Valganciclovir
Valganciclovir
ATC-Code
J: Antiinfektiva zur systemischen Anwendung
J05: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung
J05A: Direkt wirkende antivirale Mittel
J05AB: Nukleoside und Nukleotide, exkl. Inhibitoren der Reversen Transkriptase
J05AB14: Valganciclovir
Wirkungsmechanismus
Valganciclovir ist der l-Valinester (Prodrug) von Ganciclovir. Nach oraler Anwendung wird Valganciclovir rasch und umfassend von den intestinalen und hepatischen Esterasen zu Ganciclovir metabolisiert. Ganciclovir ist ein synthetisches Analogon von 2'-Desoxyguanosin und hemmt sowohl in vitro als auch in vivo die Replikation von Herpesviren. Zu den empfindlichen Viren beim Menschen gehören das humane Zytomegalievirus (HCMV), die Herpes-simplex-Viren 1 und 2 (HSV-1 und HSV-2), die humanen Herpesviren 6, 7 und 8 (HHV-6, HHV-7, HHV-8), das Epstein-Barr-Virus (EBV), das Varizella-Zoster-Virus (VZV) und das Hepatitis-B-Virus.
In CMV-infizierten Zellen wird Ganciclovir zuerst von der viruseigenen Proteinkinase pUL97 zu Ganciclovir-Monophosphat phosphoryliert. Eine weitere Phosphorylierung erfolgt durch zelluläre Kinasen zu Ganciclovirtriphosphat, das dann im Zellinnern nur langsam abgebaut wird. Die Halbwertszeit von Ganciclovirtriphosphat in HSV- und HCMV-infizierten Zellen beträgt nach Entzug des extrazellulären Ganciclovirs 18 bzw. 6 bis 24 Stunden. Da die primäre Phosphorylierung größtenteils von der viralen Kinase abhängt, erfolgt die Phosphorylierung von Ganciclovir vorzugsweise in virusinfizierten Zellen.
Die virustatische Aktivität von Ganciclovir basiert auf der Hemmung der viralen DNA-Synthese durch: (a) kompetitive Hemmung des Einbaus von Desoxyguanosintriphosphat in die DNA durch die virale DNA-Polymerase und (b) Einbau von Ganciclovirtriphosphat in die virale DNA mit nachfolgendem Abbruch der viralen DNA-Elongation oder starker Einschränkung der weiteren viralen DNA-Elongation. Nach chronischer Anwendung von Valganciclovir können gegen Ganciclovir resistente Viren auftreten, indem es zu einer Selektion von Mutationen im Gen der viralen Kinase (UL97), das für die Monophosphorylierung von Ganciclovir verantwortlich ist, und/oder im viralen Gen der Polymerase (UL54) kommt. Viren, die Mutationen im UL97-Gen enthalten, sind nur gegen Ganciclovir resistent, während Viren mit Mutationen im UL54-Gen eine Kreuzresistenz auch gegen andere Virustatika mit ähnlichem Wirkmechanismus aufweisen können.
Pharmakokinetik
Die pharmakokinetischen Eigenschaften von Valganciclovir wurden bei HIV- und CMV-seropositiven Patienten sowie bei Patienten mit AIDS und CMV-Retinitis untersucht.
- Resorption: Valganciclovir wird aus dem Magen-Darm-Trakt gut resorbiert und in der Darmwand und Leber rasch und umfassend zu Ganciclovir metabolisiert. Die Bioverfügbarkeit von Ganciclovir nach einer Einzelgabe von 900 mg Valganciclovir liegt bei ca. 60%, verglichen mit etwa 6% nach Gabe von 1000 mg Ganciclovir p. o. (als Kapseln). Die systemische Exposition gegenüber Valganciclovir ist vorübergehend und gering. Wurde Valganciclovir zusammen mit einer Mahlzeit in der empfohlenen Dosis von 900 mg gegeben, so wurden für Ganciclovir sowohl höhere mittlere AUC-Werte (etwa 30%) als auch höhere mittlere CmaxWerte (etwa 14%) als im Nüchternzustand festgestellt. Ebenso nimmt auch die interindividuelle Variabilität bei der Ganciclovir-Exposition ab, wenn Valganciclovir zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen wird. Daher wird empfohlen, dass Valganciclovir mit den Mahlzeiten eingenommen wird.
