Tenecteplase
Tenecteplase
ATC-Code
B: Blut und blutbildende Organe
B01: Antithrombotische Mittel
B01A: Antithrombotische Mittel
B01AD: Enzyme
B01AD11: Tenecteplase
Wirkungsmechanismus
Wie der natürliche Plasminogen-Aktivator bindet Tenecteplase an das Fibrin eines Thrombus (Blutgerinnsels) und überführt selektiv an den Thrombus gebundenes Plasminogen in Plasmin, welches das Fibringerüst des Thrombus abbaut.
Pharmakokinetik
Tenecteplase ist ein intravenös zu verabreichendes rekombinantes Protein, das Plasminogen aktiviert. Aus dem Kreislauf wird Tenecteplase durch Bindung an spezifische Leberrezeptoren und nachfolgende Spaltung in kleine Peptide eliminiert. Im Vergleich zu natürlichem t-PA ist die Bindung an die Leberrezeptoren weniger stark ausgeprägt, was zu einer verlängerten Halbwertszeit führt. Nach einem intravenösen Einfachbolus betragen die terminale Halbwertszeit und die Plasmaclearance rund zwei Stunden. Mit steigendem Körpergewicht nimmt die Plasmaclearance etwas zu; höheres Alter führt zu einer etwas niedrigeren Clearance.
Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Tenecteplase sollte schnellstmöglich nach Symptombeginn angewendet werden. Die Substanz muss körpergewichtsbezogen verabreicht werden, mit einer maximalen Dosis von 10 000 U (50 mg Tenecteplase). Die erforderliche Dosis sollte als intravenöser Einfachbolus innerhalb von etwa zehn Sekunden verabreicht werden.
Sobald die Diagnose Herzinfarkt gestellt wurde, sollten Acetylsalicylsäure (ASS) und Heparin verabreicht werden, um den thrombogenen Prozess zu unterbinden. ASS sollte sobald wie möglich nach Beginn der Herzinfarktsymptome gegeben und als Langzeittherapie weiter verabreicht werden. Zu Beginn wird eine tägliche Dosis von 150 bis 325 mg empfohlen. Wenn der Patient die Tabletten nicht schlucken kann, können zu Beginn 100 bis 250 mg ASS intravenös gegeben werden.
Nach Sicherung der Herzinfarktdiagnose muss sofort Heparin gegeben werden und für mindestens 48 Stunden, entsprechend dem Körpergewicht dosiert, weiter verabreicht werden. Für Patienten mit einem Körpergewicht von 67 kg oder darunter wird initial ein Heparinbolus von maximal 4000 I. E. intravenös empfohlen, anfangs gefolgt von einer Infusion von maximal 800 I. E. pro Stunde.
Für Patienten über 67 kg Körpergewicht wird initial ein Heparinbolus von maximal 5000 I. E. intravenös empfohlen, anfänglich gefolgt von einer Infusion von maximal 1000 I. E. pro Stunde. Bei Patienten unter bereits bestehender Heparintherapie darf kein initialer Bolus gegeben werden.
Kontraindikationen
Da eine thrombolytische Therapie das Blutungsrisiko erhöht, darf Tenecteplase in folgenden Situationen nicht angewendet werden:
- Schwerwiegende Blutung (akut oder innerhalb der vergangenen sechs Monate)
- Patienten unter oraler Antikoagulanzientherapie (INR > 1,3)
- Erkrankungen des zentralen Nervensystems (z. B. Neoplasma, Aneurysma, intrakranielle oder intraspinale Operation) in der Anamnese
- Hämorrhagische Diathese
- Schwere, nicht kontrollierbare Hypertonie
- Große Operation, Biopsie eines parenchymatösen Organs oder schweres Trauma in den letzten beiden Monaten (einschließlich jeglicher mit dem akuten Herzinfarkt zusammenhängender Traumen)
- Kürzlich erlittene Kopf- oder Schädelverletzungen
- Längerandauernde Wiederbelebungsmaßnahmen (> 2 Minuten) in den letzten zwei Wochen
- Akute Perikarditis und/oder subakute bakterielle Endokarditis
- Akute Pankreatitis
- Schwere Leberfunktionsstörung einschließlich Leberversagen, Zirrhose, Pfortaderhochdruck (Ösophagusvarizen) und aktiver Hepatitis
- Diabetische, hämorrhagische Retinopathie oder andere Blutungsereignisse im Auge
- Aktive peptische Ulzera
- Arterielles Aneurysma und bekannte arteriovenöse Missbildungen
- Neoplasma mit erhöhtem Blutungsrisiko
- Schlaganfall, transiente ischämische Attacke oder Demenz in der Anamnese
Unerwünschte Wirkungen
Die häufigsten Nebenwirkung unter der Therapie mit Tenecteplase sind Blutungen. Die Begleittherapie mit Heparin kann hierbei mitverantwortlich sein. Da die Therapie mit Tenecteplase zu einer Auflösung von Fibrin führt, kann es zu Blutungen aus frischen Punktionsstellen kommen. Überwiegend handelt es sich um oberflächliche Blutungen an der Injektionsstelle. Blutergüsse sind häufig, bedürfen im Allgemeinen jedoch keiner spezifischen Therapie. Häufig (< 10%) werden Blutungen im Gastrointestinal- oder Urogenitaltrakt und Nasenbluten beobachtet. Hämoperikard, retroperitoneale Blutungen und zerebrale Blutungen sind selten (< 1%). Selten sind Bluttransfusionen erforderlich.
