Die große Familie der ACE-Hemmer
Seit der Einführung des ersten ACE-Hemmers Captopril in den 80er Jahren befinden sich in Deutschland aktuell über zehn ACE-Inhibitoren auf dem Markt (s. Tabelle), die als Monopräparat oder in Fixkombination mit beispielsweise einem Diuretikum oder Calciumantagonisten erhältlich sind. Captopril und Lisinopril sind aktive Wirkstoffe, alle anderen zugelassenen ACE-Hemmer liegen als inaktive veresterte Pro-Drugs vor. Diese Vorstufen werden in der Leber zu aktiven Carbonsäuren hydrolysiert.
Wie wirken ACE-Hemmer?
ACE-Inhibitoren greifen direkt in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) ein, indem sie das Angiotensin-konvertierende-Enzym (ACE) hemmen. ACE ist eine zinkhaltige Peptidase, die vor allem in den Endothelzellen der Lungengefäße vorkommt. Sie wandelt innerhalb des RAAS das Peptid Angiotensin I in Angiotensin II um, indem es die beiden C-terminalen Aminosäuren abspaltet. Die Hauptwirkung auf den Blutdruck geht auf die verminderte Angiotensin-II-Synthese zurück. Es kommt zu einer verminderten Vasokonstriktion und einer reduzierten Wasser- und Elektrolytretention durch die fehlende Aldosteron-Freisetzung. ACE ist identisch mit Kininase II und spaltet und inaktiviert so auch Kinine wie das Nonapeptid Bradykinin, Kallidin und Substanz P. Bradykinin wirkt ähnlich wie Histamin und kann den ACE-Hemmer-induzierten Husten als Nebenwirkung auslösen. Ein Anstieg der Bradykinin Konzentration unter ACE-Hemmung führt zusätzlich zu einer Vasodilatation der Endothelgefäße und wird für eine positive und protektive Wirkung von ACE-Hemmern am Myokard bei kardialen Risikopatienten verantwortlich gemacht [1].

Wann und wie einnehmen?
ACE-Hemmer sind Analoga der C-terminalen Peptidkette des Angiotensin I. Über die Carboxylgruppe (bei Captopril über eine Sulfhydrylgruppe, bei Fosinopril über eine Phosphinoylgruppe) wird das Zink im aktiven Zentrum gebunden.
Indiziert sind ACE-Hemmer:
- bei essenzieller Hypertonie
- bei symptomatischer Herzinsuffizienz und zur Prävention bei Patienten mit asymptomatischer linksventrikulärer Dysfunktion (linksventrikuläre Ejektionsfraktion ≤ 35%)
- zur Kurzzeitbehandlung nach Myokardinfarkt
- bei diabetischer Nephropathie
- bei stabiler koronarer Herzkrankheit
- zur kardiovaskulären Prävention (Herzinfarkt/Schlaganfall)
Nicht jeder ACE-Hemmer ist für alle Indikationen zugelassen.
Wichtige Hinweise bei der Einnahme sind:
- Tabletten werden in der Regel ein- bis zweimal täglich unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen.
- ACE-Hemmer werden einschleichend dosiert, da es anfangs zu einem starken Blutdruckabfall kommen kann. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit Dehydratation, Salzmangel und Diuretika-Einnahme. Auch eine Dosissteigerung kann einen Blutdruckabfall zur Folge haben.
- Es ist empfohlen, Blutdruck, Serumkalium und Nierenfunktion regelmäßig zu kontrollieren.
