Verbände und Kammern

Fazit nach Protest: „Unbedingt am Ball bleiben“

Berlin - 30.08.2024, 16:45 Uhr

Wie erfrischend kann Wasser an einem so heißen Demotag sein? (Foto: DAZ)

Wie erfrischend kann Wasser an einem so heißen Demotag sein? (Foto: DAZ)


Die Trillerpfeifen sind verstummt, die Transparente eingepackt, die Reden der Politikerinnen und Politiker sind verklungen – was bleibt von den Protesten in Thüringen und Sachsen an diesem Mittwoch? Die DAZ fragte bei den Kammern und Verbänden nach.

An diesem Wochenende werden in Thüringen und Sachsen neue Landtage gewählt. Mit Blick auf diese Wahlen hatten die Apothekerverbände der beiden Bundesländer den Termin für ihren Protest an diesem Mittwoch gewählt. Die Landespolitikerinnen und -politiker erschienen tatsächlich auch zahlreich, um den Apothekenteams ihre Unterstützung zuzusichern. Die Ministerpräsidenten Bodo Ramelo (Die Linke) und Michael Kretschmer (CDU) wendeten sich in einer Videobotschaft an die Demonstrierenden. Aber wie blicken die Verbände und Kammern auf den Protest?

Der Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbands, Thomas Dittrich sprach gegenüber der DAZ „in Anbetracht der allgemeinen Sommerurlaubszeit“ von einem „wichtigen Zeichen vor den am Sonntag stattfindenden Landtagswahlen“, dass sich in den beiden Landeshauptstädten fast 2.000 Kolleginnen und Kollegen an den Protesten beteiligten.

Dittrich: „Werden Unterstützung vehement einfordern“

„Wir haben von den anwesenden Vertreter:innen der Parteien – von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke – viel Zuspruch für unsere Forderungen, die öffentlichen Apotheken wirtschaftlich zu stabilisieren und keine Apotheke ohne Apotheker:in, erhalten“, so Dittrich. Diese „tatkräftige Unterstützung“ werde man auch in den weiteren Diskussionen über eine Apothekenreform „vehement“ einfordern.

Wenn Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) zusagt, dass sie den Vermittlungsausschuss anrufen wolle, sollte der Apothekenreform-Referentenentwurf in dieser Form vom Kabinett beschlossen werden, sei das ein „deutliches Zeichen“, dass die Staatsregierung Sachsens zu den Apothekerinnen und Apothekern steht. „Insofern war unsere gemeinsame Protestkundgebung mit den Thüringern ein Erfolg, das zeigt aber auch, dass wir mit unseren Protesten unbedingt am Ball bleiben müssen.“

Donner: Köpping hat überrascht

Auch der Präsident der Sächsischen Landesapothekenkammer, Göran Donner, zeigte sich gegenüber der DAZ hochzufrieden – insbesondere die klaren Bekenntnisse von Ministerpräsident Kretschmer und Gesundheitsministerin Köpping stimmen ihn zuversichtlich. „Wir hatten wenige Wochen vor dem Protest noch Gespräche, die sehr positiv verlaufen sind“, berichtet er. „Aber dass Frau Ministerin Köpping sich so deutlich gegen die Apotheke ohne Apotheker positioniert und in Dresden angekündigt hat, notfalls den Vermittlungsausschuss anrufen zu wollen, hat mich doch überrascht.“

Auch dass es gelungen ist, nach Polizeiangaben rund 1.000 Apothekenmitarbeitende in Dresden zu versammeln, freut den Präsidenten. „Ich nehme eine gewisse Lethargie wahr, nicht nur innerhalb des Berufsstands, sondern allgemein in der Bevölkerung“, sagt Donner auch mit Blick auf die anstehenden Wahlen in Sachsen und Thüringen am kommenden Sonntag. „Vor diesem Hintergrund war es wichtig, dass wir so ein klares Signal senden konnten.“

Fink: Der gute Draht zur Politik zahlt sich aus

Wie Donner lobt auch Stefan Fink, Vorsitzender des Thüringer Apothekerverbands (ThAV), den Einsatz der Kolleginnen und Kollegen. In Erfurt gingen Fink zufolge etwa 800 Menschen gegen die Apothekenreform auf die Straße – und das bei brütender Hitze. „Schön war, dass auch Unterstützer aus anderen Bundesländern gekommen sind, um mit uns gemeinsam zu protestieren“, unterstreicht der ThAV-Chef. Unter anderem habe auch die Landesgesundheitsministerin Thüringens, Heike Werner (Linke), zwei Stunden lang in Erfurt ausgeharrt und der Veranstaltung von Anfang bis Ende beigewohnt. Für Fink ist das ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber dem Berufsstand.

