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Claudia Korf beim Apothekerforum Brandenburg
„Es wird nie wieder so, wie es mal war“
Claudia Korf, ABDA-Geschäftsführerin Ökonomie, sieht das Ampel-Aus mit gedämpfter Freude. Auch wenn die Apothekenreform, die die ABDA rigoros abgelehnt hat, nun „klinisch tot“ sei: Die Probleme der Apotheken bleiben schließlich die gleichen. Es fehlt vor allem an Geld. Aber die ABDA ist bereits auf Gespräche mit der Politik vorbereitet.
Das Ampel-Aus in der vergangenen Woche hat auch das ABDA-Haus durchgerüttelt. Eben noch hatte sich die Standesvertretung gegen verschiedenste geplante Neuerungen in Stellung gebracht – etwa in der Anhörung zur Notfallreform – und von einem Tag auf den anderen sind nahezu alle Pläne aus dem Bundesgesundheitsministerium vom Tisch. „Das fühlt sich komisch an“, findet auch Claudia Korf. Die Geschäftsführerin Ökonomie bei der ABDA war am vergangenen Freitag beim Apothekerforum Brandenburg – einer Fortbildungsveranstaltung des Apothekerverbands Brandenburg – als Referentin zu den „aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Apotheken“ geladen – und auf diese wirft die neue politische Lage nochmals ein ganz neues Licht.
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Die ABDA sei vielfach gebasht worden, dass sie beim Apotheken-Reformgesetz nicht kompromissbereit wäre, sagte Korf. Aus jetziger Sicht sei diese Strategie aber gut aufgegangen – zumindest mit Blick auf die strukturellen Reformteile. „Wir haben natürlich die FDP krallig gemacht – aus gutem Grund“, erklärte die ABDA-Geschäftsführerin. Sie behaupte zwar nicht, dass die ABDA die Regierung zu Fall gebracht habe – aber sie habe „Munition“ geliefert, sodass sich die nun zurückgetretenen FDP-Minister*innen Bettina Stark-Watzinger und Marco Buschmann mit einem Leitungsvorbehalt gegen das Vorhaben gestellt haben.
Darüber könne man sich freuen, doch diese Freude sei gedämpft: „Die Probleme bleiben ja die gleichen. Es ist immer noch kein Geld da.“ Und es sei auch niemand da, der sage, „als Erstes machen wir ein Soforthilfeprogramm für die Apotheken“.
Neuwahlen sind keine Garantie für bessere Lösungen
Schon vergangenes Wochenende sollten in vertraulichen Gesprächen die Vorstellungen der Apothekerschaft an die „Noch-Opposition“ herangetragen werden – in der Hoffnung, dass diese sich noch daran erinnern wird, wenn sie bei der nächsten Bundestagswahl deutlich dazu gewinnt. Doch Korf gibt auch zu bedenken: Allein wird die Union nicht regieren können. Rechnet man die politischen Ränder von AfD und BSW weg, zeige sich, dass es mit Mehrheiten schwierig werde. Die Vorstellung, dass es wieder zu einer Koalition von Union und SPD kommen könne, behagt Korf nicht. Und das liegt nicht zuletzt an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach: „Ich möchte den Karl endlich loswerden“. Das Problem: Das Gesundheitsressort stehe in der „Hackordnung der Ressorts“ ziemlich weit hinten. Es ist nun einmal ein Haifischbecken, in dem man sich kaum beliebt machen kann. Das sei ein bisschen wie „Schrottwichteln“, so Korf.
Die ABDA hofft dennoch darauf, dass das Ministerium wieder an die Union geht – denn mit ihr rechnet sie sich bessere Chancen aus, jedenfalls könne es „nicht so schlimm werden, wie es jetzt war“. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening stehe der Union bekanntlich nahe und werde jetzt Einfluss auf deren Konzepte nehmen. Dennoch mahnt auch Korf: „Neuwahlen sind keine Garantie für bessere politische Lösungen.“
Konzept für die Apotheke der Zukunft
Die Geschäftsführerin betonte aber auch, dass die ABDA bei den Reformbemühungen aus dem Hause Lauterbach nicht nur auf der Bremse gestanden habe. Sie habe sich bereits in Klausur begeben und ein Zukunftskonzept für die Apotheken entwickelt – auch in Vorbereitung auf Bundestagswahlen im Herbst 2025. Jetzt werde es sofort gebraucht.
Eine Zielrichtung dieses Konzepts ist, dass Apotheken sich stärker in der Primärversorgung einbringen können. Das sei mit Blick auf die Ärzteschaft zwar sehr konfliktgeladen, dennoch müsse man diesen Weg gehen, meint Korf. Und zwar nicht aus einer Hybris heraus, weil Apotheker*innen ohnehin alles könnten, sondern weil es keine Hausärztinnen und -ärzte mehr gebe. Zwei Drittel hätten bereits das Rentenalter erreicht und der Nachwuchs ist Mangelware.
Pharmazeutische, telemedizinische und digitale Dienstleistungen
Konkret schwebt der ABDA vor, dass Apotheken bei leichten, akuten Erkrankungen wie etwa Harnwegsinfekten oder Konjunktivitis auch selbst Verordnungen auslösen können sollen. Ebenso sollten Apotheken Wiederholungsverordnungen für chronisch Kranken ausstellen können. Sie können auch erste Anlaufstelle für die assistierte Telemedizin sein. Prävention und Gesundheitskompetenz sind weitere Schlagworte für die Apotheke der Zukunft. Doch auch für weitere digitale Services, die auch gesetzgeberisch schon angelegt sind, will man bereitstehen: Die Apotheke sei ohnehin schon oft der „Erklärbär“ – das sei auch bei der elektronischen Patientenakte und dem elektronischen Medikationsplan möglich. Eine weitere Idee der ABDA: Im Notdienst könnte in Apotheken sogar eine Triage erfolgen.
In Apotheken investieren, statt an ihnen zu sparen
Im Zentrum all dessen stehe aber weiterhin die Erfüllung des Sicherstellungsauftrags zur Arzneimittelversorgung – flankiert von den angesprochenen neuen Dienstleistungen unterschiedlicher Art. Letztere müssten natürlich honoriert sein. Doch Korf ist überzeugt: Das würde sich lohnen. Schließlich würde das gesamte System so entlastet. Zusammengefasst heißt das für die ABDA: Apotheken müssen als Teil der Lösung eines Primärversorgungsproblems gesehen werden. Und: Es ist sinnvoll, in Apotheken zu investieren, statt an ihnen zu sparen.
Eines muss laut Korf allen klar sein: „Es wird nie wieder so, wie es mal war.“ Das bedeute nicht, dass nun alles schlimm werde. Aber man werde sich an Veränderungen anpassen müssen. Dass das den Apotheken gelingt, glaubt Korf fest: „Das ist unsere Stärke, wir sind relativ agil.“ Dabei rückt die ABDA-Geschäftsführerin deutlich von der lange von der ABDA verfochtenen Linie ab, jede Apotheke müsse grundsätzlich jede Leistung erbringen können. Das „One-fits-all“-Geschäftsmodell gebe es für Apotheken nicht mehr. Sie bekämen einen größeren Raum für Möglichkeiten, doch nicht jede müsse alle neuen Leistungen erbringen. Das Einzige, was zwingend bleibe, ist, dass alle Apotheken die Arzneimittelversorgung übernehmen und ihre Kontrahierungspflicht erfüllen. Alles andere sei eine persönliche Entscheidung.
1 Kommentar
Primärversorgung
von Roland Mückschel am 11.11.2024 um 17:53 Uhr
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