Capecitabin

Capecitabin 

ATC-Code

L: Antineoplastische und immunmodulierende Mittel

L01: Antineoplastische Mittel

L01B: Antimetaboliten

L01BC: Pyrimidin-Analoga

L01BC06: Capecitabin

Wirkungsmechanismus

Capecitabin ist ein nicht-zytotoxisches Fluoropyrimidin-Carbamat, das oral eingenommen wird. Als Vorstufe der zytotoxischen Substanz 5-Fluoruracil (5-FU) wird Capecitabin über mehrere enzymatische Schritte aktiviert. Das Enzym, das in die abschließende Umwandlung zu 5-FU eingebunden ist, die Thymidin-Phosphorylase, kommt sowohl in Tumorgewebe als auch in gesundem Gewebe vor, in letzterem üblicherweise jedoch in geringerer Konzentration.

Die Enzyme, die in die katalytische Aktivierung involviert sind, finden sich sowohl im Tumorgewebe als auch in gesundem Gewebe, dort jedoch ebenfalls in geringerer Konzentration. Die stufenweise enzymatische Biotransformation von Capecitabin zu 5-FU führt zu höheren Konzentrationen von 5-FU im Tumorgewebe. Im Falle kolorektaler Tumoren scheint die Bildung von 5-FU zum großen Teil in tumoralen Stromazellen lokalisiert zu sein. Nach oraler Gabe von Capecitabin an Patienten mit Kolorektalkarzinom betrug das Verhältnis der 5-FU-Konzentration im kolorektalen Tumor zu der im angrenzenden Gewebe 3,2 (Bereich 0,9 bis 8,0). Das Verhältnis der 5-FU-Konzentration im Tumor zu der im Plasma betrug 21,4 (3,9 bis 59,9; n = 8), wohingegen das Verhältnis im gesunden Gewebe zu dem im Plasma mit 8,9 bestimmt wurde (3,0 bis 25,8; n = 8).Durch die Metabolisierung von 5-FU im anabolischen Stoffwechselpfad wird die Methylierung vonDesoxyuridylsäure zu Thymidylsäure blockiert, wodurch die Synthese der Desoxyribonucleinsäure (DNA) beeinflusst wird. Der Einbau von 5-FU führt weiter zu einer Hemmung der RNA- und der Proteinsynthese. Da DNA und RNA für Zellteilung und -wachstum unerlässlich sind, beruht die Wirkung von 5-FU wahrscheinlich darauf, einen Thymidinmangel zu bewirken, der unbalanciertes Zellwachstum und Zelltod hervorruft. Am stärksten treffen die Auswirkungen des DNA- und RNAMangels jene Zellen, die schneller proliferieren und 5-FU schneller metabolisieren.

 

Hintergrundinformation

Dickdarmkrebs
Dickdarmkrebs (Kolonkarzinom) ist weltweit die vierthäufigste Krebsart und die dritthäufigste krebsbedingte Todesursache. Bei insgesamt 50% bis 60% der Patientinnen und Patienten mit Dickdarmkrebs führt die Krankheit schließlich zum Tod. Eine Heilung ist nur bei frühzeitiger Operation möglich. Die Prognose hängt vom Ausmaß der Metastasierung ab. Fast 20% der Patienten mit Dickdarmkrebs weisen zur Zeit der Diagnose bereits Metastasen auf. MetastasierenderDickdarmkrebs gehört zu den aggressivsten und äußerst entkräftenden Krebsformen. Nach der Diagnose lebt der Patient im Durchschnitt noch ein halbes Jahr.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO litten 1997 mehr als 890 000 Menschen an Dickdarmkrebs, und mehr als 525 000 starben im selben Jahr daran. Allein in Europa kommen jährlich 190 000 neue Fälle von Dickdarmkrebs dazu; und man geht davon aus, dass mehr als 100 000 Patientinnen und Patienten im Jahr 2000 daran gestorben sind. In Deutschland muss man jährlich mit 55 000 Neuerkrankungen pro Jahr rechnen, hier sterben 29 800 Menschen im Jahr an diesem Krebs.