- Verteilung: Wegen des raschen Metabolismus von Valganciclovir zu Ganciclovir wurde die Proteinbindung von Valganciclovir nicht exakt bestimmt.
- Metabolismus: Valganciclovir wird, wie erwähnt, schnell und umfassend zu Ganciclovir metabolisiert; es wurden keine anderen Metaboliten eindeutig nachgewiesen.
- Elimination: Nach Einnahme von Valganciclovir stellt, genau wie nach Einnahme von Ganciclovir, die renale Ausscheidung über glomeruläre Filtration und aktive tubuläre Sekretion den Haupteliminationsweg von Valganciclovir dar. Die renale Clearance hat einen Anteil von 81,5% ± 22% (n = 70) an der systemischen Clearance von Ganciclovir. Die Halbwertszeit von Ganciclovir beträgt bei HIV- und CMV-seropositiven Patienten 4,1 ± 0,9 Stunden.
- Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion: Eine Abnahme der Nierenfunktion führte zu einer Abnahme der Clearance von Ganciclovir mit einer entsprechenden Zunahme der terminalen Halbwertszeit. Deshalb ist bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion eine Dosisanpassung erforderlich.
- Dialysepatienten: Für dialysepflichtige Patienten kann keine Dosisempfehlung für Valcyte® 450 mg Filmtabletten ausgesprochen werden, weil die für diese Patienten erforderliche individuelle Valganciclovir-Dosis unterhalb der Dosisstärke der 450 mg Filmtabletten liegt.
- Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion: Es liegen keine Untersuchungen zur Sicherheit und Wirksamkeit von Valganciclovir bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen vor. Von einer Beeinflussung der Pharmakokinetik von Ganciclovir durch eine Leberfunktionsstörung ist jedoch eher nicht auszugehen, da die Substanz über die Nieren ausgeschieden wird; demzufolge wird auch keine spezifische Dosisempfehlung gegeben.
Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Valganciclovir wird oral angewendet und soll möglichst mit einer Mahlzeit eingenommen werden. Oral angewendetes Valganciclovir 900 mg zweimal täglich entspricht therapeutisch einer intravenösen Gabe von Ganciclovir 5 mg/kg zweimal täglich.
- Initialtherapie: Bei Patienten mit aktiver CMV-Retinitis beträgt die empfohlene Dosis 900 mg Valganciclovir (zwei Valcyte® 450 mg Filmtabletten) zweimal täglich über 21 Tage. Eine länger dauernde Initialtherapie kann das Risiko myelotoxischer Wirkungen erhöhen.
- Erhaltungstherapie: Nach der Initialtherapie bzw. bei Patienten mit inaktiver CMV-Retinitis beträgt die empfohlene Dosis 900 mg Valganciclovir (zwei Valcyte® 450 mg Filmtabletten) einmal täglich. Bei Verschlechterung der Retinitis kann die Initialtherapie wiederholt werden; es ist jedoch an die Möglichkeit einer viralen Arzneimittelresistenz zu denken.
- Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion: Der Serumkreatininspiegel oder die Kreatininclearance müssen sorgfältig überwacht werden. Die Dosis ist in Abhängigkeit von der Kreatininclearance anzupassen.
- Dialysepflichtige Patienten: Für dialysepflichtige Patienten (CrCl < 10 ml/min) kann keine Dosisempfehlung gegeben werden. Daher soll Valganciclovir bei diesen Patienten nicht angewendet werden.
- Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion: Sicherheit und Wirksamkeit von Valganciclovir bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion wurden nicht untersucht.
- Bei Kindern und älteren Patienten wurden Sicherheit und Wirksamkeit nicht untersucht. Die Tabletten dürfen nicht zerbrochen oder zerdrückt werden. Da Valganciclovir beim Menschen potenziell teratogen und karzinogen wirkt, ist beim Umgang mit zerbrochenen Tabletten Vorsicht geboten. Direkter Kontakt von zerbrochenen oder zerdrückten Tabletten mit Haut oder Schleimhäuten ist zu vermeiden. Wenn es dennoch zu einem solchen Kontakt kommt, ist die Berührungsstelle gründlich mit Wasser und Seife zu reinigen, die Augen sind mit sterilem Wasser oder, wenn dies nicht zur Verfügung steht, mit Leitungswasser gründlich zu spülen.
