Rezeptur

Herstellung von Schäumen in der Apotheke

29.11.2024, 15:15 Uhr

Schäume sind vor allem für empfindliche und behaarte Haut geeignet. (Foto: Laia Balart/AdobeStock)

Schäume sind vor allem für empfindliche und behaarte Haut geeignet. (Foto: Laia Balart/AdobeStock)


Schäume als innovative Darreichungsform für Dermatika mit angenehmer Textur sind bei Fertigarzneimitteln längst in vielen Indikationen anzutreffen. Treibgas-basierte Schäume, die in Druckbehältnissen abgefüllt werden, können nur industriell hergestellt werden. Schaumpumpen generieren Schäume hingegen aus tensidhaltigen Flüssigkeiten und Luft. Dank vorgefertigter Schaumgrundlagen können Schäume so ohne großen Aufwand auch in der Apotheken­rezeptur hergestellt werden.

Schäume sind disperse Systeme, in denen eine große innere Phase aus Gas in einer äußeren Phase aus Flüssigkeit verteilt ist. Sie werden auf Haut oder Schleimhaut aufgetragen und weisen in mehreren Punkten Vorteile gegenüber Cremes und Lösungen auf:

  • Pumphübe werden zuverlässig vom Primärpackmittel dosiert, während die Angabe der Dosierung in Milli­liter, Tropfen oder Gramm, die der Anwender selbst entnehmen muss, eine Fehlerquelle darstellt.
  • Die leichte Textur kann nahezu berührungsfrei aufgetragen werden. Schäume sind daher bei empfind­licher, gereizter oder entzündeter Haut angenehm in der Anwendung und führen zu einer erhöhten Compliance.
  • Schäume verteilen sich auch auf behaarter Haut gut. Sie werden deshalb häufig bei Erkrankungen der Kopfhaut angewendet.
  • Der Patient kann Schäume in der Regel gleichmäßiger auf der Haut auftragen als Cremes, vor allem an schwer erreichbaren Körperstellen.
  • Die Wirkstoffresorption aus Schäumen erfolgt schnell.
  • Bei Anwendung auf der Kopfhaut fließen Lösungen häufig in die Augen. Diese Gefahr ist bei Schäumen deutlich reduziert.
  • Die große Oberfläche, die durch das Aufschäumen der Lösung entsteht, führt zu einem schnellen Verdunsten der Wasserphase. Schäume werden dadurch als leicht kühlend empfunden.
  • Schäume werden als „elegant und leicht“ wahrgenommen und ziehen schnell ein, sie sind beliebt bei den Anwendern.

Ausgangspunkt für die Schaum­herstellung ist eine wirkstoffhaltige Lösung, die mit Gas zum Schaum vermischt wird. In der Regel geschieht dies erst während der Applikation durch spezielle Packmittel. In rezepturmäßig hergestellten Schäumen wird die Gasphase durch Luft gebildet.

Abb.: Aufbau und Funktionsweise einer Schaumpumpe. Die tensidhaltige Flüssigkeit wird über das Steigrohr in die Flüssigdosierkammer gesaugt. Bei Druck auf den Schaumkopf werden gleichzeitig die Wirkstofflösung aus der Flüssigdosierkammer und Luft aus der Luftdosierkammer durch das hinter dem Applikator befindliche Doppelsieb gepresst. Die Lösung wird dadurch aufgeschäumt (nach [1, 2]).

Kein Schaum ohne Tensid

Damit ein Schaum entstehen kann, ist der Zusatz von oberflächenaktiven Hilfsstoffen (Tensiden) nötig. Typische Schaumbildner sind Polysorbat 20 oder Sorbitanmonolaurat. Die Tenside besetzen – vergleichbar mit einer Emulsion – die Grenzflächen zwischen der Wasser- und der Gasphase, der hydrophile Teil zeigt dabei zum Wasser, der lipophile zur Luft. Je nach Gasanteil entsteht ein noch feuchter Kugelschaum oder ein fast wasser­freier Polyederschaum: Bis zu einem Anteil von 70% wird die Gasphase in kugelförmige Mizellen eingeschlossen, die von der wässrigen Phase umschlossen werden. Häufig schwimmen die Gasblasen auf. Ab einem Gasanteil von 70% liegt die Gasphase in großen Polyedern, also Körpern aus Vielecken, vor. Die Wasserphase bildet nur noch eine dünne Schicht zwischen den „Luftblasen“.