Pharmakokinetik

  • Resorption: Nach oraler Gabe wird Capecitabin schnell und umfassend resorbiert und danach zu den Metaboliten 5'-DFCR und 5'-DFUR umgewandelt. Eine Einnahme mit der Nahrung verringert zwar die Geschwindigkeit der CapecitabinResorption; dies hat jedoch nur geringen Einfluss auf die AUC für 5'-DFUR und auf die AUC des Folgemetaboliten 5-FU.
  • Proteinbindung: In-vitro-Untersuchungen mit menschlichem Plasma haben gezeigt, dass Capecitabin zu 54%, 5'-DFCR zu 10%, 5'-DFUR zu 62% und 5-FU zu 10% an Eiweiß, vornehmlich an Albumin, gebunden werden.
  • Metabolismus: Capecitabin wird zuerst durch die hepatische Carboxylesterase zu 5'-DFCR metabolisiert, welches dann durch die Cytidin-Deaminase, die vornehmlich in der Leber und im Tumorgewebe lokalisiert ist, zu 5'-DFUR umgewandelt wird. Die weitere katalytische Aktivierung von 5'-DFUR erfolgt dann durch die Thymidin-Phosphorylase, deren Konzentration im primären kolorektalen Tumorgewebe etwa viermal so groß ist wie im angrenzenden gesunden Gewebe. 5-FU wird über die Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD) zu inaktiven Metaboliten katabolisiert. Ein Mangel an DPD kann zu einer erhöhten Toxizität von Capecitabin führen.
  • Elimination: Die Eliminationshalbwertszeiten (t1/2) für Capecitabin und seine Metaboliten liegen zwischen 0,66 und 3,23 h. Capecitabin und seine Metaboliten werden vorwiegend mit dem Urin ausgeschieden. 95,5% der verabreichten Dosis werden im Urin wiedergefunden, ungefähr 3% der verabreichten Dosis wird unverändert mit dem Urin ausgeschieden. Die Ausscheidung über die Fäzes ist minimal (2,6%).
  • Patienten mit Leberfunktionsstörungen aufgrund von Lebermetastasen: Bei leichter bis mäßiger Leberfunktionsstörung aufgrund von Lebermetastasen kann die Bioverfügbarkeit von Capecitabin und die 5-FU-Exposition im Vergleich zu Patienten ohne Leberfunktionsstörung erhöht sein. Für Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung liegen keine Daten vor.
  • Patienten mit Nierenfunktionsstörungen: Aufgrund einer Pharmakokinetikstudie bei Krebspatienten mit leichter bis schwerer Nierenfunktionsstörung gibt es keinen Beweis für eine Auswirkung der Kreatinin-Clearance auf die Pharmakokinetik von Capecitabin und 5-FU.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Die empfohlene Dosis beträgt 1250 mg/m² zweimal täglich (morgens und abends; entsprechend einer gesamten Tagesdosis von 2500 mg/m²) über 14 Tage, gefolgt von einer 7-tägigen Therapiepause. Die Tabletten sollten innerhalb von 30 Minuten nach einer Mahlzeit mit Wasser geschluckt werden. Die Behandlung sollabgebrochen werden, falls eine Progredienz der Erkrankung oder nicht mehr tolerierbare Nebenwirkungen beobachtet werden.

Die Nebenwirkungen von Capecitabin können durch symptomatische Behandlung und/oder eine Änderung der Dosierung (Unterbrechung der Behandlung oder Dosisreduzierung) beherrscht werden. Wenn die Dosis reduziert wurde, sollte sie zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr erhöht werden. Wenn eine Einnahme aufgrund von Nebenwirkungen ausgelassen wurde, soll sie weder ersetzt noch nachgeholt werden, sondern der Patient sollte mit dem geplanten Behandlungszyklus fortfahren. Je nach Schweregrad der Nebenwirkungen werden entsprechende Dosismodifikationen empfohlen.