Kontraindikationen
- Valcyte® darf nicht angewendet werden bei Patienten mit Überempfindlichkeit gegenüber Valganciclovir, Ganciclovir oder einem der Hilfsstoffe.
- Wegen der ähnlichen chemischen Struktur von Valganciclovir und Aciclovir sowie Valaciclovir ist eine Kreuzallergie zwischen diesen Substanzen möglich. Valganciclovir darf daher bei Patienten mit Überempfindlichkeit gegenüber Aciclovir und Valaciclovir nicht angewendet werden.
- Valcyte® darf während der Stillzeit nicht angewendet werden.
Unerwünschte Wirkungen
Valganciclovir ist, wie beschrieben, ein Prodrug von Ganciclovir. Die für Ganciclovir bekannten Nebenwirkungen können daher auch bei der Anwendung von Valcyte® erwartet werden. Alle Nebenwirkungen, die mit Valganciclovir in klinischen Studien beobachtet wurden, sind zuvor schon mit Ganciclovir beschrieben worden.
Die am häufigsten (> 5%) vom Prüfarzt beobachteten Nebenwirkungen mit einem (zumindest entfernten) Kausalzusammenhang mit der Valcyte-Behandlung waren:
- bei der Initialtherapie: Neutropenie (9%), Diarrhö (6%), Anämie (6%) und Dermatitis (5%);
- bei der Erhaltungstherapie: Neutropenie (18%), Anämie (13%), Diarrhö (11%) und Übelkeit (8%). Die am häufigsten (> 1%) während der Initial- und Erhaltungstherapie mit Valganciclovir gemeldeten Nebenwirkungen, die als schwerwiegend oder lebensbedrohlich eingeschätzt wurden, waren: Neutropenie (12,5%), Anämie (7,5%), Thrombozytopenie (2%), Panzytopenie (1,5%), Leukopenie (1,5%) und Störungen der Leberfunktion (1%). Da unter der Behandlung mit Valganciclovir (und Ganciclovir) schwere Leukopenien, Neutropenien, Anämien, Thrombozytopenien, Panzytopenien, Knochenmarkdepressionen und aplastische Anämien beschrieben wurden, sollte die Behandlung nicht begonnen werden, wenn die absolute Neutrophilenzahl unter 500 Zellen/µl oder die Thrombozytenzahl unter 25 000/µl oder der Hämoglobinspiegel unter 8 g/dl liegt. Wenn es unter der Therapie mit Valganciclovir zu einer deutlichen Verschlechterung des Blutbildes kommt, ist eine Behandlung mit hämatopoetischen Wachstumsfaktoren und/oder eine Therapieunterbrechung in Betracht zu ziehen. Das Risiko für das Auftreten einer Diarrhö ist bei den oralen Darreichungsformen höher als bei intravenös verabreichtem Ganciclovir. Im Folgenden sind die Nebenwirkungen aufgelistet, die in Therapiestudien mit Valganciclovir (Initial- und Erhaltungsphase, n = 370) mit einer Häufigkeit von mindestens 2%, unabhängig vom Schweregrad, berichtet wurden (sehr häufig: > 1/10; häufig: > 1/100, < 1/10)
- Infektionen und Infestationen: häufig: orale Candidiasis
- Störungen des Blut- und Lymphsystems: sehr häufig: Neutropenie, Anämie; häufig: Thrombozytopenie, Leukopenie, Panzytopenie
- Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen: häufig: Appetitverlust, Gewichtsabnahme
- Psychiatrische Störungen: häufig: Depression, Angst
- Störungen des Nervensystems: häufig: Kopfschmerzen, Insomnie, Geschmacksstörungen, Hypästhesie, Parästhesie, periphere Neuropathie
- Störungen der Augen: häufig: Makulaödem, Netzhautablösung, Mouches volantes
- Respiratorische, thorakale und mediastinale Störungen: häufig: Husten
- Gastrointestinale Störungen: sehr häufig: Diarrhö; häufig: Übelkeit, Erbrechen, orale Candidiasis, Abdominalschmerzen, Oberbauchschmerzen
- Störungen der Leber und der Galle: häufig: Störungen der Leberfunktion
- Störungen der Haut und des Unterhautgewebes: häufig: Dermatitis, nächtliche Schweißausbrüche, Pruritus
