A4 und CYP2C9 durch biliäre Exkretion ausgeschieden. Weniger als 3% einer oral verabreichten Dosis finden sich im Urin. Bosentan bildet drei Metaboliten, von denen nur einer pharmakologisch aktiv ist und mit bis zu 20% zur Wirkung von Bosentan beitragen kann. Bosentan ist ein Induktor von CYP2C9 und CYP3A4, möglicherweise auch von CYP2C19 und P-Glykoprotein. In vitro hemmt Bosentan in Hepatozyten-Kulturen die Gallensalzexport-Pumpe. In-vitro-Daten zeigten, dass Bosentan keinen relevanten inhibitorischen Effekt auf die untersuchten CYP-Isoenzyme CYP1A2, 2A6, 2B6, 2C8, 2C9, 2D6, 2E1und 3A4 hat. Daher ist nicht zu erwarten, dass Bosentan zu einer Erhöhung der Plasmakonzentrationen der durch diese Isoenzyme verstoffwechselten Arzneimittel führt.
  • Pharmakokinetik bei besonderen Populationen: Es ist nicht wahrscheinlich, dass die Pharmakokinetik von Bosentan bei Erwachsenen in relevantem Umfang durch Geschlecht, Körpergewicht, Rasse oder Alter beeinflusst wird. Für Kinder und Heranwachsende unter 15 Jahren liegen keine pharmakokinetischen Daten vor.
  • Leberfunktionsstörungen: Bei Patienten mit leicht eingeschränkter Leberfunktion (Child-Pugh-Klasse A) wurden keine relevanten Veränderungen in der Pharmakokinetik beobachtet. Bei Patienten mit leichten Leberfunktionsstörungen war die Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve im Fließgleichgewicht von Bosentan 9% und die des Metaboliten Ro 48-5033 33% höher als bei gesunden Probanden. Die Pharmakokinetik von Bosentan wurde bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen der Child-Pugh-Klasse B oder C nicht untersucht.
  • Nierenfunktionsstörungen: Bei Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen (Kreatinin-Clearance 15 - 30 ml/min) sanken die Plasmakonzentrationen von Bosentan um ca. 10%. Im Vergleich zu Probanden mit normaler Nierenfunktion waren bei diesen Patienten die Plasmakonzentrationen der Bosentan-Metaboliten auf ungefähr das Doppelte erhöht. Bei Patienten mit Nierenfunktionsstörung ist trotzdem keine Dosisanpassung erforderlich. Es liegt keine spezifische klinische Erfahrung bei Dialyse-Patienten vor. Doch ist aufgrund der physikalisch-chemischen Eigenschaften und dem hohen plasmaproteingebundenen Anteil nicht davon auszugehen, dass Bosentan durch Dialyse in irgendeinem signifikantem Ausmaß aus der systemischen Zirkulation entfernt wird.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Die Behandlung mit Bosentan sollte mit einer Dosierung von zweimal täglich 62,5 mg über einen Zeitraum von vier Wochen begonnen und anschließend auf eine Erhaltungsdosis von zweimal täglich 125 mg erhöht werden. Die Tabletten sollen morgens und abends mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. Im Fall einer klinischen Verschlechterung (z. B. Abnahme der Gehstrecke im 6-MinutenGehtest um mindestens 10% im Vergleich zum Ausgangswert vor der Behandlung) trotz einer mindestens 8-wöchigen Behandlung mit Bosentan (Erhaltungsdosis seit mindestens 4 Wochen) sollten alternative Therapien in Erwägung gezogen werden.

Dennoch können einige Patienten, die nach 8-wöchiger Behandlung mit Bosentan nicht angesprochen haben, möglicherweise nach weiteren 4 bis 8 Behandlungswochen positiv auf die Behandlung reagieren. Wenn ein Absetzen von Bosentan in Betracht gezogen wird, sollte das Absetzen stufenweise während der Einführung einer alternativen Therapie erfolgen.