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Pumpschäume in der Rezeptur

Grundsätzlich können drei verschie­dene Schaumarten unterschieden werden: Herkömmliche Aerosolschäume und Zwei-Kammer-Aerosole werden mit Treibgas hergestellt und in einem Druckbehältnis abgefüllt, können also nicht in der Apothekenrezeptur hergestellt werden. Für die Rezepturherstellung geeignet sind dagegen Pumpschäume. Es handelt sich dabei um Systeme, bei denen eine Wirkstoff- und Tensid-haltige Lösung abgefüllt und bei Applikation zusammen mit Luft durch eine Fritte oder ähnliches aus dem Schaumspender gepresst und so aufgeschäumt wird.

Neben Tensiden kommen weitere Hilfsstoffe zum Einsatz. Schaum­stabilisatoren wie Hypromellose verhindern einen schnellen Zerfall des Schaums. Konservierungsmittel, zum Beispiel Natriumbenzoat, sorgen für mikrobielle Stabilität. Für zusätz­liche pflegende Eigenschaften kann auch eine Ölphase (z. B. mittelkettige Triglyceride) zugesetzt werden. Die korrekte Bezeichnung dieser aufgeschäumten O/W-Zubereitung wäre dann Schaumcreme.

Gebrauchsfertige Grundlagen erleichtern die Herstellung

Standardisierte Rezepturen aus diesen Einzelkomponenten sind kaum zu finden. Es stehen jedoch gebrauchsfertige Schaumgrundlagen zur Verfügung, in die nur noch der Wirkstoff eingearbeitet werden muss. Wichtige Charakteristika sind in der Tabelle zusammengefasst. Vom Hersteller liegen auch zahlreiche standardisierte und auf Plausibilität geprüfte Herstellvorschriften vor, Indikation ist meist übermäßiger Haarausfall verschiedener Genese. Doch auch für diverse infektiöse oder entzündliche Haut­erkrankungen, Juckreiz, Schuppen, Hyperpigmentierung oder zur Lokalanästhesie stehen Rezepturen für Schäume zur Verfügung [3].

Unkomplizierte Herstellung

Die Herstellung eines Schaums mit diesen Grundlagen ist simpel: Der Wirkstoff wird in einem Becherglas vorgelegt und gelöst. Bei guter Löslichkeit kann er direkt in einen Teil der Schaumgrundlage eingearbeitet werden, alternativ wird er zuvor in Wasser oder Ethanol gelöst und dann die Schaumgrundlage zugearbeitet. Als Inprozesskontrolle sollte die Partikelfreiheit der Lösung dokumentiert werden. Die Trübung, die fetthaltige Grundlagen haben, darf dabei nicht mit Partikeln verwechselt werden. Dann wird die Lösung mit Schaumgrundlage auf das Endvolumen aufgefüllt – der Hersteller sieht hier noch einen vorgeschalteten Filtrierungsschritt vor. Die einzelnen Herstellungsschritte können Sie hier am Beispiel eines Coffein-Schaums in einem Rezepturvideo des Deutschen Apotheker Verlags anschauen.

Tab.: Gebrauchsfertige Schaumgrundlagen: Eigenschaften, Zusammensetzung und Einsatzmöglichkeiten der aktuell erhältlichen Basisschäume im Vergleich (nach [3], Stand November 2024).