  • Beeinträchtigung der Leberfunktion: Für eine Dosierungsempfehlung bei Patienten mit Leberfunktionsstörung liegen keine ausreichenden Daten vor.
  • Beeinträchtigung der Nierenfunktion: Capecitabin ist bei Patienten mit schwerer Beeinträchtigung der Nierenfunktion kontraindiziert (Ausgangswert der Kreatinin-Clearance bei Therapiebeginn < 30 ml/min). Die Häufigkeit unerwünschter Ereignisse vom Grad 3 oder 4 ist bei Patienten mit einer mäßigen Beeinträchtigung der Nierenfunktion (Ausgangswert der Kreatinin-Clearance bei Therapiebeginn 30 - 50 ml/min) gegenüber der Gesamtbevölkerung erhöht. Bei Patienten mit einer mäßigen Beeinträchtigung der Nierenfunktion bei Therapiebeginn wird eine Dosisreduktion auf 75% der Startdosis empfohlen. Bei Patienten mit einer leichten Beeinträchtigung der Nierenfunktion (Ausgangswert der Kreatinin-Clearance bei Therapiebeginn 51 - 80 ml/min) wird keine Dosisanpassung empfohlen. Eine sorgfältige Überwachung und sofortige Behandlungsunterbrechung wird empfohlen, wenn der Patient ein starkes unerwünschtes Ereignis entwickelt und die Dosis bereits angepasst wurde.
  • Kinder (unter 18 Jahren): Zur Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Capecitabin bei Kindern liegen keine Untersuchungen vor.
  • Ältere Patienten: Eine Anpassung der Anfangsdosis ist nicht erforderlich. Jedoch scheinen die Nebenwirkungen der Schweregrade 3 und 4 bei älterenPatienten (> 80 Jahre) häufiger zu sein als bei jüngeren. Eine sorgfältige Überwachung älterer Patienten wird empfohlen.

Kontraindikationen

  • Schwerwiegende und unerwartete Reaktionen bei Vorbehandlung mit Fluoropyrimidinen
  • Dihydropyrimidin-Dehydrogenase-Mangel (DPD)
  • Schwangerschaft und Stillzeit
  • Schwere Leukopenie, Neutropenie oder Thrombozytopenie
  • Schwere Beeinträchtigung der Leberfunktion
  • Schwere Beeinträchtigung der Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min)
  • Gleichzeitige Behandlung mit Sorivudin oder dessen Analoga, z. B. Brivudin

Unerwünschte Wirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen, über die in zwei Phase-III-Studien beim Kolorektalkarzinom berichtet wurde (596 Patienten), waren gastrointestinale Störungen, besonders Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen und Stomatitis, und ein Hand-Fuß-Syndrom. Das Hand-Fuß-Syndrom (palmoplantare Erythrodysästhesie) ist durch Taubheitsgefühl, Dysästhesien/Parästhesien, Kribbeln, schmerzlose oder schmerzhafte Schwellung oder Erythem, Schuppung, Blasenbildung oder starke Schmerzen gekennzeichnet. Zur Klassifizierung der Hõufigkeit der Nebenwirkungen werden die folgenden Kategorien benutzt: sehr häufig (> 1/10), häufig (> 1/100, < 1/10), gelegentlich (> 1/1000, < 1/100), selten (> 1/10 000, < 1/1000) und sehr selten (< 1/10 000, einschließlich Einzelfallberichte).