Im Fall einer späten klinischen Verschlechterung trotz einer Behandlung mit Bosentan (z. B. nach mehreren Behandlungsmonaten) sollte eine Neubewertung der Behandlung erfolgen. Einige Patienten, die nicht ausreichend auf die Dosis von zweimal täglich 125 mg ansprechen, können möglicherweise ihre körperliche Belastbarkeit leicht verbessern, wenn die Dosis auf zweimal täglich 250 mg erhöht wird. Dabei sollte eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Bewertung erfolgen und in Betracht gezogen werden, dass die Lebertoxizität dosisabhängig ist. Mit einem plötzlichen Absetzen von Bosentan liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor. Es gibt keine Hinweise auf einen akuten Reboundeffekt. Um eine schwere klinische Verschlechterung infolge eines möglichen Reboundeffektes zu vermeiden, sollte eine stufenweise Reduzierung der Dosis (Halbierung der Dosis für 3 bis 7 Tage) in Betracht gezogen werden. Es wird empfohlen, während des Absetzens eine engmaschige Überwachung durchzuführen.

Kontraindikationen

  • Überempfindlichkeit gegenüber Bosentan oder einem der Hilfsstoffe.
  • Child-Pugh-Klasse B oder C, d. h. mittlere bis schwere Leberfunktionsstö rungen.
  • Vor Behandlungsbeginn Erhöhung der Leber-Aminotransferasen, d. h. der Aspar tat-Aminotransferase (AST) und/oder Alanin-Aminotransferase (ALT), auf mehr als das Dreifache des oberen Normwertes.
  • Gleichzeitige Anwendung von Ciclosporin.
  • Schwangerschaft.
  • Frauen im gebärfähigen Alter, die keine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden.

Unerwünschte Wirkungen

  • In acht plazebokontrollierten Studien (davon sechs für andere Indikationen als pulmonale arterielle Hypertonie) wurden 677 Patienten mit Bosentan-Dosierungen im Bereich von 100 mg bis 2000 mg täglich und 288 Patienten mit Plazebo behandelt. Die vorgesehene Behandlungsdauer lag zwischen 2 Wochen und 6 Monaten. Die Nebenwirkungen, die unter der Behandlung mit Bosentan im Vergleich zu Plazebo häufiger auftraten. waren: Kopfschmerzen (15,8% im Vergleich zu 12,8%), Flush-Symptomatik (6,6% im Vergleich zu 1,7%), anormale Leberfunktion (5,9% im Vergleich zu 2,1%), Beinödeme (4,7% im Vergleich zu 1,4%) und Anämie (3,4% im Vergleich zu 1,0%). Alle diese Nebenwirkungen waren dosisabhängig. Die Nebenwirkungen, die bei ≥ 1% und < 3% dieser Patienten und häufiger unter der Gabe von Bosentan als unter Plazebo-Behandlung auftraten, waren: Anämie, gastroösophageale Refluxkrankheit und rektale Hämorrhagie, alle mit 2,4% unter der Therapie mit Bosentan im Vergleich zu 0% unter Plazebo-Applikation.
  • Bosentan ist mit dosisabhängigen Anstiegen der Leber-Aminotransferasen, d. h. Aspartat- und Alanin-Aminotransferase, assoziiert. Die Veränderungen der Leberenzymwerte traten im allgemeinen in den ersten 16 Wochen der Behandlung auf, entwickelten sich in der Regel allmählich und waren meist asymptomatisch. Neun von 74 der mit Bosentan behandelten Patienten, die erhöhte Leber-Aminotransferasen aufwiesen, hatten jedoch auch Symptome wie Bauchschmerzen, Übelkeit/Erbrechen und Fieber. Die Enzymerhöhungen gingen während der klinischen Studien in allen Fällen ohne Folgeerscheinungen innerhalb weniger Tage bis 9 Wochen spontan oder nach Dosisreduktion oder Absetzen auf den Stand vor Behandlungsbeginn zurück. Der Mechanismus dieser Nebenwirkung ist unklar.
  • Unter der Behandlung mit Bosentan kann die Hämoglobinkonzentration abfallen. Bei Patienten mit pulmonaler arterieller Hypertonie, die mit Dosen von 125 mg und 250 mg zweimal täglich behandelt wurden, kam es bei 3,0% in der Verumgruppe und bei 1,3% der Plazebo-Patienten zu einem klinisch relevanten Hämoglobinabfall.