 Espumil™ lipophiler Basis-SchaumTrichoFoam™

Eigenschaften
  • lipophile, wenig fettende Schaumgrundlage
  • klare Lösung
  • weitgehend geruchlos
  • pH-Wert 1,5 bis 3,5
  • nicht fettende, alkoholfreie Schaumgrundlage
  • leicht gelbliche, trübe Flüssigkeit
  • nach ätherischen Ölen riechend
  • pH-Wert 1,5 bis 2,5
Haltbarkeit
  • nach Anbruch zwölf Monate haltbar
  • unter 25 °C lagern
  • nach Anbruch bis zum Ende der Laufzeit haltbar
  • unter 25 °C lagern
Zusammensetzung
  • gereinigtes Wasser
  • Ethanol
  • Propylenglykol
  • Milchsäure
  • Polysorbat 20
  • Cocamidopropyl Betaine
  • Butylhydroxytoluol (BHT)
  • gereinigtes Wasser
  • Polyquartenarium 10 (Hydroxyethylcellulosethoxylat, quaternisiert)
  • Polyethylenglykol (PEG) 14M
  • Olivamidopropyl Betaine
  • Glycerol
  • Milchsäure
  • Phenoxyethanol
  • PEG-40 hydrogenated Castor Oil (hydriertes und mit PEG-40 ethoxyliertes Rizinusöl)
  • Polysorbat 20
  • Butylhydroxytoluol (BHT)
  • Öle aus Lavendel, Rosmarin, Wacholder, roter Zeder, westindischem Sandelholz, australischem Teebaum, Eukalyptus
  • Duftstoffe
Wirkstoffe, für die standardisierte Rezepturen vorliegen (auch in Kombination)N-Acetylcystein, Azelainsäure, Benzoylbenzoat, Bimatoprost, Biotin, Cetirizin, Cimetidin, Clindamycin, Clobetasolpropionat, Coffein, Dexpanthenol, Erythromycin, Estradiol, 17-alpha-Estradiol, Finasterid, Gabapentin, Hydrocortison, Hydroxy­essigsäure, Ketokonazol, Latanoprost, Lidocain­hydrochlorid, Melatonin, Menthol, Minoxidil, Mometasonfuroat, Niacinamid, Pyridoxinhydrochlorid, Salicylsäure, Schwefel, Sulfacetamid-Natrium, Tetracainhydrochlorid, Tetracyclin, Tranexamsäure, TretinoinArginin, Azelainsäure, Betamethasondipropionat, Betamethasonvalerat, Bimatoprost, Biotin, L-Carnitintartrat, Cetirizin, Clobetasol, Clobetasolpropionat, Coffein, Cyproteronacetat, Dexpanthenol, Dutasterid, 17-α-Estradiol, Finasterid, Fluocinolon­acetonid, Gabapentin, Ginkgo-biloba-Extrakt, Harnstoff, Hydrocortison, Hydrocortisonbutyrat, Hydroxyessigsäure, Ketokonazol, Latanoprost, Melatonin, Minoxidil, Nicotinamid, Prednicarbat, Progesteron, Retinoinsäure, Salicylsäure, Spironolacton, Tacrolimus, Tretinoin, Triamcinolonacetonid

Schaumspender vor dem ersten Gebrauch anpumpen

Damit die Lösung dann auch zum Schaum wird, muss sie in einen Schaumdispenser abgefüllt werden. Im Schaumkopf wird die austretende Flüssigkeit von Luft durchperlt und mit dieser gemeinsam durch ein Sieb, eine Fritte oder ein anderes feinporiges Material gepresst. Dadurch wird die tensidhaltige Flüssigkeit aufgeschäumt (s. Abb. „Aufbau und Funk­tionsweise einer Schaumpumpe“).

Nach dem Abfüllen in den Schaum-Dispenser sollte die Funktion des Schaumkopfes getestet werden, damit nicht durch ein Versagen des Pack­mittels gar kein Schaum entsteht. Ein wichtiger Hinweis bei der Abgabe ist dann, dass der Schaumspender vor der ersten Benutzung mit einigen Hüben angepumpt werden muss, bis der Schaum austritt.

Literatur

[1] Arzhavitina A, Steckel H. Foams for pharmaceutical and cosmetic application. Int J Pharm 2010;394(1-2):1-17. doi: 10.1016/j.ijpharm.2010.04.028

[2] Daniels R. Schäume als innovative Arzneiform. Pharma4U Highlight Webinar, 19. Mai 2020

[3] Herstellerinformationen zu Espumil, Trichofoam und Schaum-Dispensern auf fagron.de

[4] Herstellerinformationen zu Schaum-Dispensern auf medisca.com


Dr. Robert Wulff


Dr. Sabine Werner, Apothekerin und Redakteurin
readktion@daz.online


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