- Störungen des Bewegungsapparates, des Bindegewebes und der Knochen: häufig: Rückenschmerzen
- Allgemeine Störungen und Reaktionen an der Applikationsstelle: häufig: Müdigkeit, Fieber, Schwindel Andere relevante Nebenwirkungen, die nach intravenöser oder peroraler Anwendung von Ganciclovir berichtet wurden, und zwar zusätzlich zu den oben aufgeführten Nebenwirkungen, waren:
- Infektionen und Infestationen: häufig: Sepsis, Zellulitis, Harnwegsinfekti onen
- Störungen des Blut- und Lymphsystems: gelegentlich (> 1/1000, < 1/100): Knochenmarkdepression
- Störungen des Immunsystems: gelegentlich: anaphylaktische Reaktion
- Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen: häufig: Anorexie
- Psychiatrische Störungen: häufig: Verwirrtheit, Denkstörungen; gelegentlich: Agitiertheit, Psychose
- Störungen des Nervensystems: häufig: Krampfanfälle; gelegentlich: Tremor
- Störungen der Augen: häufig: Augenschmerzen, gelegentlich: Sehstörungen, Konjunktivitis
- Störungen des Ohrs und des Innenohrs: häufig: Ohrenschmerzen; gelegentlich: Schwerhörigkeit
- Störungen des Herzens: gelegentlich: Arrhythmien
- Störungen der Gefäße: gelegentlich: Hypotonie
- Respiratorische, thorakale und mediastinale Störungen: sehr häufig (> 1/10): Dyspnö
- Gastrointestinale Störungen: häufig: Obstipation, Flatulenz, Dysphagie, Dyspepsie; gelegentlich: aufgetriebenes Abdomen, Mundgeschwüre, Pankreati tis, Störungen der Leber und der Galle; häufig: erhöhte Werte für die alkalische Phosphatase im Blut, ASAT erhöht; gelegentlich: ALAT erhöht
- Störungen der Haut und des Unterhautgewebes: gelegentlich: Alopezie, Urtikaria, trockene Haut
- Störungen des Bewegungsapparates, des Bindegewebes und der Knochen: häufig: Myalgie, Arthralgie, Muskelkrämpfe
- Störungen der Nieren und der ableitenden Harnwege: häufig: erhöhte Blutkreatininwerte, renale Kreatininclearance reduziert, Nierenfunktionsstörungen; gelegentlich: Hämaturie, Nierenversagen
- Störungen der Fortpflanzungsorgane: gelegentlich: männliche Infertilität
- Allgemeine Störungen und Reaktionen an der Applikationsstelle: häufig: Rigor, Schmerzen, Brustschmerzen, Unwohlsein, Asthenie
Wechselwirkungen
- In vivo wurden Arzneimittelinteraktionsstudien mit Valganciclovir nicht durchgeführt. Da Valganciclovir zu Ganciclovir metabolisiert wird, werden für Valganciclovir die gleichen Wechselwirkungen wie bei Ganciclovir erwartet.
- Imipenem/Cilastatin: Bei gleichzeitiger Einnahme von Ganciclovir und Imipenem/Cilastatin wurden Krampfanfälle beobachtet. Diese Arzneimittel dürfen nur dann gleichzeitig gegeben werden, wenn der Nutzen für den Patienten die möglichen Risiken übersteigt.
- Probenecid: Die gleichzeitige Gabe von Probenecid und oralem Ganciclovir führte zu einer statistisch signifikant reduzierten renalen Clearance von Ganciclovir (20%) und somit zu einer statistisch signifikant höheren Exposition (40%). Diese Veränderungen entsprechen einem Interaktionsmechanismus, bei dem die Substanzen um die renale tubuläre Sekretion konkurrieren. Deshalb sollen Patienten, die Probenecid und Valganciclovir einnehmen, engmaschig auf toxische Wirkungen von Ganciclovir überwacht werden.
- Bei Anwendung von Valganciclovir zusammen mit Didanosin, Arzneimitteln, die bekanntermaßen myelosuppressiv sind (z. B. Zidovudin), oder Stoffen, welche die Nierenfunktion beeinträchtigen, sind die Patienten engmaschig auf Anzeichen zusätzlicher toxischer Wirkungen zu überwachen.