Wechselwirkungen

  • Bosentan ist ein Induktor der Cytochrom-P450-(CYP-)Isoenzyme CYP2C9 und CYP3A4. In-vitro-Daten legen auch eine Induktion von CYP2C19 nahe. Folglich werden die Plasmakonzentrationen der durch diese Isoenzyme metabolisierten Substanzen bei gleichzeitiger Einnahme von Bosentan erniedrigt. Bei derartigen Arzneistoffen sollte eine Dosisanpassung in Betracht gezogen werden. Dazu gehört zum Beispiel Simvastatin, ein CYP3A4-Substrat.
  • Die gleichzeitige Anwendung von einem CYP3A4-Inhibitor und einem CYP2C9Inhibitor sollte vermieden werden, denn Bosentan wird durch CYP2C9 und CYP3A4 metabolisiert. Eine Hemmung dieser Isoenzyme kann die Plasmakonzentration von Bosentan erhöhen. Die gleichzeitige Verabreichung von Fluconazol, das überwiegend CYP2C9 inhibiert, jedoch in gewissem Ausmaß auch CYP3A4, könnte zu starken Erhöhungen der Plasmakonzentrationen von Bosentan führen. Diese Kombination wird daher nicht empfohlen. Aus dem gleichen Grund wird die gleichzeitige Verabreichung sowohl eines potenten CYP3A4-Inhibitors (wie Ketoconazol, Itraconazol und Ritonavir) als auch eines CYP2C9-Inhibitors (wie Voriconazol) mit Bosentan nicht empfohlen.
  • Zu Wechselwirkungen mit hormonalen Kontrazeptiva wurden keine spezifischen Untersuchungen durchgeführt. Weil Östrogene und Gestagene teilweise über CYP450 metabolisiert werden, besteht die Möglichkeit, dass die Kontrazeption versagt, wenn Bosentan gleichzeitig angewendet wird. Daher müssen Frauen im gebärfähigen Alter bei der Behandlung mit Bosentan eine zusätzliche oder eine alternative zuverlässige Verhütungsmethode anwenden.
  • Die gleichzeitige Verabreichung von Bosentan und Ciclosporin ist kontraindiziert.
  • Bosentan und Glibenclamid sollten wegen des erhöhten Risikos von LeberAminotransferaseerhöhungen nicht gleichzeitig angewendet werden. Sowohl Glibenclamid als auch Bosentan hemmen die Gallensalzexportpumpe, was die erhöhten Aminotransferasewerte erklären könnte. Bei Patienten, für die eine antidiabetische Behandlung angezeigt ist, sollte ein alternatives Antidiabetikum angewendet werden. Daten zu Wechselwirkungen mit anderen Sulfonylharnstoffen liegen nicht vor.
  • Eine Dosisanpassung von Warfarin und ähnlichen oralen Antikoagulanzien ist bei Beginn einer Therapie mit Bosentan nicht erforderlich, aber eine engmaschige Überwachung der INR wird insbesondere zu Behandlungsbeginn und während der Auftitrierungsperiode empfohlen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Die Wirksamkeit von Bosentan bei Patienten mit schwerer pulmonaler arterieller Hypertonie ist nicht belegt. Bei einer Verschlechterung des klinischen Zustandes sollte die Umstellung auf eine für schwere Stadien der Erkrankung empfohlene Therapie (z. B. Epoprostenol) in Betracht gezogen werden. Bisher liegen noch nicht genügend Daten vor, um die Wirksamkeit und Verträglichkeit einer gleichzeitigen Anwendung von Epoprostenol und Bosentan zu bewerten. Es gibt keine Belege, um diese Kombination zu empfehlen.
