Kommentar

Skonto-Urteil: Die Einschläge häufen sich

09.02.2024, 10:00 Uhr

Wo könnte es hingehen nach dem BGH-Urteil? (Foto: IMAGO / Michael Gstettenbauer)

Wo könnte es hingehen nach dem BGH-Urteil? (Foto: IMAGO / Michael Gstettenbauer)


Erst das Eckpunktepapier des Gesundheitsministeriums, jetzt das – nicht ganz unerwartete – Urteil des Bundesgerichtshofs zur (Nicht-)Zulässigkeit von Skonti auf den Bezug von Rx-Arzneimitteln. Was könnte jetzt folgen? Ein paar Vorschläge von Professor Reinhard Herzog. 

Bevor man daran geht, die Auswirkungen zu quantifizieren (praktisch betroffen ist im Schnitt weniger als die Hälfte des Apotheken-Einkaufsvolumens, da Non-Rx gar nicht betroffen ist und z.B. Rx-Hochpreiser und Kontingentartikel vom Großhandel nicht skontiert werden), stellen sich grundsätzlich einige Fragen. Zum einen: Inwieweit ist das Urteil jetzt rechtskräftig, oder kommt nicht aufschiebend ein Verfahren vor dem EuGH wegen Wettbewerbsverzerrung (Stichwort Versand) infrage? Dann drehen wir den Klagespieß einfach mal um.

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Zum anderen kann natürlich auf der Rabattseite vielfältig umgeschichtet werden. Genossenschaften können höhere Gewinnbeteiligungen ausschütten. Ein Teil lässt sich in das Non-Rx-Geschäft überwälzen. Diverse Rückvergütungen sind eine weitere Option, wie auch die Rückführung diverser Gebühren des Großhandels . Und anderes mehr ... Jedenfalls fließen dem Großhandel und der Industrie im Direktgeschäft jetzt erhebliche Mittel zu, die schlimmstenfalls noch die Begehrlichkeiten der Politik wecken.

„Modell Zahnärzte“ für Apotheken?

Und zu guter Letzt steht jetzt der „Kassenrabatt“ im Fokus. Wie lässt sich dieser noch rechtfertigen? Perspektivisch könnte sogar die gesamte Arzneimittel-Preisverordnung (AMPreisV) auf den Prüfstand kommen. Warum dann nicht das „Modell Zahnärzte“? Hier war anfangs das Geschrei auch groß, als viele Leistungen ausgegliedert wurden und privat bezahlt werden mussten. Bei uns würden dann die Kassen nur noch einen Festzuschuss bzw. Festpreis bezahlen (und manches gar nicht mehr), die Apotheken rechnen frei im Wettbewerb gegenüber den Kunden ab und kaufen ein, wie sie lustig sind. Dann wäre Schluss mit dieser Gängelei und Fremdbestimmung. Da das Geld nicht mehr an den Bäumen wächst und die Politik zunehmend unter Finanzierungsdruck gerät, könnte die Überwälzung auf die Patienten durchaus salonfähig werden. Das wäre dann ganz großes Kino – und nicht mal unbedingt zum Nachteil der Anbieter. Siehe die Zahnärzte oder auch die Optiker.


Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, DAZ-Autor
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Kritik

von DAZ am 09.02.2024 um 12:24 Uhr

Wenn Apotheken die Freiheit haben, ihre Preise eigenständig festzulegen, geraten sie unmittelbar in Wettbewerb mit Versandapotheken. Diese agieren auf nationaler Ebene und können von erheblichen Skaleneffekten profitieren. Durch den Kauf großer Warenmengen erreichen sie niedrigere Stückkosten. Händler aus dem Ausland können Rabatte von über 3,15% bekommen.

Der gegenwärtige Vorteil der Apotheke vor Ort liegt vor allem in der sofortigen Verfügbarkeit von Medikamenten. Jedoch werden sich die meisten Patienten bei stark differierenden Preisen wohl gegen eine Beratung vor Ort entscheiden.

Problematisch ist auch, dass Börsenunternehmen über größere finanzielle Ressourcen verfügen, um Preiskämpfe zu führen und Verluste zu absorbieren. Lokale Apotheken können sich einen längeren Preiskampf nicht leisten, ohne ihre Rentabilität zu gefährden.

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