  • Magen-Darm-Trakt: Sehr häufig: Diarrhö (48%, schwerwiegend 13%), Übelkeit (38%, schwerwiegend 3%), Erbrechen (23%, schwerwiegend 3%), Bauchschmerzen (11%, schwerwiegend 3%) und Stomatitis (24%, schwerwiegend 2%). Häufig: Verstopfung (7%, schwerwiegend 0,3%), Dyspepsie (5%, schwerwiegend 0,2%), Oberbauchbeschwerden (6%, schwerwiegend 1%), Mundtrockenheit (4%), Flatulenz (4%) und dünner Stuhl (3%). Selten: Ereignisse, die sich auf eine Entzündung/Ulzeration der Mukosa zurückführen lassen, wie Ösophagitis, Gastritis, Duodenitis, Kolitis und gastrointestinale Blutungen.
  • Haut: Sehr häufig: Hand-Fuß-Syndrom oder palmoplantare Erythrodysästhesie (53%, schwerwiegend 17%), Dermatitis (10%, schwerwiegend 0,2%).Häufig: Alopezie (6%), trockene Haut (7%, schwerwiegend 0,2%), erythematöse Rötung (5%, schwerwiegend 0,2%), Hyperpigmentierung der Haut (4%, schwerwiegend 0,2%), Pruritus (3%, schwerwiegend 0,3%), Nagelstörungen (3%) und örtlich begrenzte Exfoliation (2%). Selten: Lichtempfindlichkeitsreaktionen, Radiation-Recall-Phänomen, Onycholyse, spröde Nägel, Nagelverfärbung, Nageldystrophie und Hautfissuren.
  • Allgemeinreaktionen: Sehr häufig: Abgeschlagenheit (21%, schwerwiegend 1,2%). Häufig: Fieber (8%, schwerwiegend 0,2%), Schwäche (7%, schwerwiegend 0,5%), Asthenie (4%, schwerwiegend 0,5%), Lethargie (3%, schwerwiegend 0,2%) und Gliederschmerzen (3%).
  • Neurologische Nebenwirkungen: Häufig: Kopfschmerzen (5%), Parästhesien (3%), Geschmacksstörungen (5%), Schwindel (5%), Schlaflosigkeit (3%) und Hyperästhesie (2%). Die Häufigkeit an schwerwiegenden Manifestationen überschritt jedoch bei keiner dieser Nebenwirkungen 0,3%. Die Mehrzahl der Parästhesien trat in Zusammenhang mit dem Hand-Fuß-Syndrom auf.Selten: Enzephalopathie, Konfusion und zerebellare Symptome, wie Ataxie, Dysarthrie, Gleichgewichtsstörungen und abnorme Koordination.
  • Herz-Kreislauf-System: Häufig: Ödeme der unteren Extremitäten (4%). Gelegentlich: Brustschmerzen, Angina pectoris, Myokardinfarkt. Selten: Herzinsuffizienz, Herzstillstand, Kardiomyopathie, plötzlicher Herztod, Tachykardie, Vorhofarrhythmien einschließlich Vorhofflimmern, und ventrikuläre Extrasystolen.
  • Leber und Galle: Selten: abnorme Leberfunktionswerte, Gelbsucht. Sehr selten: Leberinsuffizienz, cholestatische Hepatitis.
  • Hämatologie: Häufig: Laborwertveränderungen, Abnahme des Hämoglobins (2%) und Neutropenie (2%). Gelegentlich: Thrombozytopenie. Selten: Knochenmarksdepression und Panzytopenie. Ereignisse, die mit einer Knochenmarksdepression, einem gestörten Immunsystem und/oder einer Schädigung der Mukosa in Zusammenhang stehen, wie lokale und letale systemische Infektionen (bakterieller, viraler oder fungaler Ätiologie) und Sepsis.
  • Biochemische Laborwertveränderungen: Sehr häufig: Bilirubin-Erhöhungen (23%).Häufig: Erhöhungen der alkalischen Phosphatase (3%), Hyperglykämie (6%).
  • Andere: Sehr häufig: Anorexie (10%, schwerwiegend 0,5%). Häufig: Dehydratisierung (4%, schwerwiegend 1,7%), Dyspnö (4%, schwerwiegend 0,2%), erhöhte Tränensekretion (6%), Konjunktivitis (3%), Appetitverlust (7%), Epistaxis (2%), Gewichtsverlust (3%), Rückenschmerzen (3%), Arthralgie (2%) und Depression (2%). Die Häufigkeit schwerer Fälle aller dieser unerwünschten Wirkungen überstieg in keinem Fall 0,3%. Selten: Brustschmerzen, Myalgien, Augenreizungen, Husten.