Wie bei anderen Thrombolytika können folgende Ereignisse als Folge des Herzinfarkts und/oder der thrombolytischen Therapie auftreten:
- Sehr häufig (> 10%): niedriger Blutdruck, Herzfrequenz- und Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris.
- Häufig (> 1 %, < 10%): Erneute Ischämie, Herzinsuffizienz, Reinfarkt, kardiogener Schock, Perikarditis, Lungenödem.
- Gelegentlich (> 0,1%, < 1%): Herzstillstand, Mitralklappeninsuffizienz, Perikarderguss, venöse Thrombosen, Herztamponade, Myokardruptur.
- Selten (> 0,01%, < 0,1%): Lungenembolie.
Diese kardiovaskulären Ereignisse können lebensbedrohlich sein und zum Tod führen.
Sehr selten kann es zu einer Embolisierung von Cholesterinkristallen oder einer Thromboembolie kommen. In seltenen Fällen wurde über anaphylaktoide Reaktionen (z. B. Rötung, Hautausschlag, Larynxödem) berichtet. Übelkeit und/oder Erbrechen sowie Fieber sind die häufigsten weiteren Nebenwirkungen.
Wechselwirkungen
Studien zu Wechselwirkungen von Tenecteplase mit anderen Arzneimitteln, die üblicherweise bei Patienten mit akutem Herzinfarkt eingesetzt werden, wurden nicht durchgeführt. Die Auswertung der Daten von über 12 000 Patienten ergaben jedoch keine klinisch relevanten Wechselwirkungen mit Arzneimitteln, die üblicherweise Patienten mit akutem Herzinfarkt verabreicht werden und gleichzeitig mit Tenecteplase gegeben wurden.
Arzneimittel, welche die Blutgerinnung beeinflussen oder die Thrombozytenfunktion verändern (z. B. Ticlopidin, Clopidogrel, niedermolekulares Heparin), können die Blutungsgefahr vor, während oder nach einer Behandlung mit Tenecteplase erhöhen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Bei schweren Blutungen, besonders bei zerebralen Blutungen, muss eine Begleittherapie mit Heparin sofort beendet werden. Sofern Heparin innerhalb von vier Stunden vor Beginn der Blutung gegeben wurde, sollte die Gabe von Protamin erwogen werden. Falls in seltenen Fällen die Blutung damit nicht zum Stillstand gebracht wird, kann die Gabe von Blutprodukten gerechtfertigt sein.
Die Anwendung von Tenecteplase muss in folgenden Fällen sorgfältig hinsichtlich des Nutzen-Risiko-Verhältnisses abgewogen werden: systolischer Blutdruck > 160 mm Hg, zerebrovaskuläre Erkrankung, kurz zurückliegende gastrointestinale oder urogenitale Blutung (in den vergangenen 10 Tagen), hochwahrscheinlicher Linksherzthrombus (z. B. bei Mitralklappenstenose mit Vorhofflimmern), jegliche bekannte intramuskuläre Injektion in den vergangenen beiden Tagen, höheres Alter (über 75 Jahre), niedriges Körpergewicht (< 60 kg).
Durch die Thrombolyse kann es zu Reperfusionsarrhythmien kommen. Therapiemaßnahmen zur Beherrschung von Bradykardien und/oder ventrikulären Tachyarrhythmien (Schrittmacher, Defibrillator) sollten bei einer Gabe von Tenecteplase verfügbar sein.
Da bislang keine Erfahrungen zu einer wiederholten Anwendung von Tenecteplase vorliegen, wird eine wiederholte Anwendung nicht empfohlen. Eine Bildung von Antikörpern gegen Tenecteplase wurde jedoch nicht beobachtet. Sollte eine anaphylaktoide Reaktion auftreten, ist die Injektion sofort abzubrechen und eine entsprechende Therapie einzuleiten. Eine wiederholte Gabe von Tenecteplase sollte keinesfalls vor einer Bestimmung der Gerinnungsfaktoren erfolgen.