  • Das Nutzen-Risiko-Profil von Bosentan bei Patienten mit funktionellem Schweregrad der WHO-Klasse I oder II der pulmonalen arteriellen Hypertonie wurde nicht untersucht.
  • Die Behandlung mit Bosentan darf nur begonnen werden, wenn der systemische systolische Blutdruck höher als 85 mmHg ist.
  • Die Behandlung mit Bosentan ist, wie bereits erwähnt, mit dosisabhängigen Erhöhungen der Leber-Aminotransferasen, d. h. Aspartat- und Alanin-Aminotransferase (AST und/oder ALT), assoziiert. Die Veränderungen der Leberenzymwerte treten typischerweise innerhalb der ersten 16 Wochen der Behandlung auf. Diese Anstiege sind möglicherweise zum Teil auf die kompetitive Hemmung der Gallensalz-Ausscheidung aus Hepatozyten zurückzuführen. Jedoch sind wahrscheinlich auch andere Mechanismen, die noch nicht eindeutig nachgewiesen worden sind, am Auftreten von Leberfunktionsstörungen beteiligt. Eine Zytolyse infolge der Akkumulation von Bosentan in Hepatozyten mit möglicherweise schwerer Leberschädigung oder ein immunologischer Mechanismus sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko für eine Leberfunktionsstörung kann möglicherweise auch erhöht sein, wenn Bosentan gleichzeitig mit Arzneimitteln verabreicht wird, die Inhibitoren der Gallensalz-Export-Pumpe (BSEP) sind, wie z. B. Rifampicin, Glibenclamid und Ciclosporin. Die Datenlage ist jedoch limitiert. Deshalb müssen die Leber-Aminotransferasewerte vor Behandlungsbeginn, danach monatlich gemessen werden. Zusätzlich müssen die Leber-Aminotransferasewerte 2 Wochen nach jeder Dosissteigerung gemessen werden.
  • Die Behandlung mit Bosentan wurde mit einer dosisabhängigen, geringgradigen Erniedrigung der Hämoglobinkonzentration in Zusammenhang gebracht. Die mit Bosentan in Zusammenhang stehenden erniedrigten Hämoglobinkonzentrationen sind nicht progredient und stabilisieren sich innerhalb der ersten 4 bis 12 Wochen nach Behandlungsbeginn. Es wird empfohlen, die Hämoglobinkonzentration vor Behandlungsbeginn, in monatlichem Abstand während der ersten 4 Behandlungsmonate und danach vierteljährlich zu überprüfen. Bei klinisch relevanter Erniedrigung der Hämoglobinkonzentration sollten in weiteren Bewertungen und Untersuchungen die Ursache und Notwendigkeit einer spezifischen Behandlung geklärt werden.
  • Bei Frauen im gebärfähigen Alter darf Bosentan nur dann angewendet werden, wenn eine zuverlässige Verhütungsmethode angewendet wird und wenn der Schwangerschaftstest vor Behandlungsbeginn negativ ist (s. u.).