Ohnehin ist der Vorsitzende „begeistert, was wir in den vergangenen Jahren in der Landespolitik erreicht haben“. Der gute Draht zur Politik zahle sich aus: „Alle Sprecher in Erfurt haben erkannt, dass die Apotheke ohne Apotheker ein No-Go ist und das System jetzt Unterstützung braucht, wenn man die Struktur erhalten will.“ Nicht nur, dass die Landes-FDP – konkret der Abgeordnete Robert-Martin Montag – fundierte Vorschläge dafür an die Parteikolleginnen und -kollegen auf Bundesebene schickt: Auch die Thüringer Grünen hätten sich in den vergangenen drei Monaten im Wahlkampf intensiv mit den Apothekerinnen und Apothekern im Bundesland auseinandergesetzt. Gut informiert bezögen nun auch sie Position gegen die Apothekenreform. Zudem sprach sich auch der CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt für den Erhalt der Apothekenstruktur aus.

Auf Landesebene das Maximum erreicht

Wer in Erfurt übrigens eine Vertreterin oder einen Vertreter der AfD vermisste, dem erläutert Fink gerne, weshalb die Rechtspopulisten nicht zur Protestaktion geladen waren. „Im Wahlprogramm der AfD tauchen die Apotheken nicht einmal auf“, betont er. „Das zeigt, wie wenig Interesse am Apothekenwesen besteht.“

Politisch habe man auf Landesebene das Maximum für den Berufsstand erreicht, so Finks Fazit. „Jetzt hoffen wir, dass die neue Landesregierung im Bundesrat dort weitermachen wird, wo die alte aufgehört hat“, sagt er der DAZ. Zunächst gelte es jedoch abzuwarten – denn bisher schafft es Lauterbachs Entwurf einer Apothekenreform dank der FDP nicht durch das Kabinett. Wie es mit dem Reformgesetz weitergehen wird, steht aktuell in den Sternen.

Neidel: Ein ganz großes „Dankeschön“

Es komme „nicht von ungefähr“, dass der 28. August „ein wirklicher politischer Erfolg war“, sagt der Geschäftsführer der Landesapothekerkammer (LAKT), Danny Neidel. Da seien die Verbände aus Sachsen und Thüringen, die keine Mittel und Mühen gescheut hätten, und „unsere Partner, denen die Arzneimittelversorgung ebenso am Herzen liegt wie uns, und die unsere Arbeit erst möglich machen – auch auf einer Demonstration an so einem heißen Tag“. Damit meint der die Wasserversorgung. Neidel: „Danke Herr Krug vom ARZ und auch unseren Großhandelspartnern Noweda und Phoenix, die mehr im Verborgenen gewirkt haben, wie das so ihre Art ist!“

Den größten Dank aber richtet der LAKT-Geschäftsführer an allen Kolleginnen und Kollegen, „und damit meine ich ganz explizit unsere ganzen Teams, quer durch alle Berufsgruppen“. Apotheken, die Arzneimittelversorgung und, wie am Mittwoch ersichtlich, auch die Demonstration funktionieren nur, weil sie sich einbringen. „Weil ihr das, was ihr tut, mit Leidenschaft tut, weil ihr es richtig gut macht und ihr mit dem Herzen dabei seid. Ihr wisst, was auf dem Spiel steht, und wir können uns auf euch verlassen. Und dafür möchte ich ein ganz großes ‚Dankeschön‘ sagen“, so Neidel.

Man werde sehen, wie es nun weiter geht. Mit der Petition an die zukünftige Landesregierung sei man weiter am Ball. In den verbleibenden vier Wochen gelte es, sie zu einer Größe zu bringen, die die Politik nicht ignorieren kann. Auch wenn das nötige Quorum schon nach den ersten Tagen erreicht wurde, dürfe man nicht nachlassen. „Jede Stimme, die sich für die bestmögliche Versorgung ausspricht und sich zu uns bekennt, zeigt der Politik, wie gut wir die Menschen erreichen können. Und sie wird erkennen, dass wir ein stabilisierender Faktor sind, auf den sie auch deswegen nicht verzichten kann“, so Neidel.


Christina Grünberg (gbg), Apothekerin, Betriebswirtin (IWW), DAZ-Redakteurin
cgruenberg@daz.online


Matthias Köhler, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


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