- Mycophenolatmofetil: Aufgrund der Ergebnisse einer Studie mit einer Einzelgabe der empfohlenen oralen Dosis Mycophenolatmofetil (MMF) und intravenös verabreichtem Ganciclovir sowie der bekannten Auswirkungen einer Nierenfunktionsstörung auf die Pharmakokinetik von MMF und Ganciclovir wird erwartet, dass die gleichzeitige Gabe dieser Substanzen (die um die renale tubuläre Sekretion konkurrieren können) zu einem Anstieg der Konzentrationen des phenolischen Glucuronids von Mycophenolsäure (MPAG) und Ganciclovir führt. Es werden keine wesentlichen Veränderungen der Pharmakokinetik von Mycophenolsäure (MPA) erwartet und eine Dosisanpassung von MMF ist daher nicht erforderlich. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, die gleichzeitig mit MMF und Ganciclovir - behandelt werden, ist die empfohlene GanciclovirDosis einzuhalten, und die Patienten sind sorgfältig zu überwachen.
- Zalcitabin: Nach gleichzeitiger Gabe von Ganciclovir und Zalcitabin wurden keine klinisch signifikanten pharmakokinetischen Veränderungen beobachtet. Da sowohl Valganciclovir als auch Zalcitabin möglicherweise eine periphere Neuropathie verursachen, sind die Patienten hinsichtlich solcher Ereignisse zu überwachen.
- Trimethoprim: Bei gleichzeitiger Gabe von Trimethoprim und Ganciclovir p. o. wurden keine klinisch signifikanten pharmakokinetischen Wechselwirkungen beobachtet. Es besteht jedoch die Möglichkeit verstärkter Toxizität, da beide Substanzen bekanntermaßen myelosuppressiv sind. Daher sollen die beiden Arzneimittel nur dann gleichzeitig angewendet werden, wenn der mögliche Nutzen die Risiken übersteigt.
- Andere antiretroviral wirksame Substanzen: In therapeutisch wirksamen Konzentrationen ist weder eine synergistische noch eine antagonistische Wirkung auf die Hemmung von HIV (in Anwesenheit von Ganciclovir) noch auf CMV (in Anwesenheit einer Reihe antiretroviral wirksamer Substanzen) wahrscheinlich. Stoffwechselinteraktionen zum Beispiel mit Protease-Inhibitoren und nichtnukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTIs) sind unwahrscheinlich, da Cytochrom-P450 weder am Valganciclovir- noch am Ganciclovir-Metabolismus beteiligt ist.
- Andere mögliche Arzneimittelwechselwirkungen: Es besteht die Möglichkeit von verstärkten toxischen Wirkungen, wenn Valcyte® gleichzeitig mit oder unmittelbar vor bzw. nach anderen Arzneimitteln angewendet wird, welche die Replikation von sich rasch teilenden Zellpopulationen hemmen, die z. B. im Knochenmark, den Hoden und den Keimschichten der Haut und der Magen-DarmSchleimhaut vorkommen. Beispiele für solche Arzneimittel sind Dapson, Pentamidin, Flucytosin, Vincristin, Vinblastin, Adriamycin, Amphotericin B, Trimethoprim/Sulfonamid-Kombinationen, Nukleosidanaloga und Hydroxyharnstoff.
- Da Ganciclovir über die Nieren ausgeschieden wird, kann die Toxizität auch verstärkt werden, wenn Valganciclovir gleichzeitig mit Arzneimitteln angewendet wird, die die renale Clearance von Ganciclovir verringern und damit dessen Konzentration im Körper erhöhen könnten. Die renale Clearance von Ganciclovir könnte durch zwei Mechanismen gehemmt werden: (a) durch Nephrotoxizität, verursacht durch Wirkstoffe wie z. B. Cidofovir und Foscarnet, und (b) über kompetitive Hemmung der aktiven tubulären Sekretion in der Niere, z. B. durch andere Nukleosidanaloga. Deshalb sollen alle diese Arzneimittel nur dann zusammen mit Valcyte® angewendet werden, wenn der mögliche Nutzen gegenüber den potenziellen Risiken überwiegt.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
- Um eine Überdosierung zu vermeiden, müssen die Dosierungsempfehlungen strikt eingehalten werden. Die Bioverfügbarkeit von Ganciclovir aus einer Einzeldosis von 900 mg Valganciclovir beträgt etwa 60%, verglichen mit etwa 6% nach oraler Anwendung von 1000 mg Ganciclovir. Überdosierungen mit Ganciclovir können lebensbedrohliche Nebenwirkungen hervorrufen. Deshalb ist bei Einleitung der Behandlung und bei Umstellung von der Initial- auf die Erhaltungstherapie eine sorgfältige Einhaltung der Dosisempfehlungen angebracht; eine Umstellung von einer oralen Behandlung mit Ganciclovir auf Valganciclovir ist nicht im Verhältnis von 1 : 1 möglich. Patienten, die von oralem Ganciclovir umgestellt werden, sind auf das Risiko einer Überdosierung hinzuweisen, wenn sie mehr als die vorgeschriebene Anzahl Valcyte® Filmtabletten einnehmen.
