Levetiracetam
Levetiracetam
ATC-Code
N: Nervensystem
N03: Antiepileptika
N03A: Antiepileptika
N03AX: Andere Antiepileptika
N03AX14: Levetiracetam
Wirkungsmechanismus
Der Wirkmechanismus von Levetiracetam ist unbekannt. Er scheint jedoch nicht mit den Wirkmechanismen der bekannten antiepileptischen Subtanzen verwandt zu sein. In-vivo- und In-vitro-Experimente deuten darauf hin, dass Levetiracetam grundlegende Zellfunktionen und die normale Neurotransmission nicht verändert.
Pharmakokinetik
Levetiracetam ist eine sehr gut lösliche und membrangängige Substanz. Das pharmakokinetische Profil ist dosislinear bei geringer intra- und interindividueller Variabilität. Die Clearance verändert sich nach wiederholter Gabe nicht.
Aufgrund der vollständigen und linearen Resorption von Levetiracetam ist es möglich, die Plasmaspiegel anhand der verabreichten oralen Dosis (mg/kg Körpergewicht) vorherzusagen. Es ist daher nicht notwendig, die Plasmaspiegel von Levetiracetam zu überwachen.
- Resorption: Levetiraceteam wird nach oraler Gabe rasch resorbiert. Die orale absolute Bioverfügbarkeit beträgt nahezu 100%.
- Maximale Plasmakonzentrationen (Cmax) werden 1,3 Stunden nach der Einnahme erzielt. Bei einer zweimal täglichen Gabe wird die Steady-state-Konzentration nach 2 Tagen erreicht. Die maximalen Plasmakonzentrationen (Cmax) betragen etwa 31 bzw. 43 µg/ml nach einer Gabe von 1 000 mg zweimal täglich. Das Ausmaß der Resorption ist dosisunabhängig und wird durch Nahrungsmittel nicht beeinflusst.
- Verteilung: Weder Levetiracetam noch sein primärer Metabolit werden signifikant an Plasmaproteine gebunden ( 10%). Das Verteilungsvolumen von Levetiracetam beträgt annähernd 0,5 bis 0,7 l/kg, ein Wert, der nahe am Volumen des Gesamtkörperwassers liegt.
- Biotransformation: Im Menschen wird Levetiracetam nicht extensiv metabolisiert. Der Hauptmetabolisierungsweg ist die enzymatische Hydrolyse der Acetamidgruppe von Levetiracetam (24% der Dosis). Bei der Bildung des primären Metaboliten sind keine Isoformen des Cytochrom-P450-Systems der Leber beteiligt.
- Elimination: Die Plasmahalbwertszeit bei Erwachsenen beträgt 7 ± 1 Stunde und wird weder durch die Dosis noch durch die Applikationsart oder wiederholte Verabreichung beeinflusst. Die mittlere Gesamtkörperclearance beträgt 0,96 ml/min/kg. Die Ausscheidung erfolgt mit ca. 95% der Dosis hauptsächlich über den Urin (annähernd 93% der Dosis werden innerhalb von 48 Stunden ausgeschieden). Lediglich 0,3% der Dosis werden mit den Fäzes ausgeschieden. Die kumulierte renale Ausscheidung von Levetiracetam und seinem primären Metaboliten innerhalb der ersten 48 Stunden liegt bei 66% bzw. 24% der verabreichten Dosis. Die renale Clearance von Levetiracetam und seinem primären Metaboliten beträgt 0,6 bzw. 4,2 ml/min/kg. Diese Werte deuten darauf hin, dass Levetiracetam über glomeruläre Filtration mit anschließender tubulärer Rückresorption ausgeschieden wird, während der primäre Metabolit glomerulär filtriert und zusätzlich noch aktiv tubulär sezerniert wird. Die Elimination von Levetiracetam korreliert mit der Kreatinin-Clearance.
- Ältere Patienten: Die Halbwertszeit von Levetiracetam verlängert sich bei älteren Patienten um etwa 40% (10 bis 11 Stunden). Dies hängt mit der verminderten Nierenfunktion in dieser Personengruppe zusammen.
- Kinder (6 bis 12 Jahre): Nach Verabreichung einer Einzeldosis von 20 mg/kg an Kinder mit Epilepsie beträgt die Halbwertszeit von Levetiracetam 6,0 Stunden. Die Gesamtkörperclearance ist um etwa 30% höher als bei erwachsenen Epilepsiepatienten.
- Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion: Die Gesamtkörperclearance von Levetiracetam und seinem primären Metaboliten korreliert, wie erwähnt, mit der Kreatinin-Clearance. Es wird daher empfohlen, die tägliche Erhaltungsdosis entsprechend der Kreatinin-Clearance bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Nierenfunktionsstörung anzupassen.
- Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion: Bei Patienten mit leichter bis mäßiger Beeinträchtigung der Leberfunktion ist die Clearance von Levetiracetam nur unwesentlich verändert. Dagegen ist bei den meisten Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung aufgrund einer gleichzeitig vorliegenden Beeinträchtigung der Nierenfunktion die Clearance von Levetiracetam um mehr als 50% herabgesetzt.
Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Die Filmtabletten werden oral zusammen mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen. Sie können unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Die Tagesdosis wird auf zwei gleich große Einzeldosen verteilt. Die initiale therapeutische Dosis beträgt zweimal täglich 500 mg. Je nach klinischem Ansprechen und Verträglichkeit kann die Tagesdosis bis auf zweimal täglich 1500 mg gesteigert werden. Bei älteren Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion wird eine Dosisanpassung empfohlen. Die Tagesdosis muss individuell entsprechend der Nierenfunktion festgelegt werden. Bei Patienten mit leicht bis mäßig eingeschränkter Leberfunktion ist eine Dosisanpassung nicht erforderlich.
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegenüber Levetiracetam bzw. anderen Pyrrolidon-Derivaten oder einem der Hilfsstoffe.
Unerwünschte Wirkungen
Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen waren Somnolenz, Asthenie und Benommenheit. Die Inzidenz und der Schweregrad der zentralnervösen Nebenwirkungen nahm im Laufe der Zeit ab.
- Sehr häufige Nebenwirkung ( 10%): Generalisierte Störungen: Asthenie; Nervensystem: Somnolenz.
- Häufige Nebenwirkung ( 1%, 10%): Generalisierte Störungen: zufällige Verletzungen, Kopfschmerzen; Verdauungssystem: Anorexie, Diarrhö, Dyspepsie, Nausea; Nervensystem: Amnesie, Ataxie, Konvulsion, Depression, Benommenheit, emotionale Labilität, Feindseligkeit, Insomnie, Nervosität, Tremor, Schwindel; Haut und Hautanhangsgebilde: Exanthem; Sinnesorgane: Diplopie.
Wechselwirkungen
Die vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass Levetiracetam die Serumkonzentrationen anderer vorhandener Antiepileptika (Phenytoin, Carbamazepin, Valproinsäure, Phenobarbital, Lamotrigin, Gabapentin und Primidon) nicht beeinflusst und dass diese ihrerseits die Pharmakokinetik von Levetiracetam nicht verändern.
Probenecid (viermal täglich 500 mg), ein Hemmstoff der renalen tubulären Sekretion, hemmt die renale Clearance des primären Metaboliten, jedoch nicht die von Levetiracetam. Dennoch bleibt die Konzentration dieses Metaboliten niedrig. Es wird erwartet, dass andere Substanzen, die auch durch aktive tubuläre Sekretion ausgeschieden werden, die renale Clearance dieses Metaboliten ebenfalls verringern können.
Eine tägliche Dosis von 1000 mg Levetiracetam beeinflusste die Pharmakokinetik von oralen Kontrazeptiva (Ethinylestradiol und Levonorgestrel) nicht; die endokrinen Parameter (luteinisierendes Hormon und Progesteron) wurden nicht verändert.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Falls Levetiracetam abgesetzt werden muss, sollte dies in Übereinstimmung mit der gängigen klinischen Praxis ausschleichend erfolgen.
Ein Anstieg der Anfallshäufigkeit von mehr als 25% wurde von 14% der mit Levetiracetam bzw. 26% der mit Plazebo behandelten Patienten berichtet. Aufgrund einer möglichen individuell unterschiedlichen Empfindlichkeit können bei einigen Patienten zu Behandlungsbeginn oder nach einer Dosissteigerung Somnolenz oder andere zentralnervöse Störungen auftreten. Deshalb ist bei Tätigkeiten, die ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erfordern, z. B. Führen eines Kraftfahrzeuges oder beim Bedienen von Maschinen, Vorsicht geboten.
Schwangerschaft und Stillzeit
Es gibt keine Daten zur Anwendung von Levetiracetam bei schwangeren Frauen. Levetiracetam darf wärend der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, der behandelnde Arzt hält es für unverzichtbar. Der Abbruch einer antiepileptischen Behandlung kann zur Verschlimmerung der Krankheit mit negativen Folgen für die Mutter und das ungeborene Kind führen. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob Levetiracetam in die menschliche Milch übergeht. Das Stillen wird deshalb nicht empfohlen.
Handelspräparat Keppra®
Hersteller
Einführungsdatum
Zusammensetzung
Eine Filmtablette enthält 250/500/750 bzw. 1000 mg Levetiracetam.