Schwangerschaft und Stillzeit

In Tierversuchen wurde Reproduktionstoxizität festgestellt (Teratogenität, Embryotoxizität). Es liegen keine Daten zur Anwendung von Bosentan bei Schwangeren vor. Das potenzielle Risiko für den Menschen ist nicht bekannt, doch muss Bosentan als für den Menschen potenziell teratogen betrachtet werden und darf während der Schwangerschaft daher nicht angewendet werden. Frauen dürfen mindestens 3 Monate nach Behandlungsende mit Bosentan nicht schwanger werden. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung mit Bosentan und mindestens 3 Monate nach Behandlungsende eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden.

Bosentan kann zu einem Wirkungsverlust hormonaler Kontrazeptiva führen. Deshalb dürfen Frauen im gebärfähigen Alter hormonale Kontrazeptiva nicht als alleinige Verhütungsmethode verwenden, sondern müssen eine zusätzliche oder alternative zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Es wird empfohlen, während der Behandlung mit Bosentan monatliche Schwangerschaftstests durchzuführen. Frauen, die während der Behandlung mit Bosentan schwanger werden, müssen über die potenzielle Gefahr für den Fötus informiert werden. Es ist nicht bekannt, ob Bosentan in die Muttermilch übergeht. Stillenden Müttern, die mit Bosentan behandelt werden, ist zu empfehlen, abzustillen.

Handelspräparat Tracleer® 

Hersteller

Einführungsdatum

Zusammensetzung

Jede Filmtablette enthält 62,5 bzw. 125 mg Bosentan (als Bosentan x 1 H2O).

Hilfsstoffe:

Tablettenkern: Maisstärke, vorverkleisterte Stärke, CarboxymethylstärkeNatrium (Typ A), Povidon K90, Glyceroldibehenat, Magnesiumstearat. Filmüberzug: Hypromellose, Triacetin, Talkum, Titandioxid

(E 171), Eisenoxidhydrat (E 172), Eisen(III)-oxid (E 172), Ethylcellulose als wässrige Dispersion.

Packungsgrößen, Preise, PZN

62,5 mg: 56 Filmtabletten, Euro 3498,10, PZN 2461596;
125 mg: 56 Filmtabletten, Euro 398,10, PZN 2461604

Indikation

Zur Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie

Dosierung

Zu Beginn zweimal täglich 62,5 mg über einen Zeitraum von vier Wochen, anschließend Erhaltungsdosis von zweimal täglich 125 mg

Kontraindikationen

Mittlere bis schwere Leberfunktionsstörungen; vor Behandlungsbeginn Erhöhung der Leber-Aminotransferasen auf mehr als das Dreifache des oberen Normwertes; gleichzeitige Anwendung von Ciclosporin; Schwangerschaft; Frauen im gebärfähigen Alter, die keine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden.

Unerwünschte Wirkungen

Kopfschmerzen, Flush-Symptomatik, anormale Leberfunktion, Beinödeme, Anämie, gastroösophageale Refluxkrankheit, rektale Hämorrhagie, dosisabhängige Anstiege der Leber-Aminotransferasen.

Wechselwirkungen

Bosentan ist ein Induktor der Cytochrom-P450(CYP)-Isoenzyme CYP2C9 und CYP3A4; bei Arzneistoffen, die durch diese Isoenzyme metabolisiert werden, sollte eine Dosisanpassung in Betracht gezogen werden. Die gleichzeitige Anwendung eines CYP3A4-Inhibitors (z. B. Ketoconazol, Itraconazol, Ritonavir) und eines CYP2C9-Inhibitors (z. B. Voriconazol, Fluconazol) sollte vermieden werden. Weil Östrogene und Gestagene teilweise über CYP450 metabolisiert werden, besteht die Möglichkeit, dass bei gleichzeitiger Anwendung von Bosentan die Kontrazeption versagt. Die gleichzeitige Verabreichung von Bosentan und Ciclosporin ist kontraindiziert. Bosentan und Glibenclamid sollten wegen des erhöhten Risikos von Leber-Aminotransferaseerhöhungen nicht gleichzeitig angewendet werden.

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Die Behandlung mit Bosentan darf nur begonnen werden, wenn der systemische systolische Blutdruck höher als 85 mmHg ist. Unter der Behandlung mit Bosentan kann es dosisabhängig zu Erhöhungen der Leber-Aminotransferasen kommen. Die Behandlung mit Bosentan wurde mit einer dosisabhängigen, geringgradigen Erniedrigung der Hämoglobinkonzentration in Zusammenhang gebracht. Bei Frauen im gebärfähigen Alter darf Bosentan nur dann angewendet werden, wenn eine zuverlässige Verhütungsmethode angewendet wird und der Schwangerschaftstest vor Behandlungsbeginn negativ ist.

