Nullretax wegen Papier- und E-Rezept

Doppelt abgerechnet

20.09.2024, 15:45 Uhr

Wird ein Rezept doppelt abgerechnet, kann es zu Retaxationen kommen. (Foto: Stockfotos-MG/AdobeStock)

Wird ein Rezept doppelt abgerechnet, kann es zu Retaxationen kommen. (Foto: Stockfotos-MG/AdobeStock)


Dem Deutschen ApothekenPortal sind kürzlich mehrere Retaxierungen mit derselben Begründung zugesendet worden. Dabei geht es um eine seitens der Krankenkassen vermutete Doppelabrechnung. Den Apotheken wurde jeweils ein Papier- und ein E-Rezept über dasselbe Arzneimittel vorgelegt. Hat die Apotheke hier eine Prüfpflicht?

Bekanntermaßen läuft mit dem E-Rezept noch nicht alles reibungslos – sowohl in Arztpraxen als auch in Apotheken gibt es die eine oder andere Stolperfalle, die gelöst werden möchte. Nun kommen die ersten Retaxierungen der E-Rezepte in die Apotheken und einige davon sind doch sehr erstaunlich.

Eine Apotheke hatte Anfang Januar ein Papier-Rezept über Trimbow 87/5/9 µg 120 HUB 100 µg DOS 3 St. PZN 12777395 abgerechnet. Dieses wurde formal korrekt durch den Arzt ausgestellt, fristgerecht in der Apo­theke vorgelegt und einwandfrei be­liefert. Ein gutes halbes Jahr später trudelte ein Nullretax ein. Als Grund wurde angegeben: „Vermutete Doppelabrechnung Papier-Rezept, E-Rezept“.

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Papier und E-Rezept abgerechnet

Die Apotheke berichtet, dass der Patient tags zuvor tatsächlich ein E-Rezept über das fragliche Arzneimittel erhalten hatte. Dies führte in der Folge nachträglich zu einem Retax. Allerdings kam das offensichtlich bei der Vorlage des zweiten Rezeptes seitens des Patienten nicht zur Sprache. Solange er kein Kundenkonto in der Apotheke hat und nicht zufällig durch dieselbe Mitarbeiterin bzw. denselben Mitarbeiter bedient wird, kann wohl kaum verlangt werden, ein ordnungsgemäß ausgestelltes Rezept dahin­gehend zu prüfen, ob es an einem anderen Tag eventuell bereits vor­gelegt worden sein könnte.

Darüber hinaus unterliegen Apotheken gem. § 17 Abs. 4 ApBetrO dem Kontrahierungszwang: Wird ein Rezept vorgelegt, bei dem keine Bedenken oder ein Fälschungsverdacht gegen eine Belieferung sprechen, so muss dieses innerhalb einer der Verschreibung angemessenen Zeit beliefert werden. Es ist an keiner Stelle festgehalten, dass die Apotheke zuvor prüfen muss, ob Versicherte schon im Vorfeld eine ähnlich oder gar gleich lautende Verordnung erhalten haben. In den allermeisten Fällen wäre das auch gar nicht möglich. Das zweite Rezept hätte ja auch in einer anderen Apotheke vorgelegt werden können – wäre dann die andere Apotheke retaxiert worden? Außerdem kann es auf Seiten der Ärzte durchaus Gründe für eine weitere Verordnung gegeben haben: beispielsweise eine Verordnung für eine längere Reise oder, dass die Packung des ersten Arzneimittels verloren ging. Diese Entscheidung liegt im ärztlichen Ermessen und solange das Rezept einwandfrei ausgestellt wird, kann dieses auch von der Apotheke ganz normal beliefert werden.

Reicht ein Verdacht?

Zudem gibt die Krankenkasse als Retaxgrund auch nur eine Vermutung an – ein nachweislicher Fehler wird also gar nicht beanstandet, und dafür soll die Apotheke die Versorgung jetzt aus eigener Tasche bezahlen? Das ist mehr als zweifelhaft – der Versicherte ist, wie vom Arzt gewünscht, auf zwei ordnungsgemäß ausgestellte und in der Apotheke vorgelegte Rezepte mit dem Arzneimittel versorgt worden.

Wäre im Beratungsgespräch aufge­fallen, dass nun zweimal kurz hintereinander das gleiche Arzneimittel abgegeben werden soll, hätte die Apotheke sicherlich nach den Hintergründen gefragt. Aber wie eingangs erwähnt, wäre dies ja nur möglich gewesen, wenn ein Kundenkonto hinterlegt wäre, zufällig dieselbe Person wie beim ersten Vorgang bedient hätte oder wenn der Versicherte beim Entgegennehmen des Arzneimittels Erstaunen gezeigt hätte, schon wieder das gleiche Präparat erhalten zu haben. Dass generell auf potenzielle Doppelverordnungen geprüft werden muss, kann nicht von Apotheken verlangt werden – weder bei Papier- noch bei E-Rezepten und auch nicht, wenn die Kombination aus beiden vorkommt.

Aller Anfang ist schwer

Vielleicht hatte es in diesem Fall in der Anfangsphase des E-Rezeptes noch Startschwierigkeiten bei der Rezeptausstellung in der Arztpraxis gegeben, möglicherweise konnte dort nicht mehr eindeutig nachvollzogen werden, ob das Rezept nun bereits ausgestellt worden war oder nicht – aber auch dafür sollte nicht die Apotheke zur Rechenschaft gezogen werden! Daher ist dieser Retax zurückzunehmen. Leider sind dem DeutschenApothekenPortal bereits mehrere Retaxierungen dieser Art zugetragen worden. Interessant dabei ist, dass die Retaxationen in verschiedenen Bundesländern durch unterschiedliche gesetzliche Krankenkassen ausgesprochen worden sind. Bleibt zu hoffen, dass die Krankenkassen in diesem Fall ein schnelles Einsehen haben.

Bei der Rezeptbelieferung sind unzählige Vorschriften zu beachten, sonst droht eine Retaxation. Das DeutscheApothekenPortal (DAP) bietet rund um Arzneimittelabgabe und Retaxprobleme Rat und Hilfe an: www.deutschesapothekenportal.de

Sind Sie von einer Retaxation betroffen oder haben Sie Fragen zur Rezeptbelieferung? Schicken Sie Ihren Fall an abgabeprobleme@deutschesapothekenportal.de


Christina Dunkel, DAP


Apothekerin Dr. Verena Kirsch, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

vermutete Doppelabrechnung

von Dörthe Koryciak am 25.09.2024 um 17:42 Uhr

das ist die neueste Methode der Retaxstellen an Geld zu kommen. Bei uns betrifft es einen Hochpreiser. Papierrezept wurde am 29.12.23 in der Apotheke eingelöst, der Patient war noch gebührenbefreit. Mitte Januar wurde ein E-Rezept eingelöst, für uns absolut nicht ersichtlich, dass es eine Verordnung mit gleichem Ausstellungsdatum war. Vorgang mit Gebührenpflicht und Lieferengpasspauschale beliefert, also völlig offensichtlich, dass zweimal geliefert wurde. Über 2600 € und ich muss nun nachweisen, dass 2 Packungen abgegeben sind? Es gibt Vorgangsnummern etc. da muss mir eine Retaxstelle nicht erklären, dass es nicht nachvollziehbar ist. Anruf beim Apothekerverband Westfalen-Lippe ergab, dass es bereits mehrere Anrufe bezüglich solcher Fälle gab. GFS ist bei uns die Retaxstelle, es scheint eine Machenschaft von denen zu sein.

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