Schwangerschaft und Stillzeit
Erfahrungen zur Anwendung von Tenecteplase bei Schwangeren liegen nicht vor. Tierexperimentelle Untersuchungen haben ein hohes Risiko von Vaginalblutungen, vor allem aus der Plazenta, und für Fehlgeburten ergeben, so dass der Nutzen der Therapie gegen die potenziellen Risiken, welche die akute, lebensbedrohliche Situation verschlechtern könnten, abgewogen werden muss. Es ist nicht bekannt, ob Tenecteplase in die Muttermilch übergeht. Muttermilch sollte innerhalb der ersten 24 Stunden nach der thrombolytischen Therapie nicht verwendet werden.
Handelspräparat Metalyse®
Hersteller
Einführungsdatum
Zusammensetzung
1 Durchstechflasche enthält 8 000 (40 mg) bzw. 10 000 U (50 mg) Tenecteplase. 1 Fertigspritze enthält 8 bzw. 10 ml Wasser für Injektionszwecke. Die gebrauchsfertige Lösung enthält 1 000 U (5 mg) Tenecteplase pro ml. Die Wirkstärke von Tenecteplase wird in Einheiten (U) angegeben, unter Bezugsnahme auf einen Referenzstandard, der für Tenecteplase spezifisch ist und mit den für andere Fibrinolytika verwendeten Einheiten nicht vergleichbar ist.
Hilfsstoffe: Pulver: L-Arginin, Phosphorsäure, Polysorbat 20. Lösungsmittel: Wasser für Injektionszwecke
Packungsgrößen, Preise, PZN
Jeweils 1 Durchstechflasche, PZN 1440244 (40 mg) und PZN 1440250 (50 ng), nur an krankenhausversorgende Apotheken
Indikation
Tenecteplase ist angezeigt zur thrombolytischen Therapie bei Verdacht auf akuten Herzinfarkt mit andauernder ST-Streckenhebung oder frischem Linksschenkelblock innerhalb sechs Stunden nach Symptombeginn eines akuten Herzinfarkts.
Dosierung
Tenecteplase sollte schnellstmöglich nach Symptombeginn körpergewichtsbezogen verabreicht werden, mit einer maximalen Dosis von 10 000 U (50 mg Tenecteplase). Die erforderliche Dosis sollte als intravenöser Einfachbolus innerhalb von etwa 10 Sekunden verabreicht werden.
Kontraindikationen
Schwerwiegende Blutung; orale Antikoagulanzientherapie; Erkrankungen des zentralen Nervensystems in der Anamnese; hämorrhagische Diathese; schwere, nicht kontrollierbare Hypertonie; große Operation, Biopsie eines parenchymatösen Organs oder schweres Trauma in den letzten zwei Monaten; kürzlich erlittene Kopf- oder Schädelverletzungen; länger andauernde Wiederbelebungsmaßnahmen (> 2 Minuten) in den letzten zwei Wochen; akute Perikarditis und/oder subakute bakterielle Endokarditis; akute Pankreatitis; schwere Leberfunktionsstörung; diabetische, hämorrhagische Retinopathie oder andere Blutungsereignisse im Auge; aktive peptische Ulzera; arterielles Aneurysma und bekannte arteriovenöse Missbildungen; Neoplasma mit erhöhtem Blutungsrisiko; Schlaganfall, transiente ischämische Attacke oder Demenz in der Anamnese
Unerwünschte Wirkungen
Blutungen; niedriger Blutdruck, Herzfrequenz- und Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris, erneute Ischämie, Herzinsuffizienz, Reinfarkt, kardiogener Schock, Perikarditis, Lungenödem.
Wechselwirkungen
Arzneimittel, welche die Blutgerinnung beeinflussen oder die Thrombozytenfunktion verändern, können die Blutungsgefahr vor, während oder nach einer Behandlung mit Tenecteplase erhöhen.
Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme
Bei schweren Blutungen, besonders bei zerebralen Blutungen, muss eine Begleittherapie mit Heparin sofort beendet werden. Die Anwendung muss in folgenden Fällen sorgfältig hinsichtlich des Nutzen-Risiko-Verhältnisses abgewogen werden: Systolischer Blutdruck > 160 mm Hg, zerebrovaskuläre Erkrankung, kurz zurückliegende gastrointestinale oder urogenitale Blutung (in den vergangenen 10 Tagen), hochwahrscheinlicher Linksherzthrombus (z. B. bei Mitralklappenstenose mit Vorhofflimmern), jegliche bekannte intramuskuläre Injektion (in den vergangenen beiden Tagen), höheres Alter (über 75 Jahre), niedriges Körpergewicht (< 60 kg). Durch die Thrombolyse kann es zu Reperfusionsarrhythmien kommen.
Literatur
Cannon, C. P., et al.: TNK-tissue plasminogen activator compared with front-loaded alteplase in acute myocardial infarction: results of the TIMI 10B trial. Circulation 98, 2805 - 14 (1998).
ASSENT-2-Investigators: Single-bolus tenecteplase compared with front-loaded alteplase in acute myocardial infarction: the ASSENT-2 double-blind randomised trial. Lancet 354, 716 - 722 (1999).