Wechselwirkungen

  • Cumarin-Antikoagulanzien: Veränderte Koagulationsparameter und/oder Blutungen wurden von Patienten berichtet, die Capecitabin gleichzeitig mit Cumarinderivaten wie Warfarin oder Phenprocoumon als Antikoagulanzien erhielten. Diese Erscheinungen traten innerhalb weniger Tage und bis zu mehreren Monaten nach Beginn der Therapie mit Capecitabin auf, und in wenigen Fällen bis zu einem Monat nach Absetzen von Capecitabin. Patienten, die Cumarinderivate alsAntikoagulanzien gleichzeitig mit Capecitabin erhalten, sollten regelmäßig auf Veränderungen der Koagulationsparameter überwacht werden.
  • Phenytoin: Bei gleichzeitiger Anwendung von Capecitabin mit Phenytoin wurde über erhöhte Phenytoin-Plasmakonzentrationen berichtet.
  • Folinsäure: Eine Interaktionsstudie mit Capecitabin und Folinsäure ergab, dass Folinsäure keinen wesentlichen Effekt auf die Pharmakokinetik von Capecitabin und seine Metaboliten ausübt. Folinsäure hat jedoch einen Einfluss auf die Pharmakodynamik von Capecitabin: Die maximale verträgliche Dosis lag bei alleiniger Gabe von Capecitabin in der intermittierenden Dosierung bei 3000 mg/m²/Tag; sie betrug hingegen nur 2000 mg/m²/Tag bei kombinierter Gabe von Capecitabin und Folinsäure (zweimal tälich 30 mg).
  • Sorivudin und Analoga: Zwischen Sorivudin und 5-FU wurde eine klinisch signifikante Wechselwirkung beschrieben, die auf einer Hemmung der Dihydropyrimidin-Dehydrogenase durch Sorivudin beruht. Diese Wechselwirkung, die zu einer erhöhten Fluoropyrimidin-Toxizität führt, ist potenziell tödlich. Daher darf Capecitabin nicht zusammen mit Sorivudin oder dessen Analoga, z. B. Brivudin, angewendet werden.
  • Allopurinol: Für 5-FU wurden Wechselwirkungen mit Allopurinol beobachtet; mit möglicher verminderter Wirksamkeit von 5-FU. Die gleichzeitige Anwendung von Allopurinol und Capecitabin sollte vermieden werden.
  • Wechselwirkung mit Cytochrom P-450: In In-vitro-Untersuchungen hatten Capecitabin und seine Metaboliten bei einer Konzentration von 100 µmol/l keine signifikante Auswirkung auf die Aktivität der menschlichen hepatischen mikrosomalen P-450-Isoenzyme 1A2, 2A6, 2C9, 2C19, 2E1, 2D6 und 3A4.
  • Interferon alfa: Die maximale verträgliche Dosis von Capecitabin betrug bei einer Kombination mit Interferon alfa-2a (3 Mio. I.E./m² täglich) 2000 mg/m² täglich, verglichen mit 3000 mg/m² täglich bei alleiniger Gabe von Capecitabin.
  • Wechselwirkung mit Nahrung: In sämtlichen klinischen Studien wurden die Patienten angewiesen, Capecitabin innerhalb von 30 Minuten nach einer Mahlzeiteinzunehmen. Da die momentanen Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten auf der Einnahme mit Nahrung basieren, wird die Einnahme von Capecitabin mit Nahrung empfohlen. Einnahme zusammen mit Nahrung verringert die Absorptionsrate von Capecitabin.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Diarrhö: Capecitabin kann eine Diarrhö induzieren, die bei 48% der Patienten beobachtet wurde. Patienten mit schwerer Diarrhö sollen sorgfältig überwacht und im Falle einer Dehydratation mit Flüssigkeit und einem Elektrolytersatz versorgt werden. Es kann eine Therapie mit Standard-Antidiarrhoika (z. B. Loperamid) erfolgen. Wenn eine Diarrhö vom Grad 2 (4 bis 6 Stuhlgänge pro Tag oder als nächtlicher Stuhlgang), Grad 3 (7 bis 9 Stuhlgänge pro Tag oder Inkontinenz und Malabsorbtion), oder Grad 4 (≥ 10 Stuhlgänge pro Tag) auftritt, soll die Verabreichung von Capecitabin sofort unterbrochen werden bis zum Verschwinden oder bis zur Abnahme der Diarrhö. Nach einer Grad -3-oder -4-Diarrhö sollten die nachfolgenden Dosen reduziert werden, oder die Therapie soll endgültig abgebrochen werden.
