E-Rezepte in der Heimversorgung

Chargendokumentation: Lösung für Verblisterer gefunden

Berlin - 13.11.2023, 17:50 Uhr

Es kann weiter verblistert werden. (Foto. Schelbert)

Es kann weiter verblistert werden. (Foto. Schelbert)


Heimversorgende Apotheken, die patientenindividuell verblistern, stehen seit geraumer Zeit vor einem Problem, wenn ihnen E-Rezepte unterkommen: Sie müssen bei ihrer Belieferung auch die Charge angeben. Das ist schlicht nicht möglich. Jetzt endlich scheint eine Lösung gefunden. Möglich macht es eine Intervention des Bundesgesundheitsministeriums.

Das E-Rezept schien die Verblisterung unmöglich zu machen. Durch eine Vereinbarung zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) wurde die Übermittlung der Charge des abgegebenen Medikamentes bei der Belieferung von E-Rezepten verpflichtend (§ 2 Nr. 11 der Anlage 1 der Abrechnungsvereinbarung gemäß § 300 Absatz 3 SGB V). Bei Muster-16-Verordnungen gab es so etwas noch nicht. Dies mag bei der „normalen“ Arzneimittelabgabe noch möglich sein, wenn die Charge beim Securpharm-Scan miterfasst wird – auch wenn sich hier ärgerliche neue Retaxgründe auftun können. Wenn jedoch für die Heimversorgung verblistert wird, gibt es praktische Grenzen. Schließlich landet eine Packung nicht 1:1 in einem patientenindividuell hergestellten Blister. Die betroffenen Apotheken schlagen daher seit geraumer Zeit Alarm und fordern eine Lösung.

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Nach Informationen der DAZ ist diese nun gefunden. Gebohrt haben offenbar vor allem die Johanniter Seniorenhäuser sowie die E-Rezept-Enthusiasten. Doch nicht GKV-Spitzenverband und DAV haben sich einvernehmlich geeinigt – das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat letztlich den Weg gewiesen. Nachdem es sich mit allen beteiligten Akteuren ausgetauscht und mögliche Lösungen ausgelotet hat, sollen DAV und GKV-Spitzenverband jetzt ihre Bereitschaft für folgenden Weg signalisiert haben: Sie setzen die Verpflichtung zur Chargendokumentation für verifizierungspflichtige Arzneimittel, die für Heimbewohner verblistert werden, aus. Die Apotheken sollen künftig vielmehr eine Musterchargennummer angeben – dadurch wird für die Krankenkassen dokumentiert, dass es sich um eine entsprechende Verblisterung handelt.

Übergangslösung bis 30. Juni 2025

Das BMG hat DAV und GKV-Spitzenverband vergangene Woche gebeten, eine derartige Ausnahme für einen Übergangszeitraum bis zum 30. Juni 2025 vorzusehen. Die Zeit bis dahin soll sodann genutzt werden, technische Lösungsmöglichkeiten vorzubereiten, damit die Chargendokumentation zum Zeitpunkt der Abrechnung des Rezepts erfolgen oder auch zu einem späteren Zeitpunkt nachgeliefert werden kann.

Matthias Mieves, Digital- und Gesundheitspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion, freut sich über diese Lösung. Denn wenn das E-Rezept im neuen Jahr wirklich Pflicht wird, hätte die bisherige Situation dazu geführt, „dass erstmal rund 500.000 Menschen in den Heimen ihre Blister nicht mehr bekommen“. Dabei ist er überzeugt davon, dass diese Blister die Arzneimittelsicherheit erhöhen und überdies die Pflegekräfte entlasten, die sonst die Arzneimittel stellen müssten. Pflegekräfte hätten ohnehin schon zu wenig Zeit bei ihren vielen Aufgaben, so Mieves gegenüber der DAZ. „Deswegen ist es gut, dass wir den Pflegekräften nicht diese Mehrarbeit noch zusätzlich aufgebürdet haben“.

Ralf König, 1. Vorsitzender der E-Rezept-Enthusiasten, ist ebenfalls erleichtert. Er rechnet es dem BMG hoch an, hier eine Lösung herbeigeführt zu haben, obwohl es das nicht hätte tun müssen. „Es sollte eigentlich normal sein, dass die Selbstverwaltung dies selbst löst“, sagte er der DAZ. Ebenso dankt er Matthias Mieves für seinen Einsatz.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

E Rezept Verblisterung Chargendokumentation

von Fahrmbacher-Lutz Christiane am 14.11.2023 um 13:17 Uhr

Vielen Dank für die aufschlussreiche Information.
„Doch nicht GKV-Spitzenverband und DAV haben sich einvernehmlich geeinigt – das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat letztlich den Weg gewiesen.“
Immer mal wieder die Frage, wofür unsere „Selbstverwaltung“ denn wirklich taugt.
Denn das Problem haben die Verhandler erst einmal nicht auf dem Schirm gehabt, was schon an sich ein Armutszeugnis ist und dann, wie bei anderen Spezialversorgungen durch engagierte Apotheken, nicht eingesehen, warum sie sich darum kümmern müssten. Da braucht es dann ein Ministerium um die hochqualifizierte Arbeit einzelner Apotheken wertzuschätzen und den Schaden zu erkennen, der für die Gesellschaft entstünde, wenn diese Apotheken ihre Arbeit nicht mehr machen könnten. Wozu dann noch Geld für Standesvertretung geben, wenn damit nur Durchschnitt produziert und erhalten werden soll und in diesem Sinne dann Exzellenz verhindert werden soll? So machen sie die Apotheken entbehrlich und man muss sich nicht wundern, wenn über das „Wegrationalisieren“ von Apotheken laut nachgedacht wird.

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