 

Literatur

Rubin, L. J.: Bosentan therapy for pulmonary arterial hypertension. N. Engl. J. Med. 346, 896 - 903 (2002).

 

Kurz zusammengefasst 

Das nicht-peptidische Bosentan (Tracleer®) ist der erste EndothelinRezeptorantagonist, der auf den Markt kommt. Es wird zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie eingesetzt. Die EU-Kommission hatte Bosentan den OrphanDrug-Status erteilt. Damit war eine beschleunigte Zulassung möglich. Bosentan blockiert die Endothelin-Rezeptoren ETA und ETB. Damit hemmt es die sehr stark vasokonstriktorischen Wirkungen von Endothelin-1 (ET-1), das vom Endothel der Blutgefäße gebildet wird. Erhöhte Konzentrationen von Endothe lin-1 bewirken eine anhaltende Konstriktion der Lungengefäße sowie eine chronische Entzündungsreaktion mit bindegewebigem Umbau der Gefäßwand (Remodeling), die dadurch ihre Elastizität verliert.

Bosentan wird oral in einer Dosierung von 125 mg zweimal täglich eingenommen. Nach oraler Aufnahme ist Bosentan zu 50% bioverfügbar. Es wird zu 98% an Plasmaproteine gebunden. Die tmax liegt zwischen 3 und 5 Stunden, die Halbwertszeit beträgt 5,4 Stunden. Bosentan wird in der Leber durch das CytochromP450-System über die Enzyme 3A4 und 2C9 hydroxyliert und demethyliert und dann biliär zu 93% in den Fäzes exkretiert.

Unter der Behandlung bessert sich die Belastbarkeit der Patienten deutlich, und der Schweregrad der Erkrankung geht zurück. Bereits die erste plazebokontrollierte Studie mit Bosentan bei 33 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer pulmonal-arterieller Hypertonie erbrachte gute Resultate. Die Hämodynamik zeigte eine deutliche Verbesserung. Infolge der Drucksenkung und der höheren Herzleistung nahmen die Beschwerden der Patienten deutlich ab. An einer weiteren Studie (BREATHE-1, Bosentan Randomized Trial of Endothelin Rezeptor Antagonist THErapy for Pulmonary Hypertension) nahmen insgesamt 213 Patienten an 27 Zentren in elf Nationen teil. In dieser Multicenterstudie wurden die Wirksamkeit und Verträglichkeit von zwei Bosentan-Dosierungen (zweimal täglich 125 mg und zweimal täglich 250 mg) gegenüber Plazebo untersucht. Im Vergleich zu Plazebo erreichten die mit Bosentan behandelten Patienten nach 16 Wochen eine etwa 20%-ige Steigerung ihrer körperlichen Belastbarkeit. Bosentan konnte außerdem den Zeitpunkt bis zur klinischen Verschlechterung der pulmonalen arteriellen Hypertonie signifikant verzögern, und der Schweregrad der Erkrankung ging deutlich zurück.

Als unerwünschte Wirkung hemmt Bosentan das Gallensalz-Transportsystem in der Leber. Das führt zu einer Akkumulation von Gallensalzen in Hepatozyten, die dadurch geschädigt werden können. In klinischen Studien kam es dosisabhängig und reversibel bei rund 11% der Patienten zu einer Erhöhung der Leberenzymwerte. Daher ist eine monatliche Kontrolle der Leberwerte besonders wichtig. Wegen des Risikos von Fehlbildungen dürfen Schwangere oder Frauen, die eine Schwangerschaft planen, Bosentan nicht einnehmen.

Tezosentan (vorgesehener Handelsname Veletri®) ist ein weiterer neuer Vertreter dieser Substanzgruppe, der ebenfalls von der Schweizer Firma Actelion entdeckt wurde und sich derzeit in der klinischen Entwicklung befindet.

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