  • Hand-Fuß-Syndrom (auch als Hand-Fuß-Hautreaktion oder palmoplantare Erythrodysästhesie oder durch Chemotherapie induziertes akrales Erythem bekannt): Falls ein Grad-2- (schmerzhaftes Erythem und Schwellung der Hände und/oder Füße und/oder Beschwerden, die die Aktivitäten des Patienten im täglichen Leben beeinträchtigen) oder -3-Hand-Fuß-Syndrom (feuchte Abschuppungen, Geschwürbildung, Blasenbildung und starke Schmerzen an den Händen und/oder Füßen und/oder starke Beschwerden, die es für den Patienten unmöglich machen zu arbeiten oder Aktivitäten des täglichen Lebens auszuführen) auftritt, soll die Verabreichung von Capecitabin unterbrochen werden, bis die Beschwerden verschwinden oder die Intensität sich auf Grad 1 (Taubheitsgefühl, Dysäthesie/Parästhesie, Kribbeln, schmerzlose Schwellungen oder Erythem der Hände und/oder Füße und/oder Beschwerden, die den Alltag nicht beeinträchtigen)vermindert. Die Dosis soll nach einem Grad-3-Hand-Fuß-Syndrom reduziert werden.
  • Kardiotoxizität: Kardiotoxizität, die Myokardinfarkt, Angina pectoris, Arrhythmie, kardiogenen Schock, plötzlichen Herztod und Veränderungen im EKG umfasst, wurde mit der Therapie mit fluorierten Pyrimidinen in Verbindung gebracht. Diese unerwünschten Ereignisse können bei Patienten mit einer Erkrankung der Herzkranzgefäße in der Vorgeschichte häufiger auftreten. Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris, Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz und Kardiomyopathie sind bei Patienten beobachtet worden, die Capecitabin erhalten haben. Die Anwendung bei Patienten, aus deren Vorgeschichte schwere Herzerkrankungen, Arrhythmien und Angina pectoris bekannt sind, darf nur mit Vorsicht erfolgen.
  • Hypo- oder Hyperkalzämie: Über Hypo- oder Hyperkalzämie wurde während der Behandlung berichtet. Bei Patienten mit vorbestehender Hypo- oder Hyperkalzämie ist Vorsicht geboten.
  • Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems: Bei Patienten mitErkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, z. B. Hirnmetastasen oder Neuropathie, ist Vorsicht geboten.
  • Diabetes mellitus oder Störungen im Elektrolythaushalt: Vorsicht ist auch geboten bei Patienten mit Diabetes mellitus oder Störungen im Elektrolythaushalt, da sich diese während der Behandlung mit Capecitabin verschlechtern können.
  • Beeinträchtigung der Leberfunktion: Da Daten zur Verträglichkeit und Wirksamkeit bei Patienten mit Leberschäden fehlen, sollte die Anwendung von Capecitabin bei Patienten mit leichter bis mäßiger Leberfunktionsstörung sorgfältig überwacht werden, unabhängig vom Vorhandensein von Lebermetastasen. Die Gabe von Capecitabin sollte unterbrochen werden, wenn behandlungsbedingte Erhöhungen des Bilirubinwertes von mehr als dreifach über der oberen Grenze des Normalbereiches oder behandlungsbedingte Erhöhungen der hepatischen Aminotransferasen (ALT, AST) von 2,5-mal der oberen Grenze des Normalbereiches auftreten. Die Behandlung kann wiederaufgenommen werden, wenn diese Erhöhungvollständig zurückgehen oder in ihrer Intensität deutlich abnehmen.
  • Beeinträchtigung der Nierenfunktion: Die Häufigkeit schwerwiegender unerwünschter Ereignisse ist bei Patienten mit einer mäßigen Beeinträchtigung der Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance 30 - 50 ml/min) gegenüber der Gesamtbevölkerung erhöht.
  • Capecitabin kann Schwindel, Müdigkeit und Übelkeit verursachen. Dadurch kann die Fahrtüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt sein.