Hilfsstoffe:
Tablettenkern: Maisstärke, Povidon K30, Talkum, hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat. Keppra 250 mg Filmtabletten: Filmüberzug Opadry OY-S-30913: Hypromellose, Macrogol 4000, Titandioxid (E 171), Indigocarmin-Aluminiumsalz (E 132); Keppra 500 mg Filmtabletten: Filmüberzug Opadry O5-F-32867: Hypromellose, Macrogol 4000, Titandioxid (E 171), Indigocarmin-Aluminiumsalz (E 132), Eisenoxidhydrat (E 172); Keppra 750 mg Filmtabletten: Filmüberzug Opadry OY-S-33016: Hypromellose, Macrogol 4000, Titandioxid (E 171), Indigocarmin-Aluminiumsalz (E 132), Eisen(III)oxid (E 172), Gelborange S-Aluminiumsalz (E110); Keppra 1000 mg Filmtabletten: Filmüberzug Opadry Y-1-7000: Hypromellose, Macrogol 4000, Titandioxid (E 171).
Packungsgrößen, Preise, PZN
Keppra 250 mg: 50 Filmtabletten (N1), DM 130,07, PZN 1218008.
Keppra 500 mg: 50 Filmtabletten (N1), DM 253,34, PZN 1218037; 100 Filmtabletten (N2), DM 464,46, PZN 1218043; 200 Filmtabletten (N3), DM 886,70, PZN 1218066.
Keppra 1000 mg: 50 Filmtabletten (N1), DM 464,46, PZN 1218132; 100 Filmtabletten (N2), DM 886,70, PZN 1218155; 200 Filmtabletten (N3), DM 1674,81, PZN 1218178.
Indikation
Zur Zusatzbehandlung von partiellen Anfällen mit oder ohne sekundärer Generalisierung bei Patienten mit Epilepsie
Dosierung
Initiale therapeutische Dosis: zweimal täglich 500 mg, kann bis auf zweimal täglich 1500 mg gesteigert werden.
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegenüber Levetiracetam bzw. anderen Pyrrolidon-Derivaten oder einem der Hilfsstoffe.
Unerwünschte Wirkungen
Somnolenz, Asthenie, Benommenheit; zufällige Verletzungen, Kopfschmerzen; Anorexie, Diarrhö, Dyspepsie, Nausea; Amnesie, Ataxie, Konvulsion, Depression, Benommenheit, emotionale Labilität, Feindseligkeit, Insomnie, Nervosität, Tremor, Schwindel; Exanthem; Diplopie.
Wechselwirkungen
Probenecid hemmt die renale Clearance des primären Metaboliten, jedoch nicht die von Levetiracetam. Es wird erwartet, dass andere Substanzen, die auch durch aktive tubuläre Sekretion ausgeschieden werden, die renale Clearance dieses Metaboliten ebenfalls verringern könnten.
Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme
Ausschleichend absetzen. Bei einigen Patienten können zu Behandlungsbeginn oder nach einer Dosissteigerung Somnolenz oder andere zentralnervöse Störungen auftreten.
Literatur
Cereghino, J. J., et al.: Levetiracetam for partial seizures. Results of a double-blind, randomized clinical trial. Neurology 55, 236 - 242 (2000). Cramer, J. A., et al.: Effect of levetiracetam on epilepsy-related quality of life. Epilepsia 41, 868 - 874 (2000).
Patsalos, P. N.: Pharmacokinetic profile of levetiracetam: toward ideal characteristics. Pharmacology & Therapeutics 85, 77 - 85 (2000).
Kurz zusammengefasst
Levetiracetam (Keppra®) ist ein Piracetam-Derivat, das S-Enantiomer von Etiracetam, das bei therapierefraktären partiellen epileptischen Anfällen Erwachsener als Zusatzmedikation eingesetzt wird. Hier kann es die Häufigkeit partieller epileptischer Anfälle bei 20 bis 40% der Behandelten um mindestens die Hälfte senken. Möglicherweise ist Levetiracetam auch als Monotherapie und bei generalisierten Anfällen wirksam.
Der Wirkungsmechanismus ist nicht bekannt. Das Mittel wird nach peroraler Einnahme rasch und vollständig resorbiert und kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln wurden bisher nicht beobachtet und sind auch kaum zu erwarten, denn weniger als 10% einer Dosis binden an Plasmaproteine. Außerdem wird Levetiracetam nur zu einem geringen Teil über Desaminierung im Plasma zu einem inaktiven Metaboliten metabolisiert; das Cytochrom-P450-System der Leber ist daran nicht beteiligt. Levetiracetam beeinflusst weder die Plasmaspiegel anderer Antiepileptika noch die Kinetik von peroralen Kontrazeptiva, Digoxin oder Warfarin. Das Antiepileptikum wird hauptsächlich über die Nieren zu 66% unverändert ausgeschieden. Die Plasmahalbwertszeit beträgt sechs bis acht Stunden. Häufigste unerwünschte Wirkungen sind Somnolenz und Schwäche, psychische Symptome und Verhaltensauffälligkeiten.