- Die Anwendung von Valganciclovir bei Kindern und Jugendlichen wird nicht empfohlen, da die pharmakokinetischen Eigenschaften bei diesen Patientengruppen nicht untersucht wurden. Außerdem hat Valganciclovir langfristig ein karzinogenes und reproduktionstoxisches Potenzial.
- Bei der Anwendung von Valganciclovir bei Patienten mit bestehender Zytopenie oder einer arzneimittelbedingten Zytopenie in der Anamnese sowie bei Patienten unter Strahlenbehandlung ist Vorsicht geboten. Es wird empfohlen, während der Behandlungsdauer das Differenzialblutbild und die Thrombozytenzahl zu überwachen. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion kann eine verstärkte hämatologische Überwachung angezeigt sein. Wenn sich eine schwere Leukopenie, Neutropenie, Anämie und/oder Thrombozytopenie entwickelt, wird eine Behandlung mit hämatopoetischen Wachstumsfaktoren und/oder eine Therapieunterbrechung empfohlen.
- Bei Anwendung von Valganciclovir und/oder Ganciclovir wurden Krampfanfälle, Sedierung, Schwindel, Ataxie und/oder Verwirrtheitszustände berichtet. Solche Wirkungen können Aufgaben, die Aufmerksamkeit erfordern, beeinträchtigen, darunter auch die Verkehrstüchtigkeit des Patienten und das Bedienen von Maschinen.
Schwangerschaft und Stillzeit
In Tierstudien erwies sich Ganciclovir als mutagen, teratogen, aspermatogen sowie karzinogen und beeinträchtigte die weibliche Fertilität. Valganciclovir ist daher beim Menschen als potenziell teratogen und karzinogen anzusehen und verursacht möglicherweise Geburtsdefekte und Krebserkrankungen. Ferner gilt es als wahrscheinlich, dass Valganciclovir zu einer vorübergehenden oder dauerhaften Unterdrückung der Spermatogenese führt. Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung eine wirksame Empfängnisverhütung praktizieren. Männer sollten unter der Behandlung und noch mindestens 90 Tage danach Kondome zur Kontrazeption benutzen, es sei denn, dass bei ihrer Partnerin die Möglichkeit einer Schwangerschaft ausgeschlossen ist.
Angaben zur Anwendung von Valganciclovir bei schwangeren Frauen liegen nicht vor. Der Metabolit Ganciclovir passiert leicht die menschliche Plazenta. Aufgrund seines pharmakologischen Wirkungsmechanismus und der in tierexperimentellen Studien mit Ganciclovir beobachteten Reproduktionstoxizität besteht grundsätzlich das Risiko teratogener Wirkungen beim Menschen. Valganciclovir darf daher während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, dass der therapeutische Nutzen für die Mutter dem potenziellen Risiko einer teratogenen Schädigung des Kindes überwiegt.
Es ist nicht bekannt, ob Ganciclovir in die Muttermilch übergeht. Die Möglichkeit, dass Ganciclovir in die Muttermilch übergeht und bei gestillten Säuglingen schwerwiegende Nebenwirkungen auslöst, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Daher muss während der Behandlung abgestillt werden.
Handelspräparat Valcyte® 450 mg
Hersteller
Einführungsdatum
Zusammensetzung
Jede Tablette enthält 496,3 mg Valganciclovirhydrochlorid, entsprechend 450 mg Valganciclovir (als freie Base).