Schwangerschaft und Stillzeit

Untersuchungen zur Behandlung von Schwangeren mit Capecitabin liegen nicht vor; es ist jedoch davon auszugehen, dass die Verabreichung von Capecitabin während der Schwangerschaft zur Schädigung des Feten führen kann. In reproduktionstoxikologischen Prüfungen am Tier führte die Anwendung von Capecitabin zu Embryoletalität und Teratogenität. Diese Resultate sind bei Fluoropyrimidin-Derivaten zu erwarten. Während der Schwangerschaft ist Capecitabin daher kontraindiziert. Gebärfähigen Frauen ist von einer Schwangerschaft während derBehandlung mit Capecitabin abzuraten. Wird die Patientin während der Behandlung mit Capecitabin schwanger, muss auf die mögliche Gefährdung des Feten hingewiesen werden.

Ob Capecitabin in die Muttermilch übertritt, ist nicht bekannt. In laktierenden Mäusen wurden relevante Mengen an Capecitabin und seinen Metaboliten in der Milch gefunden. Während einer Capecitabin-Therapie sollte abgestillt werden.

Handelspräparat Xeloda® 

Hersteller

Einführungsdatum

Zusammensetzung

1 Filmtablette enthält 150 mg Capecitabin

Hilfsstoffe:

Tablettenkern: wasserfreie Lactose, Croscarmellose-Natrium, Hypromellose, mikrokristalline Cellulose, Magnesiumstearat, Talkum.

Filmüberzug: Titandioxid (E 171), Eisenoxidhydrat und Eisen(III)-oxid (E 172).

Packungsgrößen, Preise, PZN

60 Filmtabletten, DM 182,56, PZN 0410407;
120 Filmtabletten, DM 1210,51, PZN 0410399

Indikation

Zur Anwendung als Zytostatikum als First-line-Monotherapie des metastasierten Kolorektalkarzinoms

Dosierung

Empfohlene Dosis: 1250 mg/m² zweimal täglich über 14 Tage, gefolgt von einer 7-tägigen Therapiepause

Kontraindikationen

Schwerwiegende und unerwartete Reaktionen bei Vorbehandlung mit Fluoropyrimidinen; Dihydropyrimidin-Dehydrogenase-Mangel (DPD); Schwangerschaft und Stillzeit; schwere Leukopenie, Neutropenie oder Thrombozytopenie; schwere Beeinträchtigung der Leberfunktion; schwere Beeinträchtigung der Nierenfunktion; gleichzeitige Behandlung mit Sorivudin oder dessen Analoga (z. B. Brivudin).

Unerwünschte Wirkungen

Zu den dosislimitierenden Nebenwirkungen gehören gastrointestinale Störungenbesonders Diarrhö, Bauchschmerzen, Übelkeit, Mundschleimhautentzündung sowie das Hand-Fuß-Syndrom (Hand-Fuß-Hautreaktion, palmoplantare Erythrodysästhesie). Die meisten unerwünschten Ereignisse sind reversibel und erfordern kein endgültiges Abbrechen der Therapie, obwohl die Dosierung m÷glicherweise unterbrochen oder reduziert werden muss.

Wechselwirkungen

Veränderte Koagulationsparameter und/oder Blutungen unter gleichzeitiger Therapie mit Cumarin-Antikoagulanzien; erhöhte Phenytoin-Plasmakonzentrationen bei gleichzeitiger Anwendung von Capecitabin mit Phenytoin. Die gleichzeitige Anwendung von Allopurinol und Capecitabin sollte vermieden werden.

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Capecitabin kann das Auftreten von Diarrhö induzieren. Falls ein Grad-2- oder 3-Hand-Fuß-Syndrom auftritt, soll die Verabreichung von Capecitabin unterbrochen werden, bis die Beschwerden verschwinden oder die Intensität sich auf Grad 1 vermindert. Die Anwendung bei Patienten, aus deren Vorgeschichte schwere Herzerkrankungen, Arrhythmien und Angina pectoris bekannt sind, darf nur mit Vorsicht erfolgen. Bei Patienten mit vorbestehender Hypo- oder Hyperkalzämie, mit Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, mit Diabetes mellitus oder Störungen im Elektrolythaushalt ist Vorsicht geboten. Die Anwendung von Capecitabin bei Patienten mit leichter bis mäßiger Leberfunktionsstörung sollte sorgfältig überwacht werden. Die Häufigkeit schwerwiegender unerwünschter Ereignisse ist bei Patienten mit einer mäßigen Beeinträchtigung der Nierenfunktion erhöht.

 

Literatur

Schüller, J., et al.: Preferential activation of capecitabine in tumor following oral administration to colorectal cancer patients. Cancer Chemother. Pharmacol. 45, 291 - 297 (2000).

Van Cutsem, E., et al.: Capecitabine, an oral fluoropyrimidine carbamate with substantial activity in advanced colorectal cancer: results of a randomized phase II study. J. Clin. Oncol. 18, 1337 - 1345 (2000).