| ACE-Hemmer | empfohlene tägliche Anfangsdosis bei Hypertonie | übliche tägliche Erhaltungsdosis bei Hypertonie |
| Benazepril | 10 mg Benazeprilhydrochlorid, morgens | 10 bis 20 mg, einmal täglich oder in zwei Gaben, (Erhöhung erst nach ein bis drei Wochen); maximale tägliche Dosis: 40 mg |
| Captopril | 25 bis 50 mg täglich, auf zwei Gaben verteilt |
Erhaltungsdosis: individuell (Erhöhung erst nach zwei Wochen) kann auf 100 bis 150 mg/Tag, angehoben werden, auf zwei Gaben verteilt); maximale tägliche Dosis: 150 mg |
| Cilazapril | 1 mg, einmal täglich | Erhaltungsdosis: 2,5 mg bis 5,0 mg pro Tag |
| Enalapril | 5 mg bis maximal 20 mg, einmal täglich |
Erhaltungsdosis: 20 mg pro Tag ; maximale tägliche Dosis: 40 mg |
| Fosinopril | 10 mg, einmal täglich | Erhaltungsdosis: 10 mg, bei Bedarf kann auf 20 mg erhöht werden, einmal täglich (Erhöhung erst nach drei Wochen); maximale tägliche Dosis: 40 mg |
| Lisinopril | 10 mg, einmal täglich | Erhaltungsdosis: 20 mg, einmal täglich; maximale tägliche Dosis: 80 mg |
| Perindopril | 4 mg, einmal täglich morgens (als Perindopril Erbumin) |
Dosis kann auf 8 mg Perindopril Erbumin täglich gesteigert werden (nach einmonatiger Behandlung) |
| Quinapril | 10 mg, einmal oder auf zwei Gaben verteilt |
Erhaltungsdosis: 10 mg; maximale tägliche Dosis: 20 mg zweimal pro Tag (Erhöhung erst nach drei Wochen) |
| Ramipril | 2,5 mg, einmal täglich | Dosis kann in Intervallen von zwei bis vier Wochen verdoppelt werden maximale tägliche Dosis: 10 mg |
| Trandolapril | 1 mg, einmal täglich | 1 bis 2 mg, einmal täglich (Erhöhung erst nach drei Wochen); maximale tägliche Dosis: 4 mg |
| Zofenopril | 15 mg Zofenopril-Calcium, einmal täglich |
Erhaltungsdosis: 30 mg; maximale tägliche Dosis: 60 mg |
Welche Nebenwirkungen treten auf?
ACE-Hemmer sind größtenteils gut verträglich, die meisten unerwünschten Wirkungen sind bedingt durch den Wirkmechanismus und treten gleichermaßen in der ganzen Substanzklasse auf. Häufigste Nebenwirkung (5 bis 10%) ist der trockene Reizhusten, der meist innerhalb der ersten acht Wochen nach Behandlungsbeginn auftritt und mit der Dauer der ACE-Hemmer-Einnahme persistiert. Der Anstieg der Bradykinin-Konzentration wird für den Hustenreiz verantwortlich gemacht.
Das Angioödem tritt selten auf, ist aber eine potenziell bedrohliche Überempfindlichkeitsreaktion. Es kommt zur Schwellung im Gesichtsbereich von Lippen, Glottis, Zunge und Larynx. Vor allem durch die im Bereich des Larynx kann es zu Erstickungen kommen. Auf erste Anzeichen wie lokale Ödeme und Atembeschwerden ist zu achten. Der ACE-Hemmer ist dann sofort abzusetzen. Neben dem Anstieg der inflammatorischen Peptide, wie Bradykinin als Ursache des Angioödems könnten auch genetische Effekte eine Rolle spielen. Forscher der Uniklinik und Universität Bonn sowie des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) konnten in einer aktuellen Studie drei Orte im Genom identifizieren, die mit dem Risiko für ein ACE-Hemmer-induziertes Angioödem assoziiert sind [3].
Als weitere Nebenwirkungen können eine Hyperkaliämie und/oder Reduktion der Nierenfunktion auftreten.
Welche Kontraindikationen und Wechselwirkungen gibt es?
- ACE-Hemmer sind kontraindiziert bei einseitiger und beidseitiger Nierenarterienstenose, da sie eine funktionelle Niereninsuffizienz durch das fehlende Angiotensin II auslösen können.
- Bei gleichzeitiger Gabe von Kaliumsparenden Diuretika ist das Risiko einer Hyperkaliämie erhöht.
- Aufgrund des teratogenen Risikos sind ACE-Hemmer im 2. und 3. Trimester der Schwangerschaft kontraindiziert. Im ersten Schwangerschaftstrimester wird die Anwendung nicht empfohlen.
- Eine duale Hemmung des RAAS durch die gleichzeitige Gabe von ACE-Hemmern, Sartanen oder Aliskiren kann das Risiko einer Hypotonie, Hyperkaliämie und für Nierenversagen erhöhen.
Literatur
[1] Aktories K, Flockerzi V, Förstermann U et al. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. Elsevier Verlag München 2022; 13. Auflage; S. 456-459
[2] PharmNet.Bund-Arzneimittelinformationssystem der BfArM-Webseite, AMIce-Datenbank, Stand März 2025, ttps://portal.dimdi.de/amguifree/am/search.xhtml
[3] Mathey CM, Maj C, Eriksson N et al. Meta-analysis of ACE inhibitor–induced angioedema identifies novel risk locus. JACI; Anaphylaxis, drug allergy, urticaria, and angioedema. 2024; 153; 1073-1082. DOI: https://doi.org/10.1016/j.jaci.2023.11.921
[4] Fachinformationen der genannten Präparate