Hilfsstoffe:
Tablettenkern: Povidon K 30, Crospovidon, mikrokristalline Cellulose, Stearinsäure; Tablettenhülle: Opadry Pink YS-1-14519A, bestehend aus: Hypromellose, Titandioxid (E 171), Macrogol 400, Eisen(III)-oxid (E 172), Polysorbat 80
Packungsgrößen, Preise, PZN
60 Filmtabletten, Euro 2232,45, PZN 2186078
Indikation
Zur Initial- und Erhaltungstherapie der Zytomegalievirus-(CMV-)Retinitis bei Patienten mit erworbener Immunschwäche (AIDS)
Dosierung
Initialtherapie: 900 mg Valganciclovir (zwei Valcyte® 450 mg Filmtabletten) zweimal täglich über 21 Tage, möglichst mit einer Mahlzeit eingenommen. Erhaltungstherapie: Nach der Initialtherapie bzw. bei Patienten mit inaktiver CMV-Retinitis beträgt die empfohlene Dosis 900 mg Valganciclovir (zwei Valcyte® 450 mg Filmtabletten) einmal täglich.
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegenüber Aciclovir und Valaciclovir; Stillzeit
Unerwünschte Wirkungen
Neutropenie, Anämie, Thrombozytopenie, Panzytopenie, Leukopenie; Störungen der Leberfunktion; Diarrhö; Dermatitis; Übelkeit
Wechselwirkungen
Bei gleichzeitiger Einnahme von Ganciclovir und Imipenem/Cilastatin wurden Krampfanfälle beobachtet. Patienten, die Probenecid und Valganciclovir einnehmen, sollten engmaschig auf toxische Wirkungen von Ganciclovir überwacht werden. Bei Anwendung von Valganciclovir zusammen mit Didanosin, Arzneimitteln, die bekanntermaßen myelosuppressiv sind (z. B. Zidovudin), oder Stoffen, welche die Nierenfunktion beeinträchtigen, sind die Patienten engmaschig auf Anzeichen zusätzlicher toxischer Wirkungen zu überwachen. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, die gleichzeitig mit Mycophenolatmofetil und Ganciclovir behandelt werden, ist die empfohlene Ganciclovir-Dosis einzuhalten, und die Patienten sind sorgfältig zu überwachen. Es besteht die Möglichkeit von verstärkten toxischen Wirkungen, wenn Valcyte(r) gleichzeitig mit oder unmittelbar vor bzw. nach anderen Arzneimitteln angewendet wird, welche die Replikation von sich rasch teilenden Zellpopulationen hemmen, die z. B. im Knochenmark, den Hoden und den Keimschichten der Haut und der Magen-DarmSchleimhaut vorkommen. Da Ganciclovir über die Nieren ausgeschieden wird, kann die Toxizität auch verstärkt werden, wenn Valganciclovir gleichzeitig mit Arzneimitteln angewendet wird, die die renale Clearance von Ganciclovir verringern und damit dessen Konzentration im Körper erhöhen könnten.
Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme
Überdosierungen mit Ganciclovir können lebensbedrohliche Nebenwirkungen hervorrufen. Bei der Anwendung von Valganciclovir bei Patienten mit bestehender Zytopenie oder einer arzneimittelbedingten Zytopenie in der Anamnese sowie bei Patienten unter Strahlenbehandlung ist Vorsicht geboten. Während der Behandlungsdauer sollten das Differenzialblutbild und die Thrombozytenzahl überwacht werden. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion kann eine verstärkte hämatologische Überwachung angezeigt sein. Bei Anwendung von Valganciclovir und/oder Ganciclovir wurden Krampfanfälle, Sedierung, Schwindel, Ataxie und/oder Verwirrtheitszustände berichtet. Solche Wirkungen können Aufgaben, die Aufmerksamkeit erfordern, beeinträchtigen, darunter auch die Verkehrstüchtigkeit des Patienten und das Bedienen von Maschinen.
Literatur
Martin, D. F., et al.: A controlled trial of valganciclovir as induction therapy for cytomegalovirus retinitis. N. Engl. J. Med. 346, 1119 - 1126 (2002).
Kurz zusammengefasst
Der l-Valinester Valganciclovir (Valcyte®) ist das Prodrug des Nukleosidanalogons Ganciclovir, das zur Akuttherapie der Zytomegalievirus(CMV-)Retinitis bei HIV-Infizierten eingesetzt wird. Valganciclovir ist für die perorale Induktions- und Erhaltungstherapie der CMV-Retinitis bei AIDS-Patienten zugelassen.