 

Kurz zusammengefasst 

Seit mehr als 40 Jahren werden zur medikamentösen Therapie von Dickdarmkrebs Fluoropyrimidine wie 5-Fluorouracil (5-FU) eingesetzt. Jetzt kommt mit dem Chemotherapeutikum Capecitabin (Xeloda(®) ein oral zu verabreichendes Fluoropyrimidin-Carbamat auf den Markt, das vorwiegend innerhalb des Tumorsauf enzymatischem Weg in seine Wirkform umgewandelt wird. Nach der oralen Aufnahme wird Capecitabin rasch resorbiert. Im ersten Abbauschritt spaltet das Enzym Carboxylesterase in der Leber eine Seitenkette ab, welche die Substanz gut wasserlöslich macht. Dadurch entsteht 5'-DesoxyFluorocytidin. Dieses wird dann durch das Enzym Cytidin-Desaminase, das vor allem in der Leber und im Tumorgewebe vorkommt, zu 5'-Desoxy-5-Fluorouridin umgewandelt. In einem letzten, entscheidenden Schritt wird die Substanz zum zelltoxischen Zytostatikum 5-Fluoruracil (5-FU) abgebaut. An dieser Umwandlung ist vor allem das Enzym Thymidin-Phosphorylase beteiligt, das im Tumorgewebe in höherer Konzentration vorliegt als in gesunden Geweben. Dieses Enzym findet sich vor allem bei aggressiv wachsenden Tumoren mit einer schlechten Prognose. Durch den spezifischen Abbau entsteht 5-FU in hoher Konzentration vor allem im Tumorgewebe, und die systemische Belastung bleibt gering. Capecitabin wurde aufgrund der Resultate aus zwei großen Studien, an denen weltweit mehr als 1200 Patientinnen und Patienten teilnahmen, zur Behandlung von metastasierendem Dickdarmkrebs zugelassen. In diesen Phase-III-Studien wurden Verträglichkeit und Wirksamkeit von oral verabreichtem Capecitabin mit der derzeit angewendeten intravenösen Standardtherapie aus 5-Fluoruracil (5-FU) und Calciumfolinat bei metastasierendem Dickdarmkrebs verglichen. Die Studiendaten zeigen, dass unter der Therapie mit Capecitabin der Tumor im Vergleich zur Standardtherapie besser anspricht und dass Capecitabin hinsichtlich Fortschreiten der Krankheit und gesamthafter Üerlebenschancen der Standardtherapie mindestens gleichwertig ist.

Die Daten zeigten auch, dass Capecitabin im Vergleich zur intravenösen Behandlung mit 5-FU und Calciumfolinat deutlich besser verträglich ist. Als einzige Nebenwirkung trat das Hand-Fuß-Syndrom, eine nicht bedrohliche Rötung und Schwellung der Handinnenflächen und Fußsohlen, häufiger auf als in der Chemotherapie-Vergleichsgruppe. Andere besonders problematische Nebenwirkungen, wieDiarrhö, Erbrechen, Haarverlust, Neutropenie und vor allem Stomatitis, waren seltener. Insgesamt mussten die Patienten mit Capecitabin auch seltener wegen der Nebenwirkungen stationär aufgenommen werden.

Capecitabin verbessert die Lebensqualität der Patienten, und Remissionen treten öfter auf. Das bedeutet, dass es den Patienten besser geht - allerdings leben sie nicht länger. Die vorübergehende Zurückdrängung des Tumors ist für diese Patienten aber bereits als großer Gewinn zu werten, besonders, wenn Häufigkeit und Schweregrad der Therapie-Nebenwirkungen reduziert werden können.

Neben der EU wurde Capecitabin kürzlich auch in Kanada, Australien, der Schweiz sowie in vielen weiteren Ländern für die Behandlung von metastasierendem Dickdarmkrebs zugelassen. Das Zytostatikum ist weltweit bereits in mehr als 50 Ländern für die Behandlung von Patientinnen mit metastasierendem Brustkrebs zugelassen. In der EU soll die Zulassung für diese Indikation demnächst beantragt werden.Mglicherweise kann Capecitabin auch bei anderen Tumoren eingesetzt werden, die auf Fluoropyrimidine empfindlich reagieren. Dazu gehören Magen- und Speise röhrenkarzinom, Pankreas-, Leber und Gallengangkarzinome sowie Krebsformen des Zervix und der Prostata.

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