Valganciclovir enthält zusätzlich die Aminosäure Valin und wird nach oraler Anwendung rasch und umfassend von den intestinalen und hepatischen Esterasen zu Ganciclovir metabolisiert. Ganciclovir ist ein synthetisches Analogon von 2'-Desoxyguanosin und hemmt sowohl in vitro als auch in vivo die Replikation von Herpesviren. In CMV-infizierten Zellen wird Ganciclovir zuerst von der viruseigenen Proteinkinase pUL97 zu Ganciclovir-Monophosphat phosphoryliert. Eine weitere Phosphorylierung erfolgt durch zelluläre Kinasen zu Ganciclovirtriphosphat, das dann im Zellinnern nur langsam abgebaut wird. Da die Phosphorylierung größtenteils von der viralen Kinase abhängt, erfolgt die Phosphorylierung von Ganciclovir vorzugsweise in virusinfizierten Zellen. Ganciclovir hat bei oraler Gabe nur eine geringe Bioverfügbarkeit von 6 bis 9% und muss deshalb parenteral appliziert werden. Das bedeutete für die Patienten mit CMV-Retinitis bislang eine langwierige, in der Regel mit einem stationären Aufenthalt verbundene Infusionstherapie. Die Bioverfügbarkeit von Valganciclovir beträgt dagegen 60% und ist damit etwa zehnmal höher als die von oralem Ganciclovir.
Zu Beginn nehmen die Patienten 900 mg Valganciclovir (zwei Valcyte® 450 mg Filmtabletten) zweimal täglich über 21 Tage, möglichst mit einer Mahlzeit ein. Als Erhaltungstherapie werden anschließend 900 mg Valganciclovir (zwei Valcyte® 450 mg Filmtabletten) einmal täglich eingenommen.
In einer Studie wurden insgesamt 160 Patienten in 42 Zentren mit neu diagnostizierter CMV-Retinitis randomisiert einer Initialtherapie mit entweder Valganciclovir 900 mg oral zweimal täglich oder Ganciclovir 5 mg/kg intravenös zweimal täglich zugewiesen. Nach der Initialtherapie erhielten alle Patienten in dieser Studie eine Erhaltungstherapie mit Valganciclovir in einer Dosierung von 900 mg täglich. Eine befriedigende Antwort nach der Induktionstherapie fand sich in der Ganciclovir-Gruppe etwas häufiger als in der ValganciclovirGruppe (77 versus 71%), jedoch war die mediane Zeit bis zur Progression in der Valganciclovir-Gruppe etwas länger (160 versus 125 Tage). In beiden Gruppen zeigte sich bei etwa 10% der Patienten eine Progression innerhalb der ersten vier Wochen. Somit war die Wirkung in beiden Gruppen in etwa vergleichbar.
Das galt auch für die Nebenwirkungen. Lebensbedrohliche Störungen betreffen vor allem die Blutbildung. Schwere Leukopenien, Neutropenien, Anämien, Thrombozytopenien, Panzytopenien, Knochenmarkdepressionen und aplastische Anämien können auftreten. Daher sollte die Behandlung nicht begonnen werden, wenn die absolute Neutrophilenzahl unter 500 Zellen/µl oder die Thrombozytenzahl unter 25 000/µl oder der Hämoglobinspiegel unter 8 g/dl liegt. Hingegen ist das Risiko für das Auftreten einer Diarrhö bei den oralen Darreichungsformen höher als bei intravenös verabreichtem Ganciclovir.
Ganciclovir wird vorwiegend über die Nieren ausgeschieden. Bei Patienten mit Nierenfunktionsstörung sind Dosisanpassungen auf Basis der Kreatininclearance erforderlich. Bei Dialysepatienten soll Valcyte® nicht angewendet werden. Valganciclovir ist beim Menschen als potenziell teratogen und karzinogen anzusehen und verursacht möglicherweise Geburtsdefekte und Krebserkrankungen. Ferner gilt es als wahrscheinlich, dass Valganciclovir zu einer vorübergehenden oder dauerhaften Unterdrückung der Spermatogenese führt. Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung eine wirksame Empfängnisverhütung praktizieren. Männer sollten unter der Behandlung und noch mindestens 90 Tage danach Kondome zur Kontrazeption benutzen, es sei denn, dass bei ihrer Partnerin die Möglichkeit einer Schwangerschaft ausgeschlossen ist.